Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 825
Gereuth (zu Untermerzbach, Unterfranken)

Schloß Gereuth

Zur Gemeinde Untermerzbach nördlich von Bamberg in Unterfranken gehören gleich drei Schlösser: Im Ortsteil Untermerzbach liegt das Schloß der Familie Rotenhan, im Ortsteil Gleusdorf das Schloß der Abtei Banz und schließlich in Gereuth das 1705-1710 erbaute Wasserschloß für Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau, 1664 Domherr zu Mainz, 1666-1699 Domherr zu Würzburg, 1686-1695 Domcantor zu Mainz, 1692 Domherr zu Trier, 1695-1699 Domdechant zu Mainz, 9.2.1699 schließlich Fürstbischof von Würzburg.

Wer als Architekt in Frage kommt, ist schwierig. Heinrich Zimmer kann ausgeschlossen werden, weil er 1704 schon verstorben oder berufsunfähig war. Leonhard Dientzenhofer hat nie belegbar für Johann Philipp von Greiffenclau gearbeitet, er gehörte nicht zur Greiffenclau-, sondern zur Schönborn-Partei. Als gesichert gilt, daß Joseph Greissing die Zimmermannsarbeiten durchführte. Aufgrund dessen Stellung am fürstbischöflichen Hof kann seine Beteiligung auch am Entwurf angenommen werden, wobei das Ausmaß nicht klar ist. Vielleicht war er der hauptverantwortliche Architekt für die Gestaltung, so wie er an keinem Bauvorhaben dieses Fürstbischofs gefehlt hat. Ein Vertrag von 1705 und ein Bauakkord vom 9.4.1707 nennt Valentino Pezani, er war Maurermeister, also Ausführender vor Ort. Sein Einfluß auf den Entwurf dürfte gering sein. Ihn gar als Baumeister einzustufen, wäre überbewertet. Die Wohlproportioniertheit des schlichten Schlosses paßt so gar nicht zu dem, was Pezani sonst so gebaut hat: Kloster Triefenstein, Gastbau in Münsterschwarzach. Das Schloß Gereuth mißt 45 m x 29 m, das ist mit 0,644 nahe am Goldenen Schnitt mit 0,618. Solche übergreifenden Konzepte sind nicht das Ding von Pezani. Deshalb ist anzunehmen, daß Greissing die Entwürfe gemacht hat, Pezani vor Ort gemauert hat, bis Greissing im Zuge der Durchführung der Zimmerarbeiten auch vor Ort eine zunehmend aktivere Rolle eingenommen hat.

Weiterhin waren die Steinhauer Erhard Markart und Johann Michael Markart an der Schloßbrücke, an den Futtermauern des Grabens und am Wächterhäuschen beteiligt. Weitere beteiligte Künstler waren Franz Hardt und Matthäus Haas für die Stuckarbeiten im Inneren, Andreas Reichardt, Nicolaus Neeb, Brixius Kesler, Mathes Kolb, Johann Georg Salb und Hans Harra, die letzten drei im Umfeld des Schlosses.

Die Familie von Greiffenclau kam wie folgt an diesen Ort: Christoph Ernst Graf Fuchs von Bimbach und Dornheim (gest. 1719, Erbauer von Schloß Bimbach) hatte das Anwesen 1703 von den Freiherren von Hendrich gekauft. Er war mit Maria Rosina von Greiffenclau-Vollraths (20.3.1669-5.8.1708) verheiratet. Jene war die Tochter von Georg Philipp Freiherr von Greiffenclau-Vollraths (20.8.1620-6.7.1689) und Anna Margaretha von Buseck (gest. 8.12.1696), also eine Halbschwester des Fürstbischofs, denn der stammt aus der ersten Ehe des Georg Philipp Freiherr von Greiffenclau-Vollraths (20.8.1620-6.7.1689) mit Rosina von Oberstein (1623-20.5.1658). Christoph Ernst Graf Fuchs von Bimbach und Dornheim verkaufte den Besitz Gereuth 1705 an den Halbbruder seiner Frau weiter, so kam das mittelalterliche Rittergut in den Privatbesitz des Fürstbischofs.

Dieser begann noch im selben Jahr mit dem Bau eines repräsentativen Schlosses. Hier vor den Toren Bambergs ein Schloß des Würzburger Fürstbischofs, das war zugleich ein gebauter Anspruch, gebauter Ausdruck von Macht, die man dem Nachbarbistum gegenübersetzte. Das Grundkonzept war wie beim Würzburger Rennwegschloß eine Dreiflügelanlage, die den Ehrenhof nicht den Gartenanlagen, sondern der Durchgangsstraße zuwendet. Es wurde eine sich nach Nordnordwesten öffnende dreigeschossige Dreiflügelanlage auf einer rechteckigen Plattform, ringsum vom Wassergraben umgeben, der bis ins 19. Jh. noch mit Wasser gefüllt war, doch dann wurden die Futtermauern abgerissen und ein Landschaftspark angelegt. Nur im Norden ist der beidseitig gemauerte Graben mit der steinernen Brücke noch gut erhalten. Ursprünglich war sogar nur eine Zugbrücke geplant gewesen, so noch 1706, erst 1707 begann der Bau der steinernen Brücke. Vier kleine Pavillons markieren heute noch die Eckpunkte des Areals. Verwunderlich ist die Kombination einer offenen Dreiflügelanlage mit einem vierseitigen Wassergraben, das läßt darauf schließen, daß hier weniger die Wehrhaftigkeit, sondern die Repräsentation im Vordergrund stand. Ansonsten wäre diese Anlage ein Widerspruch in sich. Es wurde ein einfaches Walmdach gewählt, nicht das prestigeträchtigere Mansarddach, weil es sich doch nur um eine kleine Landresidenz handelte.

Die drei Flügel werden nicht hierarchisch unterschieden. Das Erdgeschoß ist jeweils nur als Sockelgeschoß mit kleinen Fenstern ausgebildet. Darüber liegen zwei Wohngeschosse in gleicher Gestaltung. Schmale Gesimse trennen die Geschosse als durchgehende Linien. Einziger Bauschmuck sind die toskanischen Pilaster aus Werkstein an den Ecken und die geohrten Fenster- und Türgewände. Insgesamt wurde es ein mustergültiges Ensemble für eine adelige Landherrschaft, denn gegenüber ergänzte der Besitzer in weiteren Bauabschnitten den allergrößten Teil der anschließenden Gebäude des Gutsbezirks (Vogtei = spätere Rentei, Schafstall, Pferdestall als Verlängerung des Alten Schlosses aus der Renaissance, nun Fruchtspeicher, Jägerhaus) und 1714 ff. noch auf einer Terrasse die höhergelegene Kirche und das Pfarrhaus. Die Basis bildete ein am 27.3.1713 mit Joseph Greissing geschlossener Generalakkord über diese Gebäude. So ein Generalakkord war etwas ganz anderes als die bisher geschlossenen Einzelverträge: Gegen eine Gesamtsumme wurde ein ganzes Ensemble schlüsselfertig geliefert. Das setzte neue Maßstäbe im mainfränkischen Bauwesen.

Der Ehrenhof wird durch ein Tor mit Dreiecksgiebel betreten, in dem das Wappen Greiffenclau-Vollraths prangt, das reine Familienwappen, nicht das fürstbischöfliche Wappen. Es ist geviert, Feld 1 und 4: Greiffenclau-Vollraths, silbern-blau geteilt, darüber ein goldenes Glevenrad, Feld 2 und 3: Ippelbrunn (Eppelborn), in Schwarz ein silberner Schräglinksbalken. Zwei Greifen dienen als Schildhalter. Die Knöpfe auf dem Dach tragen ebenfalls Greifenklauen.

Mit dem Ende der geistlichen Fürstentümer war der Besitz finanziell nicht mehr zu halten. 1815 wurde das Schloß vom letzten Besitzer, Philipp Carl Franz Anton Ignaz Freiherr von Greiffenclau-Vollraths (3.8.1735-15.2.1823), ehemals fürstbischöflich-würzburgischer Kammerherr, Geheimrat, k.k. wirklicher Geheimrat, Ritterrat des Kantons Baunach, an den Bankier Jakob von Hirsch verkauft. Er besaß auch die Herrschaft Hermanniesticz in Böhmen, die verkaufte er gleichfalls, an Fürst Kinsky. Ferner besaß Philipp Carl Franz Anton Ignaz Freiherr von Greiffenclau-Vollraths die Rittergüter Hassenbreitbach und Gundheim und das Zehntgut Burgbernheim in Franken. 1812 erbte er die Kellerei Vollrads. Die oben erwähnten Georg Philipp Freiherr von Greiffenclau-Vollraths (20.8.1620-6.7.1689) und Anna Margaretha von Buseck (gest. 8.12.1696) waren übrigens seine Urgroßeltern. Für Schloß Gereuth folgten mehrere Besitzerwechsel, zuletzt 2000. Die neuen Besitzer sind Birgit Richter und Rupert Fechner, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Schloß zu erhalten und zu sanieren, wobei sie vom Förderverein "Freunde Schloss Gereuth e.V." unterstützt werden, der am 20. Januar 2001 gegründet wurde.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Hassberge - ein Kunst- und Kulturführer durch den Landkreis”, herausgegeben vom Landkreis Haßberge
Rahrbach, Schöffl, Schramm: Schlösser und Burgen in Unterfranken. Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X.
Schloß Gereuth:
http://www.schloss-gereuth.de/, Geschichte: http://www.schloss-gereuth.de/html/geschichte.html,
Ulrike Götz, Gereuth, Schloß- und Kirchenführer, Erlangen 1998, ISBN 3-925325-21-2
Volker Rößner: Schloßbau des 18. Jahrhunderts im Ritterkanton Baunach (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte: Reihe 8, Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte; Bd. 12). Neustadt a. d. Aisch 2000, ISBN 3-7686-9272-8
Schlösser und Burgen in Unterfranken, von Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm. Hofmann Verlag Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X
Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing, mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann, hrsg. von der Gesellschaft für fränkische Geschichte, VIII. Reihe: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte, c/o Verlag PH. C. W. Schmidt, 1. Auflage 2009, 797 S., ISBN-10: 3866528167, ISBN-13: 978-3866528161, S. 201-213, S. 611-612

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