Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2472
Langenbrettach (Landkreis Heilbronn)
das Gasthaus zum Lamm in Brettach
Das seit 1705 als Gaststätte betriebene "Gasthaus zum Lamm" in Langenbrettach (Ortsteil Brettach, Hauptstraße 44) weist mehrere sehr schöne Architekturelemente aus dem Manierismus auf. Insbesondere das oberhalb einer großen Freitreppe zu sehende Portal und der rechts davon angebrachte Wappenstein fallen durch ihre Kunstfertigkeit auf; in der Gaststube befinden sich noch zwei Säulenkapitelle aus der Zeit. Leider verschandelt ein moderner weißer Metzgerei-Anbau direkt neben den wertvollen Fassaden-Elementen den Gesamteindruck, so daß sich das Kunsterlebnis auf wenige erhaltene Bauteile beschränkt.
Die Inschrift in der Sockelzone lautet: "AN(N)O DOMINI 1601 MELCHER GREINER". Hinter der Wappenkombination stehen folgende Familienverhältnisse: Philipp Ayermann besaß den landwirtschaftlichen Gutshof, der seit dem ausgehenden Mittelalter als Ayermannshof bekannt war. Seine Tochter, Barbara Ayermann, heiratete am 10.11.1590 Melcher = Melchior Greiner (26.10.1568 bis ca. 1631), der aus Mittelfischbach im Rems-Murr-Kreis stammte und um 1590 nach Brettach gezogen war. Dessen Vater war Hans Greiner (1530-29.11.1611), vermählt mit Margaretha Schäfer; er besaß in Fischbach einen Gutshof und eine Glashütte. Der neue Hofbesitzer in Brettach erneuerte das Gebäude im Jahr 1601 auf dem alten Keller, und aus dieser Zeit stammt auch das schöne Manierismus-Portal, das von zwei oben mit einem Muschelornament abgeschlossenen Sitznischen mit Sitzkonsolen flankiert wird. In der Mitte des Portalbogens befindet sich eine fast horizontal herausragende weibliche Halbfigur mit Halskette, die mit ihren durch ein Ornament hindurchgesteckten Händen das Rollwerk zu ihren Seiten ergreift. Hinter ihrem Kopf trägt ein kleiner Sockel einen Obelisken. Die mit Beschlagwerk verzierten Sichtflächen des Portalbogens tragen in der Mitte jeweils eine Löwenmaske. Das Portal wird oben von zwei kreisrunden Fenstern flankiert.
Heraldisch rechts ist also das Vollwappen Greiner, das nach Siebmacher Band: Bg2 Seite: 51 Tafel: 85 wie folgt tingiert ist: In Rot ein silberner Wellenschrägbalken, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner Noppenglasbecher zwischen einem roten Flug. Man kann in dem dem Vater des Melchior verliehenen Wappen ein redendes Motiv sehen und mutmaßen, daß der Noppenglasbecher sich auf die Glashütte des Vaters bezieht und der Wellenschrägbalken auf den Ort seiner Herkunft, Fischbach. Das Wappen wird auch im Rietstap beschrieben (de gueules à la bande ondée d'argent. Cimier un verre d'argent entre un vol de gueules), zusammen mit einer gevierten Version, die das Stammwappen in den Feldern 1 und 4 hat und in den Feldern 2 und 3 in Rot eine gesichtete Mondsichel (écartelé de gueules plein et de gueules au croissant figuré et tourné d'argent à la bande ondée d'argent brochant sur les écartelures. Cimier un gobelet entre un vol l'aile dextre taillée d'argent sur gueules, l'aile senestre tranchée de gueules sur argent).
Heraldisch links befindet sich nur ein Wappenschild für Barbara Ayermann, ohne Oberwappen, was zu einem gestalterischen Mißverhältnis zwischen beiden Wappen führt. Der Schild trägt eine Melusine, beide Schwänze sind aber wie vollständige Fische gestaltet, und die menschliche Oberhälfte ergreift mit ihren Händen die Schwänze (ohne Literaturbeleg, Tinkturen unbekannt, Hinweise willkommen). In Farbe findet man diesen Schild auf dem Gemälde mit der Familie Greiner, dort ist der Schild golden, die Melusine naturfarben, und dort ist die Zuordnung zu "Barbara" eindeutig getroffen. Vor Melchior Greiner ist auf dem Gemälde jedoch ein gänzlich anderer Schild zu sehen. Barbara Ayermann (26.7.1573-) war die erste Frau von Melchior Greiner; nach ihrem frühestens 1606 erfolgten Tod heiratete er noch zweimal. Am 14.2.1609 ehelichte Melchior Greiner Euphrosine Kreiboldt aus Jagsthausen. Von seiner dritten Frau ist nur der Vorname Agathe bekannt. Aus seinen drei Ehen hatte er 17 Kinder, 7 mit Barbara Ayermann und 10 mit Euphrosine Kreiboldt.
Zu Zeiten von Melchior Greiner und seiner Frau wurde der Hof noch als landwirtschaftlicher Betrieb geführt. Erst Peter Sannwald, Metzger aus Eberstadt, funktionierte den Hof zu einer Gastwirtschaft um. Er heiratete 1705 Anna Rosina Kuch, die Witwe eines Handelsmannes aus Öhringen. Zeitweise war das Gebäude auch Poststation. Seit 1921 wird der Gasthof mit Metzgerei von Familie Häußermann betrieben, welche die Familie Greiner zu ihren Vorfahren zählt, erst von Wilhelm Häußermann und seiner Frau Wilhelmine, danach von Willi Häußermann und aktuell in der dritten Generation von Udo Häußermann.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@49.2248949,9.381767,18.96z - https://www.google.de/maps/@49.2248949,9.381767,159m/data=!3m1!1e3
Waltraud Langer: Wie aus dem Bauernhof ein Gasthaus wurde,
Artikel in der Heilbronner Stimme vom 15.9.2009: http://www.stimme.de/archiv/kocher-jagst/sonstige-Wie-aus-dem-Bauernhof-ein-Gasthaus-wurde;art1908,1643039
Kurt Simpfendörfer, Herbert Schlegel: Das Gasthaus zum Lamm in
Brettach - Erbauer, Eigentümer und Geschichte, in: Rückblicke -
heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt, Nr. 57, 58, 59, 09/1997
Gasthaus Lamm: https://de.wikipedia.org/wiki/Gasthaus_Lamm_(Langenbrettach)
Genealogie nach Peter Bohrer: http://www.genealogie-bohrer.de/tng/getperson.php?personID=I44707&tree=Bo
https://gw.geneanet.org/flogni22?lang=en&p=barbara&n=ayermann
Walter Greiner: Zur Familiengeschichte der GREINER", Band 2,
Stammschemen und Stammtabellen
Glasbläserfamilie Greiner: https://de.wikipedia.org/wiki/Greiner_(Glasbläser)
Brettacher Kirche: http://www.simpfendoerfer.de/gemeinde/kirche.htm
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 286
das Chanowsky-Schlößchen in Brettach
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