Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2608
Obernhof an der Lahn (Rhein-Lahn-Kreis)

Klosterkirche Arnstein, Abt Nikolaus Matzenbach

Kloster Arnstein ist eine ehemalige Prämonstratenserabtei, die bei Obernhof hoch über dem Lahntal liegt. Sie ist hervorgegangen aus einer Burg der Herren von Arnstein, Grafen des Einrichgaus. Ludwig III. von Arnstein war der letzte Graf, und er wandelte zusammen mit seiner Frau, Guda von Baumburg, 1139 seine Burg in ein Kloster um. Das Stifterehepaar trat zusammen mit sechs ihrer Ministerialen und deren Familien in das Stift ein. Beide Stifter sind in der Kirche begraben. Das wirtschaftliche Fundament des Klosters waren bis zur Säkularisation im wesentlichen die Eigengüter der Stifterfamilie.

Die Abtei wurde am 23.10.1802 aufgelöst. Der säkularisierte Besitz fiel an das fürstliche Haus Nassau-Weilburg, dann ab 1816 an das Herzogtum Nassau. 1817 verkaufte die nassauische Regierung Kirche und Kloster auf Abbruch. Zum Glück wurde von der Kirche nur das Querschiff 1815 abgerissen, aber 1885 gotisierend wieder aufgebaut. Der Kreuzgang wurde 1818 niedergelegt. Danach folgten etliche Versuche zur Wiederbelebung der klösterlichen Tradition: 1869-1871 waren hier Benediktiner aus Beuron. Sie gaben wegen Nachwuchsmangel und Baufälligkeit der Anlage auf. Dann kamen 1919-2018 die Arnsteiner Patres, die zur Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens gehören. Sie gaben, völlig überaltert und ohne mönchischen Nachwuchs, angesichts der finanziellen Belastungen und personellen Engpässe Ende 2018 auf und zogen sich in ein Haus in Koblenz neben der Jesuitenkirche zurück. Seit 2019 zogen griechisch-orthodoxe Schwestern in das viel zu große Kloster im Eigentum des Diözese Limburg.

Die sehr sehenswerte Klosterkirche, eine dreischiffige Pfeilerbasilika, wurde in der heutigen Form im Zuge einer Vergrößerung unter Abt Wilhelm von Staffel 1360 vollendet und ist im sogenannten Rheinischen Übergangsstil, auch Staufische Romanik genannt, erbaut. Innen befinden sich ein sehr schönes Doppelepitaph (separates Kapitel), mehrere Einzel-Epitaphien (separates Kapitel) und mehrere Wappen desjenigen Abtes, der die barocke Ausstattung der Kirche schuf.

Grabplatte von Abt Nikolaus Matzenbach
Die Grabplatte für Abt Nikolaus Matzenbach befindet sich auf der Nordseite des Chores der Klosterkirche der ehemaligen Prämonstratenserabtei Arnstein, wo sie neben der des Abtes Wilhelm von Staffel in die Wand eingelassen ist. So sieht man nebeneinander die Platte desjenigen Abtes, der die Kirche gotisch verändert hat, und rechts daneben die Platte desjenigen Abtes, der für die barocke Ausstattung verantwortlich war. Im oberen Teil der Platte ist eine Wappenkartusche angebracht, sie ist gespalten, heraldisch rechts das Klosterwappen mit dem von Sternen umgebenen Löwen, links das persönliche Wappen des Abtes mit drei Sternen, drei Herzen und einer gesichteten Mondsichel. Nikolaus Matzenbach war der letzte große Abt von Arnstein, und nach ihm begann der Niedergang der Abtei.

 

Die Inschrift besagt: "ANNO DOMINI 1760 DIE / 21 OCTOBRIS PIE OBIIT REVE/RENDISSIMUS DOMINUS / NICOLAUS MATZENBACH / ANNORUM 68, ET PER / TRIGINTA ANNOS ABBAS / ARNSTEINENSIS D(OMI)NUS TERRITORIALIS / IN WINDEN WEINAEHR SEELBACH ET / KALCHHOFEEN FUNDI D(OMI)NUS IN OBER/DIEFFENBACH CUYUS A(NIM)A R(EQUIESCAT) I(N) P(ACE)".

Dieser Abt verstarb also am 21.10.1760, nachdem er 30 Jahre lang dem Kloster als Abt vorgestanden hatte. Er starb in seinem 68. Lebensjahr. Als Arnsteiner Abt war er Territorialherr in mehreren Ortschaften. Kloster Arnstein besaß in ca. 200 Orten Höfe, Grund oder Rechte. Der Schwerpunkt des Besitzes lag im Gebiet der Lahn und im Westerwald, dazu kam noch Fernbesitz in der Pfalz und im heutigen Rheinhessen. Erwähnt werden in der Inschrift Winden, Weinähr, Seelbach und Kalkofen, wo der Abt Landesherr war, und Obertiefenbach, wo er Grundherr war.

Barock-Kanzel von Abt Nikolaus Matzenbach
An der Nordwand des Langhauses befindet sich die aus Holz geschnitzte barocke Kanzel der Klosterkirche. Ebenso wie der Hochaltar ist sie ein Werk von Wilhelm Preuß. Die Kanzel wurde 1757 angefertigt. Besonders aufwendig ist der Schalldeckel gearbeitet, wo man zwischen Putten die Symbole der vier Evangelisten erkennt. An der Rückwand der Kanzel ist ein holzgeschnitztes Doppelwappen angebracht.

Es zeigt heraldisch rechts das Klosterwappen von Arnstein, einwärts gewendet, in Blau ein goldener Löwe, umgeben von neun roten, fünfzackigen Sternen. Auf der heraldisch linken Seite zeigt die Kartusche das persönliche Wappen des Abtes Nikolaus Matzenbach (amtierte 1730-1760), in Blau eine gesichtete, abnehmende (mit den Spitzen nach links gerichtet) Mondsichel, drei (2:1) rote, fünfzackige Sterne über drei (2:1) roten Herzen einschließend, inhaltlich identisch mit dem Wappen auf seinem zuvor beschriebenen Grabstein.

Detailvergrößerung des Abtswappens. Es lassen sich einige Unterschiede im Vergleich zum Wappen auf der Grabplatte feststellen: Hier sind die Sterne fünfzackig, auf der Grabplatte sechszackig. Die Anzahl ist gleich. Auf der Grabplatte ist der Löwe gekrönt, hier nicht. Hier schließt die Mondsichel Sterne und Herzen ein, auf der Grabplatte nur die Herzen, während die Sterne über der oberen Spitze der Mondsichel zu liegen kommen.

das Wappen im Kontext.

Ein Detail ist bei allen dreien hier vorgestellten Wappen dieses Abtes interessant: Krummstab - absolut normal bei Abtswappen. Inful - üblich bei infulierten Äbten. Aber das gestürzte Schwert, dessen Griff auch hier an der Kanzel heraldisch links hinter dem Schild hervorschaut? In der Tat war der Abt von Kloster Arnstein in einigen Territorien Landesherr. Es waren zwar nur ein paar kleine Dörfchen, aber Landesherr ist eben Landesherr. Sehr zum Verdruß Kurtriers, welches die Abtei immer wieder mit diversen Intrigen ihrer Landeshoheit berauben wollte und die Abtei zu kostspieligen Prozessen vor dem Reichskammergericht zwang. Das Schwert als Zeichen der weltlichen, also der landesherrlichen Gewalt ist stolzes Symbol des selbstbewußten Abtes, der es mit Kurtrier zur Behauptung seiner Rechte aufnahm. Die Eigenschaft des jeweiligen Abtes als Landesherr war auch insofern bedeutsam, als der Landesherr die Religion der Untertanen vorgab. Durch die Reformation wurde das Umland protestantisch, nur die Dörfer, in denen der Abt Landesherr war, blieben katholisch: Cuius regio, eius religio.

Schalldeckel der barocken Kanzel.

Brüstung der Kanzel mit asymmetrischen Rocaille-Formen.

Triumphbogen des Westchors
Am Triumphbogen des Westchors ist ebenfalls das Wappen von Nikolaus Matzenbach angebracht, allerdings erweitert um das persönliche Wappensymbol seines Nachfolgers. Heraldisch rechts ist der von Sternen umgebene Löwe des Klosterwappens zu sehen. Die heraldisch links Kartusche ist geteilt, oben sehen wir die Mondsichel, die Sterne und Herzen von Abt Nikolaus Matzenbach. Darunter sehen wir ebenfalls in Blau einen aus dem linken Schildrand hervorkommenden Arm, der einen Krummsäbel hält. Hinter der rechten Kartusche ragt der Abtsstab hervor, hinter der linken ein gestürztes Schwert. In der Mitte schwebt eine Inful über den Rocaille-Ornamenten. Die Inschrift zeigt durch ihre Wortwahl an, daß der Amtsnachfolger Joseph Seul dieses Wappen zu Ehren seines Vorgängers hat anbringen lassen, der einen Großteil der Klostergebäude erneuert hatte und die Kirche barock ausstatten ließ: "CERNE REPARATA AB HONORANDISSIMO ABBATE ARNSTEINENSI NICOLAO". Und dann hat er gleich sein eigenes Wappensymbol im geteilten Schild unten hinzugefügt. Die Farben weichen von denen an der Kanzel ab, weil hier alle Sterne und Herzen golden angestrichen sind.

Liste der Äbte von Kloster Arnstein
unter Hervorhebung des hier mit Wappen vertretenen Abtes

Löwenwappen am Hochaltar. Abt Nikolaus Matzenbach stattete die Kirche nicht nur mit einer neuen Kanzel, sondern auch mit einem neuen Hochaltar aus, der 1760 entstanden ist. Er ist ein Werk von Wilhelm Preuß aus Beselich-Obertiefenbach. Es ist zu vermuten, daß hier das Klosterwappen dargestellt werden sollte, aber irgendwann unrichtig angestrichen wurde.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.3100748,7.8509433,17z - https://www.google.de/maps/@50.3104253,7.8515956,115m/data=!3m1!1e3
Norbert Backmund: Monasticon Praemonstratense I/1: Id est Historia Circariarum atque Canoniarum Candidi et Canonici Ordinis Praemonstratensis, Tomi Primi, Editio Secunda, Pars Prima, Walter de Gruyter, Berlin 1983, ISBN 3-11-008917-3, S. 172-175 -
https://books.google.de/books?id=zXpdDwAAQBAJ
Kloster Arnstein bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Arnstein
Kloster Arnstein im rheinland-pfälzischen Klosterlexikon:
https://www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/obernhof-praemonstratenserabtei-arnstein/religioeses-und-spirituelles-wirken.html - Besitzgeschichte: https://www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/obernhof-praemonstratenserabtei-arnstein/besitzgeschichte-und-wirtschaftsordnung.html - Geschichte: https://www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/obernhof-praemonstratenserabtei-arnstein/geschichtlicher-abriss.html - Bau- und Kunstgeschichte: https://www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/obernhof-praemonstratenserabtei-arnstein/bau-und-kunstgeschichte.html
P. Egon Wagner: Kloster Arnstein an der Lahn, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 1. Auflagw 2007, ISBN 978-3-7954-6644-2
Bruno Krings: Das Prämonstratenserstift Arnstein a. d. Lahn im Mittelalter (1139-1527), Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau, 738 S., Selbstverlag der Kommission, Wiesbaden 1990, ISBN-10: 392224484X, ISBN-13: 978-3922244844
Dr. Becker: Das Necrologium der vormaligen Prämonstratenserabtei Arnstein an der Lahn, Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung, 16. Band 1881
https://archive.org/download/annalendesverein16vere/annalendesverein16vere.pdf - https://www.dilibri.de/urn/urn:nbn:de:0128-1-2762
Burg Arnstein auf Ebidat:
http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=694

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