Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2025
Gerolzhofen (Landkreis Schweinfurt, Unterfranken)

Die Stadtbefestigung von Gerolzhofen

Gerolzhofen ist konzentrisch aufgebaut mit einer doppelten Stadtmauer, deren Verlauf sehr gut das Wachstum der Stadt und die spätere Einbeziehung der Vorstädte in das Befestigungssystem illustriert. Die innere Befestigung ist die ältere, sie entstand im 14. Jh. im Zuge der Erhebung zur Stadt. Dieser innere Bering hielt 1397 sogar einer Belagerung durch den Würzburger Fürstbischof stand. Der Verlauf läßt sich noch gut entlang der Grabenstraße, wo sich als westliche Befestigung der Eulenturm erhalten hat, dann entlang dem Braugäßchen verfolgen, dann knickte der Verlauf nach Norden ab zum noch erhaltenen Weißen Turm im Osten der inneren Altstadt, um dann etwa mittig zwischen der Salzstraße und der Steingrabenstraße wieder nach Westen zu verlaufen. Die Mauerzüge sind vielfach in Hinterhöfen versteckt oder verbaut, und die beiden genannten Türme sind die augenfälligsten Überbleibsel dieser inneren Mauer. Die äußere Befestigung wurde unter Fürstbischof Rudolf von Scherenberg weiter gezogen und verlief entlang der Straßen Nördliche Allee, Östliche Allee, im Süden entlang des Baches Volkach, entlang der Straße Am Schießwasen, um dann in der Mitte zwischen Friedenstraße und Grabenstraße hindurch verlaufend auf die Dreimühlenstraße und dann wieder auf die Nördliche Allee zu treffen. Auch wenn Rudolf von Scherenberg diese äußere Mauer begann, der wesentliche Ausbau erfolgte unter Julius Echter von Mespelbrunn. Von dieser äußeren Befestigung sind noch sehr viele stattliche Mauerzüge, Türme und Turmstümpfe erhalten, die man bei einer Wanderung entlang des um die Altstadt laufenden Parkgürtels gut besichtigen kann.

 

Den größten und besten Wappenstein der ehemaligen Stadtbefestigung finden wir jedoch in der inneren Altstadt an einem Haus in der Marktstraße 16. Der aus Sandstein gehauene Reliefstein ist im Aufsatz auf das Jahr 1600 datiert und mit folgender Inschrift versehen: "Geroltshofen des Stifftes Statt / Bischoff Julius mit trewem hatt / Gehabt in genediger guter achtt / Sie wi(e)der zum alten glauben bracht / Mit dem und and(e)r(e)n gebew(e)n gezi(e)rt / des ewig er gelobet wirdt." Wie in so vielen Bauinschriften dieses Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn werden hier sowohl seine Bemühungen um die Rekatholisierung seines Landes im Zuge der Gegenreformation als auch seine ungeheure Bautätigkeit thematisiert: Mit vollem materiellen Einsatz belohnte er seine Untertanen für ihr Wohlverhalten in religiösen Fragen, und er überzog das Land mit Bauten als sichtbares Zeichen seiner wiedererlangten Macht, des wiedererstarkten katholischen Glaubens und der landesväterlichen Fürsorge. Vor allem deckte Fürstbischof Julius auch den enormen Bedarf an Neubauten und Ausbesserungsarbeiten ab, der sich durch die Zerstörungen 1525 im Bauernkrieg und 1552 im zweiten Markgräflerkrieg ergeben hatte. Und dieser Wappenstein zeigt auch, daß trotz des Vorhandenseins der äußeren Befestigung die innere keineswegs vernachlässigt wurde, sondern auch in späterer Zeit auf dem Höhepunkt der Wehrtechnik gehalten wurde. Dieses Tor wurde sogar durch zwei Vortore verstärkt. Ebenso ließ Fürstbischof Julius den Eulenturm 1611 neu bedachen, weiterhin erhielt der Weiße Turm eine welsche Haube, und beide Türme waren unter seiner Regierung erhöht worden.

 

Dieser heute an sekundärer Stelle verbaute, aber gerettete Wappenstein stammt vom ehemaligen Zenttor, dem Tor an der nordwestlichen Ecke des inneren Berings. Die alte, innere Stadtmauer, die im 14. Jh. entstand und von annähernd rechteckigem Zuschnitt war, hatte zwei Tore, das 1472 unter Rudolf von Scherenberg errichtete und zuletzt 1600 unter Julius Echter ausgebaute und durch zwei zusätzliche Vortore verstärkte Zenttor mit Türmersturm im Nordwesten und das ebenfalls unter Rudolf von Scherenberg erbaute und zuletzt 1597 unter Julius Echter instand gesetzte Spitaltor oder Innere Schallfelder Tor mit Bettelturm in der Südostecke der Stadt. Beide Tore fielen dem Verkehr zum Opfer und wurden 1871-1877 abgetragen. Hier zu sehen ist der Wappenstein des Zenttores; der entsprechende Stein des anderen Tores ist in den Arkaden "Botanischer Garten" erhalten.

Das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (amtierte 1573-1617) ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg. Die Detailaufnahmen zeigen die hohe künstlerische Qualität dieses Steines, der sich diesbezüglich mit dem am Amtshaus messen kann. Die ovale Kartusche wird von einer reichverzierten Bischofsmütze überhöht, hinter ihr sind schräggekreuzt das gestürzte Schwert und der Krummstab zu sehen. Nicht nur die Kanten der Inful, sondern auch die beiden abflatternden Bänder sind mit Edelsteinen geschmückt. Zu Füßen des Wappens sind zwei geflügelte Putten zu sehen, der eine umklammert hingekauert eine Säule mit ionischem Kapitell, der andere reckt kampfeslustig ein Schwert empor, Stärke und Wehrhaftigkeit symbolisierend.

 

Wesentlich mehr heraldische Spuren haben sich vom äußeren Bering erhalten, auch wenn sie alle in qualitativer Hinsicht nicht mit dem eingangs vorgestellten Echter-Wappenstein mithalten können. Außerhalb der ersten, annähernd rechteckig verlaufenden Stadtmauer waren seit dem Mittelalter Vorstädte wie die Zent- und die Spitalvorstadt entstanden, die unter Fürstbischof Rudolf von Scherenberg nun in die neue Stadtbefestigung einbezogen wurden. Ein neuer, weiterer, ovaler Befestigungsgürtel wurde um die alte innere Stadt gelegt. Die äußere Befestigung erhielt insgesamt vier Stadttore: Im Westen stand das Frankenwinheimer Tor, im Nordosten stand das Rügshofer Tor, im Osten das Dingolshäuser Tor und im Süden war das Äußere Schallfelder Tor. Keines der vier Tore ist erhalten, aber einige Wappensteine konnten als Spolien gerettet werden, meist in den benachbarten Häusern vermauert. Im Originalkontext sind hingegen ein paar Wappensteine an den Rundtürmen des äußeren Befestigungsgürtels.

 

Abb. links: runder Stadtmauerturm im Garten eines Hauses in der Bürgermeister-Weigand-Straße 13, Südwestecke der äußeren Stadtmauer, sog. Bibra-Turm mit Wappen und mehreren Inschriften. Abb. rechts: runder Stadtmauerturm an der Ecke Dreimühlenstraße/Nördliche Allee, Nordwestecke der äußeren Stadtmauer. Beide Türme besitzen Wappensteine im originalen Kontext (s. u.).

Dieser Wappenstein befindet sich an dem Rundturm im Garten des Hauses in der Bürgermeister-Weigand-Straße 13. Inschriften in spätgotischen Minuskeln ("Anno d(omi)ni m cccc xc vi lorentzs de bibra ep(i)s(copus) h(er)b(ipole)n(sis) fra(n)ci(a)e orie(n)tal(is) dux") und Wappen datieren den Turm auf 1496 und verweisen auf den Würzburger Fürstbischof Lorenz von Bibra (regierte 1495-1519). Das Wappen ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Gold ein steigender schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz, Familienwappen der von Bibra, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg. Optisch links neben dem Wappen ist eine mit "St. Kilian" beschriftete Bischofsdarstellung.

Dieser Wappenstein befindet sich an dem Rundturm an der Ecke Dreimühlenstraße/Nördliche Allee, der früher die Nordwestecke der äußeren Stadtmauer schützte. Die datierende Inschrift lautet: "An(n)o dom(in)i m cccc l xxx ix" = 1489. Darunter ist der Wappenschild des Würzburger Fürstbischofs Rudolf II. von Scherenberg (amtierte 1466-1495), er ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Gold eine rote nach oben geöffnete Schere, Familienwappen der von Scherenberg, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg.

Diese Wappentafel stammt vom ehemaligen Rügshofer Tor. Das war das nördliche Stadttor der äußeren Stadtmauer. Das erste Tor entstand um 1470 unter Fürstbischof Rudolf von Scherenberg, wurde 1625 umgebaut, wovon dieser entsprechend datierte Wappenstein zeugt, und schließlich 1867 als Opfer des modernen Verkehrs abgerissen. Den Wappenstein mauerte man neben der Stelle des Torhauses in eine Hauswand (Rügshöfer Straße 39), wo er etwas hinter Gebüsch verborgen ist. Die Inschrift lautet: "IM 1625 JA(H)R IST DAS DORHAVS GEBAVET GAR GOT(T) WOL(LE) ES BEWA(H)R(EN)". Auf der optisch rechten Seite ist das Stadtwappen von Gerolzhofen, in Rot drei aufsteigende silberne Spitzen. Das Stadtwappen ist damit identisch mit einer der beiden Felder aller fürstbischöflichen Wappen, nämlich mit dem Fränkischen Rechen für das Herzogtum zu Ostfranken. Der Fränkische Rechen taucht schon im 14. Jh. auf Siegelabdrücken der Stadt auf. Nach der Säkularisation wurden die Farben von Rot-Silber auf die bayerischen Landesfarben umgestellt, die Stadt führte von 1818 bis 1949 silberne Spitzen in blauem Feld. Nach 1949 kehrte man zu den alten Farben zurück.

Das fürstbischöfliche Wappen optisch links verweist auf Philipp Adolf von Ehrenberg (reg. 1623-1631). Sein Wappen ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Silber ein roter Adlerflügel, die Saxen nach oben gekehrt, links in einen golden geschnäbelten Vogelkopf endend, Stammwappen der von Ehrenberg, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräglinksgestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg.

 

Abb. links: Der Weiße Turm ist ein im 14.-16. Jh. entstandener Rundturm der inneren Stadtbefestigung in der Weiße-Turm-Straße. Von dieser inneren Stadtmauer haben sich bis auf diesen Turm im Osten und dem Eulenturm im Westen nur wenige Spuren von Mauern und Türmen erhalten, weil das meiste davon in Häusern verbaut ist. Gut erhalten ist jedoch der einstige Graben. Abb. rechts: Rundturm der äußeren Stadtbefestigung aus der 2. Hälfte des 15. Jh. im Ostbereich der Altstadt.

Dieser vom Steinmetz Caspar Welz gehauene Wappenstein (Abb. oben) stammt vom ehemaligen Frankenwinheimer Tor in der äußeren Stadtmauer, dem ehemaligen West-Tor. Das Tor wurde 1480 erbaut, 1552 im Markgräflerkrieg schwer beschädigt und 1568 (entspricht der Datierung des Steines) unter der Regierung von Fürstbischof Friedrich von Wirsberg (amtierte 1558-1573) erneuert. Sein Wappen (optisch links im Bild) ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: von Rot und Silber im Zinnenschnitt geteilt, unten gemauert, Stammwappen der von Wirsberg, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg. Auf der optisch rechten Seite ist das stark mitgenommene Stadtwappen von Gerolzhofen (Beschreibung s. o.), von einem Engel gehalten. Dieser Stein ist am Nordausgang des Schechsgäßchens zu finden (Abb. unten), etwa dort, wo die Alitzheimer Straße auf die Nördliche Allee stößt.

Literatur, Links und Quellen:
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974, 192 S.
Stadtwappen Gerolzhofen:
http://www.hdbg.eu/gemeinden/web/index.php/detail?rschl=9678134
Liste der Baudenkmäler in Gerolzhofen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Gerolzhofen
Barbara Schock-Werner, Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn, 536 S., Schnell & Steiner Verlag 2005, ISBN-10: 379541623X, ISBN-13: 978-3795416232, S. 346.
Hans Karlinger, Die Kunstdenkmäler von Bayern, Bezirksamt Gerolzhofen, Band 3, Band 8, Oldenbourg Verlag, 1983, 324 Seiten, online:
http://books.google.de/books?id=AWxvXd0VkCkC
Stadtrundgang Gerolzhofen:
http://www.gerolzhofen.de/Stadtrundgang_Stadtrundgang_184_kkmenue.html
Denis André Chevalley, Unterfranken. Ensembles, Baudenkmäler, Archäologische Geländedenkmäler. Hrsg. von Michael Petzet, Luftaufnahmen von Otto Braasch, Oldenbourg Verlag 1985, ASIN: B006R9NSP2, ISBN 3-486-52397-X, S. 288 ff.,
http://books.google.de/books?id=6AjUlDuvRhcC

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