Bernhard
Peter
Schattierungen
und 3D-Effekte
Gute heraldische Praxis: Schattierungen und
3D-Effekte
Schattierungen und
3D-Lichteffekte sind ein weites Feld, insbesondere beim Einsatz
heutiger graphischer Möglichkeiten am Computer. Zuallererst
wollen wir unterscheiden, wo Dreidimensionalität angebracht ist
und wo nicht:
Im Oberwappen ist das etwas anderes, das Oberwappen kann und soll dreidimensional dargestellt werden. Die Helmzier ist schließlich auch im Original vollplastisch, und die Helmdecke ist ein im Wind flatterndes Tuch.
Wie Dreidimensionalität im Oberwappen erreicht wird, da gibt es drei prinzipielle Möglichkeiten:
Welche Methode verwendet wird, ist eine Stilfrage und eine Könnens-Frage. Es ist immer besser, schlicht und einfach zu bleiben, als Techniken anzuwenden, die man nicht beherrscht. Und ein Zuviel des Guten ist immer schlechter als edle Schlichtheit.
Wappenmalerei
Wenn von Hand mit Pinsel und
Farben gearbeitet wird, lautet eine Empfehlung für gute Effekte
mit wenigen unterschiedlichen Farben:
Lichteinfall
Licht kommt heraldisch immer
von oben rechts, so als würde der Schildträger von der Sonne
von vorne auf seine linke Backe angeleuchtet werden. Das heißt,
daß bei Helmdecken die nach rechts oben weisenden Flächen
relativ heller sind als die nach links unten weisenden Flächen,
daß der Helm auf seiner heraldisch rechten Seite heller ist als
auf seiner heraldisch linken Seite, daß ein Schlagschatten vom
Helm optisch rechts unterhalb desselben zu liegen käme etc. Was
das konkret heißt, sei an einem Modell erklärt. Die folgende
Abbildung zeigt ein Papiermodell einer Helmdecke, mit einem
Diaprojektor aus der richtigen Lichteinfallsrichtung
angeleuchtet. So ist die Hell-Dunkel-Verteilung in der Helmdecke
richtig:
Dies ist ein Lichteinfall aus 11 Uhr, so ist Hell und Dunkel auf der Helmdecke optimal verteilt. Die Schlagschatten sollen natürlich beim Zeichnen nicht übernommen werden, aber irgendwo mußte ich das Ding ja anlehnen.
Gegenbeispiel: Selbe Helmdecke, Licht kommt von heraldisch links unten. So ist die Verteilung von hellen und dunklen Effekten genau falsch:
Dies ist ein falscher Lichteinfall aus 4 Uhr, so ist Hell und Dunkel auf der Helmdecke schlecht verteilt.
Computer-Schattierung:
Bei aller Versuchung durch die
Möglichkeiten der modernen Graphikprogramme: Der Schild wird bei
einer Farbdarstellung am besten flächig dargestellt, ohne
Schattierungen. Wer unbedingt eine leichte Wölbung hereinbringen
will, möge darauf achten, wie ein echter Schild gewölbt ist.
Wenn, dann sind Dreieckschilde oder Halbrundschilde um eine
vertikale Achse gebogen, nicht um eine horizontale, und sie sind
auch nicht halbkugelförmig gewölbt. Sondern: Dunkler ist die
abgewandte senkrechte Außenseite. Tartschen dagen sind je nach
Form komplex gewölbt mit durchaus konkaven Partien, hier ist
besondere Aufmerksamkeit gefordert, um den richtigen Eindruck
hinzubekommen. Und bitte - keine Übertreibung. Ein Wappen wirkt
durch definierte Farbflächen. Was ein Programm kann, entspricht
noch lange nicht Augenmaß und ästhetischem Gespür.
Wer plastisch darstellen will, findet in der Helmdecke und in der Helmzier reichlich Gelegenheit dazu. Wenn das Oberwappen schattiert wird, sollte immer darauf geachtet werden, daß Licht heraldisch von oben rechts kommt, nicht von unten und nicht von links. Beleuchtungseffekte, wo die Lichtquelle unter dem Wappen oder heraldisch links vom Wappen sitzt, sind falsch. Beliebig und wahllos eingesetzte Verläufe sind falsch, dann ist es besser, keine Beleuchtungseffekte zu verwenden, als falsche.
Ein Beispiel möge dies illustrieren: Linkerhand das Wappen Schmidt ohne Schattierungen, nur leichte Schraffuren mit kurzen, dicken Strichen deuten bei der Helmdecke hinten liegende Partien an. Die Farbflächen sind klar definiert und von hoher Signalwirkung.
Rechterhand die Abbildung mit 3D-Lichteffekten. Die Plastizität der Helmdecke und der Helmzier tritt deutlich hervor. Heraldisch rechts sind immer die lichten Außen-Rundungen, heraldisch links die dunklen Außen-Rundungen, denn hier ist es so gehalten, daß das Licht korrekt aus 11 Uhr kommt. Der Helm hat heraldisch rechts seine hellen Partien und links seine dunklen Partien. Der innerste Teil der linken Helmdeckenhälfte bekommt den Schlagschatten des Helmes ab. Am kräftigsten kann der Helm bearbeitet werden. Die Schattierungen des Schildes am unteren Rand sind so zurückhaltend, daß es gar nicht auffällt. Sie sind auch ganz verzichtbar. Auf keinen Fall sollte der Schild wie die Decke bearbeitet werden.
So könnte eine dreidimensionale Darstellung am Computer aussehen. Was einem besser gefällt, ist persönliche Geschmacksache.
Eine weitere 3D-Darstellung, diesmal eine meiner Helmdeckenschablonen in Renaissance-Stil, auch diesmal kommt der Lichteinfall aus 11 Uhr:
Eine weitere dreidimensionale Helmdecke, diesmal eher im gotischen Stil, auch diesmal kommt der Lichteinfall aus 11 Uhr:
Darstellung von Schattierungen in
historischen Graphiken:
Es folgt ein Beispiel für
eine historische, gestochene Schwarz-weiß-Darstellung, in der
die Schattierung ein wesentliches Gestaltungsmerkmal ist.
Historische Graphiken sind in dieser Hinsicht oft wenig
puristisch, und die Stecher waren begeisterte Modellierer
plastisch wirkender Oberflächen. Gerade weil der Farbkontrast
fehlt, ist der Einsatz von Schattierung hier in diesem starken
Ausmaß möglich, vor allem weil auch die Technik auf den
Strichkompositionen aufbaut. Man beachte die vorbildlich
geschaffene Tiefe der Tartschenform, deren oberer Rand sich nach
vorne in Richtung Betrachter wölbt. Die Blüten jedoch, im
Original auf die gekrümmten Oberfläche gemalte Objekte, sind
jedoch grenzwertig stark plastisch dargestellt. So schön es
aussieht, auf einem mittelalterlichen Schild wäre es wohl nur
bei besonderen Prunkschilden so plastisch gewesen.
Abb.: Schildgestaltung eines unbekannten Künstlers von ca. 1890 für v. Hefner-Alteneck (Exlibris).
Neueintragungen:
schattiert oder nicht schattiert?
Ehe viel Mühe in
Schattierungen gesteckt wird, empfiehlt sich bei Neueintragungen
von Wappen die Nachfrage bei der Wappenrolle des Vertrauens, wie
es gehandhabt wird:
Zusammenfassung
Literatur,
Links und Quellen:
Heinrich Hussmann: Über deutsche Wappenkunst: Aufzeichnungen aus
meinen Vorlesungen, Guido Pressler Verlag, Wiesbaden 1972
Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold",
Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften,
Verlag Degener, Neustadt 1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz
Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
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Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos - sofern
nicht anders angegeben: Bernhard Peter 2006, 2009
Die Abb. historischer Zeichnungen sind selbst angefertigte Scans
historischer Originale.
Sofern bekannt, ist der Urheber bei der jeweiligen historischen
Graphik angegeben.
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