Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1887
Heppenheim (Kreis Bergstraße)

Heppenheim, Burgruine Starkenburg

Nordöstlich der Altstadt von Heppenheim liegt die Starkenburg auf einem exponierten, 295 m hohen Bergkegel. Auch wenn die Befestigung dieses Berges bis mindestens ins 11. Jh. zurückreicht, als die Abtei Lorsch hier eine Burg zur Sicherung ihres Besitzes in Heppenheim insbesondere gegen Erzbischof Adalbert von Bremen gründete, sind die erhaltenen Mauern später und datieren frühestens aus dem 13. Jh. Dennoch ist die Starkenburg eine der frühesten südhessischen Höhenburgen. Die Starkenburg als solche wird unter diesem Namen frühestens 1206 urkundlich erwähnt. Die Kernburg ist ein in West-Ost-Richtung liegendes, leicht trapezförmig verzerrtes Rechteck mit gut erhaltender Ringmauer aus dem 13. Jh. und drei erhaltenen von einstmals vier runden Ecktürmen vom Anfang des 14. Jh., die unter dem Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt (reg. 1306-1320) angefügt wurden (die Abbildungen zeigen die beiden östlichen Rundtürme der Kernburg). Die Starkenburg ist eine Burg vom Kastelltyp. Rings um diese Kernburg ziehen sich ein innerer, die ganze Burg umgebender, und ein äußerer Zwinger im Süden und Osten, beide aus dem 14. Jh. stammend und von guter Erhaltung, mit insgesamt drei weiteren erhaltenen Rundtürmen, einer an der Südwestecke des inneren Zwingers und zwei auf der Ostflanke des äußeren Zwingers, wobei an den letzteren Verstärkungen und andere feuerwaffentaugliche Umbauten im 15. Jh. vorgenommen worden sind.

An den anderen Stellen wird der Schutz durch frühneuzeitliche Bastionen gewährleistet, so an der Nordwestecke des inneren Zwingers und an der Südwestecke des äußeren Zwingers. Die Burg wurde einmal erobert, und zwar im 30jährigen Krieg 1621 von spanischen Truppen, aber 1623 an das Hochstift Mainz zurückgegeben. Viele der äußeren Anlagen, insbesondere aus späterer Zeit, als die Burg im Kontext der französischen Reunionskriege unter dem Mainzer Werkmeister Johann Baptist Barella mit modernen Außenwerken und Schanzen erfolgreich abwehrbereit gemacht wurde, existieren nicht mehr, weil die Burg nach der Aufhebung der Festung 1765 und dem Abzug der kurmainzischen Garnison zum Abbruch freigegeben war, bis Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal 1787 der weiteren Zerstörung per Dekret Einhalt gebot. Erste Instandhaltungsmaßnahmen wurden seit 1877 ergriffen. In den Jahren 1964-65 fanden Restaurierungsarbeiten zur Sicherung der Mauern und Rundtürme statt.

 

Die heute in der Mitte "leere" Anlage läßt einen echten Bergfried vermissen, der einst in der Mitte des Hofes stand, von quadratischem Querschnitt war, in Bezug auf das Rechteck der Mauern übereck gestellt war, ca. 30 m Höhe bei schlanken, knappen 8 m Seitenlänge erreichte und 1768 durch einen Blitzeinschlag schwer beschädigt worden war, so daß er 1924 wegen gefährlichen Bauzustandes gesprengt und abgerissen wurde. Statt dessen sehen wir in der Nordwestecke der Burg, wo sich früher der Hauptwohnbau und eine Kapelle befanden, eine völlig unhistorische und den historischen Befund verfälschende Lösung aus dem frühen 20 Jh.; hier hat man 1927-30 aus altem Material und unter Verwendung romanischer und sonstiger Spolien einen neuen Phantasiebergfried errichtet, der nie so existierte und gar nicht zu der Anlage paßt, nun aber leider die Ansicht der Burg von Westen dominiert. Insbesondere gingen die mittige Position und der übereckgestellte Grundriß, wie man ihn auch beim anderen Odenwaldburgen wie der Wildenburg findet, verloren. Man pfiff damals auf historische Treue und Authentizität und wollte lieber eine große Freifläche im Burghof für Veranstaltungen haben. Nördlich und östlich dieser denkmalpflegerischen Sünde schließen sich die modernen Bauten der Jugendherberge aus den Jahren 1958-60 an.

An diesem von dem Architekten Prof. Dr. Hofmann errichteten, anachronistischen Phantasiebau, diesem neuen Möchtegern-Ersatz-Bergfried, der eher ein häßlicher zehngeschossiger Aussichtsturm ist, befindet sich auch ein älterer Wappenstein, als Spolie vermauert. Dieser Stein ist ein Zeugnis der Mainzer Herrschaft über Heppenheim seit 1232, als das Kloster Lorsch mitsamt seinem Besitz in Heppenheim dem Hochstift unterstellt wurde, welches hier auf der Starkenburg spätestens seit 1267 einen Burggrafen zur Verwaltung einsetzte. Von 1461 bis 1623 bestimmte die Kurpfalz auf der Burg, weil sie in dieser Zeit Heppenheim als Pfandherrschaft innehatte. Der mit 1680 bezeichnete Wappenstein für den Mainzer Fürsterzbischof Anselm Franz von Ingelheim (reg. 1679-1695) wurde von Zacharias Juncker angefertigt.

Das Wappen des Mainzer Kurfürsten, Reichsfreiherr Anselm Franz von Ingelheim (reg. 1679-1695), ist geviert:

Als Oberwappen findet man den Kurhut sowie Krummstab schrägrechts und Schwert schräglinks hinter dem Schild. Ein weiteres bauplastisches Wappenbeispiel dieses Kurfürsten läßt sich übrigens an der erzbischöflichen Burg in Eltville finden.

Literatur, Links und Quellen:
Hinweistafel am Gebäude
Kulturdenkmäler in Hessen (Landesamt für Denkmalpflege Hessen):
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=30334&session=272416&event=Query.Details
http://www.heppenheim.de/Starkenburg.230.0.html
http://www.weststadtverlag.com/leseproben/Routenur%20Heppenheim2.pdf
Geschichte von Heppenheim:
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Stadt_Heppenheim
Starkenburg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Starkenburg_%28Burg%29
Starkenburg:
http://www.burgerbe.de/2008/07/05/starkenburg-bergfried-enstand-an-falscher-stelle-neu/
Starkenburg:
http://www.burgenwelt.de/starkenburg/index.htm - Geschichte: http://www.burgenwelt.de/starkenburg/ge.htm - Grundriß: http://www.burgenwelt.de/starkenburg/gr.htm
Starkenburg:
http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=317 Grundriß: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/r30ms......704144128.gif

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