Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 420
Bamberg (Oberfranken)

Neuer Ebracher Hof

Im Gegensatz zum alten Ebracher Hof am Vorderen Bach 5 befindet sich der neue Ebracher Hof am Unteren Kaulberg 4, wobei die beiden Parzellen Rücken an Rücken aneinanderstoßen. Die Besitzgeschichte verläuft umgekehrt zur Baugeschichte, denn dem Kloster Ebrach gehörte seit dem frühen 13. Jh. das Grundstück am Kaulberg, aber erst 1547 konnte die angrenzende Parzelle, heute Vorderer Bach 5 (Haus zum Esel), dazugekauft werden. Ab 1760 begann man mit dem Bau des Neuen Ebracher Hofes. Doch das ging nicht ganz reibungslos, denn der ursprünglich vom Fürstbischof genehmigte Plan wurde durch den breiteren Ausbau der Straße verhindert. Dazu wurden die Grundstücke der Anrainer verkürzt. Der Ebracher Abt hatte sich über den Baustop hinweggesetzt (was zeigt, wie mächtig er sich dünkte), deswegen mußten die auf den nicht mehr gültigen Grundstücksgrenzen errichteten Mauern wieder abgebrochen werden. Auch andere hinzuerworbene Anwesen waren von dem Abriß betroffen. Auf den neu festgesetzten Grundstücksgrenzen nahm man ca. 1763-1765 einen neuen Anlauf und zog hart an der Straße diesen breit gelagerten Prunkbau hoch, der 1768 vollendet war.

Architekt und Baumeister war der Bamberger Stadtmaurermeister Martin Mayer, beim Erstplan wie beim vollendeten Zweitversuch. Als Zimmermeister war Joseph Clemens Madler tätig. Es wurde eine großzügige Gestaltung mit einem siebenachsigen, dreistöckigen Hauptbau mit Mansarddach und mit zwei seitlichen, dreiachsigen Flügelbauten mit einer Zierbalustrade als oberem Abschluß. Der steile Anstieg der Straße führt zu einem sehr ungünstigen unteren Abschluß, denn ganz links schneidet die Straße unterhalb der Fensterbänke, während ganz rechts das Fugenrustika-Erdgeschoß wie auf Stelzen steht. Die optimale Höhe wird nur am mittig angeordneten Portal erreicht. Bei den Flügelbauten glich man den Höhenunterschied geschickt durch die zusätzliche Reihe von Ochsenaugenfenstern aus, so daß die Einfahrt im rechten Flügelbau wieder auf Straßenniveau liegt. Umgekehrt ist der linke Flügelbau wegen der starken Verkürzung der unteren Zone nur Blende. Tatsächlich sind die Abstände in der Höhe bei beiden Flügelbauten unterschiedlich, was aber nicht auffällt, weil die Reihe Ochsenaugenfenster sich genau entspricht und so durchgehende Symmetrie vortäuscht, die aber darunter nicht mehr aufrechtzuerhalten war. Die beiden oberen Stockwerke des Hauptbaus werden durch vier Kolossal-Pilaster zusammengefaßt, zwei an den Gebäudeecken und zwei die Mittelachse flankierend, die durch einen kleinen geschwungenen Giebel betont wird. Die Fassadenplastiken fertigte der Bildhauer Ferdinand Dietz an. Die Plastiken auf den jeweils mittleren Achsen der Flügelbauten wurden 1910 wegen Verwitterungsschäden abgenommen und 1914 durch Kopien des Bildhauers Johann Speth ersetzt.

Das mit der Säkularisation verstaatlichte Gebäude wurde zeitweise von der Bayerischen Justizverwaltung als Oberjustizkasse genutzt. Nachdem diese Institution zur Landesjustizkasse aufgewertet wurde, zog sie in andere Räumlichkeiten um. Der Neue Ebracher Hof gehört heute zum Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia; innen sind Wohnungen und Ateliers für Musiker und Bildende Künstler eingerichtet.

 

Über dem mittleren Fenster des zweiten Obergeschosses befindet sich, von zwei kräftigen Voluten gestützt, das Wappen des Ebracher Abtes Hieronymus II. Held, dessen Wappen auch mehrfach am Kloster Ebrach gefunden werden kann. Er lenkte als 47. Abt die Geschicke der Abtei und vollendete deren barocken Neubau. Er wurde am 2.2.1694 geboren und stammte aus Gerolzhofen; sein Geburtsname war Johann Franz Balthasar Held. Als Abt amtierte er von seiner Wahl am 16.5.1741 bis zu seinem Tod am 20.10.1773. Im Jahre 1743 wurde Hieronymus Held vom Generalabt des Zisterzienserordens, Andoche Pernot des Crots, zum Generalvikar für Franken ernannt. Er vollendete auch die Abteigärten und die Ökonomiegebäude in Ebrach und ergänzte so den äußeren Rahmen der unter seinem Vorgänger geschaffenen Neubauten. Dort ist sein Wappen am Herkules-Brunnen, an der Kellermauer und im Mönchschorgitter (Lettneraufsatz) der Ebracher Abteikirche zu finden. Weiterhin taucht es in Sulzheim am ehemaligen Gasthof zum Adler auf und an der Kanzel in Burgwindheim und im Stuck der dortigen Kirche St. Jakobus, die der Abt ausschmücken ließ. In Ebrach ließ dieser Abt ferner den Wächterturm errichten, der die Südwestecke des Klosterbezirkes schützte. Weiterhin ließ er den Amtshof in Koppenwind neu bauen, alles in allem ein sehr baufreudiger Abt.

Das Wappen des Abtes Hieronymus Held besteht aus vier zu einer Gesamtkomposition vereinigten Inhalten, wobei mit drei Bogenlinien drei (2:1) Bereiche abgetrennt werden und der "Rest" das vierte Feld bildet, eine heraldisch völlig unübliche Platzaufteilung: Im ersten Feld heraldisch rechts oben ist der Zisterzienserbalken zu sehen, in schwarzem Feld ein rot-silbern in zwei Reihen geschachter Schrägbalken, hier schräglinks. Im zweiten Feld links oben ist ein Löwe zu sehen. Das Zentralfeld trägt das redende Motiv der Abtei Ebrach mit dem rückwärtsgewendeten schwarzen Eber in rotem (so innerhalb der Klosterkirche, oder grünem, so am Schwabacher Rathaus und in einem alten Stich) Feld, welcher im Maul einen Krummstab (Abtsstab) hält und so die Gründungslegende symbolisiert, nach der das Kloster dort gegründet worden sei, wohin ein Eber den Krummstab des Abtes geschleppt habe. Das persönliche Wappen des Abtes ist ebenfalls ein redendes, denn es zeigt einen "Helden", einen gerüsteten Mann, in der Rechten ein erhobenes Schwert haltend, in der Linken einen Schild mit einem Kreuz haltend. Dieses Feld wird gerne mit dem Bamberger Stadtwappen verwechselt, es ist es aber nicht, denn auf dem Grund und Boden der Abtei hatte die Stadt nichts zu sagen. Bei genauem Hinsehen hat der "Held" auch ein Schwert und keine Fahne in der Hand, und der Schild trägt ein Kreuz und keinen Adler, deshalb sind anderslautende Interpretationen in der Literatur irrig. Das Wappen gibt es in mehreren unterschiedlichen Versionen, einige besitzen noch eine fliegende Taube über dem Helden, und die Komposition der Inhalte ist auch je nach Fundort unterschiedlich. Auch die Tinkturen können nicht verläßlich bestimmt werden. Oben auf dem Rocaille-Rahmen trägt ein geflügelter Engelskopf eine Inful.

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Ebracher Äbteliste unter Hervorhebung des mit einem bauplastischen Wappen vertretenen Abtes:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.8897878,10.8843868,19z - https://www.google.de/maps/@49.8897721,10.8844345,50m/data=!3m1!1e3
Villa Concordia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_K%C3%BCnstlerhaus_Villa_Concordia
Neuer Ebracher Hof:
https://de.wikipedia.org/wiki/Neuer_Ebracher_Hof
Villa Concordia:
https://www.villa-concordia.de/
Die Kunstdenkmäler von Bayern, Bamberg, bürgerliche Bergstadt, Band 4, 1. Teilband, S. 478 ff.
Gerd Zimmermann: Ebrach, in: Wolfgang Brückner, Jürgen Lenssen (Hrsg.): Zisterzienser in Franken, das alte Bistum Würzburg und seine einstigen Zisterzen, Kirche, Kunst und Kultur in Franken Bd. 2, Würzburg 1991, 77-82.
Wigand Weigand, Anton Ruland: Geschichte der Fränkischen Cisterienser Abtei Ebrach, Krüll, 1834, 142 S., online:
https://books.google.de/books?id=nv1EAAAAYAAJ und https://books.google.de/books?id=qhkFAAAAcAAJ
Wolfgang Wiemer: Zisterzienserabtei Ebrach, Geschichte und Kunst, Großer Kunstführer Schnell & Steiner Bd. 177, 1. Auflage 1992, ISBN 3-7954-0852-0
Hildegard Weiss: Die Zisterzienserabtei Ebrach, eine Untersuchung zur Grundherrschaft, Gerichtsherrschaft und Dorfgemeinde im fränkischen Raum (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte), Lucius & Lucius Verlag, 1962, ISBN-10: 3828250564, ISBN-13: 978-3828250567, 147 S.
https://books.google.de/books?id=7u4FXtkoG-QC
Wigand Weigand, Anton Ruland: Geschichte der Fränkischen Cisterienser Abtei Ebrach, Krüll, 1834, 142 S.
https://books.google.de/books?id=qhkFAAAAcAAJ - https://books.google.de/books?id=nv1EAAAAYAAJ
Elke Goez: Das Zisterzienserkloster Ebrach in seiner fränkischen Umwelt, Sonderdruck aus dem 98. Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 1996/99
www.mgh-bibliothek.de/dokumente/b/b044741.pdf
Liste der Ebracher Äbte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Äbte_von_Ebrach
Hieronymus Held:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hieronymus_II._Held
Über Ebrach und seinen Besitz:
https://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/unser-bayern/detailansicht-unser-bayern/artikel/stilles-zentrum-mit-strahlkraft.html

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