Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1962
Bad Wimpfen (Landkreis Heilbronn)

ehem. Dominikanerkirche, Epitaph für Anna von Ehrenberg

Dieses außergewöhnlich fein gearbeitete Epitaph aus grauem Sandstein ist an der Nordseite des Kirchenschiffes der ehem. Dominikanerkirche und heutigen katholischen Stadtpfarrkirche zum Heiligen Kreuz in die Wand eingelassen, zu finden direkt links neben der den Chor abgrenzenden Balustrade. Der Aufbau des 2,0 m hohen und 86 cm breiten Monumentes ist außergewöhnlich: Ein Zentralfeld wird von einem Inschriftenband gesäumt, doch nur an den beiden Längsseiten, wobei das jeweils oberste Viertel für eine weitere bildliche Darstellung reserviert ist, optisch links ist der dornengekrönte Christus als Schmerzensmann unter einem kleinen Wimperg mit Maßwerk zu sehen (Abb. unten ganz rechts), bezeichnet "ihs", und optisch rechts ist eine Mariendarstellung als schmerzhafte Muttergottes, bezeichnet "ma(r)ia". Beide befinden sich in einer tiefen Nische. Dadurch fällt auch oben quer ein mögliches Inschriftenband weg, dafür ist die gesamte obere Zone ein künstlerisch einzigartiger Bereich mit zwei Wappenschilden, deren astförmige Aufhängung über dem Kopf der Verstorbenen verschränkt ist und in helmdeckenartigem Blattwerk ausläuft.

Das Epitaph ist für die 1472 verstorbene Anna von Schlat, Ehefrau von Heinrich von Ehrenberg. Es war ihre zweite Ehe. Die Inschrift lautet: "An(n)o d(o)m(ini) mcccclxxii (1472) starb die e(h)rsa(me) Ann(a von Schlat) Heinrichß vo(n) e(h)r(en)berg h(a)usfraw selig de(r) got(t) gnad". Interessant ist, daß beide Inschriften parallel laufen, beide also von der optisch linken Seite aus zu lesen sind. Die von Schlat (bisweilen auch Schlatt, Schlath) waren helfensteinische Dienstmannen bzw. Ministerialen aus der Göppinger Gegend, denen seit 1380 das Dorf Eschenbach gehörte. Sie nannten sich nach dem Dorf Schlat am Fuß der Schwäbischen Alb im Landkreis Göppingen. Anna vermählte von Ehrenberg, Tochter von Fritz von Schlat und seiner Ehefrau Anna Speth, ist in Wimpfen als Stifterin hervorgetreten; sie hat ein Stadthaus in der Nähe der Kirche dem Dominikanerkloster gestiftet, heute Klostergasse 10. Dieses 1451 errichtete Fachwerkhaus, ein weiteres Haus und eine Scheune stifteten sie und ihr Ehemann Heinrich im Jahre 1458 dem Dominikanerkloster. Auch an diesem Haus sind ihre Ehewappen angebracht, an der Ecke des Hauses zwischen dem ersten und zweiten Stock. Weiterhin hatte sie dem Kloster ein neues Chorgestühl gestiftet. Deshalb tauchen die beiden Wappen auch in der auf der Orgelempore gemalten Reihe von Wappen der Wohltäter des Klosters auf.

Vier Wappenschilde umgeben die Figur im inneren Rechteckfeld, wovon drei gut sichtbar sind, der vierte jedoch von den hier ansetzenden Stufen zum Chor größtenteils verdeckt wird. Heraldisch rechts oben sehen wir den Wappenschild der von Schlat (auch: Schlatt, Schlatter, Schlath) mit einem aufspringenden Eber (Siebmacher Band: WüA Seite: 231 Tafel: 129, Alberti S. 689). Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre der Eber wachsend, wenn man eine Darstellung für Caspar von Schlat aus dem Jahr 1438 zugrundelegt. Die Tinkturen werden im Siebmacher nicht angegeben. An der Emporenbrüstung ist ein Schild für Anna Schlat als Stifterin aufgemalt, dort ist ein naturfarbener (brauner) Eber in silbernem Schild zu sehen, wobei die im Barock erstellten Darstellungen auf der Emporenbrüstung nicht per se verläßlich sind.

Heraldisch links oben ist das Wappen der von Ehrenberg zu sehen, in Silber ein roter Adlerflügel, die Saxen nach oben gekehrt, links in einen Vogelkopf endend, belegt mit einer goldenen Mondsichel. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein grüner Pfauenstoß oder geschäfteter Pfauenwedel zwischen zwei abgekehrten, goldenen Stiefeln (Siebmacher Band: BayA3 Seite: 169 Tafel: 118, Band: WüA Seite: 246 Tafel: 137, Band: PrE Seite: 57 Tafel: 48, Band: SchlA2 Seite: 30 Tafel: 19, Gruber (dort Panzerbeine in der Helmzier), Wolfert (dort silberne Stiefel), Scheiblersches Wappenbuch, Alberti S. 154). Namengebend für die Familie ist die Burg Ehrenberg über Heinsheim (heute ein Stadtteil von Bad Rappenau, Landkreis Heilbronn). Diese Burg liegt ca. 2 km neckarabwärts von Bad Wimpfen entfernt. Es verwundert zunächst, das Wappen der von Ehrenberg auf der heraldisch linken Seite zu sehen, aber da es insgesamt vier Wappenschilde sind, handelt es sich um eine Zweier-Ahnenprobe der Ehefrau, und so befindet sich ihr Vaterswappen völlig korrekt auf der "besten" Position heraldisch rechts oben. Ihr mütterliches Wappen ist heraldisch rechts unten zu finden. Die linke Seite gehört ihren beiden Ehemännern, links oben ist das Wappen ihrem zweiten Ehemann zuzuordnen.

Das Wappen heraldisch unten rechts zeigt drei schräggestellte Schlüsselschäfte mit gezacktem Bart auf der Unterseite (Dietriche oder Schlüssel ohne Ring). Das ist eine Variante des Schildes der von Speth, vgl. ähnliches Wappen an der Empore, bez. "Elsbeth v. Hepfingen", dort die Schlüssel aber mit Ring. Die Lesung als "Hepfingen" ist schwäbisch-mundartlich von Höpfigheim abgeleitet, heute ein Stadtteil der Stadt Steinheim an der Murr, Landkreis Ludwigsburg. Dieses Höpfigheim war ein Besitz der Speth von Zwiefalten, die im dortigen Schlößle wohnten und dieses 1550-1580 umbauten. Kaspar von Speth ließ um 1500 die spätgotische Höpfigheimer Georgskirche erbauen, wo sich die Grabdenkmäler von Eberhard und Hans Ludwig Speth und ihren Frauen erhalten haben. Der letzte in Höpfigheim lebende Speth starb 1583, danach verkauften dessen Nachkommen den Höpfigheimer Besitz an Herzog Ludwig, der ihn wiederum Melchior Jäger von Gärtringen schenkte. Deshalb wird die Familie Speth in der Kirche und in einigen Quellen als "von Höpfigheim" geführt, tatsächlich handelt es sich um die Speth von Zwiefalten zu Höpfigheim. Anna Mutter war jedenfalls Anna Speth.

Vom vierten Schild links unten ist zu wenig zur Identifizierung zu erkennen, das wäre lt. DI das Wappen der von Thalheim (Talheim). Dieser Wappenschild ist durch den neuzeitlichen Einbau der Stufen zum Altarbereich so verdeckt, daß man diesen Schild nicht mehr sehen kann, höchstens sein Relief im Spalt ertasten kann. Dieses Wappen gehört zu Annas erstem Ehemann, denn sie war in erster Ehe mit Gerhard von Thalheim (Talheim) verheiratet, der wohl bald nach 1447 verstorben ist. Diese Familie nennt sich nach Talheim im Landkreis Heilbronn. Sie führt einen silbern-schwarz geteilten Schild, oben mit einem fünflätzigen rotenTurnierkragen (Siebmacher Band: WüA Seite: 68 Tafel: 43, Alberti). Auf einer historischen Aufnahme ist dieser Wappenschild noch zu einem größeren Ausmaß zu erkennen, und danach kann man dieses Wappenbild auch im sichtbar verbleibenden Rest verifizieren.

Literatur, Links und Quellen:
Thomas Berger, Dominikanerkloster Wimpfen: http://www.kloester-bw.de/klostertexte.php?kreis=&bistum=&alle=&ungeteilt=&art=&orden=&orte=&buchstabe=W&nr=96&thema=Geschichte
Dominikanerkirche Wimpfen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dominikanerkirche_%28Bad_Wimpfen%29
Wappen Ehrenberg: Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter"
Wappen Ehrenberg: Scheiblersches Wappenbuch (Bayerische Staatsbibliothek Cod. icon. 312 c), Folio 138
Wappen Ehrenberg: Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 52 Seite 123, 211, 212
Wappen Ehrenberg: Carl Alexander von Volborth: Heraldik. Eine Einführung in die Welt der Wappen. Belser Verlag 1989, 2. Auflage 1992
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
J. Siebmachers Grosses Wappenbuch Band E. Württembergisches Adels- und Wappenbuch. Im Auftrage des Württembergischen Altertumsvereins begonnen von Otto v. Alberti, Bauer & Raspe 1975 (Reprint), S. 689 und S. 154
Pfarrgemeinde Heilig Kreuz:
http://www.bistummainz.de/pfarreien/dekanat-bergstrasse-ost/bad-wimpfen/index.html
Ein herzliches Dankeschön an Herrn P. Sijoy Peter Thevarakatt für die Publikationserlaubnis der Innenaufnahmen
Fritz Viktor Arens: Die Inschriften der Stadt Wimpfen am Neckar, Stuttgart 1958, Band 4 der Reihe "Die Deutschen Inschriften", Nr. 58, S. 22
https://digi.hadw-bw.de/view/di004 - https://digi.hadw-bw.de/view/di004/0034/image,info
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Bernd Wetzka für wertvolle Hinweise
Bernd Wetzka: An Wimpfener Straßenrändern, 5. Folge: Die Familie von Ehrenberg in Wimpfen, in: Organ der SPD
Walter Ziegler: Anna von Schlat (um 1400-1472), Wohltäterin in Wimpfen, Göppingen und Lorch; in: "Hohenstaufen, Helfenstein. Historisches Jahrbuch für den Kreis Göppingen", Bd. 20 (2020), S. 45-58
Viktor Würth: Die Wohltätertafel in der Dominikanerkirche zu Wimpfen a. B., in: Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde, hrsg. vom Verein Herold in Berlin; Jg. 40 (191 ), S. 42-44
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wuerth1912/0057/scroll
historische Aufnahme:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=21391&id=7604566&gewaehlteSeite=02_0001102166_0001_2-1102166-1.jpg
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Günter Darcis für wertvolle Hinweise

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