Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2606
Nastätten (Rhein-Lahn-Kreis)

Sohlernscher Hof (Klingelbacher Hof) in Nastätten

Der ca. 1490-1495 erbaute Klingelbacher Hof in der Borngasse 12, ein einst freiadeliges Hofgut, trägt seinen Namen nach Junker Reinhard von Klingelbach. Dieser hatte den Hof aber erst 1610 für 1950 fl. erworben. Davor war er ein Klostergut des Zisterzienserinnenklosters Affolderbach nahe Miehlen. Zeitweise war der Hof an Adam von Kirdorf verpachtet. 1544 kam der Hof an das Benediktinerinnenkloster Walsdorf bei Idstein. Und von diesem kauften es die Herren von Klingelbach, in deren Besitz das Anwesen 80 Jahre lang blieb. Die Nutzung war eine landwirtschaftliche, aber mit entsprechenden Privilegien als Freihof. Er wurde 1690 für 3500 Reichstaler an Anton von Sohlern verkauft, von diesem anschließend im barocken Stil zum Herrenhaus umgebaut und gehörte bis 1840 der Familie von Sohlern. Nach den neuen Eigentümern wurde der Hof nun als Sohlernscher Hof bekannt.

Das weit zurückgesetzt von der Straße liegende zweigeschossige Herrenhaus ist 30 m breit, 11 m tief und 9 m hoch. Interessant ist einerseits, daß der konstruktive Kern des Hofes nach wie vor Fachwerk blieb und die Barockisierung diese Tatsache unter Putz versteckte. Andererseits sind die Fassadengestaltung und die Proportionen interessant, denn sie weisen große Ähnlichkeiten mit dem Schloß in Montabaur auf. Das ist durchaus im Bereich des Möglichen, denn Schloß Montabaur wurde vom Dienstherrn des Anton von Sohlern erbaut, dem Trierer Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck. Der kurtrierische Hofarchitekt Johann Christoph Sebastiani kann also gut die Pläne zum Umbau des Klingelbacher Hofes geliefert haben.

Aus Anlaß des Umbaus ließ Anton von Sohlern (1633-1716) sein Wappen nebst der Datierung auf das Jahr 1692 am neuen, von zwei Säulen flankierten Portal anbringen, in der Form eines Ehe- oder Allianzwappens mit dem seiner Frau Margaretha Magdalena von Sinneren, positioniert im gesprengten Segmentbogengiebel. Das Wappen der von Sohlern, hier die heraldisch rechte Kartusche, wird beschrieben im Siebmacher Band: Na Seite: 10 Tafel: 10. Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzer Adler, Feld 2 und 3: in Rot ein silberner Löwe. Alle Tiere sind einwärts gekehrt. Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, die hier am Portal zugunsten einer Rangkrone weggefallen sind: Helm 1 (rechts): zu schwarz-silbernen Decken ein schwarzer Adler, Helm 2 (links): zu rot-silbernen Decken ein silberner Löwe.

Die Familie von Sohlern wurde mit Diplom vom 9.3.1690 von Kaiser Leopold I. (9.6.1640-5.5.1705, reg. 1658-1705) geadelt mit dem Prädikat "edle Herrn von Sohlern und der Münda". Der Begünstigte war der in Siegen geborene Anton Sohlern (-1716), nun von Sohlern, kurfürstlich trierischer geheimer Rat, Verwalter der kurtrierischen Ämter Boppard und Montabaur, ab 1675 kurfürstlicher Hofgerichtsdirektor und Diplomat in kurfürstlichen Diensten. Später wurde er Vizekanzler, dann Hofkanzler. Er begründete den Reichtum der Familie und erwarb mehrere Adelshöfe, darunter das Hilchenhaus in Lorch und den Klingelbacher Hof in Nastätten, neben etlichen weiteren Gütern. Anton von Sohlern war mit Margaretha Magdalena von Sinneren (von Synerine) verheiratet und hatte drei Söhne, welche die geerbten, ausgedehnten Besitzungen unter sich aufteilten und jeweils eigene Linien zu Graroth (Anton d. J. von Sohlern-Graroth, 1665-12.7.1729), zu Lorch (Karl Heinrich von Sohlern-Lorch, -1757) und zu Nastätten (Johann Hugo von Sohlern-Nastätten, -1732) gründeten. Diese drei Linien-Gründer bedienten sich nun des freiherrlichen Titels.

In Nastätten begann die Genealogie der dortigen Linie mit Johann Hugo von Sohlern (-1732), Sohn der beiden hier mit Wappen vertretenen Eheleute, und er war vermählt mit Maria Anna von Dietz. Die Familie nahm nun ständig Wohnsitz im ehemaligen Klingelbacher Hof. Einer der beiden Söhne aus dieser Ehe war Johann Hugo Franz (14.6.1720-12.6.1771), vermählt mit Anna Katharina von Holzfeld. Aus dieser Ehe entsprossen zwei Söhne, Anton Joseph Ferdinand von Sohlern (Nachkommen) und Franz Philipp Gregor von Sohlern (24.4.1761-12.6.1789, unvermählt). Nachkommen des ersteren zogen im 19. Jh. auf den Johannishof in der Nähe des unterfränkischen Bad Königshofen. Edgar Freiherr von Sohlern kaufte 1875 Burg Gößweinstein, die er neugotisch umbauen ließ und wo die Familie bis 2013 lebte. Der letzte Burgherr aus der Familie war Michael Freiherr von Sohlern (-2013).

Das Wappen auf der anderen Seite ist das Ehefrau des Käufers und Umbauers und der Mutter des Liniengründers, Margaretha Magdalena von Sinneren (von Synerine). Die Schildkartusche zeigt einen Sparren über einem balkenweise gelegten Pfeil, letzterer überdeckt von einer Lilie. Die Tinkturen und das zugehörige Oberwappen sind unbekannt; das Wappen ist nicht in den Standardsammlungen enthalten.

In den Stuckverzierungen des großen Saales ist ebenfalls ein Vollwappen der Freiherren von Sohlern mit beiden Helmen und Kleinoden zu sehen (ohne Abb.). Ein weiteres Mal ist das Wappen der von Sohlern an der Außenwand der in der Parallelstraße stehenden katholischen Pfarrkirche in Nastätten zu sehen (ohne Abb.); die Platte erinnert an Anton II. Joseph von Sohlern und hat neben dem Vollwappen 4 Ahnenwappen, seine elterlichen optisch links oben und unten, die der Eltern seiner Frau Maria Angela von Cratzenbach optisch rechts oben und unten.

Die gleiche Konstellation sehen wir in anderer Anordnung auf einer zweiten Platte für Anton d. J. von Sohlern-Graroth (1665-12.7.1729), kaiserlicher Rittmeister, in der Kirche Sankt Peter und Paul, Eltville, wo es im südlichen Seitenschiff an der Westwand zu finden ist (ohne Abb.). Dort wird das Zentrum von einem Ehewappen von Sohlern und von Cratzenbach gebildet, und die Eltern des Ehemannes sind jeweils rechts und links oben zu finden, die Eltern der Ehefrau jeweils unten. Dort, optisch rechts oben, ist das Wappen "V. SYNERINE" jedoch ungenau und abweichend mit einem gleichschenkligen, gefensterten Dreieck dargestellt, das auf der Hypotenuse mit einer Lilie belegt ist, vermutlich in Unkenntnis der korrekten Darstellung, wie wir sie dreimal in Nastätten finden können, einmal am Herrenhaus außen, einmal im Deckenstuck innen und einmal an der kath. Kirche.

Nachdem der Sohlernsche Hof 1840 verkauft worden war, wurde das Grundstück durch Verkauf von Baugrundstücken erheblich verkleinert. Der Kreis St. Goarshausen kaufte das Anwesen 1897 und richtete dort ein Altenheim ein. 1921 wurde die Paulinenstiftung neue Eigentümerin des Anwesens. Auch sie nutzte den Hof als Altenheim und Krankenhaus. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfiel das Haus, das nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war, zeitweise wurde sogar der Abriß erwogen, das konnte glücklicherweise durch private und öffentliche Initiativen verhindert werden. Das Gebäude wurde 1980 unter Denkmalschutz gestellt. In den 1990er Jahren fand eine Grundsanierung und Modernisierung durch den neuen privaten Eigentümer statt. Die Räumlichkeiten, die in den großzügigen, hohen Zimmern noch reichhaltige Stuckverzierungen besitzen, werden als Mietwohnungen genutzt (acht Parteien, teilweise gewerblich).

Übrigens gibt es noch eine Querverbindung: Die Tochter des hier durch das eheliche Wappen repräsentierten Paares, Clara Katharina Eleonora von Sohlern (17.9.1674-28.1.1704), Schwester der drei Liniengründer, hatte den Eisenhüttenbesitzer Johann Franz von Marioth (1.12.1663-18.3.1726) geheiratet. Ihr Wappen taucht als Teil eines Ehewappens sowohl über dem Portal von Schloß Langenau als auch am Epitaph des Ehemannes in der Klosterkirche Arnstein auf.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.2016557,7.8566425,20z - https://www.google.de/maps/@50.2016557,7.8566425,68m/data=!3m1!1e3
von Sohlern auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sohlern_(Adelsgeschlecht)
Grabplatte in Eltville:
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/MU3CWWVWZV6ZHLX4V37B5SMMBDW37WMX - https://iiif.deutsche-digitale-bibliothek.de/image/2/f96bc434-09b5-4b6a-ac75-7ce4409fd216/full/!800,600/0/default.jpg
Grabplatte an der katholischen Kirche Nastätten:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Grabmal_des_Antonius_Joseph_von_Sohlern_zu_Nast%C3%A4tten_und_seiner_Frau.jpg
Geschichte des Sohlernschen Hofes auf der Kulimag Immobilienbetreuung:
https://web.archive.org/web/20131103091359/http://www.kulimag.de/na/nastaetten.html
Kulturelle Entdeckungen Nassau, hrsg. von der Nassauischen Sparkasse, Naspa, und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, Verlag Schnell & Steiner, 2012, ISBN 978-3-7954-2648-4, S. 134-135

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2020
Impressum