Bernhard
Peter
Kopfbedeckungen
als Helmzier
Kopfbedeckungen
sind eine der typischsten Gruppen von Kleinoden
Sehr
vielfältig sind
bei den Helmzieren die verschiedenen Kopfbedeckungen. Sie haben
viele Vorteile:
- Sie sind
voluminös und leicht, gut für eine echte Helmzier
- außerdem
verbergen sie durch ihren Stulp die Befestigung mit Drähten ,
Leisten und Schrauben auf dem Helm sehr gut, so daß i.d.R.
kein Helmwulst nötig ist
- Es gibt
Varianten mit einer relativ großen Fläche, die man
zur Wiederholung der Schildtingierung oder zur Wiederholung
charakteristischer Elemente verwenden kann (Hilfskleinod): Spitzhut,
Böhmischer Hut, phrygische Mütze, Heidenhut
- sie sind
variabel durch Zutaten wie Hahnenfederbüsche,
Straußenfedern, Bestecken mit Kugeln, Schellen,
Rosenblüten etc.
- Kopfbedeckungen
ohne Stulp können wachsend dargestellt werden
- Man kann
weitere zusätzliche Gestaltungselemente in den Stulp flacher
Hüte oder von Turnierhüten stecken:
Pfauenstöße, Federstöße,
Fähnchen, Streitkolben, Büffelhörner, einen
Flug etc. Die Grafen von Salm haben in ihrem Stulp sogar zwei
gestürzte Salme stecken! Und die Familie Schliderer
(Schloderer) von Lachen hat in ihrem Stulp zwei
Steinbockhörner, die Familie Füllschüssel
von Ingelheim zwei Eselsohren, dazu einen Hahnenfederbusch in der
Mitte. Die Vielfalt ist unbegrenzt.
Einige
Hüte sind von sich aus
hoch genug, um die gewünschten Proportionen einer Helmzier zu
erreichen. Anderen Hüten verhilft man dazu, indem man
Gegenstände in den Stulp steckt oder indem man obendrauf noch
eine Kugel mit Hahnenfedern befestigt o.ä.
Umgekehrt sind
Hüte die optimale
Gestaltungshilfe, wenn man lange, schlanke, instabile Elemente
als Helmzier plant. Durch die symmetrische Anordnung im Stulp
löst man alle Probleme auf einmal: Das der ausgewogenen
Proportion, das der Befestigung und das Kaschieren des
Übergangs
in die Helmdecke.
Wie
häufig Kopfbedeckungen
vorkommen, zeigt ein Blick ins Scheiblersche Wappenbuch
(älterer
Teil): Von insgesamt 476 Wappen haben 45 eine Helmzier mit dem
Begriff "Hut" und weitere 10 eine Helmzier mit dem
Begriff "Mütze", zusammen 12% der aufgeführten
Wappen. Das churbayerische Wappenbuch hat bei 303 Wappen 42 mit
dem Begriff "Hut" und 6 mit dem Begriff
"Mütze", zusammen 16%. Mitgerechnet wurden dabei auch
Hüte und Mützen, die von Personen getragen werden.
Ohne
Personen sind es beim Scheiblerschen Wappenbuch noch zusammen 32
Wappen oder 7 %, beim churbayerischen Wappenbuch noch zusammen 33
Wappen oder 11%. Diese Zahlen illustrieren die Bedeutung des
Modells Kopfbedeckung unter den Kleinoden. Das liegt nicht
zuletzt daran, daß in der Blütezeit der Heraldik
Kopfbedeckungen allgemein eine völlig andere Bedeutung hatten
als in unserer Zeit, in der barhäuptiges Auftreten der
Normalfall ist und Kopfbedeckungen nur als Witterungsschutz
betrachtet werden.
Galerie:
Die
Galerie zeigt einzelne Typen in
fiktiver Kombination und Tingierung.
Beispiele:
- Zwei
schwarze Streitkolben im schwarzen Stulp eines goldenen Turnierhutes,
aber Topfhelm, Helmdecke gold-schwarz: Kolb von Boppard, Peter Kolb
Schöffe zu Boppard 1398.
- Roter Turnierhut
mit silbernem Stulp, mit zwei Pfauenstößen im Stulp,
Helmdecke rot-silber: Familie Bulich, Wilhelm von Bulich 1535.
- Goldener Hut
mit rotem Stulp, mit zwei Pfauenstößen darin,
Helmdecken rot-gold: Edle Herren von Manderscheid, Wilhelm Herr zu
Manderscheid.
Die beiden Pfauenstöße im Hermelinstulp eines roten Hutes
zu rot-silbernen Helmdecken, aber mit Topfhelm: Cone Herr zu Pyrmont.
- Philipp
Haust von Ulmen (1502) trägt einen schwarzen Turnierhut,
in dessen roten Stulp die beiden Pfauenstöße
stecken, dazu eine schwarz-goldene Helmdecke, zum Kübelhelm.
- Die Familie
Mühl von Ulmen trägt einen schwarzen Turnierhut,
in dessen schwarz-rot gerauteten Stulp die beiden
Pfauenstöße stecken, dazu eine schwarz-goldene
Helmdecke, aber zum Bügelhelm.
- Familie von
Lieser, Johann von Lieser 1421: Roter Turnierhut
mit silbernem Stulp, darin beiderseits 3 Pfauenfedern steckend,
Helmdecke rot-silbern, Topfhelm.
- Roter Hut
mit goldenem Stulp, darauf eine hahnenfederbesteckte silberne Kugel,
Helmdecke rot-golden, aber mit Topfhelm: Familie Schetzel von Lorch,
Heinrich Schetzel von Lorch 1349.
- Schwarzer Hut
mit silbernem Stulp, mit silberner Kugel und Hahnenfederbusch besetzt,
Helmdecke schwarz-silber, aber mit Gitterhelm: Familie Hilchen von
Lorch, Philipp Hilchen von Lorch 1444.
- Die Familie
von Schönburg "vor dem Saane" (Philipp von Schönburg
1499) führt einen mit einem silbernen Kreuz belegten schwarzen
Turnierhut, oben mit einer
hahnenfederbesteckten silbernen Kugel besetzt, Helmdecken
schwarz-silbern, zum Topfhelm.
- Familie
Brandenburg, Friedrich von Brandenburg, Burgmann zu Stolzenfels 1440,
hatte einen roten Turnierhut mit
silbernem Stulp, mit einer silbernen Kugel, die mit einem
Hahnenfederbusch besteckt ist. Helmdecke rot-silber. Topfhelm.
- Familie von
Heddesheim, Winter von Heddesheim, hatte einen schwarzen Turnierhut
mit silbernem Stulp, mit einer silbernen Kugel, die mit einem
Hahnenfederbusch besteckt ist. Helmdecke rot-gold. Topfhelm.
- Einen
flachen schwarzen Hut mit breiter Krempe,
durch dessen Krempe zwei Pfauenstöße gesteckt sind,
hat die Familie von der Mühl von der Neuerburg, Heinrich Mul
von der Neuerburg 1362. Helmdecken schwarz-silbern, zum Topfhelm.
- Familie von
Lesnich, von Lösnich, Conrad von Lesnich Ritter 1350: Ein niedriger
roter Hut, dessen breite Krempe beiderseits mit einem
Pfauenstoß besteckt ist. Helmdecke rot-silbern. Topfhelm.
- Schwarzer
Hut, in dessen roten Stulp zwei rot-silbern geteilte
Fähnchen stecken, zu rot-silberner Helmdecke, Topfhelm:
Familie von Merxheim gt. Rüdesheim, Rorich von Merxheim 1437.
- Familie
Faust von Stromberg: Ein roter Turnierhut,
in dessen Hermelinstulp zwei gold-rot geteilte Fähnchen
stecken und der oben mit einem schwarzen Stern besetzt ist, dazu
Topfhelm.
- Familie von
Hohenstein, Richwin von Hohenstein 1344, hatte eine rote Spitzmütze
mit silbernem Stulp, oben mit einer hahnenfederbesteckten schwarzen
Kugel besteckt. Helmdecken rot-silbern, Kübelhelm.
- Familie
Breder von Hohenstein, Philipp Breder von Hohenstein 1471, hatte eine
rote Spitzmütze mit silbernem
Stulp, oben mit einer hahnenfederbesteckten goldenen Kugel besteckt.
Helmdecken rot-silbern, Kübelhelm.
Literatur,
Links und Quellen:
Wappenfibel,
Handbuch
der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik,
Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt
1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst,
Bechtermünz
Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels,
Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls
veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der
"landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands
GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Übersicht
Home
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2004, 2006
Impressum