Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 647
Wappen der Weser-Renaissance

Lemgo: Wulffenhof (Mittelstraße)

In Lemgo steht in der Mittelstraße 128-130 der sog. Wulffenhof, ein um 1566 erbauter typischer städtischer Adelshof, typischerweise zweistöckig und traufständig zur Straße errichtet, mit knapp 30 m Länge längster historischer Profanbau der Stadt. Auf einer modernen Inschrift am Sturz der Haustür ist die Jahreszahl 1566 eingehauen, sie ist jedoch als solche nicht unumstritten (Müller: 1563/1564). Der Hof war mit Immunitätsprivileg vom 5.1.1566 von städtischen Lasten befreit, was zu dieser Datierung Anlaß gab. Der Hof könnte aber auch schon in den Jahren davor errichtet worden sein. Leider ist der Bauschmuck nicht mehr vollständig erhalten, denn einer Fenstervergrößerung im 18. Jh. fielen leider alle Brüstungsbretter im Fachwerkobergeschoss zum Opfer - Reste der Fächerrosetten kann man noch auf den Ständern erkennen. Erhalten sind aber die schön geschnitzten Horizontalbalken.

In die Wand des Untergeschosses sind zwei gleich konzipierte Renaissance-Wappensteine für das Ehepaar Oberst Balthasar von Wulffen, der den alten Adelshof vom lippischen Landesherrn Graf Bernhard VIII. als Dank für besondere militärische Verdienste zum Geschenk bekam, und seine Frau Anna Marie von Schaden eingemauert, jeder mit einem aus den jeweiligen elterlichen Wappen gebildeten Allianzwappen, darunter die Namen in einer querrechteckigen Kartusche mit eingerollten Rändern, die Schrift erhaben in eingetieftem Feld. Zwei korinthische, kannelierte Pilaster tragen jeweils das Gesims, oben besetzt von zwei Kugeln außen, in der Mitte in einem karniesbogigen Giebelchen ein Engelsgesicht. Die Konsolen unten sind mit Löwenmasken bzw. grotesken Masken geschmückt. Beide Tafeln sind nicht mehr am ursprünglichen Ort, sondern wurden mindestens zweimal innerhalb der Straßenfront versetzt, wie Zeichnungen und Photographien aus dem späten 19. Jh. und der Zeit um 1900 belegen. Ursprünglich stammen die vermutlich vom Bildhauer Hermann Wulff (weder verwandt noch verschwägert mit dem Bauherrn) hergestellten Tafeln von der bis um 1900 existierenden Hofdurchfahrt am Ostende des Gebäudes, die bei Umbauten aufgegeben wurde.

Bei dem ersten Allianzwappen handelt es sich einerseits um das Wappen der von Wulffen ("Wulffe") mit einem aufspringenden Wolf als Schildbild und dem Wolf wachsend als Helmzier. Es handelt sich um eine Linie der im Magdeburgischen ansässigen Familie Wulffen, die sich dann nach Westfalen und Lippe ausbreiteten und um 1660 in Lemgo ein Gut besaßen. Deren Wappenfarben werden im Siebmacher allerdings mit Schwarz und Gold angegeben (Siebmacher I, Sächsische, Tafel 168). Wie auch immer, dieses ist die Familie, die dem Hof den Namen gab. Das andere Wappen ist als das der Familie von Schlieben ("Schlebe") bezeichnet und zeigt einen in drei Reihen geschachten Balken, als Helmzier ein Paar Büffelhörner, jedes mit einer in drei Reihen geschachten Spange belegt. Das Wappen steht für die Eltern des Obersten Balthasar von Wulffen, einerseits Hans von Wulffen, Herr auf Loburg, Göbel und Groß Lübars, Sohn von Arndt III. von Wulffen und Katharina von Lattorf, andererseits für die Ehefrau von Hans, Dorothea von Schlieben, die Tochter von Dietrich von Schlieben und Anna von Leipziger. Im Siebmacher I., Märkische, Tafel 177 wird ein goldenes Feld angegeben, der Balken ist silbern-blau in drei Reihen geschacht, dito die Büffelhörner. Die Farbfassung der Wappentafeln am Wulffenhof wurde 1972 aufgetragen und mindestens noch ein weiteres Mal erneuert.

Beim zweiten Wappenstein für Anna Maria von Schaden handelt es sich um die beiden elterlichen Wappen, einerseits um das Wappen Schaden von Leiboltz ("Schade"), ein aufspringender silberner Fuchs mit Tuch um den Hals, derselbe wachsend als Helmzier. Das Wappen wird im Alten Siebmacher I., Hessische, Tafel 143 abgebildet, dort etwas unglücklich naturfarben auf rot. Kneschke beschreibt den Fuchs hingegen als schwarz oder eisenfarben. Das als "Schencke" bezeichnete Wappen der Schenk zu Schweinsberg ist geteilt, oben in Blau ein schreitender, goldener Löwe, unten silbern-rot geweckt bzw. in Silber 4 (3:1) rote Wecken. Helmzier Kopf und Hals eines Wolfes, in dessen Ohren zwei Federn stecken.

Für die Familie von Wulffen gibt es noch weitere Wappendarstellungen:

Auszug aus der Genealogie der Familie von Wulffen:

Fassadendetail.

Fassadendetail.

Fassadendetail.

Literatur, Links und Quellen:
Position in Google Maps: https://www.google.de/maps/@52.0284325,8.8948766,20z - https://www.google.de/maps/@52.0284603,8.8948883,39m/data=!3m1!1e3
Herrn Robert Krätschmar ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise zur Genealogie und zu anderen Wappenfundorte
Genealogische Datenbank des Christoph Graf von Polier:
https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=de&iz=0&p=hans&n=von+wulffen - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=de&n=von+wulffen&oc=0&p=stats und abhängige Seiten
Vierteljahresschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie, 13. Jahrgang
Sabine Wehking, Kristine Weber: Deutsche Inschriften Bd. 59, die Inschriften der Stadt Lemgo, 278 S., 2005, ISBN-10: 389500345X, ISBN-13: 978-3895003455 -
http://www.inschriften.net/lemgo/inschrift/nr/di059-0060.html#content
Bernd Müller, Adelshöfe in Lemgo, in: Der Adel in der Stadt des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Beiträge zum VII. Symposion des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake vom 9. bis zum 11.10.1995, Marburg 1996, Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 25, S. 248 und 256.
St. Andreas in Lübbecke:
https://orgelbauverein-luebbecke.de/2019/09/17/geschichte-st-andreas/

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