Bernhard Peter
Gute heraldische Praxis: die Helmzier

Was ist eine Helmzier?
Eine Helmzier = Helmfigur = Helmkleinod = Zimier ist ein plastisches Objekt, das auf dem Helm befestigt wurde und zur weiteren Charakterisierung und Differenzierung eines Wappens und seines Trägers dient. Eine Helmzier ist immer Bestandteil eines Vollwappens und darf bei einem solchen nicht fehlen. Ausnahmen: Solche Städte, die kein Vollwappen führen (nur eine Minderheit von Städten führt ein Vollwappen). Ferner ist eine Helmzier zu blasonierender Bestandteil eines Wappens, und damit bedeutungstragend und unterscheidend. Welche Helmzier ein Wappen hat, wird definiert und gilt als bindend für die Träger des Wappens. Die Helmzier ist selbstverständlich oben auf dem Helm befestigt und führt in der deutschen Heraldik kein eigenständiges Dasein alleine oder gar neben einem Helm etc. Die Helmzier gehört in der deutschen Heraldik oben auf den Helm drauf und weder daneben noch darunter noch ganz woanders hin. Sie ist fest mit dem Helm verbunden und darf nicht schwebend dargestellt werden. In der Blickrichtung folgt die Helmzier üblicherweise der des Helmes und damit der des Trägers.

Hilfskleinode als Präsentationsflächen für das Schildbild
Eine Helmzier kann Elemente aus dem Schildbild aufgreifen und damit so als sog. Hilfskleinod dienen, muß es aber nicht. Wenn das gewünscht wird, sind bestimmte Informations-Träger oder Präsentationsflächen relativ häufig und beliebt:

Typische Beispiele von historischen Wappen für die Anwendung solcher Informationsträger als Hilfskleinod, die meisten finden sich z. B. im Scheiblerschen Wappenbuch:

Übereinstimmungen des Kleinods mit dem Schildbild
Die genannten Grundformen sind sehr beliebt zum Aufgreifen von Elementen aus dem Schild und als Präsentationsfläche. Aber Elemente aus dem Schild können auch ganz alleine auftreten, die meisten historischen Beispiele der Liste finden sich z. B. im Scheiblerschen Wappenbuch:

Einige Heraldiker finden gerade die im Mittelalter häufig gehandhabte Wiederholung des Schildbildes besonders eindringlich, andere wiederum sehen eine Verdoppelung des Motives als Verschwendung von Gestaltungsmöglichkeiten an, ließe sich doch gerade in der Helmzier weitere, ergänzende Symbolik unterbringen.

Synergismus zwischen Schildbild und Helmzier durch Ergänzung
Wenn man ein Schildbild hat, das per se schon den Namen ganz gut repräsentiert, kann die Helmzier dies noch unterstreichen, indem sie das Schildbild nicht wiederholt, sondern die Symbolik durch ein verwandtes oder assoziiertes Motiv verstärkt, ein paar fiktive Beispiele:

Eine solche Subtilität findet man eher bei neueren Wappen als bei historischen Wappen des Mittelalters. Ein mittelalterliches Beispiel ist das Wappen der v. Tattenbach (nach dem Scheiblerschen Wappenbuch), in Silber ein schrägrechter, gebogener und geschuppter roter Balken. Das Motiv der Schuppung wird in der Helmzier assoziativ durch den Fischschwanz aufgegriffen: Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine rote Meerjungfrau. Ob das allerdings damals Absicht war, läßt sich heute nicht mehr überprüfen.

Aber man kann auch andere Wege gehen und die Helmzier eigene Symbolik mitbringen lassen, die andere Eigenschaften der Familie, Typisches oder besondere Begebenheiten aus der Familiengeschichte darstellt.

Abb.: Beispiele für Helmzieren, einmal mit Wulst und einmal nahtlos aus der Helmdecke heraus wachsend

Entwicklung der Helmzier:
Heute haben wir einen allgemein akzeptierten Rahmen dessen, was eine Helmzier sein soll und in welchem Größenverhältnis sie zu den anderen Bestandteilen eines Vollwappens stehen sollte. Im Laufe der Zeit kam es aber zu einem Stilwandel:

Abb.: Beispiele für die Vielfalt der möglichen Helmzieren

Welche Kriterien sollten bei einer Neugestaltung beachtet werden?

Wie wird eine Helmzier dargestellt?
Helm und Helmzier haben die gleiche Blickrichtung. Helm halbgedreht und Figur im Profil ist möglich. Helmzier im Profil und Helm frontal ist genauso falsch wie Helmzier frontal und Helm im Profil. Immer daran denken: Die Helmzier schaute früher das Gegenüber im Turnier gerade an!

Bei Darstellungen auf dem Papier ist es wohl möglich, daß bei einer Helmzier im Profil der Kopf zum Betrachter herausgedreht ist, aber die echten oder imaginären Füße einer figürlichen Helmzier stehen immer wie die Füße des Schildträgers bei Geradeausblick. Entscheidend ist hier die Körperhaltung - der Körper ist immer in der gleichen Blickrichtung verankert, in die auch der Kopf blickt, der in dem betreffenden Helm steckt.

Und wenn sich eine Helmzier nicht frontal darstellen läßt, sondern nur im Profil, hat das Konsequenzen für das gesamte Wappen: Ein im Profil dargestellter Helm wird durch die Helmzier erzwungen, dieser wiederum sieht meist nur gut aus zu einem geneigten Schild, dieser wiederum meist nur zu asymmetrischen Helmdecken. Es gibt in der Tat gute Wappen von großen Heraldikern, bei denen ein Helm im Profil auf einem ungeneigten Helm steht, entscheidend ist immer der harmonische Gesamteindruck, aber einfacher läßt sich Harmonie bei einem Helm im Profil mit einem geneigten Schild schaffen.

Falls ein Exot tatsächlich eine rückwärts gewendete Helmzier (siehe Abb.) haben will, muß das bei der Blasonierung gemeldet werden als "abgewendete" oder "abgewandte" Helmzier. Sie blickt dann genau nach hinten. Eine abgewandte Helmzier kann nur im Profil dargestellt werden, denn bei einer Frontaldarstellung würde man auf den wenig aussagekräftigen Rücken blicken. Eine abgewandte Helmzier kommt nur sehr selten vor!

Die Helmzier ist in der Höhe der Schildgröße entsprechend. Die heutzutage als harmonisch betrachteten Proportionen sind 3:2:3 für Schild : Helm : Helmzier. In der rechten Abbildung ist die Helmzier viel zu mickrig, die Darstellung wirkt dadurch insgesamt unausgewogen und schlecht.

Die Helmzier sitzt immer fest auf dem Helm und darf nicht schwebend dargestellt werden. Bsp.: Ein achtzackiger Stern kann nur mit einem Helmwulst befestigt werden, das selbe gilt für Federn oder Vögel oder alle unten spitz endende Formen. Frei über dem Schild schwebende Helmzieren sind genauso falsch wie die Verbindung mit dem Helm ohne Helmwulst oder das Weglassen der Helmdecken. Richtig ist ausschließlich die Montage wie im linken Vollbild.

Die Helmzier - insbesondere der hier dargestellte Stern - darf nicht perspektivisch dargestellt werden, sondern nur entweder frontal oder im Profil.

 

Obenstehend zwei Beispiele, wie man es nicht machen soll: In beiden Fällen überzeugt die perspektivische Darstellung der Helmzier gestalterisch nicht. Das Motiv wirkt verzerrt; die Erkennbarkeit leidet erheblich. Als die Zentralperspektive in die bildende Kunst Eingang fand, hatte die Heraldik ihre erste große Blüte schon hinter sich, und deshalb erwartet auch niemand in Wappen Perspektive. Im Sinne der guten Erkennbarkeit von Zeichen ist sie sogar kontraproduktiv. Natürlich wurde wie hier gezeigt damit experimentiert, doch das Ergebnis zeigt, daß es nicht gut wirkt (Abb. links: Exlibris von Georg Otto (6.9.1868-17.5.1939) aus dem Jahr 1899 für die Familie von Levetzow. Abb. rechts: Exlibris von Georg Otto (6.9.1868-17.5.1939) aus dem Jahr 1910 für Dr. jur. Traugott Freiherr von Heintze).

Gelten die Farbregeln auch für die Helmzier?
Die Farbregel für den Schild ist bekannt - aber wie sehr gilt sie auch für die Helmzier? Ich würde das primär - vorbehaltlich der 3D-Effekte - unbedingt bejahen, denn es gibt keinen Grund, warum der geforderte Kontrast und die angemessene Signalwirkung der HZ geringer sein sollte als beim Schildbild. Folglich sind m. E. auf die Helmzier genauso die Regeln zum Umgang mit Farbe anzuwenden wie auf den Schild. Wie im Schild soll das Aneinanderstoßen von Metall und Farbe vermieden werden, um den Kontrast zu erhöhen. Alles für den Schild zur Farbregel Gesagte gilt sinngemäß auch für die Helmzier. Nebenteile sind davon ausgenommen, wenn es unvermeidbar ist.

Nun ist eine HZ meist erheblich komplexer als ein Schildbild, insbesondere bei wachsenden Personen etc. Je komplexer, desto schwerer ist die "reine Lehre" anwendbar. In diesem Falle sollte das Ganze mit einem gewissen Augenmaß im Geiste guter Gestaltung gesehen werden: Verstoßgrenzen so gering wie möglich.

Genauso wie im Schild gilt "Nebenteile nicht tragisch", so würde ich auch bei der Helmzier Farbregelverstöße für Nebenteile tolerieren, keinesfalls aber ein grundsätzliches, gleichberechtigtes Nebeneinander zweier Farben oder zweier Metalle wie bei einer Teilung oder Spaltung für akzeptabel halten.

Knackpunkt ist die Vermeidbarkeit, genauso wie beim Schildbild: Natürlich kann man eine Jacke eines wachsenden Mannes rechts rot und links blau machen - einfach ein weißes Hemd dazwischen rausschauen lassen und gut ist. Das Entscheidende ist, daß man bei der Komposition schon an spätere Probleme des Einfärbens denkt und nicht erst zeichnet, dann färbt und zuletzt jammert. Denn im Prinzip ist jeder größere Farbverstoß vermeidbar.

Außerdem ist bei einer Komposition eines neuen Wappens Zweifarbigkeit immer eine gute Wahl. Neubecker-Wappen z. B. mit ihrer regelmäßigen karnevalsbunten Helmdeckenspaltung sind in meinen Augen kein gutes geschmackliches Vorbild. Und wenn man Zweifarbigkeit erreicht, hat man im Prinzip auch kein Problem mit der Farbregel.

Was man bei der Helmzier jedoch nach Herzenslust machen kann, ist eine dreidimensionale Modellierung, denn eine Helmzier kann und soll plastisch dargestellt werden. Hierdurch ergeben sich vielfältige Effekte von Licht und Schatten, die durch Aufhellung und Abdunkelung der heraldischen Grundfarbe die Möglichkeiten farblicher Gestaltung erheblich erweitert. Der sich dadurch ergebende Farbverlauf ist ausdrücklich kein Verstoß gegen die Regel, daß nur reine Farben zur Anwendung kommen sollen und keine Abtönungen - denn die Ausgangsbasis ist ja die reine Farbe, z. B. Blau, und dadurch, daß die Lichtkante heller ist und die Schattenkante dunkler ist, haben wir keine relevante Verwendung von "Hellblau" oder "Dunkelblau" - sondern das ganze Objekt bleibt "blau", wie auch die Blasonierung nur von "blau" sprechen wird. Es handelt sich vielmehr um Nutzung graphischer Möglichkeiten zur Darstellung von Dreidimensionalität.

Wie bindend ist eine Helmzier?
In der dynamischen Phase der Heraldik, damals, als sich das Wappenwesen entwickelte, war man noch nicht so festgelegt. Gerade in der Anfangszeit galt das Schildbild zwar als bindend für die gesamte Familie, während die Helmzier häufig noch als Persönlichkeitszeichen gesehen wurde. Erst die Abkömmlinge dieser Einzelpersonen, die die Helmzier beibehielten, entwickelten die aus der Gewohnheit entstandene Regel, daß auch die Helmzier ein familientypischer und familienbezeichnender, generationenübergreifend Gültigkeit habender Wappenbestandteil ist. Die heute übliche Unveränderlichkeit der Helmzier setzte sich erst in nachmittelalterlicher Zeit durch.

Heute sehen wir das so, daß die Helmzier fester Bestandteil eines Wappens ist und mit diesem in der Familie weitergegeben wird. Sie wird in der Blasonierung angegeben und ist damit bindend festgelegt. Also würden wir aus heutiger Sicht sagen, daß allgemein akzeptiert wird, daß ein Wappen auch nur genau eine Helmzier hat.

Eine Ausnahme sind verschiedene Zweige einer Familie, die sich durch unterschiedliche Helmzieren unterscheiden, aber zum selben Familienstamm gehören und diese Zugehörigkeit durch ein gleiches oder ähnliches Schildbild zum Ausdruck bringen.

Ein Beispiel für verschiedene Helmzieren für verschiedene Linien der selben Familie findet sich auf der Grabplatte des Kuno Graf zu Eltz in der Pfarrkirche von Münstermaifeld. In der linken Abb ist das Wappen der Linie des Vaters, Wilhelm VII. Graf zu Eltz, und Großvaters väterlicherseits, Lancelot III. Graf zu Eltz, Sohn von Lancelot II. Graf zu Eltz. Es ist rot-silbern geteilt, oben wachsend ein goldener Löwe, hier mit gespaltenem und verschlungenem Schweif, Helmzier ein hermelingestulpter roter Turnierhut, darauf der goldene Löwe wachsend zwischen einem mit silbernen (auch als golden beschrieben) Lindenblättern bestreuten roten Flug. Helmdecken rot-silbern. In der rechten Abb. sehen wir das Wappen entspricht der Großmutter väterlicherseits, Gutgin (Guta) Gräfin v. Eltz, Tochter von Johann VI. Graf v. Eltz und dessen Frau Johannette v. Waldeck gen. Battenberg (Tochter von Heinrich von Waldeck gen. Battenberg). Johann VI. Graf v. Eltz war der Sohn von Dietrich II von Eltz. Der Wappenschild ist gleich, aber die Helmzier ist der goldene Löwe wachsend zwischen einem außen mit je drei Kugeln bestecktem Paar Büffelhörner. In der Tat haben wir hier ein zweites Eltz-Wappen, direkt unter dem anderen, mit gleichem Schildinhalt, aber einer anderen Helmzier, weil es eine andere, spezielle Linie war.

Auch im 20. Jh. hat es Stimmen gegeben, die die Helmzier wieder als individuelles Kennzeichen ansehen wollten, z. B. vertrat Heinrich Hußmann (1899-1982) diese Ansicht, nur den Schild als unveränderliches Familiensymbol aufzufassen.

Keine Regel ohne Ausnahme
Wir haben gerade gelernt, daß der Regelfall ist, daß zu einer Familie eine Helmzier gehört - hier ein historisches Beispiel für das Gegenteil: Die Freiherren von Müllenheim, eine uradelige Familie, die aus dem Elsaß stammt. Viele Familienmitglieder bekleideten hohe Ämter in der Stadt Strasbourg. Ihr Schildbild ist innerhalb eines goldenen Bordes in Rot eine silberne Rose mit goldenem Butzen. Die Familie hatte in ihren ganzen Zweigen im Laufe der Geschichte bei gleichem Schildbild mindestens 25 verschiedene Varianten der Helmzier, die sich auch teilweise substantiell unterschieden (Siebmacher Band Elsaß S. 15 T. 18-20):

  1. Auf gekröntem Helm eine golden besamte, silberne Rose
  2. eine golden besamte, silberne Rose, jedes Blatt mit einer roten Pfauenfeder besteckt
  3. eine golden besamte, silberne Rose, jedes Blatt mit einer grünen Pfauenfeder besteckt
  4. auf gekröntem Helm auf einem roten Kissen mit goldenen Quasten eine golden besamte, silberne Rose liegend
  5. auf gekröntem Helm eine golden besamte, silberne Rose, jedes Blatt mit einer kleinen roten vierblättrigen Rose besteckt
  6. auf einem golden gestulpten niedrigen roten Hut eine golden besamte, silberne Rose
  7. Innerhalb eines dicht mit Pfauenfedern ringsum besteckten runden roten Schirmbrettes eine golden besamte, silberne Rose
  8. ein gekrönter, golden gekleideter Männerrumpf ohne Bart
  9. ein gekrönter, rot gekleideter Männerrumpf ohne Bart, eine golden besamte, silberne Rose auf der Brust
  10. ein gekrönter, rot gekleideter Männerrumpf ohne Bart, eine golden besamte, silberne Rose auf der Brust, die Krone mit 3 silbernen Straußenfedern besteckt
  11. ein rot gekleideter Jünglingsrumpf, eine golden besamte, silberne Rose auf der Brust, auf dem Kopf ein schwarzer Kremphut
  12. ein barhäuptiger, rot gekleideter Männerrumpf mit Bart und goldenem Haar, eine golden besamte, silberne Rose auf der Brust, um den Kopf ein silberner Streifen
  13. ein barhäuptiger Jünglingsrumpf mit Kopfreifen, an beiden Seiten auf dem roten Kleide eine silberne Rose überragend
  14. Weibsrumpf mit goldenem Zopf, Eselsohren rot-silbern, auf der roten Brust eine golden besamte, silberne Rose
  15. gekrönter Weibsrumpf mit schwarzem Zopf, auf der roten Brust eine golden besamte, silberne Rose
  16. ebenso, ohne Zopf, statt der Arme silberne Flügel, auf dem Kopf ein silberner Turban (Linie Hildebrand)
  17. wie vorige, aber rote Flügel (Linie Rosenberg)
  18. wachsender, rot gekleideter Jüngling, den rechten Arm erhoben, den linken in der Höhe der Brust angezogen, beide Zeigefinger streckend, in rotem Gewande, die silberne Rose auf der linken Brust, mit niederem, silbern gestulpten roten Hut
  19. rot gewandeter schwarzer Mohrenrumpf mit zwei silbern bordierten roten Eselsohren, silberne Rose auf der roten Brust
  20. golden gestulpter hoher Hut, an der Spitze eine silberne Kugel
  21. silbern gestulpter, roter, oben mit dreifachem Pfauenwedel besteckter niederer Hut, aus dem Stulp ragt halb die silberne Rose
  22. gekrönter Helm mit einem aus 5 Federn bestehenden Pfauenwedel
  23. zwei gelehnte silberne Köcher, je mit 3 grünen Pfauenfedern gefüllt
  24. zwei silberne Büffelhörner mit rotem Kamm
  25. auf gekröntem Helm eine runde, wachsende rote Scheibe, darauf eine golden besamte, silberne Rose, oben mit einem Pfauenwedel besteckt (Linie Rechberg)

Ein weiteres Beispiel ist die seit dem 13. Jh. bekannte niederelsässische Familie Zorn, die in vielen Linien blühte, deren wichtigste die Zorn von Bulach und die Zorn von Plobsheim waren. Sie führen einen rot-golden geteilten Schild, oben ein achtstrahliger silberner Stern. Auch sie führen je nach Linie unterschiedliche Helmzieren, wobei im Siebmacher Band: Els Seite: 24-25 Tafel: 28-30 insgesamt 33 verschiedene Kleinode aufgelistet werden, was wirklich rekordverdächtig ist:

  1. auf dem Helm mit rot-goldenen Decken das Oberteil eines gestürzten Schwertes (Schwertheft) mit silberner Klinge, goldenem, schräg rot umwundenen Griff (Zorn von Bulach)
  2. auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein schwarz behalsbandeter goldener Brackenrumpf wachsend, die Ohren schwarz (Zorn von Plobsheim)
  3. auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein goldener Brackenrumpf wachsend, die Ohren schwarz (Zorn von Plobsheim, 14. Jh.)
  4. wachsender Mann im von Rot über Gold geteilten Gewand, über der rechten Schulter einen schwarzen Jagdspieß tragend, mit beiden erhobenen Händen ein schwarzes Buch haltend, mit schwarzer Mütze
  5. Jünglingsrumpf in wie der Schild geteiltem Gewande, mit goldenem Haar und niederer silbern-gestulpter roter Mütze
  6. Jünglingsrumpf in wie der Schild geteiltem Gewande, auf dem Gewand ein sechsstrahliger Stern, auf dem Kopf ein wachsendes, von Silber und Schwarz gewundenes Widderhorn, innerhalb eines Busches von 5 schwarzen Hahnenfedern
  7. Mannsrumpf, Gewandung wie der Schild, mit goldenem Haar und Bart, auf dem Haupte eine rote Inful, vorn mit einem silbernen Stern
  8. Jünglingsrumpf in rotem, mit silbernem achtstrahligen Stern auf der Brust gezierten Gewand, mit ebensolcher Inful, von der zwei goldene Bänder hinten abfliegen
  9. silbern gewandeter Jünglingsrumpf mit goldener Mütze, aus der ein silbernes Widderhorn linksgebogen wächst
  10. gold gewandeter Mannsrumpf, linkssehend, mit goldenem Haar und Bart und silbern gestulpter goldener Mütze
  11. wachsender barhäuptiger Mann mit goldenem Haar, silbernem Bart, schwarzem Habit, und silbernem, auf der linken Schulter mit einem schwarzen Ordenskennzeichen bez. Mantel, die Hände betend aneinandergelegt.
  12. wachsende schwarz gewandete Nonne, die Hände betend aneinandergelegt.
  13. Hoher Hut, wie der Schild geteilt und belegt, oben besetzt mit 5 silbernen Flammen
  14. golden verzierte, rote Inful, aus deren Spalt eine silberne Wachsfackel hervorkommt
  15. Lanzeneisen, in ähnlicher Gestalt wie eine Inful, von Silber und Rot gespalten, oben mit einem Bord in verwechselten Farben
  16. niederer silbern gestulpter roter Hut, aus welchem fächerförmig 5 goldene Sternstrahlen hervorgehen, an den Spitzen mit je 5 Hahnenfedern besteckt
  17. silbernes Kissen mit roten Quasten, aus dem 5 schwarze Sternstrahlen hervorragen, an den Spitzen in Gartenlilien ausgehend
  18. die obere Hälfte eines quer durchschnittenen achtstrahligen silbernen Sternes, an jeder Spitze mit einer roten Rose besteckt
  19. wie 15, statt der Rosen Pfauenfedern
  20. roter Schaft, vorn belegt mit einem überragenden achtstrahligen goldenen Stern, an den Spitzen mit silbernen Pfauenfedern
  21. rotes Kissen mit goldenen Quasten, darauf ein an den Spitzen mit je einer roten Rose besteckter 8strahliger silberner Stern
  22. wie 18, ohne die Rosen, nur der silberne Stern
  23. ein wie der Schild bez. Fächer, oben mit 7-zackiger silberner Bordur
  24. ein wie der Schild bez. sechseckiges Schirmbrett, an den 5 Spitzen je eine grüne Pfauenfeder, das Ganze auf rotem Kissen mit goldenen Quasten
  25. ein wie der Schild bez. nach hinten gebogenes Büffelhorn
  26. ein umgekehrt wie der Schild bez. Widderhorn: oben golden, unten Stern in Rot
  27. ein Stern zwischen zwei silbernen Büffelhörnern
  28. ein wie der Schild bez. Schildchen verkleinert zwischen einem natürlichen Hirschgeweih
  29. ein von Rot über Gold geteilter Brackenrumpf mit silbernem Ohr
  30. schwarzer Pferderumpf
  31. feuerspeiender roter Pantherkopf, auf Brust und Rücken mit einem achtstrahligen silbernen Stern (in Profildarstellung jeweils halb sichtbar) belegt
  32. ein von Gold über Rot geteilter Schwanenrumpf mit silbernem Rückenkamm
  33. gekrönter wachsender, von Rot über Gold geteilter Löwe

Haben wir mit einer neuen Helmzier ein neues Wappen?
Die Helmzier ist bedeutungstragender Bestandteil eines Wappens. Wird ein blasoniertes Element und damit als bedeutungstragend gesehener Bestandteil eines Vollwappens geändert, haben wir ein anderes Wappen. Insofern sind zwei Wappen mit gleichem Schildbild und verschiedener Helmzier zwei verschiedene Wappen. Aber dies ist ausdrücklich kein Freibrief, gleiche Schildinhalte mit unterschiedlichen Helmzieren zu "verwenden"! Und das aus zwei Gründen:

Daraus folgt, daß die Änderung der Helmzier nicht ausreicht, um ein neues Wappen für eine neue Familie mit hinreichender Unterscheidungskraft zu schaffen. Eine der Hauptforderungen guter Heraldik ist nämlich auch die eindeutige Unterscheidbarkeit von Wappen unterschiedlicher Familien. Ausnahme wie oben beschrieben unterschiedliche Linien ein und derselben Familie.

Ein Helm eine Helmzier?
Guter heraldischer Stil ist, daß einem Helm eine Helmzier entspricht. Haben wir also 3 Helmkleinode, werden diese von drei Helmen getragen, nach bestimmten Konventionen nebeneinander aufgereiht (siehe Kapitel "mehrere Helme"). Das liegt sowohl in praktischen Erwägungen begründet, denn eine Helmzier war in der Mitte des Helmes befestigt und sollte auch mittig den Gewichtsschwerpunkt haben, um den Träger nicht durch eine Unwucht zu beeinträchtigen, als auch in ästhetischen Erwägungen, denn zwei Helmzieren auf einem Helm lassen sich schlecht mit befriedigendem Gesamtlayout darstellen, außerdem sollte es von den graphischen Gewichten etwa symmetrisch sein.

Es gibt Ausnahmen:

Wenn eine plausible Verschmelzung nicht möglich ist, müssen zwei Helme verwendet werden. Was immer unbefriedigend bleibt und nicht heraldischer Ästhetik entspricht, sind zwei nicht verschmolzene (da nicht verschmelzbare) Helmkleinode nebeneinander auf nur einem einzigen Helm. Und doch gibt es auch dafür historische Beispiele für solche Konventionsverstöße, z. B. das Wappen des Bamberger Fürstbischofs Georg I. von Schaumberg (1459-1475) am Fürstenbau der Festung Kronach, wo auf nur einem Helm ein schräg nach außen gestelltes Schirmbrett und ein zur Seite gerutschter Heidenrumpf nebeneinander sitzen, ästhetisch absolut unbefriedigend. Dieses Wappen (zu finden im Kapitel Kronach) ist ein Beispiel dafür, warum man genau so was nicht macht.

Andere Länder, andere Sitten:
Die deutsche Heraldik hat ihre Traditionen, andere Länder haben andere heraldische Traditionen. Was in dem einen Paradigma als korrekt und akzeptabel gilt, genießt in dem anderen Paradigma keine Akzeptanz, und umgekehrt. In der deutschen Heraldik ist eine Helmzier ohne den Helm untendrunter inakzeptabel; in der britischen Heraldik ist das Weglassen des Helmes völlig normal und akzeptabel. Die Helmzier wird dabei entweder auf einen Wulst oder eine Krone gesetzt. Dieses Konstrukt schwebt entweder über dem oberen Schildrand oder wird sogar ganz ohne Schild verwendet, nur als "crest".

 

Natürlich kennt auch die britische Heraldik aufwendige Darstellung mit Helm und allem - nur ist dann die Gesamtdarstellung entsprechend hochwertig und aufwendig. Kleinere graphische Darstellungen "für den Hausgebrauch", die außer Schild und Crest keinen zusätzlichen Schmuck besitzen, also insgesamt eher reduziert sind, beschränken sich gerne auf die heraldischen Inhalte alleine, und da wird selbst ein Helm, weil er keine eigene familientypische Aussage hat, als überflüssig empfunden. In Deutschland ist so etwas undenkbar (Abb. links: britisches Exlibris aus dem 19. Jh., Künstler unbekannt. Abb. rechts: britisches Exlibris aus dem 19. Jh., Künstler unbekannt).

Aus der Kuriositäten-Ecke
Es gibt immer historische Ausnahmen, die die gewachsenen Regeln verletzen. Bezüglich Helmzier ein besonderes Kuriosum ist das Wappen der Blacha von Lubie (Archiv für Stamm- & Wappenkunde, III. Jahrgang, 1902-1903, Seite 12, Bild ebd.). Die Blacha sind ein altes oberschlesisches Geschlecht, das sich nach dem Stammsitz Lubie im Fürstentum Oppeln Blacha von Lubie oder Blache von Lub nennt. Der Schild ist gespalten von Silber und Rot, jeder Platz ist belegt mit einer Lilie, auf der Spaltlinie liegt ein Pfeil, alles in verwechselten Farben. Soweit ist noch alles heraldisch korrekt. Aber: Die katholische Linie führt als "Helmzier" einen schrägrechts aufwärts in den Sehschlitz des Kübelhelmes geschossenen und ihn oben durchbohrenden roten Pfeil, so in seiner ältesten Darstellung. Es gibt eine zweite, jüngere Darstellung mit dem Pfeil in gleicher Stellung, der die Spangen eines offenen Bügelhelmes durchdringt. Dies dürfte das Grenzwertigste sein, was sich in historischen Darstellungen als "Helmzier" findet. Die evangelische Linie führt dagegen ganz konservativ den Pfeil schrägrechts auf gekröntem Helme, was wieder im Erwartungsbereich einer normalen Helmzier liegt.

Zusammenfassung

  • die Helmzier ist ein ergänzendes Mittel der Charakterisierung und Differenzierung eines Wappens und seines Trägers.
  • eine Helmzier gehört zur Grundausstattung eines Vollwappens bei Familienwappen.
  • bei vermehrten Wappen können auch mehrere Kleinode geführt werden, jedes auf einem Helm.
  • jede Helmzier erfordert einen Helm als Basis.
  • die Eigenschaften des Kleinodes werden im Blason festgelegt und sind bindend.
  • die Eigenschaften des Kleinodes sind bedeutungstragend und unterscheidend.
  • ein Kleinod wird nicht mit einer Rangkrone kombiniert.
  • die Stellung der Helmzier in Bezug auf die Papierebene und den Schild wird nicht im Blason festgelegt, sondern unterliegt der künstlerischen Freiheit.
  • die Helmzier wird oben auf dem Helm befestigt und führt in der deutschen Heraldik kein eigenständiges Dasein.
  • die Helmzier ist fest mit dem Helm verbunden und darf nicht schwebend dargestellt werden
  • die Helmzier folgt in ihrer Blickrichtung und Ausrichtung stets der des Helmes und damit der des Trägers. Die Helmzier schaut bei aufgesetztem Helm das Gegenüber gerade an.
  • der seltene Fall einer abgewandten Helmzier muß blasoniert werden.
  • als Hilfskleinod bezeichnet man eine Helmzier, deren flächige Elemente für eine Projektion des Schildinhalts genutzt werden.
  • eine Figur, die sich nicht am Helm befestigen läßt, ist als Helmzier ungeeignet.
  • der Übergang zwischen Zier und Helm sollte so gefällig und unauffällig wie möglich sein. Eine Helmzier kann wachsend sein oder mit einem Wulst, einem Kissen oder einer Krone abgesetzt sein.
  • eine Helmzier sollte nicht zu wuchtig sein und als reales Objekt vorstellbar sein.
  • eine Helmzier ist etwa so hoch wie der Schild und etwa 3/2 so hoch wie der Helm.
  • Kleinode sind plastische Objekte und sollen auch plastisch (dreidimensional) dargestellt werden, aber nicht perspektivisch oder gar zentralperspektivisch.
  • das Kleinod unterliegt mit Einschränkungen (3D, Kleinteiligkeit, Nebenteile) ebenfalls der Farbregel.
  • in historischer Zeit konnten verschiedene Kleinode der Differenzierung innerhalb einer Familie dienen.
  • in anderen Ländern herrschen andere Gepflogenheiten.
  • Literatur, Links und Quellen:
    Heinrich Hussmann: Über deutsche Wappenkunst: Aufzeichnungen aus meinen Vorlesungen, Guido Pressler Verlag, Wiesbaden 1972
    Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt 1981
    Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
    Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München 2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4 (Deutschland)
    Siebmachers Wappenbücher
    Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
    Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
    Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus Münstermaifeld mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Guido Lacher vom 14.7.2010, wofür ihm an dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
    Genealogien:
    Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

    Übersicht

    Home

    © Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos - sofern nicht anders angegeben: Bernhard Peter 2004, 2010
    Die Abb. historischer Zeichnungen sind selbst angefertige Scans historischer Originale.
    Sofern bekannt, ist der Urheber bei der jeweiligen historischen Graphik angegeben.
    Impressum