Bernhard
Peter
Wappenschwindel
und Wappenfälschungen
Wappenfälschungen
Von
Wappenfälschungen spricht
man, wenn ahnungslosen Kunden von skrupellosen
Geschäftemachern
Erzeugnisse verkauft werden, die erstunken und erlogen sind, die
falsche Tatsachen vorspiegeln, die dem Kunden Rechte vorgaukeln,
die er nicht besitzt, also mithin den Straftatbestand des
Betruges erfüllen, wenn dafür Geld verlangt wurde.
Wappenfälschungen können viele Formen haben, die
gängigsten
Methoden sind:
Meistens sind die Fälschungen so dilettantisch gemacht, daß man sie auf Anhieb als solche erkennt. Auch haben einige Fälscherwerkstätten ihre eigene Handschrift, an der man ihre Produkte schnell identifizieren kann.
Bekannte historische Fälscherwerkstätten:
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Beispiel
für eine historische Fleischmann-Fälschung
Das hier
abgebildete Wappen
ist eine historische Fälschung von Wilhelm Karl Fleischmann.
Es
wurde mir freundlicherweise von Herrn Michael S. zur Abbildung
zur Verfügung gestellt; Namen in der Graphik wurden von mir
getilgt. Es zeigt typische Elemente einer
Fleischmann-Fälschung:
Die kastenförmige plumpe Kartusche mit den charakteristischen
ausladenden Ecken (die unteren gerollt) und zwei
"Handgriffen" rechts und links (die es in anderen
Fälschungen auch mit drei Schlaufen gibt) für die
Inschrift
unter dem Wappen mit besonders deutlich betonten
Großbuchstaben,
die verzierte bogige Überschrift "Wappen der Familie"
über dem Namen mit Zierinitiale, die beiderseits eingebogene
Schildform mit der teilweise auf beiden Seiten und teilweise nur
auf einer Seite sichtbaren Schildstärke. Unproportioniert
ausladend wuchernde Helmdecken mit unklarer Linienführung in
schablonenhaft gleicher Form, die eher an junge Farnwedel
erinnern als an ein flatterndes geschlitztes Tuch, sind ebenfalls
typisch für Fleischmann-Fälschungen. Stereotype
Straußenfedern
der hier verwendeten Helmzier weisen sowieso in die Verfallszeit
der Heraldik. Das ist insgesamt einfach nur schlechte
Qualität.
Zur Fälschung wird dieses Machwerk aber durch die erlogene Quellenangabe ("Siebmacher W. B...."), denn im ganzen Siebmacher gibt es kein Wappen des betreffenden Namens S., das erdichtete Alter ("anno 1598" in der Schriftkartusche) sowie durch die frei erfundene Zuordnung dieses Machwerks zur Familie S. und großzügig verwendete Gefälligkeits-Angaben ("Patriziergeschlecht des 15. Jh."). Auch in anderen seriösen Wappensammlungen gibt es keinen Eintrag zu dem betreffenden Familiennamen.
(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn Michael S., wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)
Wilhelm Karl Fleischmann stammt aus Neuburg an der Donau (geb. am 05.10.1849, gest. am 23.10.1913 in München). W. K. Fleischmann kam als Schüler 1874 nach München, lernte bei einem Photographen und wurde später als "Colporteur", Buchhandelsgehilfe genannt, Zuletzt wurde er im Melderegister als Wappenmaler bezeichnet. Fleischmann wechselte nach dem Melderegister während der 38 Jahre seines Aufenthalts in München 30mal seine Wohnung (warum wohl?). Besondere Anfertigungen trugen bei Fleischmann manchmal einen Stempel "Heraldisches Institut".
Beispiel
für eine historische Max-Asten-Fälschung
Das
nachfolgend abgebildete
Wappen ist eine historische Fälschung des Gauners Max Asten,
sog. Typ A, die älteste Fälschungsserie. Max Asten
ist einer
der Fälscher, der seine Machwerke auch noch signiert ("Max
v. Ast auf Malech"). Max Asten nannte sich auf diesen
Schwindelprodukten - zu Unrecht - "Max von Asten" oder
"Max von Ast". Formulierungen wie "Die Lippert aus
Franken stammend, sind eines guten Geschlechts" sollten
schon hellhörig werden lassen, denn solche Sprüche
sind typisch
für Fälschungen, schmeicheln dem Betrogenen und sind
inhaltsleer. Tiefergehende genealogische Angaben als "sind
eines guten Geschlechtes" finden sich selten bei Max Asten,
wie auch, es fand natürlich keine genealogische Arbeit statt.
Hier auch typisch der Satz "Dieses Wappen erhielten Sie
unter Kaiser Albrecht dem IIten Anno 1438". So ein Satz ist
stereotyp in älteren Fälschungen von Max Asten zu
finden.
Albrecht II war 1404 unter Vormund und ab 1411 Herzog von
Österreich, 1437 König von Böhmen, 1438
König von Ungarn,
röm.-dt. König 1438–1439 - also
unzutreffend, denn
Albrecht II von Habsburg wurde nie gekrönt und war kein
Kaiser.
Jahreszahlen außerhalb der Regierungszeit der Betreffenden
waren
übrigens für Max Asten normal. Beliebt waren bei Max
Asten auch
Wenzel und Maximilian I. Die Vermischung von Blasonierung und
Symboldeutung ("führen im schwarzen Felde eine Wappenrose,
die das Blühen der Familie bedeutet. Einen gekrönten
Helm,
worauf abermals eine Rose und zwei roth silberne
Füllhörner,
die den Aufschwung des Stammes darstellen"), wovon die
Blasonierung weder vollständig noch korrekt ist und die
Symboldeutung allerwelts-schwammig ist, zeigt ebenfalls, daß
hier jemand am Werk war, der von Heraldik zwar weniger, von
erfolgreichem Betrug aber umso mehr verstand. Die Rose schwebt
frei und zusammenhangslos in der Luft. Insbesondere die Ansprache
eines Adlerfluges als "Füllhörner" ist an
Dummdreistheit nicht zu überbieten. Ansonsten ist die
Darstellung weder schön noch originell, künstlerisch
einfach
nur grausam. Die Angabe "Stammwappen der Familie" hat
Max Asten übrigens sogar über Darstellungen von
Allianzwappen
verwendet, so dummdreist ist er vorgegangen.
(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn Martin Jauch, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)
Zweites
Beispiel für eine historische Max-Asten-Fälschung
Das
nächste Schwindelwappen
ist ebenfalls ein Machwerk von Max Asten. Hier ist es ein Werk
aus späteren Phasen, wo er Schmuckschablonen mit verziertem
Rand
verwendete. Unten eingedruckt findet sich die Schrift:
"Allein ächt zu haben bei Max v. Asten, Wappenmaler in
Neustadt a. fr. Saale, Besitzer einer Wappensammlung v. 30000
Stück." Der Titel "Stammwappen der Familie" ist
eingedruckt, der Name handschriftlich ergänzt, der
erklärende,
individualisierende Text frei geschrieben. Auch hier findet sich
der genealogisch unglaublich tiefschürfende Hinweis "Die
Näpflein aus dem früheren Markgrafthum Ansbach
stammend sind
eines guten und ehrbaren Geschlechts". So etwas klingt gut
und schmeichelt dem Kunden, ist aber mangels Meßbarkeit von
"gut" und "ehrbar" in seiner Wertlosigkeit
als Aussage typisch für die leeren Phrasen solcher
Schwindelprodukte. Die Verleihung dieses Wappens wird dem Kaiser
Sigismund im Jahre 1431 angedichtet, was diesmal ebenfalls nicht
rechnerisch geht, denn er wurde erst 1433 zum Kaiser gekrönt.
Solche keiner näheren Nachprüfung standhaltenden
Aussagen sind
typisches "Markenzeichen" dieser Fälschungen.
(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn E. Näpflein, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)
Wenden wir uns nun dem Machwerk selber zu: Ein schwarz-rot geteilter Schild tritt die Farbregel mit Füßen. Die beiden "roth und silberne Wappenrosen" (sic) auf rotem Grund hätte sich auch kein Gestalter einfallen lassen, der etwas von der Materie versteht. Und wenn unten das Feld in Farbe ist, so sollte man oben eine farbige Figur auf Metall legen und nicht umgekehrt. Der Löwe trägt einen Speer, dessen Farbe ganz anders ist als seine eigene - zwei verschiedene Goldtöne widersprechen guter heraldischer Praxis. Die Decken sind in Blau-Irgendwas gehalten, zwei Farben, die in keinerlei Bezug zu den Schildfarben stehen. Auch dies wäre einem echten Heraldiker nicht passiert. Woher unter der Helmzier der rote Stoff kommt, ist auch nicht so richtig klar. Die Proportionen stimmen nicht, der Helm ist zu klein und zu eng, das Visier gleicht einer Panzertaucherfrontscheibe. Die Helmdecken weisen technische Fehler auf. Bei der Innenfarbe der Helmdecken weiß man nicht, ob es Grün oder Gold sein soll, Gold kann es eigentlich nicht sein, denn golden sind die aus den Büffelhörnern lodernden Flammen, und grün wäre ein weiterer Regelverstoß. Diese eklatante Anhäufung von Dilettantismus erschreckt vor dem Hintergrund, wie erfolgreich der umherziehende Betrüger Max Asten ganze Landstriche Frankens mit Schwindelprodukten "versorgte".
(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn E. Näpflein, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)
Beispiel
für eine typische neue Fälschungsserie
Das unten
abgebildete
"Wappen" ist ein typisches Beispiel für eine
Serienproduktion einer Firma, die das "Wappen" zusammen
mit einem "Familienbuch" verkauft hat ("Halbert's
Familienbuch"). Das abgebildete Beispiel ist mit
freundlicher Genehmigung von Herrn Hild der Seite http://www.de.bernard-m-hild.eu/html/wappenschwindel.html entnommen. Ein schneller Scan durch's Internet
zeigt, daß viele ahnungslose Opfer der Machenschaften dieser
Firma leider das angebliche "Familienwappen" immer noch
stolz auf ihren Webseiten präsentieren.
Typische Merkmale dieser Serie ist die immer gleiche opulente Helmdecke ohne Angaben zur Tingierung zur stereotypen Schildform sowie das immer gleiche Namensfeld, ferner ist die Bonsai-Helmzier entweder zu mickrig oder fehlt in anderen mir vorliegenden Beispielen ganz, der Helm (zudem falsch) ist ebenfalls immer der selbe. Das Machwerk ist stereotyp aus Standard-Bausteinen zusammengesetzt, wie man besonders deutlich an dem immer mißratenen Übergang zwischen Helm und Helmzier sehen kann, mal ganz zu schweigen von den übrigen schweren heraldischen Fehlern. Der Inhalt des Wappens ist frei erfunden, die Quellenangaben ebenso. Gerne wird der seriöse Rietstap als angebliche Quelle genannt, nur findet sich dort i.d.R. kein betreffender Eintrag.
(Abb. mit freundlicher Genehmigung von Herrn Bernard Hild, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei)
Nicht nur frappiert die Unverfrorenheit, mit der diese Bildchen verkauft wurden, sondern die heraldische und graphische Unzulänglichkeit beleidigt dazu noch das Auge. Nach dem Lesen der übrigen Kapitel dieser Webseite möchte man dem geschätzten Leser am liebsten die Aufgabe stellen: Wieviele Fehler finden Sie auf diesem Bild? Wer über zehn kommt, darf sich fortgeschrittener Kenntnisse erfreuen!
Und
immer
wieder....
Die
Gutgläubigkeit und
Dummheit der Menschen, verbunden mit der Sehnsucht nach
Aufwertung, bietet unseriösen Anbietern ein reiches
Betätigungsfeld. Auf Mittelaltermärkten und
Jahrmärkten sind
manchmal Stände zu finden, an denen Ausdrucke zur Familien-
oder
Namensforschung angeboten werden. Vor einigen dieser Anbieter
kann nur nachdrücklich gewarnt werden. Viele der
"Dokumente", vor allem aus früheren Jahren, erfüllen
die oben genannten Kriterien einer Fälschung. Durch die
Aufmachung und die Zusammenstellung von Namen, Fakten,
willkürlich gewählten bereits existierenden Wappen,
die nichts
miteinander zu tun haben, entsteht beim unkundigen und
gutgläubigen Betrachter der Eindruck einer Berechtigung, die
aber tatsächlich nie existiert hat und nicht gegeben ist.
Neuere
Varianten sind juristisch weniger angreifbar, inhaltlich jedoch
vollkommen wert- und nutzlos. Kunden bekommen für viel Geld
ein
paar Ornamente, ein Sammelsurium von einigen Quellenangaben,
alberne Geschichten und zusammengestellte Allgemeinplätze.
Text-Beispiele für die unglaublichen Hohlheiten, für deren Erwerb sich Leute das Geld aus der Tasche ziehen lassen:
Die spärlichen enthaltenen Informationen kann jeder kostenlos in einem einschlägigen Namenslexikon nachschlagen. Den Menschen wird das Geld aus der Tasche gezogen für einen wertlosen Fetzen Papier, und die betreffenden Anbieter lassen die ahnungslosen Kunden einen Gegenwert vermuten, der nicht existiert. Das ist in meinen Augen so zu bewerten wie der Verkauf von Einhorn-Hornpulver gegen Erektionsstörungen. Durch dieses Treiben wird eine ernsthafte Wissenschaft in den Schmutz gezogen, abgesehen von der moralischen Bewertung dieses skrupellosen Vorgehens und der Irreführung der Käufer.
Wappenhandel
bei ebay....
Auch bei
ebay werden bisweilen
von skrupellosen Geschäftemachern entsprechende Machwerke
angeboten, typischerweise wird mit den Worten "Die Herkunft
Ihres Namen, Ihr Familienwappen, Historisch wichtige
Vorfahren..." etc. bei ebay eine "Unikaten
Urkunde" mit einem darauf abgebildeten, aus einer
Online-Wappenrolle "entnommenen" (also geklauten)
Wappen angeboten. Eine weitere Methode vieler bei ebay
angebotenen Machwerke ist die 1:1 Übernahme aus der
"Wappensammlung" einer "heraldischen"
Clipart-Sammlung auf CD, deren Inhalte aber auch überhaupt
nichts mit seriöser Heraldik gemein haben und deren
zeichnerischer Stil einschlägig bekannt ist. Zudem ist es sehr
interessant, die einschlägigen Anbieternamen bei ebay einmal
zu
ergooglen, insbesondere vor dem Hintergrund des Titelhandels.
Häufig finden sich die einschlägig bekannten Namen
wieder als
unseriöse Titelverkäufer, wo klingende Adelstitel als
Künstlername oder Universitätsgrade von
Phantasiekirchen
verhökert werden. Äußerste Vorsicht vor
solchen
Machenschaften! Ähnliche Machwerke klauen willkürlich
Wappenabbildungen aus den Siebmacherschen Wappenbüchern und
kopieren sie in die vertriebenen "Dokumente". Es kann
nicht genug vor solchem und ähnlichem Schwindel gewarnt werden!
Straßenstände....
Abb.: typischer Straßenstand in Italien, an dem man seine Familiengeschichte innerhalb von wenigen Minuten "erforschen" lassen ("la storia del tuo cognome - die Geschichte Deines Familiennamens") und fertige "Familienwappen" käuflich erwerben kann (Abb. mit freundlicher Genehmigung von D. Smasal, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei).
Literatur:
Der
Wappenschwindel - seine
Werkstätten und ihre Inhaber, ein Blick in die heraldische
Subkultur, bearbeitet von Jürgen Arndt, Verlag Degener 1997,
ISBN 3-7686-7013-9
Ein herzliches Dankeschön an alle Besitzer von
Schwindelprodukten, die mir netterweise erlaubt haben, die
Abbildungen zu verwenden.
©
Copyright / Urheberrecht am Text: Bernhard Peter 2006, 2008
© Abbildung 1: Michael S. 2007, © Abbildung 2: Martin Jauch 2008, ©
Abbildung 3 und 4: E. Näpflein 2008, ©
Abbildung 5: Bernard M.
Hild 2006, © Abbildung 6: D. Smasal 2007