Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1385
Waldeck (Landkreis Waldeck-Frankenberg)

Schloß Waldeck

Schloß Waldeck, heute in idyllischer Lage über dem Edersee mit einem phantastischen Blick über denselben, war einer der wichtigsten Sitze des gräflichen und fürstlichen Hauses Waldeck, ihre Stammburg. Die Höhenburg war zu Anfang ein Besitz der Grafen von Ziegenhain, und von diesen kam es durch Heirat an die Grafen von Schwalenberg, die sich im Jahre 1189 erstmals als Grafen von Schwalenberg und Waldeck bezeichneten. Die Grafen von Waldeck sind eine Linie der Schwalenberger, die sich ab 1228 nur noch nach der Burg Waldeck nannten. Die gemeinsamen Ursprünge werden durch den Vergleich der Sternenwappen der Waldecker und der Schwalenberger deutlich. Der älteste erhaltene und sichtbare Teil ist der rechterhand im linken Bild befindliche Bergfried (sog. Archivturm) mit seinen über drei Meter dicken Mauern, der um die Wende vom 13. zum 14. Jh. zu datieren ist. Bestimmt wird das heutige Gesicht der Burg vor allem durch den zweistöckigen Nordflügel oder Wildunger Flügel mit seinen Kreuzstockfenstern, welcher 1500 – 1577 als Wohngebäude erbaut wurde. So wie der Eisenberger Flügel nach der Eisenberger Linie benannt wurde, so trägt dieser Flügel seinen Namen nach der Wildunger Linie. Das gräfliche Haus hatte sich in diese beiden Linien aufgespalten. Bis 1607 wohnten beide Linien als Ganerben auf der Burg, innerhalb einer gemeinsamen Befestigung, aber in verschiedenen Wohntrakten. Der Südflügel (Eisenberger Flügel) wurde später im Jahre 1734 bis auf den an den Bergfried angrenzenden Küchenbau abgetragen und bildet heute Platz für eine weitläufige Terrasse. Schloß Waldeck wurde bis 1665 bewohnt, danach war es Festung, und auch 1734-1868 Gefängnis. Heute wird das Anwesen als Hotel geführt, zudem ist ein Museum eingerichtet.

Ein einzelnes Wappen der Grafen von Waldeck in einer frühen Darstellungsweise ist in die Südwand des Nordflügels eingelassen (Abb. unten rechts). Der achtstrahlige Stern ist im Schild zu sehen, das Waldecker Stammwappen. Interessant ist der Flug, dessen beide Hälften hier nahtlos ineinander übergehen und scheinbar mit zwei Sternen nebeneinander belegt sind, in Wirklichkeit natürlich mit je einem Stern auf jedem Flügel.

Die wahre heraldische Fundgrube ist jedoch der polygonale Treppenturm am Nordflügel. Insgesamt 4 Allianzwappen, 6 Vollwappen und zwei Schilde befinden sich in verschiedenen Höhen daran angebracht.

Während die weiter unten beschriebenen Allianzwappen Waldeck/Ostfriesland und Waldeck/Hessen später in den Treppenturm eingesetzt wurden, stammt das stark verwitterte Allianzwappen (Abb. unten links) aus der Bauzeit und ist sogar auf das Jahr 1500 datiert. Die Inschrift lautet: "ANNO 1500 HAD DER WO(H)LG(E)BOR(E)N(E) HER(R) HE(I)NRICH GRAWE ZV WALDECK SELIGER GED(A)ECH(T)NIS DIESEN BAW ANGEFANGEN", die letzten Buchstaben sind in das Wappenfeld gerutscht. Es handelt sich bei dem Bauherrenehepaar um Heinrich VIII. Graf v. Waldeck-Wildungen (1465 - 28.5.1513), Sohn von Philipp I. Graf v. Waldeck-Wildungen (1445 - 1475) und Johanna v. Nassau (1444 - 1468), und seine Ehefrau, Anastasia v. Runkel (- 24.4.1503), Tochter von Wilhelm v. Runkel (- 25.12.1489) und Irmgard v. Rollingen. Graf Heinrich VIII. war der Stifter der „Älteren Wildunger Linie“. Der Sohn von Heinrich und Anastasia ist Philipp, von dem unten ein prachtvoller Wappenstein vorgestellt werden wird.

Das Stammwappen der Grafen von Waldeck ist heraldisch rechts und zeigt in Gold einen achtstrahligen schwarzen Stern. Die Helmzier ist ein goldener Flug, beiderseits belegt mit einem achtstrahligen, schwarzen Stern. Die Helmdecken sind schwarz-golden. Das Stammwappen der Herren von Runkel zeigt in Silber mit drei roten Pfählen (zahlreiche Variationen möglich, hier hat man es mit der Anzahl der Striche nicht so genau genommen) ein blaues rechtes Obereck. Auf dem rot-silbern bewulsteten Helm mit rot-silbernen Decken wird als Helmzier ein silberner Zinnenturm geführt. Später ging dieses Wappen im vermehrten Wappen Wied-Runkel auf.

Der polygonale Treppenturm, der die zwei Stockwerke des Nordflügels erschließt, besitzt neben den unten beschriebenen weitaus prunkvolleren Wappensteinen auf der selben Seite über dem spitzbogigen Portal mit Stabwerkzier, in dessen winzigen Eselsrückenbogenspitze man ein Steinmetzzeichen erkennen kann, ein einfaches Doppelwappen Waldeck/Runkel, passend zu den o.g. Bauherren, Heinrich VIII. von Waldeck (1465-1513) und Anastasia von Runkel. Da beide 1492 geheiratet hatten und 1513 bzw. 1503 verstorben sind, ist das Zeitfenster für dieses Portal 1492-1513, vermutlich sogar vor 1507, als das Paar seinen Wohnsitz nach Wildungen verlegte. Ein ungeklärtes Kuriosum ist, daß das Runkel-Wappen den heraldisch rechten Platz einnimmt, ganz im Gegensatz zu sonst üblichen und auch am zuvor beschriebenen Wappen eingehaltenen Anordnungen.

Ein prunkvoller Wappenstein befindet sich an der Eingangsseite des Treppenturmes oberhalb des Gesimses. Auch dies ist ein Doppelwappen, und zwar für Philipp IV. Graf v. Waldeck-Wildungen (1493 - 30.11.1574), Sohn von Heinrich VIII. Graf v. Waldeck-Wildungen (1465 - 28.5.1513) und Anastasia v. Runkel (- 24.4.1503) und Enkel von Philipp I. Graf v. Waldeck-Wildungen (1445 - 1475) und Johanna v. Nassau (- 1468), sowie für Philipps Frau, Margarete v. Ostfriesland (1500 - 15.7.1537), die Tochter von Edzard I. Graf v. Ostfriesland (14.2.1462 - 16.2.1528) und Johanna v. Rietberg (- 13.7.1512) und Enkelin von Ulrich Graf v. Ostfriesland (- 27.9.1466) und Theda Ukena (- 17.9.1494).

Der Wappenstein und die darüber befindliche Inschriftenplatte sind aus rötlichem Sandstein, der offensichtlich später erneuerte Dreiecksgiebel ebenfalls, während die beiden Hermenpilaster an den Seiten aus hellem, grau-gelblichem Stein sind und die Basis wiederum ein drittes Material zeigt.

Die schwer lesbare Inschrift lautet: "PHILIPS GRAVE VND HER(R) ZV WALDECK (DEN MAN) ERSTLICH DEN IVNGERN DARNACH DE(N) MIT(T)LER(E)N (ZV)LETZT DEN AELTER(E)N GENA(NN)T HAT HAT SEI(N) ZEITLICH ALTER WO(H)L ERREICHT V(ND) GELEBT INS 82 IA(H)R SEI(NEN) ANTHEIL (AN) DER GRAFSCHAFT WALDECK 62 IA(H)R(E) (T)REWLICH VN(D) FRI(E)DLICH REGI(E)RT VND IST BEI ZEIT SEINER REGI(E)RV(N)G DIE RECHTE EVA(N)GELISCHE RELIGION AUF D(R). M. LVTH(ERS) REFORMATIO(N) VERMÖGE DER AVSRVRSCHE (AVGSBVRGISCHEN) CONFIRMATIO(N) IN DER GRAFSCHAFT WALDECK ANGENOM(M)E(N) VND BEST(A)ETIGT WORDE(N) DARBEI WOLGE(DACHTER) HER(R) DEM GOT(T) GNAT BLIBE (GNÄDIG GEBLIEBEN IST) ALTERS SADT SELIG EN(T)SCHLAFE(N) IST VLTIMO 9BRIS 1574 (am letzten November 1574)."

Das Stammwappen der Grafen von Waldeck ist heraldisch rechts und zeigt in Gold einen achtstrahligen schwarzen Stern. Die Helmzier ist ein goldener Flug, beiderseits belegt mit einem achtstrahligen schwarzen Stern. Die Helmdecken sind in farbigen Darstellungen schwarz-golden. Heraldisch links sehen wir das Wappen der Grafen von Ostfriesland, in Schwarz ein goldener, gekrönter Jungfrauenadler (Harpyie), begleitet von 4 (2:2) goldenen Sternen (eigentlich Sporenrädern). Auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken eine goldene Lilie zwischen zwei nach außen geneigten, schwarzen Straußenfedern.

Unter dem oben beschriebenen Allianzwappen befindet sich zwischen der Eingangstür in den Treppenturm und dem die beiden Wappensteine trennenden Gesims das wohl prächtigste und besterhaltene Wappen des Ensembles. Es ist ähnlich aufgebaut mit zwei rahmenden Hermenpilastern seitlich und bekrönendem Dreiecksgiebel und steht für Daniel Graf v. Waldeck-Wildungen (1.8.1530 - 7.6.1577), Sohn der oben anhand ihres Wappensteines vorgestellten Philipp IV. Graf v. Waldeck-Wildungen (1493 - 30.11.1574) und Margarete v. Ostfriesland (1500 - 15.7.1537), und Daniels Frau Barbara Landgräfin v. Hessen (1536 - 8.6.1597), Tochter von Philipp I. Landgraf v. Hessen (13.11.1504 - 31.3.1567, Philipp der Großmütige) und Christina v. Sachsen (25.12.1505 - 15.4.1549). Für Barbara war die Ehe mit Daniel ihre dritte Verbindung, zuvor war sie mit dem 38 Jahre älteren Georg Graf v. Mömpelgard (4.2.1498 - 18.7.1558) und danach mit Jacob Truchsess v. Rheinfelden verbunden. Aus ihrer ersten Ehe stammt Friedrich I. Herzog v. Württemberg (19.8.1557 - 29.1.1608), aus ihrer Ehe mit dem nur 6 Jahre älteren Daniel von Waldeck sind keine Kinder bekannt.

Der Stein ist auf 1577 datiert, das gleiche Jahr, in dem Graf Daniel verstarb. Die Inschrift unterhalb der Wappendarstellungen ist in zwei Partien rechts und links eines Löwenkopf-Medaillons aufgeteilt. Über dem Medaillon ist die Signatur des Bildhauers AB für Andreas Herber. Der linke Teil liest sich "1577 · G · I · M · Z · Daniel Grave und herr zu Waldeck etc." Der rechte Teil lautet: "1577 · I · V · G · M · H · Barbara geborne Landgraffin zu Hessen Gravi(n) und fraw zu Waldecke". Dabei steht das Kürzel "GIMZ" - schwer zu erraten, aber beim Sohn dessen, der die Reformation in Waldeck eingeführt hat, dann doch vor dem religiösen Hintergrund lösbar - für: "Gott ist meine Zuversicht". Analog steht das Motto seiner Frau "IVGMH" für "Ich vertraue Gott, meinem Herrn".

Das Stammwappen der Grafen von Waldeck ist heraldisch rechts und zeigt in Gold einen achtstrahligen schwarzen Stern. Die Helmzier ist ein goldener Flug, beiderseits belegt mit einem achtstrahligen schwarzen Stern. Die Helmdecken sind schwarz-golden.

Das Wappen der Landgrafen von Hessen auf der optisch rechten, heraldisch linken Seite zeigt das landgräfliche Wappen, wie es 1479-1642/59 üblich und in Gebrauch war. Der Schild ist geviert mit Herzschild:

Dazu gehören folgende 3 Helme:

Ausschnitt aus der Genealogie des Hauses Waldeck:
(fett hervorgehoben die oben durch Wappen vertretenen Personen)

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Ganssauge, Kramm, Medding, BKDM Eder, 1960, S. 282-294, Tf. 89-92
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gedenkinschrift auf den Tod des Grafen Philipp 1574, sowie Inschrift am Wappen für Daniel Graf zu Waldeck und Barbara, geb. Landgräfin von Hessen: Ganssauge, BKDM Eder, 1960, S. 290.
Inschriften der Wappensteine: Varnhagen, Regentengeschichte, 1825, S. 127.
Hessische Renaissance-Schlösser:
http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/XML/150_Waldeck_Schloss.xml
Jochen Herzog: Schloß Waldeck am Edersee, Photosammlung und Texte auf CD-ROM, 2010
Dehio, Hessen, 1982, S. 876 f.
Schloß Waldeck:
http://www.burgen-und-schloesser.net/229/geschichte.htm
Museum:
http://www.schloss-hotel-waldeck.de/museum
Hotel:
http://www.schloss-hotel-waldeck.de/

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