Bernhard
Peter
Besondere
Motive: Der Feuerstahl
Wie
sahen Feuerstähle wirklich aus?
Der Feuerstahl hat eine lange
Geschichte, war eines der wichtigsten Alltagsutensilien über
viele Jahrhunderte und hat doch im Laufe der Zeit seine
charakteristische Form nur wenig geändert: Eine breite
Metallschiene von ca. 6-10 cm Länge, die als Schlagkante zum
Funkenschlagen benutzt wird, biegt sich an den Enden, meist an
beiden, zu einer Schlaufe, oder insgesamt gesehen zu einem
offenen gequetschten Ring, den man gut mit einer Hand
greifen kann. Er muß sich gut greifen lassen, damit er nicht
abrutscht und die Hand beim Feuerschlagen an dem harten Gestein
schrappt. Die Enden können spitzzulaufend ausgeschmiedet und zu
kleinen Ösen zusammengerollt werden, um die Verletzungsgefahr zu
verringern. Seit der späten Eisenzeit (2. Hälfte 2. Jahrhundert
v. Chr.) ist das Schlagfeuerzeug in Europa bekannt. Und so
sehr man auch darüber staunen mag so richtig verschwunden
ist das Schlagfeuerzeug erst im 20. Jahrhundert, insbesondere im
ländlichen Bereich hat es sich noch lange gehalten.
Streichhölzer wurden erst 1827 eingeführt. Vom Material her
handelt es sich bei Feuerstahl nicht um beliebiges Eisen, sondern
um geschmiedeten, besonders kohlenstoffhaltigen Stahl (sog.
aufgekohlter Stahl). Die Abbildungen 1-8 zeigen verschiedene
Formen von historischen Feuerstählen aus unterschiedlichen
Jahrhunderten. Die für das Mittelalter typischste Form ist die
symmetrische mit den eingerollten Enden (1, 2, 7, 8). 4 ist
beispielsweise ein Feuerstahl des Typ Lieps mit tordierten (in
sich gedrehten) Griffbügeln, der betreffende Fund von 7.5 cm
Länge stammt aus dem Frühmittelalter. 6 ist nach einem Grabfund
gezeichnet, bei dem sogar noch zwei Feuersteinknollen in den
inneren Biegungen festgerostet waren. 7 ist eine Skizze nach
einem Objekt aus dem 16. Jh. in der Schweiz, ca. 8 cm lang.
Wie
funktioniert ein Schlagfeuerzeug? :
Zu einem Schlagfeuerzeug
braucht man drei Dinge: Feuerstahl, Feuerstein und Zunder. Als
Gegenstück zum Feuerstahl wird meist Flint (Silex, Hornstein)
verwendet. Flint wird in Form von großen unregelmäßig
geformten und sehr harten Knollen hauptsächlich in den
geologischen Schichten des Jura und der oberen Kreide gefunden.
Chemisch ist Flint eine Form von kryptokristallinem
Siliciumdioxid in verschiedenen Modifikationen. Je nach
Einschlüssen kann die Farbe von weiß über grünlich-bläulich
bis hin zu schwarz variieren.
Durch Aneinanderschlagen von Stahl und Stein entstehen Funken,
mit denen alleine man schwerlich einen Ast zum Brennen bringen
kann. Deshalb braucht man besonders leicht brennbares Material,
den Zunder. Daher kommt auch der Ausdruck "Es brennt wie
Zunder". Durch vorsichtiges Blasen und Zufügen trockener
Materialien konnte so das Feuer sukzessive aufgebaut werden, bis
es soweit war, daß man Holz zulegen konnte.
Typischerweise wird als Zunder das Fruchtfleisch (Trama) des
Echten Zunderschwamms (Fomes fomentarius) getrocknet und
pulverisiert. Das ist ein Pilz, ein Baumparasit, der bevorzugt
die Buche befällt, aber auch die Birke, Eiche, Ahorn, Erle,
Esche und Pappel als Wirt benutzen kann. An Nadelholz ist er
dagegen höchst selten. Die Fruchtkörper wachsen
halbkreiskörmig oder besser konsolenförmig am toten Holz, sind
mehrjährig und erreichen eine Größe von ca. 20-50 cm
Durchmesser des entsprechenden Vollkreises. Als Saprophyten
ernährt sich der Pilz von abgestorbenem organischen Material,
welches er zersetzt. Dazu kann er als Wundparasit auf lebenden
Bäumen gedeihen. Zur Zundergewinnung wird nur das Trama, die
Mittelschicht zwischen der oberen Kruste und der unteren Poren-
bzw. Röhrenschicht verwendet.
Man kann die Zündfähigkeit des Pulvers noch weiter erhöhen,
indem das Material durch primitive verfügbare Chemikalien wie
Salpeterlösung (Kalisalpeter und Wasser 1:4) nitriert wird.
Dabei werden Nitrogruppen eingeführt, die die Zündfähigkeit
erhöhen. Chemisch ist das der gleiche Vorgang wie die
Herstellung von Schießbaumwolle - natürlich waren die alten
Methoden lange nicht so effektiv wie eine labormäßige
Nitrierung von Cellulose, und man erreichte nur eine graduelle
Verbesserung, ein rasches Verpuffen wäre sogar kontraproduktiv
gewesen. Nach dem Trocknen werden die Scheiben durch Zerreiben
pulverisiert.
Aber genausogut wie Zunderschwamm kann man jegliches fein
pulversierte getrocknete pflanzliche Material nehmen, von
Bärlappsporen über getrocknete Birkenrinde oder Rohrkolbensamen
bis zu zerriebenem Heu. Auch verkohltes Gewebe eignet sich als
Unterlage, um entstehende Funken aufzufangen und eine Glut
aufzubauen.
Im frühen 19. Jahrhundert wurde der Zunderschwamm
schwerpunktmäßig bei Neustadt am Rennsteig sowie im Bayrischen
Wald und im Böhmerwald angebaut. Zunderschwamm steht bei uns
heute übrigens unter Naturschutz und war 1995 "Pilz des
Jahres".
Geht's
auch ohne Stahl?
Bevor man Eisen zu
Feuerstählen verarbeiten konnte, verwendete man Silex und
Markasitknollen (Pyrit, Schwefelkies, Katzengold). Mit dieser
Kombination kann man auch Funken schlagen. Solches Feuerschlagen
ist für die Jungsteinzeit schon belegt, als Feuersteine wurde
das Innere der Flintknollen verwendet, das nach dem Abschlagen
von scharfen Stücken, die als Klingen oder Pfeilspitzen
verwendet wurden, übrig blieb.
Heraldische
Umsetzung und Darstellung:
Zur heraldischen Umsetzung
gibt es nur einen begrenzten Formenkanon: Wie viele Motive
verliert der Feuerstahl bei der Heraldisierung seine feinen und
filigranen Enden, das Typische dagegen bleibt und wird
verstärkt: Die leicht gebogene Schneide und besonders die
beiderseits nach oben eingerollten Enden, die fast zu einem
kronenartigen Gebilde reduziert werden. Der Feuerstahl kann
prinzipiell gerade und aufrecht dargestellt werden, meist werden
jedoch schräge Stellungen bevorzugt.
Andere
Bezeichnungen:
Schurfeisen, Feuerschläger,
Feuereisen, Feuerschurf, Pinkeisen, frz.: briquet, briquet de la
toison d'or, engl.: fire steel.
Abb.: Innsbruck, vier gemalte Feuerstähle in den Arkadengewölben des Hauses Herzog-Friedrich-Straße 35 (Stadtrichter Zeller-Haus). Walter Zeller der Ältere wurde 1495 Stadtrichter und ließ diesen Schmuck aufmalen. Das Anwesen war von ca. 1485 bis 1543 im Besitz der Familie Zeller. Besonders markant sind hier die Funken, die unter der Schlagkante der Feuereisen entstehen. Hier sind die Feuereisen vor allem im Zusammenhang mit der übrigen Ausmalung (Quaternionenadler, Habsburgerwappen) ein Hinweis auf den Kaiser.
Beispiele
für Feuerstähle in der Heraldik:
Wappen Forisch (moderner
Entwurf von Lothar Müller-Westphal). Die Familie Forisch
stammt aus Mistitz, Krs. Cosel/Oberschlesien. Das Wappen ist
eingetragen in der Deutschen Wappenrolle (DWR) Band: XLIV Seite:
72 unter der Nummer: 8484/85.
Blasonierung: In Gold oben nebeneinander zwei blaue Feuerstähle, mit den nach unten gekehrten Klingen aus je einem auf der Spitze stehenden blauen Würfel (Stein) je zwei rote Flämmchen schlagend; unten ein blauer Steigbügel, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender, goldenbewehrter blauer Bocksrumpf.
Die obige Abb. (unten eine Ausschnittsvergrößerung des Schildes) zeigt das Wappen von Karl Schurff, an einem Haus in Innsbruck in der Schlossergasse 3 (sog. Karlsburg). Der Feuerstein bzw., um den redenden Charakter des Wappens zu verdeutlichen, das Schurfeisen, befindet sich sowohl im Schild als auch in der Helmzier. Der Stein stammt von 1585 und ist heute an einer modernen Fassade eingemauert. Karl Schurff zu Schönwer und Mariastein war Erblandjägermeister von Tirol, und er wurde 1608 in den Adelsstand erhoben. Das Anwesen bestand aus dem Kolbenturm, der wie ein Torturm die Schlossergasse an ihrem Beginn überspannt, und zwei rechts und links anschließenden Häusern. Karl Schurff ergriff hier Baumaßnahmen und gestaltete das Anwesen neu, und auf seine Tätigkeit geht der Renaissance-Freskenschmuck des Kolbenturmes zurück. Der südliche Gebäudetrakt, an dem sich das Wappen befindet, wurde allerdings im zweiten Weltkrieg zerstört und wiederaufgebaut. Die Feldfarbe ist Blau, der Feuerstahl ist golden, die Decken sind blau-golden, der Feuerstahl der Helmzier ist golden mit einem oben aufgesetzten Schaft mit einem schwarzen Hahnenfederbusch (hier beschädigt).
Der
Orden vom Goldenen Vlies:
Eine wichtige Rolle in der
Heraldik nachmittelalterlicher Zeit spielt der Feuerstahl als
Kettenglied des Ordens vom Goldenen Vlies, wo er mit
flammenbestückten Gliedern abwechselt. Ein schönes Beispiel
finden wir am Rathaus von Wiesentheid in Franken:
Das Wappen ist zwar prinzipiell das Schönborn-Stammwappen, doch hier ist ein spezielles Detail wichtig: Die Wappenkartusche ist noch innerhalb des Rokoko-Rollwerks eingefaßt von der goldfarbenen Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies, abwechselnde Kettenelemente aus doppelten Feuerstählen und flammenbesetzten Elementen, unten das "Vlies", das Schafsfell. Diese Ordenskette läßt uns das Wappen auch einem bestimmten Grafen von Schönborn zuordnen - der Graf Franz Erwein von Schönborn (geb. 1677, gest.1754, Regierungszeit 1701/1704 - 1754) bekam sie im Jahre 1732 verliehen, eine der höchsten Ehren im alten Reich. Das Rathaus wurde 1742 vollendet, also läßt sich das Wappen in die Zeit 1742-1754 datieren, in schönstem mainfränkischen Rokoko.
In Ravensburg finden wir am Blaserturm ebenfalls eine schöne Kette des Ordens vom Goldenen Vlies, an dem die Feuerstähle besonders gut zu erkennen sind:
Literatur,
Links und Quellen:
http://www.riha-journal.org/articles/2010/holzschuh-hofer-feuereisen-im-dienst-politischer-propaganda
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgesch%C3%BCtzten_Objekte_in_Innsbruck-Innenstadt/L%E2%80%93Z
Deutsche Wappenrolle DWR Band: XLIV Seite: 72 Nummer: 8484/85
Rudolf von Granichstaedten-Czerva: Alt-Innsbrucker Stadthäuser
und ihre Besitzer, Band 1-4, Sensen-Verlag, Wien 1962-1966,
Auszug: http://www.austroaristo.com/themen/genealogie/59-gen-chroniken/gra-innsbruckhaus/2660-gra-karlsburg.html
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