Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1105
Weimar (Thüringen)

Sonstige: Wappen am Cranach-Haus

Am Weimarer Markt befinden sich zwei identische Häuser aus der Renaissance. Typische Stilelemente sind die Zwerchgiebel, gliedernden Gesimse und Lisenen sowie die Säulen, Muschelnischen und die reich ornamentierten Rundbögen.

Das Haus wurde gleich als Doppelhaus (Am Markt 11-12) geplant und erbaut, die rechte Hälfte ist von identischer Konzeption und gleichermaßen geschmückt. Nur die beiden mittleren Portale im Erdgeschoß waren als Hauseingänge vorgesehen, die beiden äußeren Bogenöffnungen wurden erst 1865 und 1892 als Schaufenster anläßlich eines Umbaus ausgebaut. Man sieht auch, daß nur die beiden mittleren Elemente gekehlte Nischen besitzen und oben mit Wappen verziert sind. Eine umfassende und originalgetreue Restaurierung erfolgte 1972.

Über dem rechten Bogen des linken Hauses (sog. Cranach-Haus), 1547-1549 erbaut, finden wir zwei Wappenschilde in Form eines Ehewappens einander zugeneigt:

Das Wappen der Familie Cranach ist hier in Gold eine kriechende, rot gekrönte und schwarz geflügelte schwarze Schlange mit rotem Fingerring im Maul. Das entspricht der Darstellung im Aschaffenburger Wappenbuch, welches als Oberwappen die waagerecht kriechende Schlange mit goldenem Ring mit rotem Stein im Maul zu schwarz-goldenen Decken angibt. Im Siebmacher Band Preußen, S. 110, T. 146 wird das Wappen etwas anders beschrieben, in Gold eine balkenweise kriechende, gekrönte und silbern geflügelte blaue Schlange (ohne Ring). Auf dem Helm die Schlange aufrecht stehend. Helmdecken blau-golden. Nach Siebmacher Band Bg1, S. 46, T. 62 (ohne Tinkturangaben) trägt die Schlange einen Ring im Rachen, also wie hier am Cranach-Haus dargestellt. Dieses Wappen ist dem Maler und seiner Familie am 06.01.1508 von Kurfürst Friedrich dem Weisen verliehen worden. Lucas Cranach d. Ä. war mit Barbara Brengebier, der Tochter des Gothaer Bürgermeisters Jobst Brengebier, verheiratet.

Das Wappen der Familie Brück zeigt in Silber drei schwarze, springende Pferde perspektivisch gestaffelt. In Siebmacher Band Bg3, S. 42, T. 43 ist nur ein einziges Pferd angegeben, als Helmzier ebenfalls ein Pferd wachsend. In Siebmacher Band Sa, S. 23, T. 23 finden wir mehr: Dort werden in Silber drei springende schwarze Pferde übereinander (oder perspektivisch hintereinander) angegeben, als Helmzier ein wachsendes schwarzes Pferd. Helmdecken schwarz-silbern. Die Familie Brück hieß ursprünglich Heinze, bei der Nobilitierung wurde stattdessen der Name des Geburtsortes Brück (bei Wittenberg) angenommen. Man nannte sich nun v. Brück oder Pontanus.

Die Tochter des Malers Lucas Cranach d. Ä. war mit dem herzoglich-sächsischen Kanzler Christian Brück verheiratet. Der Vater Lucas Cranach kam 1552 als 89jähriger im Gefolge von Kurfürst Johann Friedrich nach Weimar und wohnte im Haus seines Schwiegersohnes. Der Hofmaler wohnte eher bescheiden in einer Mansarde während seines letzten Lebensjahres. In diesem "Atelier" entstand das letzte große Werk, das dreiflügelige Altargemälde für die Stadtkirche St. Peter und Paul, das er selber nicht mehr vollenden konnte, sondern es wurde von seinem Schüler, Lucas Cranach dem Jüngeren (geb. 04.10.1515), nach dem Tod des Meisters am 16.10.1553 fertiggestellt.

Ehewappen über der identisch konzipierten rechten Doppelhaushälfte, gleichfalls unter einem plastisch gestalteten Löwenkopf. Dieses Haus gehörte einst dem herzoglichen Sekretär Anton Pestel, der heraldisch rechte Wappenschild mit dem Mann, der in seiner Rechten ein Kreuz und in seiner Linken einen Baum hält, könnte demnach seiner sein (ohne Literaturnachweis des Wappens). Name und Wappen seiner Frau sind mir nicht bekannt, Hinweise willkommen.

Wappen im Bogen ganz links. Es zeigt in Blau ein aufgeschlagenes silbernes Buch, über welches ein Merkurstab (Hermesstab, geflügelter, von einer Schlange umwundener Stab) und eine brennende Fackel schräggekreuzt gelegt sind. Helmzier auf gekröntem Helm ein wachsendes, geflügeltes, silbernes Pferd (Pegasus). Dies ist kein Familienwappen, sondern das des Börsenvereins der deutschen Buchhändler in Leipzig, ein Berufswappen der Buchhändler, entworfen 1888 von Prof. Doepler. Es kam anläßlich des Umbaus an die Fassade.

Spruchband: Habent sua fata libelli. Das ist ein unvollständiges Zitat aus einem Lehrgedicht „De litteris, de syllabis, de metris“ von Terentianus Maurus, einem antiken Grammatiker. Vollständig hieße der Spruch: Pro captu lectoris habent sua fata libelli - Je nach intellektueller Auffassungsgabe oder Aufnahmebereitschaft des Lesers haben die Büchlein ihre Schicksale, d. h. können Bücher nur ihren Inhalt vermitteln.

Sonstige: Initialen am Gelben Schloß

Diesmal kein Wappen, dennoch persönliche familienbezogene Emblematik in einer ovalen Kartusche in einem Kontext aus Ranghut und Schildhaltern: Am Gelben Schloß, welches 1704 als Witwensitz erbaut wurde, finden sich diese barock verschlungenen Initialen am Löwentor. Das Anwesen wurde später als Verwaltungsgebäude und als Wohnung für Hofbeamte genutzt. Ferner ist es das Geburtshaus des Dramatikers August von Kotzebue. Im zweiten Weltkrieg wurde das Gebäue teilzerstört, aber danach wieder hergestellt. Was bedeuten die verschlungenen, hochsymmetrisch angeordneten Buchstaben? In der Tat kommt die Symmetrie dadurch zustande, daß einige Buchstaben doppelt vorkommen und spiegelbildlich angeordnet sind.

Es handelt sich um Charlotte Dorothea Sophia Landgräfin v. Hessen-Homburg (17.6.1672 - 29.8.1738), die zweite Frau (Heirat 4.11.1694 in Kassel) von Johann Ernst III. Herzog v. Sachsen-Weimar (22.6.1664 - 10.6.1707), 1683 Mitregent, 1691 zu Kepellendorf, Heusdorf und Magdala, der in erster Ehe am 11.10.1685 in Zerbst mit Sophia Augusta Prinzessin v. Anhalt-Zerbst (9.3.1663 - 14.9.1694) vermählt war. Die Buchstaben stehen für Herzogin Dorothea Sophia Dux Saxoniae Landgrafia Hasso Homburgiae.

Literatur
Siebmachers Wappenbücher
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Cranach-Biographie:
http://www.cranach-stiftung.de/cranach/biographie.pdf
Ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise an Herrn Stefan Böhme

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