Bernhard
Peter
Warteschilde
und Wartefelder
Was
ist ein Warteschild?
Ein
Warteschild ist ein Feld
(oder ein Herzschild auf dem Wappen), das inhaltsleer und
bedeutungsoffen ist. Es handelt sich also um ein lediges Feld
oder um einen ledigen Schild, theoretisch farblos, in der
Grundfarbe oder Hintergrundfarbe tingiert, auch einfach weiß
gehalten, jedenfalls im Zusammenhang so, daß deutlich gezeigt
wird, daß hier kein Inhalt vorhanden ist. Noch kein Inhalt,
denn
ein Warteschild wird verwendet, weil er zur späteren Aufnahme
eines Wappenbildes bestimmt ist, das man noch nicht führen
darf,
aber bald führen dürfen wird. Ein Warteschild ist
somit ein
Schild der bestimmten und zielgerichteten Vorfreude auf einen
Inhalt, und weil man ein Amt, eine Würde, ein Lehen oder eine
Erbschaft kaum erwarten kann, nimmt man schon mal einen leeren
Schild oder ein leeres Feld ins Wappen. Oder wenn man eigentlich
das Recht innehat, jemand anderes es einem aber derzeit streitig
macht. Wem es zu leer erscheint, der damasziert die Fläche
einfach.
Beispiel:
Kurfürstentum Hannover
Ein
prominentes Beispiel ist
Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg: Er wurde 1692
zum
Kurfürst ernannt (neunte Kur im Heiligen Reich Deutscher
Nation), und er führte bis zu seinem Tod 1698 einen
Warteschild
in Form eines ledigen Herzschildes auf seinem Wappen, das
ansonsten 17 Felder mit Inhalt aufwies. Die Reichserzämter
waren
normalerweise mit der Kurwürde verbunden (Ausnahme: Markgrafen
von Meißen). Mit der Kurwürde von Hannover sollte
das Amt des
Erzbannerträgers verbunden sein, doch darüber erhob
sich
Streit. Rein theoretisch wäre das heraldische Amtszeichen des
Archivexillarius die Reichssturmfahne mit schwarzem Adler in
blauem Feld gewesen, die aber Württemberg aus anderen
Gründen
innehatte. Erst Ernst Augusts Sohn Georg Ludwig von
Braunschweig-Lüneburg (reg. 1698-1727) erhielt 1706 das
ehemals
pfälzische Schatzmeisteramt (Bayern wurde die
Kurwürde
1706-1714 aberkannt) und setzte 1708 die goldene Reichskrone in
rotem Feld als Symbol der Erzschatzmeisterwürde in den Schild.
Endgültig war das aber erst 1777, als die Pfälzer
Wittelsbacher
die Bayern beerbten. Zwischen Erlangung der Kurwürde und des
Reichserzamtes vergingen also etliche Jahre, und die ganze Zeit
über wurde der Warteschild verwendet.
Unbestimmte
Wartefelder
Gerade bei
den großen
Dynasten und Herrscherhäusern gab es viel Bewegung bei den
Wappen und Gebietszugewinn, so konnte bei einer ungünstigen
Schildaufteilung auch schon mal ein „ungerades“
Feld
zum Warteschild bzw. Wartefeld erklärt werden in einer
unbestimmten Hoffnung, daß sich bestimmt irgendwas wieder in
nächster Zeit bewegen wird.
Beispiel:
Königreich Württemberg
Ein
Beispiel ist das Wappen
des Hauses Württemberg, hier ein kleiner Ausschnitt des
Gesamtwappens am Deutschordensschloß Mergentheim:
Das hier weiß getünchte Wartefeld kam anläßlich der Erhebung Württembergs zum Kurfürstentum 1803 in das Württemberger Wappen.: Durch die Teilung ist hier ein lediges Feld, das als Warteschild benutzt wurde. Die anderen Felder zeigen die Reichsstadt Hall (geteilt. Feld 1: In Rot ein goldenes Kreuz. Feld 2: eine erhobene Hand. Kam anläßlich der Erhebung Württembergs zum Kurfürstentum 1803 in das Württemberger Wappen, nachdem Württemberg das Gebiet 1802 mit Erlaubnis Napoleons annektiert hatte, als Entschädigung für den Verlust linksrheinischer Gebiete) und die Reichsstädte (in Gold ein schwarzer Adler, rot bewehrt. Kam anläßlich der Erhebung Württembergs zum Kurfürstentum 1803 in das Württemberger Wappen). Das Wartefeld verblieb bis 1817 im Württemberger Wappen, dann wurde es entfernt.
Warteschild
bei Frauenwappen
Eine
besonders interessante
Variante des Warteschildes ist die in den Wappen unverheirateter
Frauen. Es gibt Darstellungen mit gespaltenem Rautenschild, bei
denen die vordere Hälfte ledig, frei ist, die hintere
Hälfte
des gespaltenen Schildes das väterliche Wappen zeigt. Es ist
also die Darstellung eines im gemeinsamen Schild
zusammengeschobenen Wappens, vorne Ehemann, hinten Ehefrau, nur
daß der Ehemann noch nicht bekannt ist und daher die seinem
Wappen zugedachte Fläche leer ist und auf Inhalte wartet.
Diese
Praxis insbesondere beim Hochadel wirft ein interessantes Licht
auf die Rolle der betreffenden Frauen, die schon früh Objekt
der
Heiratspolitik großer Häuser wurden und nicht als
eigenständige Individuen wahrgenommen wurden, sondern als
Projektion möglicher Heiraten.
Ein solches Beispiel ist eine Serie von drei Holztäfelchen aus dem Jahre 1502, die den späteren Kaiser Karl V und seine Schwestern Eleonore und Isabella zeigt. Nur Karl besitzt einen vollständig mit Inhalten ausgefüllten Halbrundschild, seine beiden Schwestern jeweils einen nur in der hinteren Spalthälfte mit gleichen Inhalten (geviert aus Österreich, Brabant, Alt- und Neuburgund, Herzschild Habsburg) versehenen Rautenschild.
Es sei angemerkt, daß solche Fälle nicht für die deutsche Heraldik charakteristisch sind, sondern ungewöhnlich. Der Normalfall in der deutschen Heraldik ist, daß die Frau bis zur Heirat das väterliche Vollwappen führt.
Quellen,
Literatur und Links
http://oktogon.at/Goebl/frauenwappen.htm
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