Bernhard
Peter
Gute
heraldische Praxis: die Helmzier
Was
ist eine Helmzier?
Eine
Helmzier = Helmfigur =
Helmkleinod = Zimier ist ein plastisches Objekt, das auf dem Helm
befestigt wurde und zur weiteren Charakterisierung und
Differenzierung eines Wappens und seines Trägers dient. Eine
Helmzier ist immer Bestandteil eines Vollwappens und darf bei
einem solchen nicht fehlen. Ausnahmen: Solche Städte, die kein
Vollwappen führen (nur eine Minderheit von Städten
führt ein
Vollwappen). Ferner ist eine Helmzier zu blasonierender
Bestandteil eines Wappens, und damit bedeutungstragend und
unterscheidend. Welche Helmzier ein Wappen hat, wird definiert
und gilt als bindend für die Träger des Wappens. Die
Helmzier
ist selbstverständlich oben auf dem Helm befestigt und
führt in
der deutschen Heraldik kein eigenständiges Dasein alleine oder
gar neben einem Helm etc. Die Helmzier gehört in der deutschen
Heraldik oben auf den Helm drauf und weder daneben noch darunter
noch ganz woanders hin. Sie ist fest mit dem Helm verbunden und
darf nicht schwebend dargestellt werden. In der Blickrichtung
folgt die Helmzier üblicherweise der des Helmes und damit der
des Trägers.
Hilfskleinode
als Präsentationsflächen für das Schildbild
Eine
Helmzier kann Elemente
aus dem Schildbild aufgreifen und damit so als sog. Hilfskleinod
dienen, muß es aber nicht. Wenn das gewünscht wird,
sind
bestimmte Informations-Träger oder
Präsentationsflächen
relativ häufig und beliebt:
Typische Beispiele von historischen Wappen für die Anwendung solcher Informationsträger als Hilfskleinod, die meisten finden sich z. B. im Scheiblerschen Wappenbuch:
Übereinstimmungen
des Kleinods mit dem Schildbild
Die
genannten Grundformen sind
sehr beliebt zum Aufgreifen von Elementen aus dem Schild und als
Präsentationsfläche. Aber Elemente aus dem Schild
können auch
ganz alleine auftreten, die meisten historischen Beispiele der
Liste finden sich z. B. im Scheiblerschen Wappenbuch:
Einige Heraldiker finden gerade die im Mittelalter häufig gehandhabte Wiederholung des Schildbildes besonders eindringlich, andere wiederum sehen eine Verdoppelung des Motives als Verschwendung von Gestaltungsmöglichkeiten an, ließe sich doch gerade in der Helmzier weitere, ergänzende Symbolik unterbringen.
Synergismus
zwischen Schildbild und Helmzier durch Ergänzung
Wenn man
ein Schildbild hat,
das per se schon den Namen ganz gut repräsentiert, kann die
Helmzier dies noch unterstreichen, indem sie das Schildbild nicht
wiederholt, sondern die Symbolik durch ein verwandtes oder
assoziiertes Motiv verstärkt, ein paar fiktive Beispiele:
Eine solche Subtilität findet man eher bei neueren Wappen als bei historischen Wappen des Mittelalters. Ein mittelalterliches Beispiel ist das Wappen der v. Tattenbach (nach dem Scheiblerschen Wappenbuch), in Silber ein schrägrechter, gebogener und geschuppter roter Balken. Das Motiv der Schuppung wird in der Helmzier assoziativ durch den Fischschwanz aufgegriffen: Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine rote Meerjungfrau. Ob das allerdings damals Absicht war, läßt sich heute nicht mehr überprüfen.
Aber man kann auch andere Wege gehen und die Helmzier eigene Symbolik mitbringen lassen, die andere Eigenschaften der Familie, Typisches oder besondere Begebenheiten aus der Familiengeschichte darstellt.
Abb.: Beispiele für Helmzieren, einmal mit Wulst und einmal nahtlos aus der Helmdecke heraus wachsend
Entwicklung
der Helmzier:
Heute haben
wir einen
allgemein akzeptierten Rahmen dessen, was eine Helmzier sein soll
und in welchem Größenverhältnis sie zu den
anderen
Bestandteilen eines Vollwappens stehen sollte. Im Laufe der Zeit
kam es aber zu einem Stilwandel:
Abb.: Beispiele für die Vielfalt der möglichen Helmzieren
Welche Kriterien sollten bei einer Neugestaltung beachtet werden?
Wie
wird eine Helmzier dargestellt?
Helm und
Helmzier haben die
gleiche Blickrichtung. Helm halbgedreht und Figur im Profil ist
möglich. Helmzier im Profil und Helm frontal ist genauso
falsch
wie Helmzier frontal und Helm im Profil. Immer daran denken: Die
Helmzier schaute früher das Gegenüber im Turnier
gerade an!
Bei Darstellungen auf dem Papier ist es wohl möglich, daß bei einer Helmzier im Profil der Kopf zum Betrachter herausgedreht ist, aber die echten oder imaginären Füße einer figürlichen Helmzier stehen immer wie die Füße des Schildträgers bei Geradeausblick. Entscheidend ist hier die Körperhaltung - der Körper ist immer in der gleichen Blickrichtung verankert, in die auch der Kopf blickt, der in dem betreffenden Helm steckt.
Und wenn sich eine Helmzier nicht frontal darstellen läßt, sondern nur im Profil, hat das Konsequenzen für das gesamte Wappen: Ein im Profil dargestellter Helm wird durch die Helmzier erzwungen, dieser wiederum sieht meist nur gut aus zu einem geneigten Schild, dieser wiederum meist nur zu asymmetrischen Helmdecken. Es gibt in der Tat gute Wappen von großen Heraldikern, bei denen ein Helm im Profil auf einem ungeneigten Helm steht, entscheidend ist immer der harmonische Gesamteindruck, aber einfacher läßt sich Harmonie bei einem Helm im Profil mit einem geneigten Schild schaffen.
Falls ein Exot tatsächlich eine rückwärts gewendete Helmzier (siehe Abb.) haben will, muß das bei der Blasonierung gemeldet werden als "abgewendete" oder "abgewandte" Helmzier. Sie blickt dann genau nach hinten. Eine abgewandte Helmzier kann nur im Profil dargestellt werden, denn bei einer Frontaldarstellung würde man auf den wenig aussagekräftigen Rücken blicken. Eine abgewandte Helmzier kommt nur sehr selten vor!
Die Helmzier ist in der Höhe der Schildgröße entsprechend. Die heutzutage als harmonisch betrachteten Proportionen sind 3:2:3 für Schild : Helm : Helmzier. In der rechten Abbildung ist die Helmzier viel zu mickrig, die Darstellung wirkt dadurch insgesamt unausgewogen und schlecht.
Die Helmzier sitzt immer fest auf dem Helm und darf nicht schwebend dargestellt werden. Bsp.: Ein achtzackiger Stern kann nur mit einem Helmwulst befestigt werden, das selbe gilt für Federn oder Vögel oder alle unten spitz endende Formen. Frei über dem Schild schwebende Helmzieren sind genauso falsch wie die Verbindung mit dem Helm ohne Helmwulst oder das Weglassen der Helmdecken. Richtig ist ausschließlich die Montage wie im linken Vollbild.
Die Helmzier - insbesondere der hier dargestellte Stern - darf nicht perspektivisch dargestellt werden, sondern nur entweder frontal oder im Profil.
Obenstehend zwei Beispiele, wie man es nicht machen soll: In beiden Fällen überzeugt die perspektivische Darstellung der Helmzier gestalterisch nicht. Das Motiv wirkt verzerrt; die Erkennbarkeit leidet erheblich. Als die Zentralperspektive in die bildende Kunst Eingang fand, hatte die Heraldik ihre erste große Blüte schon hinter sich, und deshalb erwartet auch niemand in Wappen Perspektive. Im Sinne der guten Erkennbarkeit von Zeichen ist sie sogar kontraproduktiv. Natürlich wurde wie hier gezeigt damit experimentiert, doch das Ergebnis zeigt, daß es nicht gut wirkt (Abb. links: Exlibris von Georg Otto (6.9.1868-17.5.1939) aus dem Jahr 1899 für die Familie von Levetzow. Abb. rechts: Exlibris von Georg Otto (6.9.1868-17.5.1939) aus dem Jahr 1910 für Dr. jur. Traugott Freiherr von Heintze).
Gelten
die Farbregeln auch für die Helmzier?
Die
Farbregel für den Schild
ist bekannt - aber wie sehr gilt sie auch für die Helmzier?
Ich
würde das primär - vorbehaltlich der 3D-Effekte -
unbedingt
bejahen, denn es gibt keinen Grund, warum der geforderte Kontrast
und die angemessene Signalwirkung der HZ geringer sein sollte als
beim Schildbild. Folglich sind m. E. auf die Helmzier genauso die
Regeln zum Umgang mit Farbe anzuwenden wie auf den Schild. Wie im
Schild soll das Aneinanderstoßen von Metall und Farbe
vermieden
werden, um den Kontrast zu erhöhen. Alles für den
Schild zur
Farbregel Gesagte gilt sinngemäß auch für
die Helmzier.
Nebenteile sind davon ausgenommen, wenn es unvermeidbar ist.
Nun ist eine HZ meist erheblich komplexer als ein Schildbild, insbesondere bei wachsenden Personen etc. Je komplexer, desto schwerer ist die "reine Lehre" anwendbar. In diesem Falle sollte das Ganze mit einem gewissen Augenmaß im Geiste guter Gestaltung gesehen werden: Verstoßgrenzen so gering wie möglich.
Genauso wie im Schild gilt "Nebenteile nicht tragisch", so würde ich auch bei der Helmzier Farbregelverstöße für Nebenteile tolerieren, keinesfalls aber ein grundsätzliches, gleichberechtigtes Nebeneinander zweier Farben oder zweier Metalle wie bei einer Teilung oder Spaltung für akzeptabel halten.
Knackpunkt ist die Vermeidbarkeit, genauso wie beim Schildbild: Natürlich kann man eine Jacke eines wachsenden Mannes rechts rot und links blau machen - einfach ein weißes Hemd dazwischen rausschauen lassen und gut ist. Das Entscheidende ist, daß man bei der Komposition schon an spätere Probleme des Einfärbens denkt und nicht erst zeichnet, dann färbt und zuletzt jammert. Denn im Prinzip ist jeder größere Farbverstoß vermeidbar.
Außerdem ist bei einer Komposition eines neuen Wappens Zweifarbigkeit immer eine gute Wahl. Neubecker-Wappen z. B. mit ihrer regelmäßigen karnevalsbunten Helmdeckenspaltung sind in meinen Augen kein gutes geschmackliches Vorbild. Und wenn man Zweifarbigkeit erreicht, hat man im Prinzip auch kein Problem mit der Farbregel.
Was man bei der Helmzier jedoch nach Herzenslust machen kann, ist eine dreidimensionale Modellierung, denn eine Helmzier kann und soll plastisch dargestellt werden. Hierdurch ergeben sich vielfältige Effekte von Licht und Schatten, die durch Aufhellung und Abdunkelung der heraldischen Grundfarbe die Möglichkeiten farblicher Gestaltung erheblich erweitert. Der sich dadurch ergebende Farbverlauf ist ausdrücklich kein Verstoß gegen die Regel, daß nur reine Farben zur Anwendung kommen sollen und keine Abtönungen - denn die Ausgangsbasis ist ja die reine Farbe, z. B. Blau, und dadurch, daß die Lichtkante heller ist und die Schattenkante dunkler ist, haben wir keine relevante Verwendung von "Hellblau" oder "Dunkelblau" - sondern das ganze Objekt bleibt "blau", wie auch die Blasonierung nur von "blau" sprechen wird. Es handelt sich vielmehr um Nutzung graphischer Möglichkeiten zur Darstellung von Dreidimensionalität.
Wie
bindend ist eine Helmzier?
In der
dynamischen Phase der
Heraldik, damals, als sich das Wappenwesen entwickelte, war man
noch nicht so festgelegt. Gerade in der Anfangszeit galt das
Schildbild zwar als bindend für die gesamte Familie,
während
die Helmzier häufig noch als Persönlichkeitszeichen
gesehen
wurde. Erst die Abkömmlinge dieser Einzelpersonen, die die
Helmzier beibehielten, entwickelten die aus der Gewohnheit
entstandene Regel, daß auch die Helmzier ein
familientypischer
und familienbezeichnender, generationenübergreifend
Gültigkeit
habender Wappenbestandteil ist. Die heute übliche
Unveränderlichkeit der Helmzier setzte sich erst in
nachmittelalterlicher Zeit durch.
Heute sehen wir das so, daß die Helmzier fester Bestandteil eines Wappens ist und mit diesem in der Familie weitergegeben wird. Sie wird in der Blasonierung angegeben und ist damit bindend festgelegt. Also würden wir aus heutiger Sicht sagen, daß allgemein akzeptiert wird, daß ein Wappen auch nur genau eine Helmzier hat.
Eine Ausnahme sind verschiedene Zweige einer Familie, die sich durch unterschiedliche Helmzieren unterscheiden, aber zum selben Familienstamm gehören und diese Zugehörigkeit durch ein gleiches oder ähnliches Schildbild zum Ausdruck bringen.
Ein Beispiel für verschiedene Helmzieren für verschiedene Linien der selben Familie findet sich auf der Grabplatte des Kuno Graf zu Eltz in der Pfarrkirche von Münstermaifeld. In der linken Abb ist das Wappen der Linie des Vaters, Wilhelm VII. Graf zu Eltz, und Großvaters väterlicherseits, Lancelot III. Graf zu Eltz, Sohn von Lancelot II. Graf zu Eltz. Es ist rot-silbern geteilt, oben wachsend ein goldener Löwe, hier mit gespaltenem und verschlungenem Schweif, Helmzier ein hermelingestulpter roter Turnierhut, darauf der goldene Löwe wachsend zwischen einem mit silbernen (auch als golden beschrieben) Lindenblättern bestreuten roten Flug. Helmdecken rot-silbern. In der rechten Abb. sehen wir das Wappen entspricht der Großmutter väterlicherseits, Gutgin (Guta) Gräfin v. Eltz, Tochter von Johann VI. Graf v. Eltz und dessen Frau Johannette v. Waldeck gen. Battenberg (Tochter von Heinrich von Waldeck gen. Battenberg). Johann VI. Graf v. Eltz war der Sohn von Dietrich II von Eltz. Der Wappenschild ist gleich, aber die Helmzier ist der goldene Löwe wachsend zwischen einem außen mit je drei Kugeln bestecktem Paar Büffelhörner. In der Tat haben wir hier ein zweites Eltz-Wappen, direkt unter dem anderen, mit gleichem Schildinhalt, aber einer anderen Helmzier, weil es eine andere, spezielle Linie war.
Auch im 20. Jh. hat es Stimmen gegeben, die die Helmzier wieder als individuelles Kennzeichen ansehen wollten, z. B. vertrat Heinrich Hußmann (1899-1982) diese Ansicht, nur den Schild als unveränderliches Familiensymbol aufzufassen.
Keine
Regel ohne Ausnahme
Wir haben
gerade gelernt, daß
der Regelfall ist, daß zu einer Familie eine Helmzier
gehört -
hier ein historisches Beispiel für das Gegenteil: Die
Freiherren
von Müllenheim, eine uradelige
Familie, die aus
dem Elsaß stammt. Viele Familienmitglieder bekleideten hohe
Ämter in der Stadt Strasbourg. Ihr Schildbild ist innerhalb
eines goldenen Bordes in Rot eine silberne Rose mit goldenem
Butzen. Die Familie hatte in ihren ganzen Zweigen im Laufe der
Geschichte bei gleichem Schildbild mindestens 25 verschiedene
Varianten der Helmzier, die sich auch teilweise substantiell
unterschieden (Siebmacher Band Elsaß S. 15 T. 18-20):
Ein weiteres Beispiel ist die seit dem 13. Jh. bekannte niederelsässische Familie Zorn, die in vielen Linien blühte, deren wichtigste die Zorn von Bulach und die Zorn von Plobsheim waren. Sie führen einen rot-golden geteilten Schild, oben ein achtstrahliger silberner Stern. Auch sie führen je nach Linie unterschiedliche Helmzieren, wobei im Siebmacher Band: Els Seite: 24-25 Tafel: 28-30 insgesamt 33 verschiedene Kleinode aufgelistet werden, was wirklich rekordverdächtig ist:
Haben
wir mit einer neuen Helmzier ein neues
Wappen?
Die
Helmzier ist
bedeutungstragender Bestandteil eines Wappens. Wird ein
blasoniertes Element und damit als bedeutungstragend gesehener
Bestandteil eines Vollwappens geändert, haben wir ein anderes
Wappen. Insofern sind zwei Wappen mit gleichem Schildbild und
verschiedener Helmzier zwei verschiedene Wappen. Aber dies ist
ausdrücklich kein Freibrief, gleiche Schildinhalte mit
unterschiedlichen Helmzieren zu "verwenden"! Und das
aus zwei Gründen:
Häufig werden auch Wappenschilde alleine zur Kennzeichnung einer Zugehörigkeit verwendet. Hier wäre bei einem bloßen Unterschied in der Helmzier keine hinreichende Unterscheidbarkeit mehr gegeben. Insbesondere in Italien und Frankreich sind Darstellungen ohne Helmzier völlig normal.
Das Mittelalter selbst hat in der Frühphase der Heraldik durch seine Benutzung von Helmzieren mehr als Persönlichkeitszeichen denn als Familienzeichen selbst die Vorgabe etabliert, den Schildinhalt als wesentliches und eigentliches Charakterisierungsmerkmal einer Familie zu sehen.
Daraus folgt, daß die Änderung der Helmzier nicht ausreicht, um ein neues Wappen für eine neue Familie mit hinreichender Unterscheidungskraft zu schaffen. Eine der Hauptforderungen guter Heraldik ist nämlich auch die eindeutige Unterscheidbarkeit von Wappen unterschiedlicher Familien. Ausnahme wie oben beschrieben unterschiedliche Linien ein und derselben Familie.
Ein
Helm eine Helmzier?
Guter
heraldischer Stil ist,
daß einem Helm eine Helmzier entspricht. Haben wir also 3
Helmkleinode, werden diese von drei Helmen getragen, nach
bestimmten Konventionen nebeneinander aufgereiht (siehe Kapitel
"mehrere Helme"). Das liegt sowohl in praktischen
Erwägungen begründet, denn eine Helmzier war in der
Mitte des
Helmes befestigt und sollte auch mittig den Gewichtsschwerpunkt
haben, um den Träger nicht durch eine Unwucht zu
beeinträchtigen, als auch in ästhetischen
Erwägungen, denn
zwei Helmzieren auf einem Helm lassen sich schlecht mit
befriedigendem Gesamtlayout darstellen, außerdem sollte es
von
den graphischen Gewichten etwa symmetrisch sein.
Es gibt Ausnahmen:
Wenn eine plausible Verschmelzung nicht möglich ist, müssen zwei Helme verwendet werden. Was immer unbefriedigend bleibt und nicht heraldischer Ästhetik entspricht, sind zwei nicht verschmolzene (da nicht verschmelzbare) Helmkleinode nebeneinander auf nur einem einzigen Helm. Und doch gibt es auch dafür historische Beispiele für solche Konventionsverstöße, z. B. das Wappen des Bamberger Fürstbischofs Georg I. von Schaumberg (1459-1475) am Fürstenbau der Festung Kronach, wo auf nur einem Helm ein schräg nach außen gestelltes Schirmbrett und ein zur Seite gerutschter Heidenrumpf nebeneinander sitzen, ästhetisch absolut unbefriedigend. Dieses Wappen (zu finden im Kapitel Kronach) ist ein Beispiel dafür, warum man genau so was nicht macht.
Andere
Länder, andere Sitten:
Die
deutsche Heraldik hat ihre
Traditionen, andere Länder haben andere heraldische
Traditionen.
Was in dem einen Paradigma als korrekt und akzeptabel gilt,
genießt in dem anderen Paradigma keine Akzeptanz, und
umgekehrt.
In der deutschen Heraldik ist eine Helmzier ohne den Helm
untendrunter inakzeptabel; in der britischen Heraldik ist das
Weglassen des Helmes völlig normal und akzeptabel. Die
Helmzier
wird dabei entweder auf einen Wulst oder eine Krone gesetzt.
Dieses Konstrukt schwebt entweder über dem oberen Schildrand
oder wird sogar ganz ohne Schild verwendet, nur als
"crest".
Natürlich kennt auch die britische Heraldik aufwendige Darstellung mit Helm und allem - nur ist dann die Gesamtdarstellung entsprechend hochwertig und aufwendig. Kleinere graphische Darstellungen "für den Hausgebrauch", die außer Schild und Crest keinen zusätzlichen Schmuck besitzen, also insgesamt eher reduziert sind, beschränken sich gerne auf die heraldischen Inhalte alleine, und da wird selbst ein Helm, weil er keine eigene familientypische Aussage hat, als überflüssig empfunden. In Deutschland ist so etwas undenkbar (Abb. links: britisches Exlibris aus dem 19. Jh., Künstler unbekannt. Abb. rechts: britisches Exlibris aus dem 19. Jh., Künstler unbekannt).
Aus
der Kuriositäten-Ecke
Es gibt
immer historische
Ausnahmen, die die gewachsenen Regeln verletzen. Bezüglich
Helmzier ein besonderes Kuriosum ist das Wappen der Blacha von
Lubie (Archiv für Stamm- & Wappenkunde, III. Jahrgang,
1902-1903, Seite 12, Bild ebd.). Die Blacha sind ein altes
oberschlesisches Geschlecht, das sich nach dem Stammsitz Lubie im
Fürstentum Oppeln Blacha von Lubie oder Blache von Lub nennt.
Der Schild ist gespalten von Silber und Rot, jeder Platz ist
belegt mit einer Lilie, auf der Spaltlinie liegt ein Pfeil, alles
in verwechselten Farben. Soweit ist noch alles heraldisch
korrekt. Aber: Die katholische Linie führt als
"Helmzier" einen schrägrechts aufwärts in den
Sehschlitz des Kübelhelmes geschossenen und ihn oben
durchbohrenden roten Pfeil, so in seiner ältesten Darstellung.
Es gibt eine zweite, jüngere Darstellung mit dem Pfeil in
gleicher Stellung, der die Spangen eines offenen Bügelhelmes
durchdringt. Dies dürfte das Grenzwertigste sein, was sich in
historischen Darstellungen als "Helmzier" findet. Die
evangelische Linie führt dagegen ganz konservativ den Pfeil
schrägrechts auf gekröntem Helme, was wieder im
Erwartungsbereich einer normalen Helmzier liegt.
Zusammenfassung
Literatur,
Links und Quellen:
Heinrich
Hussmann: Über
deutsche Wappenkunst: Aufzeichnungen aus
meinen Vorlesungen, Guido
Pressler Verlag, Wiesbaden 1972
Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold",
Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften,
Verlag Degener, Neustadt 1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst,
Bechtermünz
Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
Siebmachers
Wappenbücher
Otto
Gruber: Wappen des
mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl.
Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen
Jahrgängen der "landeskundlichen
Vierteljahresblätter".
Rolf
Zobel: Wappen an
Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009,
ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Veröffentlichung
der
Innenaufnahmen aus Münstermaifeld mit freundlicher Erlaubnis
von
Herrn Pfarrer Guido Lacher vom 14.7.2010, wofür ihm an dieser
Stelle ganz herzlich gedankt sei.
Genealogien: Prof.
Herbert Stoyan,
Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag
ISBN 978-3-7686-2515-9
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos - sofern
nicht anders angegeben: Bernhard Peter 2004, 2010
Die Abb. historischer Zeichnungen sind selbst angefertige Scans
historischer Originale.
Sofern bekannt, ist der Urheber bei der jeweiligen historischen
Graphik angegeben.
Impressum