Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1905
Schwäbisch Hall (Landkreis Schwäbisch Hall)

Großcomburg (3) - die Zeit Guttenbergs

Mit diesem Kapitel springen wir von der Renaissance zum Barock und den Bauten die im späten 17. und frühen 18. Jh. errichtet wurden. Vorbilder waren die großen Barockstifte jener Zeit, etwa Schöntal oder Banz, und gleich diesen sollte aus der Comburg ein Barockstift werden. Die beherrschende Lage versprach entsprechende Fernwirkung, allein es fehlten die repräsentativen Bauten im Stil der Zeit, und die wurden unter Propst Wilhelm Ulrich von Guttenberg in Angriff genommen. Denn eigentlich war das Stift eine Hofhaltung geworden, und die Pröpste und Dekane schämten sich der alten Bauten.

Etwas abseits nördlich des Haupttores der Comburg liegt ein Speichergebäude am Fuß des Burghügels, ein kleiner Fußmarsch abseits der Hauptroute, aber aufgrund des Wappensteines lohnend. Das Samenbau oder Stiftsfruchtkasten genannte Gebäude, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Großen Büchsenhaus in Schwäbisch Hall besitzt, hat drei Stockwerke und in der mittleren von insgesamt fünf Achsen einen Zwerchgiebel. Die Öffnungen dieser Achse sind durchweg mit Holzläden verschlossene Ladeluken.

Über dem rundbogigen Eingangstor befindet sich ein auf 1705 datierter Wappenstein mit folgender Inschrift: "Wilhelm Vlrich Freyherr Von Guttenberg Domprobst zue Wormbs Dechant zue Comburg und Sanct Burcard in Wirtzburg". Wilhelm Ulrich von Guttenberg (6.11.1662-5.5.1736) war der Sohn von Gottfried Wilhelm von Guttenberg zu Steinenhausen (1622-1683) und dessen Frau Maria Kunigunde Ursula von Guttenberg zu Kirchlauter (1623-1681) aus einer anderen Linie des weitverzweigten Geschlechtes. Wilhelm Ulrich studierte in Bamberg, wo er sich am 16.12.1677 immatrikulierte. Er wurde am 25.11.1680 Domizellar, und im gleichen Jahr 1680 wurde er Kanoniker des Stifts Comburg. Die Subdiakonsweihe empfing er am 21.4.1685, die Diakonsweihe am 24.9. und die Priesterweihe am 17.12.1689. Am 13.11.1686 wurde er Kapitular. Vom 11.8.1689 bis zu seinem Tod 1736 war er Dekan von St. Burkard in Würzburg. Außerdem bekleidete er von 1691 bis 1694 das Amt des Rektors der Würzburger Universität. Am 8.3.1694 wurde er Dompropst von Worms und wurde schließlich 1695-1736 der achtzehnte Dekan des Stifts Comburg. Daneben hatte er noch die Funktionen eines würzburgischen Geistlichen Rates und spätestens seit 1730 die des Kanzlers der Universität Heidelberg ("der Churfürstl. Heidelberg. Universität Cancellarius perpetuus"). Nach seinem Tod folgte ihm im Ritterstift St. Burkard übrigens ein Verwandter nach, Georg Wilhelm Kasimir von Guttenberg. Wilhelm Ulrich von Guttenberg pflegte ein etwas angespanntes Verhältnis zu Würzburg, im Jahre 1706 wurde er wegen Gehorsamsverweigerung sogar für ein Weilchen des Amtes enthoben. Seinen Nachlaß stiftete er für ein Spital für Senioren.

 

Sein Wappen als Dekan des Stifts Comburg ist geviert, Feld 1 und 4: in Blau ein goldener, hersehender Löwenkopf (Löwenmaske, Leopardenkopf), der in die Spitze eines erniedrigten goldenen Sparrens beißt (Stiftswappen Comburg), Feld 2 und 3: in Blau eine goldene Rose mit goldenem Butzen (Familienwappen Guttenberg). Das Wappen wird hier mit zwei Helmen geführt, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein auffliegender Vogel (Taube) für das Stift Comburg, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein hermelingestulpter roter Hut, aus dem fünf rotbraune (natürliche) Rohrkolben wachsen (Guttenberg).

Dekan Wilhelm Ulrich von Guttenberg (6.11.1662-5.5.1736, amtierte 1695-1736) entfaltete eine rege Bautätigkeit und ist im wesentlichen für die Barockisierung der Comburg verantwortlich. Die barocken Ideen von symmetrischen Bauten, großzügig angelegten Repräsentationsbauten und Sichtachsen sollten die Comburg in ein zeitgemäßes Schloß umwandeln. Von diesem mit der aus dem Mittelalter und der Renaissance stammenden Bausubstanz kontrastierenden Programm ist nur Weniges realisiert worden, allen voran die neue Klosterkirche, die neue Dekanei (nur zum Teil) und das äußere Tor (um 1715), zum Glück, muß man sagen, so daß der geschlossene Eindruck einer spätmittelalterlichen Klosterburg immer noch erhalten ist. Eine weitere Zutat jener Zeit war die Bildersteige entlang des alten Burgweges nach Steinbach.

Wilhelm Ulrich von Guttenberg ließ das äußere Tor mit schweren schmiedeisernen Gittertorflügeln anlegen und zugleich eine dorthin führende Lindenallee anpflanzen, so daß der Hauptzugang dem eines Schlosses ähnelte. Das früher wehrhafte äußere Burgtor aus dem Mittelalter hatte im beginnenden 18. Jh. nur noch einen sehr geringen Verteidigungswert und wurde für den Neubau abgerissen. Über dem Tor befinden sich zwei halb liegende allegorische weibliche Figuren, links die Abundantia (Überfluß) mit Füllhorn, rechts die Fortitudo (Stärke) mit der Steinsäule im Arm. Beide greifen mit der freien Hand in die Löwenmähne der zentralen Skulptur.

 

Das Tor trägt in der Mitte als Bekrönung das Stiftswappen der Comburg (Abb. links), allerdings ohne die Einfassung durch einen Schild, sondern wir sehen den goldenen, hersehenden Löwenkopf, der in die Spitze eines erniedrigten goldenen Sparrens beißt (Stiftswappen Comburg) als freistehende Skulptur ohne das zwingend zugehörige Feld. Die dem zweiten Tor zugewandte Rückseite ist übrigens identisch gestaltet. Diese Auflösung der heraldischen Form sehen wir auch bei dem Familienwappen von Wilhelm Ulrich von Guttenberg. Die Rose aus dem Wappen begegnet uns auf den oberen Abschnitten der beiden seitlichen Torpfosten (Abb. rechts), und auch sonst ist auf der Comburg an den barocken Bauten die Rose ein häufig anzutreffendes Dekorationselement. Durch den hier gezeigten Verzicht auf eine heraldisch typische Schildform und notwendige Außenbegrenzung eines heraldischen Feldes ist zwar das Guttenberg-Wappen nicht überall gleich als solches zu erkennen, aber dennoch hinter den Rosendarstellungen auf der Comburg aus jener Zeit oft zu vermuten. Der Verzicht auf die Schildform und die gewollte Verwischung der Grenzen zwischen heraldischer Aussage und Ornament ist jedoch aus heraldischer Sicht absolut nicht positiv zu bewerten.

 

Diese Auflösung der heraldischen Form nimmt noch seltsamere Formen an, wenn wir uns die beiden Urnen über den beiden Torpfosten anschauen: Anstelle eines Schildes trägt hier eine barocke Urne die Guttenberg-Rose, und aus dem Helm wird ein geriefter Knopf, der sowohl als stark abstrahierter Bügelhelm als auch als Zierknopf der Urne gesehen werden kann, und oben auf diesem Urnenabschluß befindet sich die Guttenberg-Helmzier wie beschrieben mit je fünf vergoldeten Rohrkolben aus Metall.

 

Neben der Sechseckkapelle steht ein Brunnenschaft mit einem Löwen auf dem abschließenden Kapitell, der zwei Schilde hält, den heraldisch rechten mit dem Stiftswappen, den heraldisch linken mit der Guttenberg-Rose, auch diese ist dem selben Dekan Wilhelm Ulrich von Guttenberg zuzurechnen.

Weitere Guttenberg-Wappen sind im Innern der Stiftskirche zu finden, sowohl an der dem Mittelschiff zugewandten Seite der Kämpfer der tragenden Freipfeiler des Hallenraumes, ebenfalls für den genannten Dekan, als auch oben am Orgelgehäuse auf der Nordostseite des Kirchenschiffes (ohne Abb.), wobei wir dort gleich zwei Familienmitglieder nebeneinander sehen. Das mit Fränkischem Rechen und Rennfähnlein gevierte Wappen in der Mitte steht für den Würzburger Fürstbischof Johann Gottfried von Guttenberg, und optisch rechts ist das mit dem Stiftswappen gevierte Amtswappen von Wilhelm Ulrich von Guttenberg, wobei die beiden Brüder waren. Ein weiteres Guttenberg-Wappen an der Neuen Dekanei wird uns im betreffenden Kapitel dazu begegnen.

Mitglieder der Familie von Guttenberg waren im Hochstift Würzburg sehr stark in geistlichen Ämtern vertreten. Während ca. dreieinhalb Jahrhunderten stellte die Familie 26 Würzburger Domherren. Familienmitglieder hatten im Laufe der Zeit insgesamt 13 Pfründen auf der Comburg inne. Am Ritterstift St. Burkard waren insgesamt 7 Stiftsherren. Ein Mitglied wurde Fürstbischof von Würzburg, und ein Mitglied war am Stift Haug in Würzburg Stiftsherr. Im Hochstift Bamberg war die Familie auch, aber insgesamt deutlich weniger mit Klerikern vertreten. So war es auch das Schicksal von Johann Gottfried und Wilhelm Ulrich - insgesamt waren sie 9 Söhne, die das Mannesalter erreichten, davon wurden drei weltlich, nämlich Carl Rudolph, Johann Erhard und Carl Christoph, welche jeweils in einem Zweig die Familie fortsetzten, und 6 Brüder wurden geistlich: neben den beiden erwähnten waren das Otto Philipp (11.5.1644-11.2.1723), Domkapitular in Bamberg und Würzburg, Dompropst, Propst von St. Stephan in Bamberg, bambergischer und würzburgischer Geheimer Rat, Wolfgang Philipp (29.7.1647-1735), Ordensritter der Malteser und Komtur zu Nördlingen und Bruchsal, Franz Dietrich (Dieter, 25.5.1652-1701), Domkapitular in Bamberg, Würzburg, Eichstätt und Augsburg, Domdechant in Augsburg, sowie Christoph Ernst (10.8.1653-12.4.1724), Kapitularherr am Stift Fulda, Propst zu Zella und Abt von St. Michael in Bamberg.

Literatur, Links und Quellen:
Eduard Krüger, Schwäbisch Hall, ein Gang durch Geschichte und Kunst, neu bearb. von Fritz Arens und Gerd Wunder, Eppinger Verlag Schwäbisch Hall 1990, S. 147-153.
Genealogie Guttenberg; Biedermann, Geschlechtsregister der Reichsfrei unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Gebürg
http://books.google.de/books?id=49JDAAAAcAAJ
Lebenslauf Wilhelm Ulrich von Guttenberg: Germania Sacra, Neue Folge 40, Das Bistum Würzburg 6, Die Benediktinerabtei und das adelige Säkularkanonikerstift St. Burkard in Würzburg, bearb. von Alfred Wendehorst, S. 228-229. Online:
http://books.google.de/books?id=NHg0HVaN5n0C und http://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0005-745C-F bzw. http://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858......khard.pdf?sequence=1
Winfried Romberg, Johann Gottfried von Guttenberg:
http://frankenland.franconica.uni-wuerzburg.de/login/data/1998_93.pdf
Klaus Rupprecht, Guttenberg, Adelsfamilie, in: Historisches Lexikon Bayerns,
http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45555
Ausstellungskatalog: Die Comburg - Vom Mittelalter bis ins 20. Jh., hrsg. von Elisabeth Schraut, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1989, ISBN 3-7995-3303-6, zugleich Kataloge des Hällisch-Fränkischen Museums Schwäbisch Hall Band 3

Großcomburg (1): die ältesten Wappensteine - Großcomburg (2): die Zeit Neustetters - Großcomburg (4): die neue Dekanei - Großcomburg (5): die Greiffenclau-Wappen und die Stiftskirche

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