Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2087
Würzburg - ein heraldischer Leckerbissen

Domkreuzgang zu Würzburg, Heinrich Truchseß von Wetzhausen

Dieses Epitaph im Würzburger Domkreuzgang wurde für Heinrich Truchseß von Wetzhausen (1486-21.10.1548) und seine Frau angefertigt. Er entstammte der Bundorfer Linie und war hochfürstlich würzburgischer Rat, Alter Hofmeister und Amtmann zu Wildberg, Rothenstein und Haßfurt. Das hochrechteckige Epitaph besitzt vier Zonen. Die Hauptzone zeigt den Ehemann und seine 1516 geehelichte, wenige Jahre vor ihm verstorbene Ehefrau gemeinsam betend vor einem leicht in den Raum gestellten Gekreuzigten. Heinrich steht im Vordergrund und ist erheblich stärker plastisch durchmodelliert als seine in geringerer Tiefe ausgearbeitete Ehefrau Osanna. Heinrich hat eine eigenartige Stellung, die weder kniend noch stehend ist, mit etwas angewinkelten Beinen kniet er quasi auf dem Rücken eines Löwen, um gestalterisch nicht zu tief zu stehen, so daß er dem Heiland ins Gesicht schauen kann. Er ist in voller Rüstung dargestellt, das Schwert mit dem linken Arm an seine Brust drückend, nur den Helm hat er abgelegt, der federgeschmückte Visierhelm ist links neben dem Kreuzesfuß zu sehen. Die Ehefrau mit Haube hält einen Rosenkranz in den gefalteten Händen, der Kopf ist leicht schräggestellt, was ihr trotz der geringeren Durchmodellierung scheinbar mehr Tiefe verleiht.

 

Die beiden oberen Zonen enthalten Inschrift und Ahnenprobe des Ehemannes, erstere in einem Aufsatz mit flachem Dreiecksgiebel, letztere in einer Reihe darunter. Weil das ein Doppelepitaph ist, wurde die klassische Anordnung mit den Schilden in den vier Ecken verlassen. Inschrift und Ahnenprobe der Ehefrau befinden sich in der untersten Zone unter dem Hauptrelief.

Die obere Inschrift lautet: "Nach C(h)risti geburd 1548 a(m) Son(n)tag ... de(n) 21. Octobris starb der Edel und Ernvest Hainrich Truchsas(s) vo(n) Weczhausen Würtzburgischer Rath u(nd) Alter hoffmeister de(m) Got(t) gnad amen." Darunter befindet sich eine Reihe mit vier Wappenschilden, die die Ahnenprobe des Ehemannes bilden. Heraldisch rechts stehen die Eltern bzw. Großväter, heraldisch links die beiden Großmütter, jeweils die väterliche Seite rechts, die mütterliche Seite links.

Heraldisch ganz rechts steht der Schild für den Vater, Albrecht Truchseß von Wetzhausen zu Bundorf (1448-1499), hochfürstlich würzburgischer Rat und Amtmann zu Rothenstein, Stifter der Bundorfer Linie, aus der später wieder die Hauptlinie zu Wetzhausen wurde, und für den Großvater väterlicherseits, Dietz (Dietrich) Truchseß von Wetzhausen (-1481) aus der später erloschenen älteren Linie zu Wetzhausen, zu Rothenstein, Friesenhausen und Bundorf, Ritter und kaiserlicher Amtmann zu Schweinfurt, hochfürstlich würzburgischer Rat, Hofmeister, Hauptmann auf der Festung Marienberg und Amtmann zu Wildberg. Der Schild zeigt in Gold zwei zu je zwei Reihen rot-silbern geschachte Balken. Als zweites sehen wir das Wappen für die Mutter des Probanden, Margaretha von Hutten (1456-), und den Großvater mütterlicherseits, Conrad von Hutten zu Frankenberg, hochfürstlich würzburgischer Rat, Oberhofmeister und Amtmann zu Trimberg. Der Schild zeigt in Rot zwei goldene Schrägbalken. Der dritte Schild steht für die Großmutter väterlicherseits, Dietrichs erste, 1445 geehelichte Frau, Dorothea Voit von Salzburg (-1461), die Tochter von Hans Voit von Salzburg und Dorothea von Hutten zu Steckelberg. Dietrich (Dietz) Truchseß von Wetzhausen hatte danach noch zweimal geheiratet, aber beide Ehen blieben kinderlos, zuerst 1462 Margaretha von Redwitz (-1464) und 1465 Ursula von Giech zu Buchau (-1474). Der Schild der Voit von Salzburg zeigt in Silber einen schwarzen Zickzackbalken mit 5 Spitzen. Der vierte und letzte Schild heraldisch ganz links steht für die Großmutter mütterlicherseits, Anna von Rechberg, Witwe des Ritters Conrad von Züllnhard, Pfleger zu Stadtlauringen. Ihr Wappen zeigt in Silber zwei voneinander abgewendete rote Löwen mit verschlungenen Schwänzen.

Die zweite Inschrift unten am Grabdenkmal für die Ehefrau lautet: "An(n)o D(omi)ni 1543 a(m) tag Lorendii (Laurentii) starb Die Edel thugentsam Fraw Ossana Truchssessi(n) geborne v(on) Raueneck de(nen) Got(t) Alle(n) gnad(e) ame(n)." Auch diese Inschrift wird von vier Wappenschilden eingerahmt, die aber anders angeordnet sind als die obere Gruppe, nämlich jeweils zwei schräg übereinander, die oberen enger zusammen als die unteren. Die beiden oberen stehen für die Eltern und Großväter, die beiden unteren für die Großmütter.

 

Osanna von Rauheneck war die Tochter von Heintz von Rauheneck, der ein Burglehen zu Altenstein hatte, und Osanna von Lichtenstein. Die 1550 mit Friedrich erloschenen von Rauheneck (auch: von Raueneck) müßten aber korrekter Marschalk von Rauheneck genannt werden zur Unterscheidung von den älteren, längst erloschenen von Rauheneck. Sie übernahmen offensichtlich das alte Rauheneck-Wappen, wie auch die Grabplatten der letzten Marschalke von Rauheneck in der Pfarrkirche St. Kilian zu Pfarrweisach belegen, wo auf einer Platte für Hans von Rauheneck exakt die auch hier in Würzburg vorliegende Viererkombination auftritt. Hier ist ein goldener Schild mit einem schwarzen Schrägbalken zu sehen, freilich aus Courtoisie gewendet. Für die von Raueneck wird lt. Siebmacher Band: BayA1 Seite: 86 Tafel: 86 und Schöler Tafel 15, wo beide Familien nicht differenziert werden, jedoch ein silbernes Feld mit schwarzem Schrägbalken angegeben. Einen schwarzen Schrägbalken in Gold führen übrigens auch die Haider zu Ultfeld. Der schwarze Schrägbalken in Silber kommt auch noch bei den Stein von Ostheim vor. Die Helmzier der von Rauheneck und der Marschalk von Rauheneck wäre ein mit dem Schildbild belegter Flug zu schwarz-silbernen Decken, wie er auch auf den erwähnten Platten in Pfarrweisach zu sehen ist. Der dritte Schild für die Großmutter väterlicherseits zeigt das Wappen der Stein vom Altenstein, in Rot drei (2:1) Hämmer mit goldenen Stielen. Burg Rauheneck, Burg Lichtenstein und Burg Altenstein liegen alle drei in engster Nachbarschaft in den Haßbergen rings um Pfarrweisach. Der vierte Schild für die Großmutter mütterlicherseits zeigt das Wappenbild der von Heßberg, gespalten, rechts in Silber drei rote Rosen pfahlweise, links fünfmal silbern-rot geteilt.

Literatur, Links und Quellen:
Genealogien: Herbert Stoyan, WW-Person auf DVD, 11. Auflage, 2013, Degener Verlag, ISBN 978-3-7686-2517-3
J. G. Biedermann: Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach
http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ, http://books.google.de/books?id=_NBDAAAAcAAJ Tafel 110, 186. Bayreuth, 1747
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Burg Rauheneck:
http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Rauheneck_(Ebern) - http://www.diebruenner.de/raueneck.html
Stein vom Altenstein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Altenstein_(Adelsgeschlecht)
Burg Altenstein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Altenstein_(Unterfranken)
von Lichtenstein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lichtenstein_(Adelsgeschlecht)
Burg Lichtenstein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Lichtenstein_(Bayern)
von Heßberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Heßberg_(Adelsgeschlecht)
Truchseß von Wetzhausen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Truchseß_von_Wetzhausen
von Hutten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Von_Hutten
von Rechberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rechberg_(Adelsgeschlecht)
Voit von Salzburg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Voit_von_Salzburg

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