Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1575
Naumburg (Saale, Sachsen-Anhalt)

Domherrenhäuser in der Naumburger Domfreiheit

In der Domfreiheit rings um den Naumburger Dom, also dort, wo nicht die städtische Gerichtsbarkeit, sondern die des Bischofs galt, stehen beachtenswerte ehemalige Domherrenhäuser. Im modernisierten Anwesen am Domplatz 3, gleich nördlich des Ostchores des Naumburger Domes gelegen, befindet sich seit 2007 die Evangelische Domschule St. Martin. Auch wenn das modernisierte Erscheinungsbild dies nicht ahnen läßt, hat dieses Gebäude eine fast tausendjährige Geschichte.

Früher hieß dieses Domherrenhaus einfach "Kurie neben der Kapelle St. Martin" (Curia iuxta capellam Martini). Gegen Ende des 17. Jh. war sie in baufälligem Zustand, so daß sie für Wolfgang Dietrich von Werthern, geb. 10.12.1659, sächsischer Oberhofmeister unter Johann Georg IV., Domherr in Naumburg und Kreishauptmann in Wittenberg, der sie 1700 vom Domkapitel erwarb, im zeitgenössischen Stil wiederhergestellt wurde, mit dem Wappen des Bauherrn im Dreiecksgiebel, wobei dieses mit Fruchtgirlanden geschmückt ist. Die Privilegien der Domfreiheit gingen auf den Käufer über, so daß das Anwesen wie die anderen Kurien ein Freihaus blieb. 1873 erfolgte die nächste Erneuerung, wiederum wegen Baufälligkeit nötig geworden, was die nüchterne Gliederung erklärt, die so gar nicht zu dem barocken Wappen paßt. Der Architekt war Gottfried Alexander Werner, königlicher Baurat. Wo früher Dompröpste residierten, hielten jetzt Ämter und zeitweise auch eine Sparkasse Einzug, bis es zum Schulgebäude wurde.

Wappen v. Werthern (die thüringische Familie schrieb sich eigentlich Werther, erst ab Mitte des 17. Jh. Werthern): Der Schild ist geviert: Feld 1 und 4: in Gold ein roter Löwe (Stammwappen), Feld 2 und 3: in korrekterweise schwarzem, hier fehlfarbenem Feld ein schrägrechts gelegter, goldener Baumstamm mit oben einem, unten 2 grünen Eichenblättern. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein wachsender, gekrönter, natürlicher bzw. grauer oder roter Wolf oder silberner Bär, je nach Quelle, oben mit drei Straußenfedern in den Farben schwarz-golden-rot, schwarz-rot-gold oder rot-silbern-blau besteckt, je nach Quelle. Helmdecken schwarz-golden / rot-golden. Die Angaben in verschiedenen Bänden Siebmacher sind uneinheitlich (Band: Sa Seite: 6 Tafel: 5, Band: Pr Seite: 444 Tafel: 485, Band: SchwA Seite: 34 Tafel: 24). Daneben gibt es noch ein komplexeres gräfliches Wappen (siehe auch Band: He Seite: 30 Tafel: 34, Band: Pr Seite: 31 Tafel: 35, Band: Pr Seite: 69 Tafel: 91, Band: Sa Seite: 18 Tafel: 17, Band: PrGfN Seite: 27 Tafel: 21).

Dieses Domherrenhaus ist nördlich des Naumburger Domes zu finden (Domplatz 6). Im Dreiecksgiebel ist unter einer Krone ein Allianzwappen dargestellt. Die heraldisch rechte Schildkartusche zeigt das Wappen der thüringisch-sächsischen Vitzthum von Eckstädt. Es zeigt in Gold zwei rote Pfähle, überdeckt von einem silbernen Balken. Der Eindruck dieser Darstellung täuscht, denn die roten Pfähle sind im Wappen korrekterweise durchgehend und nicht abgeledigt wie in dieser Adaption für die Rocaille-Kartusche. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein roter oder silbern-rot gespaltener Spitzhut mit einem goldenen Stern an der Spitze, an jeder Seite mit drei Hahnenfedern je nach Quelle in der Farbe Grün oder in den Farben Rot-Silber-Gold oder alternierend rot-silbern besteckt, zu rot-goldenen, rot-silbernen oder rot-goldenen/rot-silbernen Decken. Das Wappen wird im Siebmacher Band: Bay Seite: 24b Tafel: 19, Band: Pr Seite: 428 Tafel: 471, Band: Bö Seite: 266 Tafel: 123, Band: BraA Seite: 99 Tafel: 60, Band: Sa Seite: 51 Tafel: 59 und Band: Sa Seite: 6 Tafel: 5 beschrieben. 1711 erlangte die Familie den Grafenstand, entsprechend gibt es noch ein vermehrtes Wappen.

Gegenüber ist das kartuschenförmige Wappen der v. Hopfgarten (Hopffgarten), in Silber zwei schräggekreuzte, goldene, schwarzgestielte, dreizinkige Streitgabeln. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Sa Seite: 2 Tafel: 2, Band: Sa Seite: 33 Tafel: 36, Band: SchwA Seite: 16 Tafel: 10, Band: Schw Seite: 58 Tafel: 3, Band: Erg Seite: 31 Tafel: 14, Band: Ha Seite: 11 Tafel: 10, Band: Lip Seite: 3 Tafel: 3, Band: Me Seite: 11 Tafel: 8, Band: Pr Seite: 177 Tafel: 225, Band: Pr Seite: 13 Tafel: 14, Band: PrGfN Seite: 33 Tafel: 25. Die Stiele werden auch als natürlich oder rot angegeben. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre bei der thüringischen Familie ein hoher goldener Hut mit schwarzem Aufschlag , oben mit schwarzen Hahnenfedern besteckt. Für die mecklenburgische Linie werden auch fünf abwechselnd schwarz-silberne Straußenfedern angegeben. Die Decken wären schwarz-golden.

Die genaue Zuordnung der Personen ist offen, Hinweise willkommen. Eine Verbindung zwischen diesen beiden Familien ist die zwischen Friedrich II. August Graf Vitzthum v. Eckstädt (12.6.1765 - 5.3.1803), Sohn von Ludwig Siegfried I. Graf Vitzthum v. Eckstädt und Auguste Erdmuthe v. Ponickau und Pilgram, der am 1.2.1790 in Dresden Auguste v. Hopffgarten (1.9.1770 - 26.11.1858) geheiratet hatte. Deren Kinder waren Mathilde Auguste Gräfin Vitzthum v. Eckstädt (geb. 23.1.1794), Otto Rudolf Graf Vitzthum v. Eckstädt (geb. 28.9.1795), Albert Friedrich Graf Vitzthum v. Eckstädt (27.4.1797 - 6.7.1860) und Woldemar Graf Vitzthum v. Eckstädt (geb. 27.8.1802). Eine weitere Verbindung war die zwischen Heinrich Carl Wilhelm Graf Vitzthum v. Eckstädt (26.5.1770 - 11.10.1837) und Friederike Wilhelmine Gräfin v. Hopffgarten (24.12.1767 - 10.1.1837), die er am 24.7.1793 in Dresden geheiratet hatte. Friedrich II. August und Heinrich Carl Wilhelm waren Brüder, und die beiden Ehefrauen waren Schwestern. Aus der gleichen Familie gab es zuvor einen Propst Johann Georg Vitzthum von Eckstädt (1695 - 1701).

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Domschule St. Martin:
http://www.evangelische-grundschule.de/einstieg.html - Geschichte: http://www.evangelische-grundschule.de/geschichte_mehr.html
Geschichte des Domstifts Naumburg:
http://www.vereinigtedomstifter.de/index.php?id=29
Plan der Domfreiheit:
http://www.vereinigtedomstifter.de/index.php?id=89 und http://www.vereinigtedomstifter.de/uploads/pics/Liegenschaft-Naumburg.jpg
Baugeschichte Domplatz 3: Landesverwaltungsamt - Projekte, Daten und Fakten 2007:
http://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Elementbibliothek/LVwA-Bibliothek/Download/Publikationen/JRB_2007.pdf S. 22-23
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Heinz Wiessner, Ernst Devrient, Max-Planck-Institut für Geschichte, Germania Sacra, Neue Folge 35,1: Das Bistum Naumburg: Die Diözese. Online:
http://books.google.de/books?id=0UncdeSQSHsC

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