Bernhard
Peter
Wappendarstellungen
mit Buchstaben
Und
eben doch.....
Im vorangegangenen Abschnitt
wurde erläutert, warum Buchstaben und Schrift nicht in Wappen
passen. Und doch lassen sich historische Darstellungen finden,
die Schrift und Buchstaben enthalten. Es gibt Ausnahmen,
Grenzbereiche und berühmte Verstöße. Diese sollen hier
vorgestellt werden.
Notwendigkeit
Ausnahmen sind z. B., wenn
Buchstaben zur typischen Darstellung eines Objektes notwendig
sind, z. B. einer Spielkarte o.ä.
Personalisierung
durch Initialen
Ein Grenzbereich wird bei
frühen Bürgerwappen betreten, wo hausmarkenähnlichen Zeichen,
Meisterzeichen oder bildhaften Schildinhalten zur
Personalisierung Initialen im Wappenschild beigegeben werden.
Solche frühen Bürgerwappen stehen aber sowieso an der Grenze
zwischen Wappen, persönlichem heraldischen Zeichen und einer
Marke, und die Initialen können nicht Bestandteil eines von
Generation zu Generation weitergegebenen Symbols werden.
Bsp.: Pirna, Blechschmidt-Haus, Initialen W und B für Wolf Blechschmidt.
Devisen:
Bekannteste Ausnahme ist Rom
Ein berühmter Verstoß
dagegen ist das Wappen der Stadt Rom mit dem
Schriftzug SPQR - Senatus Populusque Romanus.
Weitere in Wappenschilden vorkommende Devisen sind:
Republik Ragusa, Siebmacher Band Dal, S. XXII, T. I, In silbernem, mit drei blauen Schrägrechtsbalken durchzogenen Schild das Wort 'LIBERTAS' balkenweise in goldenen Lettern. Nach Band SouvAd S. 50 in schwarzen Lettern.
Eine
Hommage an einen Minnesänger
Ein anderes bekanntes
Vorkommen von Buchstaben in mittelalterlicher Zeit ist die
Abbildung in der Manesseschen Liederhandschrift zu "Herr
Alram von Gresten" (nach
dem Ort Gresten westlich von Neustift, der Namensträger benannt
nach seinem Paten Alram von Perg), dessen goldener Schild mit
einem blauen Schrägbalken belegt ist, auf dem das Wort
"AMOR" steht, in einst silbernen, später dunkel
oxydierten Lettern - eine Hommage an einen Minnesänger, wie auch
die im Muster angeordneten Buchstaben A-M-O-R auf der Pferdedecke
des "Herzog Heinrich von Pressela" (wahrscheinlich
Herzog Heinrich IV. von Schlesien-Breslau). Links zum Original: http://diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0617?sid=192edb54be93fd9e3862a1f73de9df25 Das Wappen des Alram von Gresten hat einen
Zusammenhang mit Herzog Heinrich V. von Kärnten, der auf dem
blauen Schrägbalken drei silberne Kugeln führte. Es ist jedoch
nicht bekannt, was der historische Alram von Gresten als Belegung
des Schrägbalkens hatte.
Eine
Hommage an einen Gelehrten
Es gibt ein besonders
hübsches und ungewöhnliches Beispiel einer französischen
Wappengraphik, wo das eigentliche Wappenbild (in Blau ein
goldener Sparren, von 3 (2:1) silbernen Kugeln begleitet,
französisch: D'azur au chevron d'or accompagné de 3 besants
d'argent) von einem Bord umgeben ist, der mit einem durchgehenden
Kreuz verbunden ist, und darauf vom Zentrum ausgehend in alle 4x2
Richtungen der Name "Berthelot" zu lesen ist, wobei die
Buchstaben auf der heraldisch rechten Seite spiegelverkehrt sind.
Dies ist eine Hommage an den Gelehrten, welche dessen Wappen
(ohne Buchstaben) mit einer Buchstabenspielerei kombiniert. Die
Abbildung stammt aus einem mathematischen Werk von Barrême aus
dem Jahr 1672 (le livre facile pour ap(p)rendre l'aritmetique),
welches dem Mathematiker Berthelot gewidmet ist, vermutlich ein
Förderer von Barrême.
Quellennachweis: Die Abb. habe ich Herrn Laurent Granier zu verdanken, mit freundlicher Genehmigung des Eigentümers und Urhebers, Herrn Yann Domenech de Cellès.
Eine Hommage an regierende Kaiser
Bei Wappenvermehrungen,
insbesondere bei Standeserhöhungen, können Buchstaben als
Hommage an den Kaiser aufgenommen werden. Ein Beispiel für
Buchstaben, die sich auf Kaisernamen beziehen, ist das vermehrte
Wappen der Freiherren von Ulm, geteilt: Oben: In Gold der
schwarze doppelköpfige und jeweils nimbierte Reichsadler, auf
der Brust ein rotes Schildchen mit silbernem Balken, auf dessen
drei Zonen die Buchstaben F, M, R von oben nach unten eingefügt
sind. Unten: Von Blau und Rot durch einen silbernen, sechsmal
eckig verschobenen Querbalken geteilt (Stammwappen von Ulm). R
für Kaiser Rudolph II, M für Mathias, F für Ferdinand II -
unter diesen drei Kaisern diente der Begünstigte, der mit seiner
Standeserhöhung den Adler mit den Buchstaben bekam.
Abb.: Palais Adelmann in Ellwangen, Wappen Ulm.
Buchstaben
als Wappeninhalte
Man nahm es in der
nachmittelalterlichen Zeit auch nicht mehr so genau mit den
früheren Gepflogenheiten, und in dem Maße, wie die Schrift die
Sprache der Forschung und Wissenschaft wurde, fand sie wie
selbstverständlich auch mal ihren Widerhall in
Wappengestaltungen.
Im Neuen Siebmacher finden sich beispielsweise:
Wie auch immer, es lassen sich immer Besonderheiten (auch historische Belege) finden, die einen aber den Zielkorridor nicht aus den Augen verlieren lassen sollten. Die allgemeine Regel ist nämlich, daß Wappenschilde durch Farben und Bilder, nicht durch Texte wirken sollen.
Literatur,
Links und Quellen:
Heinrich Hussmann: Über deutsche Wappenkunst: Aufzeichnungen aus
meinen Vorlesungen, Guido Pressler Verlag, Wiesbaden 1972
Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold",
Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften,
Verlag Degener, Neustadt 1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz
Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Bernd Hauser Ritter von Haus und
an Herrn Andreas Praefcke für wertvolle Hinweise, an Herrn Yann
Domenech de Cellès für die historische Graphik und an Herr
Laurent Granier für die Vermittlung derselben und wertvolle
Hinweise.
Karlsruher Wappen: http://www.karlsruhe.de/stadt/stadtteile/karlsruher_wappen/ - http://www.karlsruhe.de/stadt/stadtteile/karlsruher_wappen/stadtwappen
Siebmachers Wappenbücher gemäß obiger Angaben
©
Copyright / Urheberrecht Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter
2009-2011
© Copyright / Urheberrecht Photo des Berthelot-Wappens: Yann Domenech de Cellès
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