Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1115
Hadamar
(Hessen, Landkreis Limburg-Weilburg)
Residenzschloß Hadamar
Das
Residenzschloß heute
Das Residenzschloß
Hadamar steht direkt am Fluß (Elbbach) im Talgrund des
gleichnamigen Städtchens und bildet eine dreiflügelige,
unregelmäßige Anlage in exakter Nord-Süd-Ausdehnung, die drei
Flügel sind im Norden, Osten und Süden um einen rechteckigen
Hof gruppiert, der sich nach Westen als Terrasse über dem Fluß
öffnet. Zwei polygonale Treppentürme springen zum Innenhof hin
vor, einer in der Mitte des kurzen Nordflügels, und einer am
äußeren Ende des längeren Südflügels, der die anderen
Baukörper um mehrere Geschosse überragt. Der längste Flügel
ist jedoch der Ostflügel mit einer polygonalen Vorkragung an der
Nordostecke (Kapelle). Ein Treppenhaus mit geraden Stufenfluchten
befindet sich in der Ecke zwischen Ost- und Südflügel, dort, wo
auch der hier besprochene Wappenstein angebracht ist. Nord- und
Südflügel besitzen jeweils eine Tordurchfahrt. Alle drei Flügel sind dreigeschossig über einem
hohen Sockelgeschoß. Der
Kernanlage sind im Süden langgestreckte, niedrigere
Wirtschaftsbauten vorgelagert.
Baugeschichte
Das Schloß baut auf
älteren Gebäuden auf, denn erst war
hier ein Eberbacher Klosterhof, dann wurde über dessen Resten im
14. Jh. eine Wasserburg erbaut, die wiederum 1540 durch Brand
vernichtet wurde (erste Bauphase bis 1540). Erst 1529-30 wurde
der Nordflügel unter Graf Eberhard von Eppstein-Königstein
großteils neu erbaut, und hiervon konnten Teile später verbaut
werden. Ab 1559 trug man sich mit Plänen zum Wiederaufbau,
konkret wurde derselbe jedoch nicht in Angriff genommen. Die
Grafen von Nassau-Dillenburg waren zwar seit 1557 die alleinigen
Besitzer von Hadamar, aber der Bauplatz wurde erst wieder richtig
interessant, als nach der Erbteilung 1607 Hadamar Residenz einer
Teilgrafschaft wurde und Sitz der jüngeren Linie der Grafen von
Nassau-Hadamar (Johann Ludwig Graf von Nassau, 1590-1653). Ab
1612 erbaute man das Schloß komplett neu auf den alten Resten
(zweite Bauphase); aufgrund der enormen Ausdehnung wurde auch
noch ein Altstadtviertel abgebrochen, denn die ehemalige Burg war
auf drei Seiten von der Altstadt umgeben. Damit hatte der Bauherr
ein repräsentatives Domizil, als er 1617 Ursula Gräfin zur
Lippe (1598-1638) heiratete. Das Kernschloß, obwohl es sich
heute als dreiflügelige Anlage darstellt, war ursprünglich
vierflügelig ausgeführt. Der heute fehlende vierte Flügel im
Westen wurde in den 1780er Jahren abgebrochen. Von diesem Flügel
aus führte früher eine Brücke über den Elbbach, die
gleichfalls abgebrochen wurde. Um 1900 wurde das Schloß als
Schule umgebaut. Eine umfassende Sanierung und Modernisierung
erfolgte 1988, wobei aber leider viel historische Substanz (z.B.
alle historischen Putze sowie die Stuckdecken aus der Renaissance
im Dachgeschoß) verloren gingen. Jüngst (2007) wurde das
Schloß erneut renoviert und neu angestrichen.
Abb.: Blick von Südosten.
Ostflügel
Die Ostseite hat
straßenseitig zwei Zwerchgiebel. Der rechteckige Eingang mit
hochführender Treppe wurde um 1900 gebrochen und entspricht
nicht dem ursprünglichen Konzept, das keinen Zugang von dieser
Seite vorsah. Nord- und Ostflügel sind gemäß einer
Bauinschrift 1614 bis 1617 erbaut worden. Der Ostflügel beginnt
baulich erst hinter dem herrlichen Giebel mit Schneckenvoluten
und Obeliskenverzierungen. Vom Innenhof aus gesehen setzt der
Ostflügel mit einem Treppenhaus am Südflügel an, was man
außen daran erkennt, daß die Fenster jeweils zwischen den
Geschossen liegen.
Abb.: Innenhof, Blick von Süden auf den Nordflügel.
Nordflügel
Der Nordflügel hat ganz im
Westen einen einachsigen, turmartigen Anbau mit kleinem
Ziergiebel und Eckquaderung. In der Mitte zwischen zwei mal zwei
Fensterachsen befindet sich der polygonal vorspringende
Treppenturm, der das Dachgesims um ein verschiefertes Geschoß
überragt. Ein weiterer kleiner Ziergiebel schafft am rechten
Ende Symmetrie, darunter hindurch führt die Tordurchfahrt in der
Ecke. Im Osten, hier nicht zu sehen, springt die Kapellenapsis
vor.
Abb.: Blick von Nordosten auf den Wirtschaftshof.
Wirtschaftshof
Das Schloß hatte innerhalb
der Bastionen und Wassergräben im Norden einst eine Vorburg aus
dem späten 17. Jh.(Barock) und im Süden zwei aufeinander
folgende Wirtschaftshöfe aus der Zeit der Renaissance, den
Marstallhof und den Fohlenhof. Brücken verbanden das Schloß
nach Norden und Süden mit den vorgelagerten Einheiten. Der
eingeschossig bebaute, 1619-25 errichtete Marstallhof war einst
dreiflügelig, davon haben sich die gesamte Westseite und ein
Teil der Südseite erhalten. Insgesamt sieben rundbogige
Eingänge mit stabwerkartigen Profilen mit Wulst und Kehle geben
hofseitig Zugang zu den Bauten. Durch mehrere Zwerchgiebel mit
Walmdach entsteht ein malerischer Rhythmus. Heute ist hier das
Stadtmuseum untergebracht. Vom Fohlenhof ist nur noch ein Flügel
erhalten geblieben.
Abb.: Blick von Südsüdost auf Südflügel und Wirtschaftsgebäude.
Südflügel
Der 1629 vollendete
Südflügel ist reich strukturiert durch vier einachsige
Zwerchgiebel mit je einem gekoppeltem Zwillingsfenster im
Vollgeschoß und einem einfachen Fenster im Obergeschoß unter
einem flachen Aufsatz mit Flugloch, jeweils über der 1., 3., 6.
und 9. Achse von links von insgesamt 10 Fensterachsen, sowie
durch zwei auf vier geschwungenen Konsolen vorkragende Erker im
ersten Obergeschoß in der 2. und 7. Achse. Die volutenverzierten
Hauptgiebel gehen nach Westen und Osten. Die Fenster bilden einen
interessanten Rhythmus hinsichtlich ihrer Höhe, die des ersten
Obergeschosses sind niedriger als die des Erdgeschosses und die
des zweiten Obergeschosses. Auch die Stockwerkshöhen sind
entsprechend unterschiedlich. Der Südflügel enthält eine
Schloßkapelle, die wahrscheinlich bei ihrer Fertigstellung
ausschließlich dem katholischen Gottesdienst gedient haben muß
(vgl. Glaubenswechsel des Grafen). So kommt es, daß in diesem
Schloß mehrere Kapellen unterschiedlicher Ausprägung enthalten
sind.
Abb.: Wappenstein über dem Eingang in der Südwestecke des Innenhofs.
Das Wappen
von Johann Ludwig Fürst zu Nassau-Hadamar (1590 - 1653)
Am Ostflügel finden wir
hofseitig in der linken Treppenhausachse über einem rundbogigen
Portal mit gestäbtem Gewände ein Renaissance-Allianzwappen des
Bauherren-Ehepaares. Der optisch linke Schild ist geviert:
Dazu gehören drei Helme:
Genealogie
des Ehemannes:
Die 5 Söhne des Johann VI.
(I) Graf zu Nassau-Katzenelnbogen-Dietz (22.11.1535 - 1606) und
Stifter der 5 neuen Linien beim Tode des Vaters führen sein
Wappen zunächst weiter fort. Unter den Brüdern wird das Erbe
geteilt in die fünf Linien Nassau-Dillenburg, Nassau-Beilstein,
Nassau-Hadamar, Nassau-Siegen und Nassau-Dietz. Nassau-Dillenburg
ist kurzlebig und wird von Nassau-Beilstein beerbt, das sich
fortan Nassau-Dillenburg oder Nassau-Dillenburg-Beilstein nennt.
1650 wird Nassau-Hadamar, 1652 werden Nassau-Siegen und
Nassau-Dillenburg in den Reichsfürstenstand erhoben. Alle Linien
außer Nassau-Dietz endeten ohne männliche Erben, und die Linie
Nassau-Dietz vereinte nach und nach wieder alle Gebiete. In der
Linie Hadamar wurde bis zu ihrem Erlöschen nichts am Wappen
verändert, andere Linien fügten weitere Elemente hinzu.
Das
Wappen von Ursula zur Lippe (25.2.1598 - 27.7.1638)
Optisch rechts finden wir das
Wappen der Ehefrau. Der Schild ist geviert:
Dazu wird anfänglich (1528-1687) - wie hier - nur der Lippesche Helm geführt: Zwischen einem offenen, silbernen oder später auch roten oder rechts silbernen und links roten Flug eine rote Rose mit goldenem Samen und Kelchblättern (Stammkleinod zur Lippe), Helmdecken rot-silbern.
Abb.: Detail des Wappensteins über dem Eingang in der Südwestecke des Innenhofs.
Die
Inschriften auf der Wappentafel:
- Ovales Inschriftenfeld ganz
oben: "INCHOATUM ANNO 1614 3. JULII CONSUMMATUM ANNO
1617"
- Ovales Medaillon in der Mitte: "DEI ME DEXTRA TVETVR"
- Linke Seite: "IOHAN LVDTWIG GRAVE ZV NASSAW,
CATZENELNBOGEN VIEANDEN VNDT DIETZ HERR ZVE BEYLSTEIN"
- Rechte Seite: "VRSVLA GEBORNE GREVIN ZVR LIPP GREVIN VNDT
FRAW ZV NASSAW CATZENELNBOGEN"
- Unter den beiden Wappen als Sockelinschrift der Wahlspruch:
"QVOS O CHRISTE TVA DEFENDIS MAXIME DEXTRA HIS NON VLLA
HOSTIS VIOLENTA NOCET" - der gleiche Spruch taucht am
Torbogen des Südflügels auf, allerdings um das Wort
"vis" ergänzt: "QVOS O CHRISTE TVA DEFENDIS
MAXIME DEXTRA HIS NON VLLA HOSTIS VIS VIOLENTA NOCET"
Wappen
am inneren Torbogen des Südflügels
Über der in den Innenhof
führenden Tordurchfahrt des Südflügels befinden sich im
gesprengten Giebel des Rahmens die inhaltlich gleichen und auch
den gleichen Personen zuzuordnenden Wappen. Über der runden
Aussparung befindet sich ein kreisförmiges Bildnis-Medaillon.
Abb.: Wappendarstellungen über der Tordurchfahrt des Südflügels, innenhofseitig angebracht.
Inschriften:
- Unter dem Gesims die abgekürzten Initialen
I.L.G.Z.N.C.V.V.D.H.Z.B oo V.G.G.Z.L.G.Z.N.C = Johann
Ludwig Graf zu
Nassau Catzenelnbogen und
Vianden Dietz Herr
zu Beilstein oo Ursula
geborene Gräfin zur
Lippe Gräfin zu
Nassau Catzenelnbogen.
- darunter ein Inschriftenband mit dem Wahlspruch "QVOS O
CHRISTE TVA DEFENDIS MAXIME DEXTRA HIS NON VLLA HOSTIS VIS
VIOLENTA NOCET"
Weitere
Wappen am Schloß
Die gleichen Wappen
identischen Inhalts wie am Torbogen wiederholen sich an den
beiden Erkern außen am Südflügel auf der Brüstung unterhalb
der Fenster, optisch links Nassau, optisch rechts Lippe. Ein
weiteres Nassau-Wappen schlechten Zustandes befindet sich an der
Ostseite des Ostflügels, Inhalt wie oben beschrieben.
Genealogie der Ehefrau:
Ursula zur Lippe (25.2.1598 - 27.7.1638), Tochter aus der Ehe mit Elisabeth von Holstein-Schaumburg, selbst vermählt mit Johann Ludwig Fürst zu Nassau-Hadamar (1590 - 1653), Begründer der jüngeren Linie Nassau-Hadamar
Literatur
Siebmachers Wappenbücher
Baugeschichte: http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/XML/053_Hadamar_Schloss.xml
Grundriß: http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/Html/053_Hadamar_Schloss_10.htm
Dehio, Hessen, 1982, S. 373 f.
Luthmer, BKDM Lahngebiet, 1907, S. 145-151
Hessische Kunstdenkmäler: Schloß: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=51096&session=913&event=Query.Details - Marstall: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?gg=167833904&obj=51097&session=913&event=Query.Details
Haus Nassau - ottonische Hauptlinie - Haus Nassau - walramsche Hauptlinie
Die Entwicklung des Wappens der Herren, Grafen
und Fürsten zur Lippe
Ortsregister - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter
2009
Impressum