Bernhard Peter
Gute heraldische Praxis: Schraffuren

Regel: Es ist genau festgelegt, welche Schraffur für welche Farbe steht. Und es werden ausschließlich die Schraffuren dieses seit dem 17. Jh. durch Kupferstecher entwickelten, seit dem 18. Jh. weitgehend in Gebrauch befindlichen System verwendet, das weltweite Gültigkeit besitzt.

Bei der Farbe "Schwarz" können Flächen alternativ auch geschwärzt werden.

Bevor dieses System eingeführt wurde, wurden die Farben durch kleine oder große Buchstaben (z. B. rot - r, blau - b, grün - gr, schwarz - sch, gold - g, silber - s, w, purpr - p) oder durch Planetenzeichen angegeben, beides hat sich nicht durchsetzen können. Eine ganz spezielle Bezeichnung gab es früher noch für Grün: ein kleines Lindenblättchen. All diese Systeme sind nicht mehr zeitgemäß.

Regel: Schraffuren ersetzen die Farbe in Schwarz-weiß-Abbildungen. Also wird entweder Farbe oder Schraffur verwendet, aber nie beides zugleich.

Regel: Alles, was normalerweise tingiert ist, wird durch Schraffuren ersetzt. Einzige Ausnahme: Der Helm wird nicht schraffiert.

Regel: Die Richtung der Schraffur ist immer auf die Bezugslinie bezogen. Für den Schildinhalt ist diese Bezugslinie die Schildoberkante, für das restliche Wappen (Helmdecke, Helmwulst, Helmzier) ist die Bezugslinie die Oberkante des Papiers.

Nehmen wir folgendes Beispiel. Das Heroldsbild zeigt in Blau zwei silberne Sparren.

Die Codierung für Blau ist eine horizontale Schraffur. Bei gerade ausgerichtetem Wappen (linkes Bild) ist das eindeutig, Fehler sind selten. Wird der Schild jedoch nach heraldisch rechts gekippt (rechtes Bild) wie bei einer Profil-Darstellung von Helm und Helmzier, könnte man versucht sein, die horizontale Schraffur beizubehalten. Das ist falsch und würde bei entsprechend starker Neigung schon für grün codieren! Wird der Schild wiederum nach heraldisch links gekippt (mittleres Bild) wie in Fällen der heraldischen Courtoisie, könnte man ebenfalls versucht sein, die horizontale Schraffur beizubehalten. Das ist falsch und würde bei entsprechend starker Neigung schon für purpur codieren!

Richtig ist vielmehr, daß die Schraffur beim Neigen des Schildes dem Schildrand folgt. Was in gerader Ausrichtung parallel zum Schildrand ist (blau), ist auch bei einer Neigung des Schildes, egal, in welche Richtung, ebenfalls wieder parallel zum Schildrand.

Dadurch, daß Helmzier und Helmdecken diese Neigung nicht mitvollziehen, kann es vorkommen, daß die Schraffur von Schild einerseits und Helmdecken andererseits in verschiedene Richtungen läuft, und doch bedeuten sie beide "blau"!

Regel: Wenn ein Wappen aufgrund der heraldischen Courtoisie gespiegelt wird, wird der gesamte Schildinhalt mitgespiegelt. Die Schraffur wird aber nicht gekontert! Die Schraffur orientiert sich weiterhin an der Schildoberkante! Bei Blau und Rot ist das belanglos, nicht aber bei Grün und Purpur, wie folgendes Beispel zeigt. Zweimal dasselbe Wappen soll zum Allianzwappen kombiniert werden: In Grün zwei silberne Sparren, begleitet von einer goldenen Kugel im rechten Obereck. Wenn die Schraffur mitgespiegelt wird wie im unteren Beispiel, ist das gespiegelte Wappen purpur statt grün!

Deswegen: Immer auf den Schildrandverlauf achten und daran orientieren!

Ein praktisches Beispiel:
Hier das Wappen Lenz in Farbe, welches in eine Schraffur umgesetzt werden soll:

Wir wählen für Grün die schrägrechte Schraffur, für Rot die senkrechte Schraffur, für Gold die Punkte. Schwarz bleibt schwarz. Das Helminnere wird einfach geschwärzt. Wichtig ist, daß die Grün-Schraffur im Schild anders verläuft als die Grün-Schraffur in der Helmdecke - nämlich genau um die Schildneigung mitgeneigt. Das Wappen Lenz in Schraffur:

Ein zweites Beispiel:
Hier das Wappen Jansky in Farbe, welches in eine Schraffur umgesetzt werden soll:

Wir wählen für Blau die horizontale Schraffur, Silber bleibt Silber (weiß). Aufgrund der Frontalstellung haben wir keinerlei Neigungen zu berücksichtigen. Der Helm wird einfach in Grautönen gehalten. Das Wappen Jansky in Schraffur:

Zusammenfassung

Literatur, Links und Quellen:
Heinrich Hussmann: Über deutsche Wappenkunst: Aufzeichnungen aus meinen Vorlesungen, Guido Pressler Verlag, Wiesbaden 1972
Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt 1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München 2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4 (Deutschland)

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