Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1571
Stolpen (Sachsen, Landkreis Sächsische Schweiz - Osterzgebirge)

Burg / Schloß Stolpen

Burg Stolpen ist eine einem Basaltrücken folgende mittelalterliche Abschnittsburg, die später schloßartig ausgebaut wurde. Die durch das Torhaus im Osten zugängliche Vorburg besteht aus zwei Höfen, getrennt durch das querstehende, 40 m breite sog. Kornhaus, ein spätgotisches Wirtschaftsgebäude von 1527-30, das der Lagerung von Naturalabgaben diente und auch den Marstall enthielt. Von den erhaltenen Baukörpern der um zwei weitere Höfe gruppierten Hauptburg fallen insbesondere die vier Türme ins Auge, rechts des Haupteingangs der niedrige Schösserturm mit rundem Grundriß und welscher Haube, die Amtsstube des Schössers (eines Finanzverwalters) enthaltend, links der ebenfalls runde, 1509 erbaute Johannis- oder Coselturm mit mehreren wohnlichen Etagen und angebautem Treppenturm. An der Grenze zwischen dem dritten und vierten Abschnitt steht der Seigerturm, von rechteckigem Querschnitt und ebenfalls mit mehreren Wohngeschossen und mit zwei verzierten Volutengiebeln, das einzige erhaltene Gebäude des kurfürstlichen Schlosses aus der Zeit der Renaissance, und der vierte und letzte Turm ist der Siebenspitzenturm ganz im Westen, aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. stammend. Von den Gebäuden dazwischen haben sich nur Ruinen und das Kellerlabyrinth erhalten. Erst war die Burg ein wichtiger Stützpunkt der Bischöfe von Meißen, die hier 340 Jahre lang die Herrschaft ausübten, zeitweise war die Burg Stolpen sogar ihre Hauptresidenz, später im 16. Jh. ein Schloß der Wettiner, das insbesondere zu Jagdzwecken aufgesucht wurde, und im 17. Jh. eine sächsische Landesfestung, die bis ca. 1675 mit Bastionen durch Wolf Caspar von Klengel verstärkt wurde, und für die meisten Besucher ist diese Burg untrennbar mit dem Schicksal der in Ungnade gefallenen Mätresse Augusts des Starken verbunden, der Gräfin Cosel, die hier ab 1716 insgesamt 49 Jahre ihres Lebens in Verbannung verbrachte und auch hier 1765 ihre letzte Ruhe fand. Ihr ist eine Ausstellung im Johannisturm gewidmet.

Alle Wappendarstellungen konzentrieren sich auf engstem Raum zwischen zweitem und drittem Hof. An der Burg existiert ein einziges heraldisches Zeugnis mit Bezug zur bischöflichen Zeit: Am Johannisturm ist das Wappen des Meißener Bischofs Johann VI. von Saalhausen (auch Salhausen, reg. 1487-1518) zu sehen, datiert auf 1509. Der persönliche Wappenschild des Bischofs zeigt in Gold Kopf und Hals eines roten, janusköpfigen Fabelwesen, nach rechts ein feuerspeiender Drachenkopf, nach links ein natürliches Jünglingsgesicht. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein wachsender roter Drachenkopf, von hinten (oder auch von vorne) von einem Pfeil durchbohrt, Decken rot-golden. Der Schild ist hier einem Doppeladler aufgelegt (damals reichsunmittelbares Territorium). Das Wappen Saalhausen wird beschrieben im Siebmacher Band: SchlA3 Seite: 148 Tafel: 97, Band: Bö Seite: 90 Tafel: 53, wobei das Schildbild jedoch als Adler- oder Greifenkopf beschrieben wird und das rückseitige Jünglingsgesicht keine Darstellung findet. Im Alten Siebmacher hingegen ist das Schildbild janusköpfig wie hier wiedergegeben. Ein besserer Wappenstein, bei dem das Familienwappen mit dem Bistumswappen geviert ist, befindet sich am Schloß Wurzen. Dort können ebenfalls Jünglingsgesicht und die Flammen im Maul des Drachenkopfes verifiziert werden.

Die Meißener Bischöfe hatten in Stolpen ein geschlossenes Territorium, in dem sie die Landesherrschaft ausüben konnten. Sie wurden aber immer mehr von den Wettinern bedrängt, die Anerkennung der Landeshoheit des Kurfürsten Johann Friedrich und von Herzog Moritz im Jahr 1542 war der erste Schritt, der nächste war im Jahre 1545 der Verlust der Wald- und Jagdrechte an die Wettiner, und 1559 mußte der Meißener Bischof Johann IX. von Haugwitz unter allerhöchstem Druck das Amt Stolpen gegen das Amt Mühlberg eintauschen, und seit diesem Jahr war das Amt Stolpen ein Teil der wettinischen Landesherrschaft. Johann IX. von Haugwitz war der letzte Bischof des Bistums Meißen, das im Laufe der Reformation protestantisch geworden war, und er selbst gab 1581 sein Amt auf, konvertierte und heiratete bald darauf. Die letzten katholisch verbliebenen Gebiete wurden ab 1559 von Johann Leisentrit administriert.

Der wohl ansprechendste Wappenstein befindet sich über dem Eingang zum sog. Cosel-Turm (Johannisturm): Zwei asymmetrisch gestaltete goldene Löwen halten den Schild, jeweils mit gesenktem Kopf über den oberen Schildrand nach vorne bleckend, die hinteren Vorderpranken sich über dem Schild treffend. Der Schild enthält das kursächsische Wappen, es ist gespalten, rechts in von Schwarz und Silber geteiltem Feld zwei schräggekreuzte rote Schwerter (Kurschwerter, Zeichen des Erzmarschallamtes), links das Wappenbild des Herzogtums Sachsen, hier golden-schwarz (normalerweise oben mit Schwarz beginnend) neunmal geteilt, darüber im Bogen ein grüner Rautenkranz. Der hübsch gestaltete Stein kontrastiert deutlich mit dem unverputzten, schwarzen Bruchsteinmauerwerk des Turmes.

Der aufwendigste Wappenstein und damit zugleich die kunstgeschichtlich wertvollste Bauplastik der gesamten Burganlage befindet sich über dem Tor zwischen Schösser- und Johannisturm, welches den zweiten vom dritten Burgbereich dieser Abschnittsburg trennt und den Übergang zwischen Vorburg (Abschnitt 1 und 2) und Hauptburg (Abschnitt 3 und 4) bildet. Das Tor führt durch die hier doppelt ausgeführte Burgmauer. Der Reliefstein ist in drei Zonen geteilt. Die beiden äußeren Zonen werden jeweils von einem Schildhalter in Rittergestalt eingenommen, der aber nicht das Vollwappen in der Mitte stützt, sondern jeweils einen zusätzlichen Schild in Form eines Roßstirnschildes hält, optisch links mit dem kursächsischen Wappen, optisch rechts mit drei schreitenden, hersehenden Löwen übereinander. Der optisch linke Schildhalter trägt einen Dreizack, derjenige gegenüber eine altertümliche Hellebarde.

Auf dem Stein ist die Jahreszahl 1521 zu lesen, diese Zahl paßt jedoch nicht zum Wappen, denn die Burg wurde zwar 1451-1537 als frühneuzeitliche Wehranlage grundlegend modernisiert und ausgebaut, doch erst 1559 wurden Burg, Stadt und Amt Stolpen durch Kurfürst August übernommen, und ab 1559 ist der Um- und Ausbau zum Schloß der Wettiner im Stil der Renaissance zu datieren, so daß kein kursächsisches Wappen in originalem Zusammenhang vor 1559 datiert sein kann. Vielmehr ist von einem Einbau des Wappensteines um 1560 auszugehen. Damit passen die seitlichen Wappenschilde zu August Kurfürst v. Sachsen (13.7.1526 - 12.2.1586, 1553 Kurfürst, 2. Kurfürst albertinischer Linie, und seiner Frau Anna von Dänemark (1532 - 1.10.1585). Von den Herzen, die den dänischen Schild kennzeichnen, sind gerade noch zwei zwischen den Vorderpranken der beiden oberen Löwen gut zu erkennen. Die Zahl 1521 bezieht sich wohl auf einen Vorgängerbau, der noch unter den Bischöfen während deren Maßnahmen zur Modernisierung entstand.

Die Formen der Portalarchitektur sind jedenfalls charakteristisch für die Mitte des 16. Jh. Eine stark verwitterte Inschrift lautet: "Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn". Über dieser Wappenzone befand sich einst ein Tympanon, dessen Relief den Kampf von Samson mit dem Löwen zeigt. Dieses Relief wurde 1780 entfernt und gelangte in den Englischen Garten nach Lohmen. Heute ist es im Marstall der Burg Stolpen ausgestellt.

Das zentrale kursächsische Vollwappen, das von zwei kleinen Engelsfiguren seitlich gehalten wird, ist insbesondere im unteren Teil stark verwittert, so daß einzelne Felder der Details entbehren und insbesondere bei gleichen Inhalten alternative Belegungen offen lassen. Es ist wie folgt aufgebaut:

Drei Helme:

Abb. links: Ein weiterer Wappenstein befindet sich rechts neben dem oben beschriebenen Hauptzugang zur Kernburg über einer kleineren Fußgängerpforte (Nebenpforte, Mannloch). Er zeigt nur den aus dem Feld mit den Kurschwertern und dem mit dem sächsischen Rautenkranzwappen gespaltenen Schild.

Abb. rechts: Links der Saigerturm, rechts der Johannisturm, links halb verdeckt der niedrige Schösserturm. Nach der Auflösung der Garnison 1764 und dem Tod der Gräfin Cosel 1765 ging es bergab mit dem Schloß. 1773-1787 wurden bereits einige verfallene Burgteile abgetragen. Napoleon zerstörte 1813 weitere Gebäude. Erst 1859 ordnete König Johann von Sachsen eine erste Restaurierung der erhaltenen Gebäude an. 1992 wurde die Burg durch den Freistaat Sachsen übernommen, und die Burg wurde als staatlicher Schloßbetrieb umfangreich restauriert unter Einrichtung der Wohngeschosse der Türme als Museum.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Informationstafel am Gebäude
Stolpen: http://www.stolpen.de/
Burg Stolpen: http://www.burg-stolpen.de/ - Chronik: http://www.burg-stolpen.org/index.php?action=DefaultContent&id=chronik
Schlösser, Burgen und Gärten Sachsens:
http://www.schloesserland-sachsen.de/de/startseite/
Jürgen Major, Jens Gaitzsch, Burg Stolpen, offizieller Burgführer, Monumente & Menschen, ISBN 978-3-939609-54-4
Wappenstein an Schloß Wurzen:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fb/Wappen_Schloss_wurzen.JPG
Johann von Saalhausen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_VI._von_Saalhausen und http://www.zedler-lexikon.de/blaettern/zedlerband.html?bandnummer=33&seitenzahl=461
Wappen Saalhausen im Alten Siebmacher:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/47/Saalhausen_Siebmacher.JPG

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