Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1229
Aachen

St. Johann-Baptist, katholische Pfarrkirche, ehem. Abteikirche in Aachen-Burtscheid

Die heutige katholische Pfarrkirche in Aachen-Burtscheid ist die ehemalige Abteikirche. Unter Kaiser Otto III wurde die Abtei im Jahre 997 gegründet, damals lebten hier Benediktiner. Eine erste bescheidene Kapelle wurde von Abt Gregor gebaut. Im frühen 11. Jh. folgte eine zweite, größere Kirche. 1220 wechselte der Orden, die Abtei wurde an Zisterzienserinnen übergeben, und eine gotische Kirche entstand um 1350 als Vorgängerbau des Heutigen, vermutlich geplant und begonnen unter Äbtissin Aleidis von Müllenark und vollendet unter der Äbtissin Mechtildis von Bongart. Die heutige Kirche wurde 1736-1754 im barocken Stil von dem Aachener Baumeister Johann Joseph Couven (1701-1763, Vater von Jakob Couven, ebenfalls Aachener Architekt) im Auftrag von Äbtissin Anna Carolina Margarethe Baroness van Renesse van Elderen erbaut und ist eine der stilistisch bedeutendsten Barockkirchen der Region.

Abb.: Stiftungsinschrift für den Neubau, die die Bauherrin beim Namen nennt.

Die neue Kirche war größer als alle vorherigen, 45 m lang, beherrschend eine achteckige Kuppel, wobei die Höhe bis zum Kuppelscheitel 34 m beträgt. Kuppel, Westturm und Dachreiter ergeben gemeinsam eine lebhafte und akzentuierte Silhouette. Aufgrund der Lage ist die Schmuckseite mit den Eingängen und den beiden Wappen sowie der Inschrift nach Norden gerichtet, zum Abhang hin.

Wappen der Äbtissin Anna Carolina Margarethe van Renesse von Elderen mit dem Wahlspruch "DOMINUS PROVIDEBIT" (Gott wird vorsorgen). Das Wappen der gräflichen, niederländischen (van Renesse) und belgischen (der Zweig van Renesse van Elderen) Familie ist geviert mit Herzschild: Feld 1 und 4: in rotem, mit goldenen Schindeln bestreutem Feld ein goldener, hersehender, blau gezungter und ebenso bewehrter Löwe (Stammwappen Renesse), Feld 2 und 3: in Rot fünf silberne, hier oben und unten anstoßende Rauten nebeneinander (Hamal d'Elderen), Herzschild: in Silber drei schwarze Sparren. Schildhalter zwei goldene, hersehende Löwen, über dem Wappen eine mächtige goldene Krone, hinter dem Wappen schräggekreuzt Krummstab und Schwert. Zur Ergänzung: Renesse liegt in Seeland. Das Stammkleinod ist der wachsende Rumpf eines silbernen, goldenbewehrten Ochsen (auch andere Farben vorkommend). Decken rot-golden. Der Herzschild wird im Rietstap Masny zugeordnet, dessen Wappen sind aber drei schwarze Sparren in Gold. Elderen ist übrigens 's Herenelderen in der Provinz Limburg. Der Stammvater des belgischen Zweiges der van Renesse war Frederik van Renesse (1474-1538), vermählt mit Anna van Hamal, Erbtochter von Elderen.

Über dem großen Rundbogenfenster an der Nordseite sehen wir in luftiger Höhe das Wappen der Äbtissin Maria Antoinette von Wuestenraedt, ein Wappen, das man aufgrund der Lage auf dem Hügel in keiner vernünftigen Perspektive photographieren kann. Das Wappen der limburgischen Familie zeigt in einer Rocaille-Kartusche in Rot einen silbernen Schwan innerhalb eines goldenen Hirschgeweihes. Schildhalter zwei goldene, hersehende Löwen, über dem Wappen eine mächtige goldene Krone, hinter dem Wappen schräggekreuzt Schwert und Krummstab. Das Wappen ist im Macco abgebildet, das zugehörige Oberwappen wäre ein silberner Schwan innerhalb eines goldenen Hirschgeweihes, Decken rechts rot-golden, links rot-silbern. Die Äbtissin wurde am 8.12.1698 geboren als Tochter von Johann Christian Baron von Wuestenraedt, Herr zu Schlessin, Grand Richien und Surthier, seit 1702 Aachener Bürger, und von Irmgard von Wyhe.

Das klösterliche Leben endete 1794 mit der Zeit der französischen Revolutionskriege, und die Abtei wurde aufgehoben. Das barocke Schmuckstück wurde vom Militär zweckentfremdet. Seit 1804 wurden in ihr wieder Gottesdienste gefeiert, und seit 1806 dient sie den Aachenern als Pfarrkirche. 1944 wurde die Kirche bis auf die Außenmauern zerstört, der Wiederaufbau zog sich bis in die 1960er Jahre.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Rietstap / Rolland
Informationstafel am Gebäude
Kirche:
http://www.stjohann-burtscheid.de/
Thomas Wurzel, Die Reichsabtei Burtscheid von der Gründung bis zur frühen Neuzeit, Aachen 1984, ISBN 3-87519-102-1
Macco, Aachener Wappen und Genealogien, Band 2
Genealogie Renesse:
http://members.chello.nl/d.vanrennes/html/names2.htm

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