Bernhard Peter
Gute heraldische Praxis: Verwechselte Farben

Das Prinzip der "verwechselten Farben"
Verwechselte Farben bzw. "Verwechselte Tinkturen" sind ein sehr altes Prinzip, um in Wappen

zu kombinieren. Noch einmal der Unterschied:

Wenn nun z. B. die gemeine Figur nicht in eine komplette Fläche einbeschrieben wird, sondern die Teilungen übergreifend angeordnet ist, läßt sich der Farb-Metall-Regel am besten durch das Prinzip der verwechselten Farben Genüge leisten. Die Gemeine Figur wird dabei aufgelöst in alternierende Einzelflächen, die sich stets vom Untergrund abheben und dabei einen guten Kontrast schaffen, also nirgends Farbe auf Farbe und Metall auf Metall kommen lassen.

Genauso lassen sich durch Kombination zweier Heroldsbilder alternierende Flächen schaffen.

Oder man verbindet die in verschiedenen Flächen eines Heroldsbildes liegenden einzelnen gemeinen Figuren dadurch, daß sie jeweils die Farbe des "Gegenfeldes" annehmen - dazu muß keine gemeine Figur "auf der Kante" zu liegen kommen. Jede gemeine Figur nimmt einfach die Farbe des korrespondierenden Feldes an, was insgesamt ein gutes Gleichgewicht des optischen Eindruckes hervorruft.

Grundziel der Tingierung in verwechselten Farben ist es, ein optisches Auseinanderfallen des Wappens zu vermeiden, sondern die Flächen wie Positiv und Negativ aneinander zu koppeln, um Ausgewogenheit des Farbeindrucks insgesamt zu erzielen und dennoch hohen Kontrast zu haben.

Das Ergebnis ist graphisch extravagant und doch kohärent, wirkt wie das "gewisse Etwas", ist aber ein altes Prinzip. Der Erkennbarkeit tut die farbliche Fragmentierung keinen Abbruch, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man so ein Schildbild aus größerer Entfernung betrachtet - das Auge bzw. das Gehirn setzt die Teile wieder zu einem wiedererkannten Ganzen zusammen. Ein paar fiktive Beispiele mögen dies belegen:

Beispiel 1:
In rot-golden geviertem Schild ein Ankerkreuz in verwechselten Farben.

Beispiel 2:
In golden-rot geviertem Schild ein achtspeichiges Wagenrad in verwechselten Farben.

Beispiel 3:
In golden-rot schräggeviertem Schild ein achtzackiger Stern in verwechselten Farben.

Beispiel 4:
In golden-rot gespaltenem Schild eine Spitze, über allem eine Lilientriangel, alles in verwechselten Farben.

Beispiel 5:
In golden-rot gespaltenem Schild sechs (3:2:1) Fensterrauten in verwechselten Farben.

Beispiel 6:
Rot mit einem goldenen Balkenkreuz und einem Schildchen, alles in verwechselten Farben.

Beispiel 7:
Rot-golden gespalten mit einem Bord und einem dreipaßförmig ausgeschlagenen Seeblatt, alles in verwechselten Farben.

Literatur, Links und Quellen:
Heinrich Hussmann: Über deutsche Wappenkunst: Aufzeichnungen aus meinen Vorlesungen, Guido Pressler Verlag, Wiesbaden 1972
Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt 1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München 2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4 (Deutschland)

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