Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2422
Langenschwarz (zu Burghaun, Landkreis Fulda)

Kirche und Schloß Langenschwarz

Im Burghauner Ortsteil Langenschwarz, 12 km nordwestlich von Hünfeld gelegen, befindet sich ein bemerkenswertes historisches Ensemble, das aus zwei rechtwinklig zueinander stehenden, länglichen Einzelgebäuden besteht, die durch ein kleines, gewinkeltes Zwischengebäude miteinander verbunden sind. Es handelt sich um ein ehemaliges, später umgenutztes Schloß aus dem 16. Jh. der Herren von Buchenau, die den Ort seit 1494 als fuldisches Lehen innehatten.

Doch die Herren von Buchenau waren nicht die ersten Besitzer des Ortes: Hier lag der Stammsitz der Herren von Schwarza (1293 Albert von Schwarza), und nach diesen nahmen die von Trümbach, die eigentlich in Wehrda ansässig waren, den Ort in Besitz. Die von Trümbach erwarben 1485 das Gericht hälftig als Pfandbesitz. Doch sie konnten sich nicht auf Dauer im Ort etablieren, und so folgten 1494 die Herren von Buchenau. Am Anfang stand eine Fehde zwischen diesen und dem Abt von Fulda, in deren Verlauf die Buchenauer mit zehnfacher Übermacht den Abt überfallen hatten, der jedoch als Sieger aus der Fehde hervorging. Der Ort war währenddessen zur Wüstung geworden. Nach der Fehde einigten sich die Herren von Buchenau und der Abt, und aus ehemaligen Fehdegegnern wurden Lehensherr und Lehensnehmer.

Beide Bautrakte besitzen ein massives Erdgeschoß und einen Fachwerkoberstock. Aus der ausgiebigen Verwendung von repräsentativem Fachwerk im Schloßbau ergibt sich die kunstgeschichtliche Bedeutung von Langenschwarz. In ähnlicher Weise ist es auch in Ermschwend zu finden. Das Fachwerk des rechten Flügels ist unregelmäßig und einfach, mit Ausnahme der Schnitzereien (Fächerrosetten-Reihung, große Rosette oder Sechspaß, Wappenschild auf Zackenkranz). Auf der Nordseite ist das Fachwerk mit Holzschindeln verkleidet. An der ebenfalls mit geschnitzten Fächerrosetten geschmückten Giebelseite befand sich einst ein Erker, dessen Ansatz man noch erkennen kann. An der Nordseite verdeckt ein Anbau die Fortführung der Fächerrosetten. Zurück zur Südseite: Ein älteres Wappenpaar befindet sich auf dem linken, westlichen Fenster nächst dem Hauptflügel. Das Fenster besitzt ein Karniesprofil, und das Profil endet unten in einer Volute. Die Jahreszahl 1629 und das zwischen die Buchstabengruppen der Inschrift gesetzte Doppelwappen verweisen in die Zeit unter den Herren von Buchenau: „I(OHANN) F(RIEDERICH) V(ON) B(UCHENAU) - A(NNA) E(LISABETH) G(EBORENE) V(ON) B(ERLEPSCH) - 1629“. Die östlichen drei Fenster ohne Gewände stammen aus späterer Zeit.

Das gewendete Wappen für Johann Friedrich von Buchenau zeigt in Gold einen grünen Sittich mit rotem Halsband; die nichtdargestellte Helmzier wäre zu grün-goldenen Decken ein grüner Sittich mit rotem Halsband sitzend vor einem goldenen Flug (Siebmacher Band: BayA3 Seite: 165 Tafel: 115, Band: NaA Seite: 17 Tafel: 23, Band: PrE Seite: 33 Tafel: 26, Band: ThüA Seite: 95 Tafel: 74, Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 58 Seite 153). Das Wappen für seine 1621 geehelichte Frau Anna Elisabeth geb. von Berlepsch, Tochter von Eitel von Berlepsch und Margarete von Berlepsch, zeigt in Gold fünf (2:2:1) grüne, rot behalsbandete Sittiche mit roten Augen und Füßen; die nichtdargestellte Helmzier hätte zu rot-goldenen Decken zwei schräg nach außen geneigte Schäfte oder Stäbe ("Kürißprügel"), besetzt oben mit je einer silbernen Kugel, darauf je ein schwarzer Hahnenfederbusch (Siebmacher Band: He Seite: 4 Tafel: 2, Band: Sa Seite: 7 Tafel: 6, Band: Pr Seite: 34 Tafel: 39, Band: Pr Seite: 85 Tafel: 108, im Münchener Kalender 1915 und Niedersächsische Wappenrolle 2-928).

Das Schloß wurde wegen Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg mehrfach erneuert und umgebaut, zuerst 1629 und danach mindestens zweimal (1713 und 1737) unter den Herren von Langenschwarz, an die das Anwesen in dem genannten Jahr kam. In der Zeit zwischen 1677 und 1688 hatte der Abt von Fulda den Wolf von Gudenberg und anderen Erben der Herren von Buchenau einen Teil der Rechte (wie z. B. ein ritterschaftliches Gericht) abgekauft, um sie neu als Lehen vergeben zu können. Der Begünstigte war ein illegitimer Sohn seines Vizekanzlers Joannis, Johann Ludwig, der geadelt wurde und sich nun von Langenschwarz nennen durfte. Das Dorf war geteilt und bestand aus dem fuldischen Lehen einerseits und einem reichsritterschaftlichen Teil andererseits, und deshalb hatte das Dorf auch zwei Bürgermeister, einen für die "fürstlichen" und einen für die "adeligen", also ritterschaftlichen Untertanen. Johann Ludwig von Langenschwarz hatte Anna Sabina Schallart geheiratet. Es gab erneute Belehnungen in den Jahren 1688 mit dem fuldischen Teil des Dorfes für die mittlerweile verwitwete Anna Sabina von Langenschwarz und 1715 für ihren Sohn Johann Anton. Johann Anton von Langenschwarz ließ das Schloß umbauen, wobei der Nordtrakt 1713 das neue Portal bekam, im selben Jahr das gewinkelte, niedrigere Zwischengebäude errichtet wurde und 1737 der linke Flügel neu gestaltet wurde. Bis 1793 hatten die Herren von Langenschwarz das Fuldaer Lehen inne.

Der auf 1713 datierte Türsturz des hochsitzendes Portals ist wie folgt beschriftet: "J.(OHANN) A.(NTON) V.(ON) V.(ND) Z(V) LANGENSCHWARTZ A.(NNA) M.(ARIA) V.(ERONIKA) G.(EBORENE) V.(ON) BASTHEIM ANNO 1713". Johann Anton von Langenschwarz hatte Anna Maria Veronika von Bastheim geheiratet, die Tochter von Johann Balthasar von Bastheim (1659-1729), hochfürstlich fuldaischer Geheimrat und Oberamtmann in Brückenau, und dessen Frau, Aemiliane Christiane von Buttlar. Anna Maria Veronika von Bastheim hatte noch zwei Schwestern und einen Bruder: Anne Johanne Cunigunde heiratete 1712 Carl Heinrich von Soler, Anne Theresie Christine Juliane heiratete 1717 Johann Gottfried Christoph von Gebsattel zu Sontheim, Lebenhan und Leutershausen, und ihr Bruder Johann Adalbert Benjamin wurde fürstlich-würzburgischer Oberst beim Landregiment und setzte den Stamm fort. Biedermann listet noch zwei weitere Brüder auf, Johann Philipp von Bastheim, Kleriker in Fulda, und Carl Friedrich von Bastheim, fürstlich-fuldaischer Geheimrat, Hofmarschall und Oberamtmann in Brückenau. Das Allianzwappen mit zwei unter einer Krone vereinigten Ovalschilden ist völlig falsch angestrichen, zu den Inhalten siehe unten bei der Besprechung des Hauptflügels, wo die gleichen Wappen erneut auftauchen. Insbesondere erstaunt die rücksichtslose Überpinselung mit falschen Farben, weil gerade hier am Portal korrekte Schraffuren, vertikal für Rot und kariert für Schwarz, deutlich zu erkennen gewesen wären.

Das Fachwerk des linken Hauptflügels weist eine Nahtstelle auf: Während die rechten 22 Einheiten, jeweils drei Gefache hoch, im Brüstungsbereich Schmuckformen mit konkav eingezogenen Rauten aus vier gekrümmten Bändern aufweisen, die ein kleines Rautenfeld mit vier herzförmigen Enden einfassen, und auch sonst aufwendigere Formen besitzen, sind die linken 5 Gefache sehr einfach und sind offensichtlich im 18. Jh. ergänzt worden. Dies ist nicht nur auf der hofseitigen Ostseite, sondern auch auf der straßenzugewandten Westseite wahrzunehmen. Auch die beiden nördlichsten hofseitigen Gefache sind schlichter; hier stand vermutlich früher einmal ein Treppenturm oder war vielleicht auch ein Erker angebracht. Der linke Hauptflügel, der bis 1844 sogar dreigeschossig gewesen sein soll, wurde später zur Kirche umgebaut, wofür im Erdgeschoß auf der Ostseite drei Rundbogenfenster eingesetzt wurden, von denen die beiden rechten auf dem wappengeschmückten Schlußstein auf das Jahr 1737 datiert sind. Ein einst vorhandenes großes Rundbogentor ist als Rest im Mauerwerk neben dem heutigen Kirchenportal zu sehen.

 

Der Schlußstein des mittleren Kirchenfensters trägt das falsch tingierte, gewendete Wappen der Herren von Langenschwarz; korrekt wäre in Rot ein goldener, hersehender Löwe, der in der Rechten ein blankes Schwert, in der Linken eine blaue Schlange hält (Siebmacher Band: He Seite: 17 Tafel: 17). Auch hier wurde vom Anstreichenden die vorhandene Schraffur ignoriert; die nur noch als leichte Erhebung vorhandene Schlange wurde nicht erkannt. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-goldenen Decken der Löwe wie beschrieben wachsend. Der Schlußstein des rechten Kirchenfensters trägt das Wappen der Herren von Bastheim, in Rot ein von Schwarz und Silber im Doppelwolkenschnitt geteilter Querbalken (Siebmacher Band: ThüA Seite: 29 Tafel: 21). Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein roter Flug, darauf ein schrägrechter, von Schwarz und Silber im Doppelwolkenschnitt geteilter Balken. Die Herren von Bastheim hatten als Würzburger Lehnsleute ihren Stammsitz im Dorf Bastheim bei Neustadt an der Saale am Ufer der Els, wovon allerdings nichts mehr vorhanden ist. Das bedeutendste Familienmitglied ist Christoph Karl von Bastheim, Würzburger Geheimer Rat, Kriegsrat und Generalfeldmarschall-Lieutenant (geb. 1648). Im 17. Jh. teilte sich die Familie in die beiden Linien "Schloß Bastheim" und "Haus Bastheim". 1848 starb die Familie aus.

Nach dem Aussterben der Herren von Langenschwarz wurde der ehemals fuldische Teil des Schlosses durch den Staat 1824 an Privatleute verkauft. Die katholische Gemeinde bekam den Seitenflügel. Weiterhin fand die katholische Schule hier Räumlichkeiten. Im Fachwerkgeschoß des Westflügels wohnte der Pfarrkurat, der gleichzeitig Volksschullehrer war. Die Bürger von Langenschwarz kauften 1844 den restlichen Teil des Schlosses und machten das Gebäude zu Wohnungen. 1946 wurden Kirchensaal und Schulraum zusammengelegt, um einen größeren Kirchenraum zu erhalten. Der heutige Eigentümer ist die katholische Kirchengemeinde St. Johannes der Täufer. Der Hauptflügel wurde 1961 im Erdgeschoß umgebaut (Zuschüttung des Kellers, Verlegung des Fußbodens der Kirche auf Erdbodenhöhe) und dient weiterhin als Kirche; der rechte Nebenflügel wurde als Pfarrhaus umgenutzt.

Literatur, Links und Quellen:
Schloß Langenschwarz: http://schloesser.gnm.de/wiki/Langenschwarz,_ehem._Schloss
August Weber: Die Geschichte des Kreises Hünfeld, 1960, S. 37 f.
Erwin Sturm, Die Bau- und Kunstdenkmale des Kreises Hünfeld, Bad 2 der Reihe Die Bau- und Kunstdenkmale des Fuldaer Landes, 1971, S. 207-209
https://de.wikipedia.org/wiki/Langenschwarz
Geschichte von Langenschwarz:
http://www.burghaun.de/fileadmin/user_upload/burghaun.de/Verlinkung/Altkreis_Burghaun/Langenschwarz.pdf
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Nöthige Supplemente zu dem Großen Vollständigen UNIVERSAL LEXICON Aller Wissenschaften und Künste, Welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden, 3. Band (Barc - Bod), Leipzig, 1752, S. 166, online:
https://books.google.de/books?id=23VkAAAAcAAJ
Johann Gottfried Biedermann: Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra
http://books.google.de/books?id=j9JDAAAAcAAJ und https://books.google.de/books?id=OrSH6zqp7mUC - Tafel 6.
Folkhard Cremer, Tobias Michael Wolf (Bearb.): Georg Dehio - Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I: Regierungsbezirke Gießen und Kassel, München 2008
Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen,  Gudensberg-Gleichen 1995

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