Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2626
Penig (Landkreis Mittelsachsen)

Das Rathaus von Penig

Das Rathaus von Penig (Mandelgasse 20) wurde 1538-1546 durch Baumeister Caspar aus Chemnitz erbaut, 1632 von einem kaiserlich-österreichischen Armeekorps niedergebrannt und danach wieder mit einem weiteren Geschoß aufgebaut, 1711 bei einem Stadtbrand abermals bis auf die Grundmauern niedergebrannt und 1717 in der ursprünglichen Form durch den Peniger Zimmermeister Gottfried Otto wiederaufgebaut. 1922 erhielt der Bau seine Zwerchgiebel. 1993-1996 wurde der Bau außen und innen umfassend saniert. Das Rathaus besitzt eine Portalanlage im Stil der sächsischen Frührenaissance, bestehend aus drei Rundbogenportalen aus rötlichem Stein (Hilbersdorfer Porphyrtuff) nebeneinander, die von insgesamt vier hell abgesetzten Säulen auf hohen Basen flankiert und voneinander getrennt werden. Die profilierten Bögen der Portale gehen im Bereich der Kämpfer in stilisierte Delphinköpfe über. Der rechte Durchgang führte in einen tonnengewölbten Gang zu einem der alten Rathauseingänge und weiter in den Keller. Wohin der linke Durchgang ursprünglich führte, läßt sich nicht mehr rekonstruieren. Der mittlere Durchgang war jedenfalls der wichtigste, der in die Ratsstuben im Obergeschoß hinaufführte.

Über den Säulenkapitellen zieht sich ein Gesims über die gesamte Breite der Portalanlage. Auf den beiden seitlichen Teilen trägt ein halbkreisförmiger Aufsatz ein Rosenwappen, datiert auf das Jahr 1546 und von zwei Personen in zeittypischem Rock gehalten. Das ist das Stadtwappen von Penig, in Silber eine rote Rose mit einem goldenen Butzen und fünf grünen Kelchblättern. Die Rose leitet sich ab von den Burggrafen von Altenburg, die um 1240 die Herrschaft über die Gegend von Penig und Rochsburg übernommen hatten und die Stadt Penig gegründet hatten. Die gleiche Rose der Burggrafschaft Altenburg führt auch die Stadt Altenburg selbst in ihrem noch etliche weitere Figuren enthaltenden Wappen. Die Rose der Burggrafen von Altenburg ist auch am Renaissance-Schloß in Penig über einem Portal am Seitenflügel zu finden. Die Reliefs am Rathaus sind allerdings Kopien aus dem Jahr 1939. Die rechte Kopie wurde der linken ganz gleich gestaltet und ersetzte eine geänderte Wappentafel von 1837, die etwas anders gestaltet war; die Schildhalter hielten den Schild nur mit einer Hand, während sie in der anderen Hand Schwert und Waage hielten, Symbole der Gerechtigkeit, entsprechend dem neuen Stadtsiegel von 1833. Als man 1939 das Portal etwas zu puristisch restaurierte, wurde die Zutat beseitigt und der eine Stein nach dem Vorbild des anderen gestaltet.

Das mittlere Portal hebt sich in seiner Gestaltung von den beiden äußeren ab. Zwei weitere Kapitelle über den beiden mittleren Säulen tragen ein zweites Gesims. Dazwischen erinnert eine Tafel an die Erneuerung der Reliefs 1939. Darüber rahmt ein Kleeblattbogen das Wappen der Burggrafen von Leisnig, die seit 1323 mit Otto I. Ortsherren waren. Die Familie von Leisnig waren Burggrafen auf Burg Leisnig bzw. Mildenstein in Sachsen. Otto I. von Leisnig war ein Schwiegersohn des Altenburger Burggrafen Albrecht IV., dessen einziges Kind Elisabeth er geheiratet hatte. Deshalb erbte er 1329 die Privatgüter der Burggrafen von Altenburg, die Herrschaft Rochsburg mit Penig und Rochsburg. Im 14. Jh. mußten sich die Burggrafen von Leisnig den Wettinern unterwerfen. Im Jahre 1364 verkauften die Burggrafen die Herrschaft Waldheim an Friedrich von Schönburg, und 1365 mußten sie die Herrschaften Leisnig und Mutzschen an die Wettiner veräußern, nachdem es eine kurze militärische Auseinandersetzung mit den Wettinern gegeben hatte. 1485 kam Leisnig an die ernestinische Linie. Als Folge des verlorenen Schmalkaldischen Krieges kam Leisnig danach an die albertinische Linie. Was den Burggrafen von Leisnig blieb, war der Besitz an Penig und Rochsburg. Die Brüder Otto II. und Albrecht VIII. von Leisnig teilten im Jahre 1436 die bisher gemeinsam verwaltete Herrschaft Rochsburg. Albrecht VIII. erhielt dabei den Rochsburger Teil, verkaufte ihn aber wegen Geldnot 1448 an Heinrich zu Gera. Otto II. erhielt bei der Teilung der Herrschaft Rochsburg den Peniger Teil, der als 1436 neugeschaffene Herrschaft Penig bis 1538 der letzte Familienbesitz blieb. Zur Herrschaft Penig gehörten die Dörfer Langenleuba, Meusdorf, Markersdorf, Jahnshain, Wernsdorf, Obergräfenhain, Steinbach, Mühlau, Zinnberg, Tauscha, Nieder- und Mittelfrohna, Göppersdorf, Reizenhain und Taura.

Der letzte Burggraf von Leisnig war Hugo (21.6.1465-21.3.1538). Seine Tochter Amalie von Leisnig (1.7.1508-) hatte Ernst III. von Schönburg (1486-12.9.1534) zu Glauchau und Waldenburg geheiratet, herzoglich sächsischer Oberster Kriegsrat, Generallieutnant und Premierminister. Nach dem Erlöschen der Burggrafen im Mannesstamm fiel die Burggrafschaft zunächst heim an die Wettiner, welche 1543 das Haus Schönburg damit belehnten. 1547 folgte die Belehnung des Hauses Schönburg mit Rochsburg (Kauf 1548). Die Schlüsselheirat ist heraldisch an Schloß Hinterglauchau dargestellt. Beide Herrschaften blieben wettinische Lehen.

Ernsts Sohn Wolf II. von Schönburg-Glauchau (30.10.1532-18.9.1581) war seit 1566 Herr zu Penig, Wechselburg und Rochsburg. Er gründete nach seiner Heirat mit Anna Schenk von Landsberg (-13.9.1568) die Untere Linie der Schönburger. Seine Enkel spalteten sich in die Zweige zu Penig-Rochsburg und zu Wechselburg. Die Glauchauer Hauptlinie erlosch 1610, so daß die Untere Linie jetzt auch die Herrschaft Glauchau übernahm. Der Penig-Rochsburger Zweig übernahm Forderglauchau, der Wechselburger Zweig Hinterglauchau.

Das Stammwappen der Burggrafen von Leisnig ist golden-rot gespalten, auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken ein Paar Büffelhörner, das rechte golden, das linke rot. So wird es im Berliner Wappenbuch dargestellt. Die Familie führte zwei verschiedene Wappen, die nachher kombiniert wurden. Das Wappen, das im Berliner Wappenbuch erscheint, das mit der Spaltung, ist im Siegel des Burggrafen Albero von Leisnig an einer Urkunde vom Jahre 1294 überliefert (Gustav Adelbert Seyler: "Geschichte der Heraldik"). Das andere Wappen ist der goldene Schild mit einem schwarzen Schrägbalken, beiderseits begleitet von schwarzen Schindeln. Dieses Wappen wurde in das Stadtwappen Leisnig übernommen.

So sind von Burggraf Heinrich (1341-1394) vier verschiedene Wappensiegel überliefert. Aus der Zeit 1341-1355 stammt ein Siegel mit dem gespaltenen Schild. Von 1348 und aus dem Zeitraum 1357-1362 stammt je ein Siegel mit dem Schrägbalken-Schindeln-Wappen. Und das vierte Wappen aus dem Jahr 1371 zeigt wieder den gespaltenen Schild. Das läßt den Schluß zu, daß das gespaltene Wappen das ältere, familienbezogene Wappen ist. Das Schrägbalken-Schindeln-Wappen hat einen starken Zusammenhang mit dem Burggrafentum Leisnig und wurde, da es mittlerweile auch territoriale Bedeutung erlangt hatte, aufgegeben, als man es den Wettinern hatte verkaufen müssen.

Weitere Nachweise für das gespaltene Wappen sind zu finden im Siebmacher Band: Si3 14 (Linsneck), A 228-229, Grünenberg (608), Wappenbuch St. Gallen (729), Armorial Lyncenich (83 graf von lysenich), Ulrich Richental's Chronik des Konzils zu Konstanz (780 graff albrecht zu linsing), Donaueschinger Wappenbuch (155), Virgil Rabers Neustifter Wappenbuch (761) und im Wappenbuch De Ministerio Armorum al. Libro de Arautos (244). Das Wappen wird auch im Sächsischen Stammbuch abgebildet ("Burgg. zu leyßneck"), es zeigt dort einen rot-golden gespaltenen Schild.

Für den letzten Burggrafen, Hugo von Leisnig, ist aber noch einmal das Schrägbalken-Schindeln-Wappen belegt. Hier sehen wir eine Drei-Inhalte-Kombination für den letzten Burggrafen von Leisnig: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer Schrägbalken, beiderseits begleitet von schwarzen, schräggeschnittenen Schindeln, Feld 2 und 3: rot-golden gespalten, Herzschild: ein gekrönter Löwe (Bedeutung und Tinkturen unklar). Dazu werden drei Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm ein Paar Büffelhörner, das rechte golden, das linke rot, die beide oben von einer goldenen Krone umfaßt werden (zu Feld 2 und 3), Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm ein Schaft mit einem runden goldenen Schirmbrett, belegt mit dem schwarzen Schrägbalken und den Schindeln, ringsum von Pfauenspiegeln besteckt (zu Feld 1 und 4), Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm ein Flug. In ähnlicher Form ist das Wappen am Schloß Hinterglauchau zu sehen. In dieser Kombination von drei Inhalten benutzte Hugo von Leisnig das Wappen auch für seine Siegel im Zeitraum 1485-1493.

Exkurs: Einen Widerhall des Wappens der Burggrafen von Leisnig findet man in dem der von Rantzau. Diese schleswig-holsteinische Familie, die einen silbern-rot gespaltenen Schild als Stammwappen führt, tritt zwar urkundlich erstmals 1226 mit dem Ritter Johann Ranzow auf. Dennoch "weiß" die Familienlegende, daß vom Stammvater Cuno jener Wiprecht von Groitzsch abstammte, der im 11. Jh. mit der Burggrafschaft Leisnig belehnt wurde. Ein Abkömmling von Heinrich Burggraf von Leisnig, Otto II., ging 1140 wieder nach Holstein und nahm den Namen Rantzau an und erbaute den gleichnamigen Herrensitz. Die Familienlegende geht also davon aus, daß die von Rantzau von den Burggrafen von Leisnig und den Markgrafen der Lausitz abstammen. Deshalb führen die von Rantzau folgendes vermehrtes Wappen: Geviert mit gekröntem Herzschild, Feld 1 und 4: silbern-rot gespalten (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Gold ein schwarzer Schräglinksbalken begleitet von schwarzen schräggestellten Schindeln (Burggrafentum Leisnig), Herzschild: in Blau ein ein gekrönter goldener Löwe (manchmal als Symbol der Herrschaft Penig interpretiert), drei Helme: Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein Paar Büffelhörner, das rechte silbern, das linke rot, oben von einer goldenen Krone umschlossen (zu Feld 1 und 4), Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein schwarzer Flug, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein Schaft mit einem wie Feld 2 belegten Schirmbrett, außen ringsum mit Pfauenspiegeln besteckt (zu Feld 2 und 3). Die Ähnlichkeit und die Herkunft aller Elemente außer dem Stammwappen ist offensichtlich. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 36 Tafel: 22, Band: GfA Seite: 50 Tafel: 56 und Band: SH Seite: 14 Tafel: 6. Es ist interessant, daß man erst 1728 bei der Erhebung in den Grafenstand all diese Elemente mit dem Stammwappen kombinierte, so als habe man erst jetzt die bahnbrechende Erkenntnis der Abstammung richtig zur Kenntnis genommen, um sie auch heraldisch entsprechend zu würdigen. Nur seltsam, daß die Elemente schon von den echten Burggrafen von Leisnig vor 1538 geführt wurden. Im Siebmacher SH wird zur Abstammungslegende passend formuliert: "Bei genauer Prüfung vorhandener Urkunden zerfällt diese Ansicht". Die Übernahme der Elemente in das Wappen der von Rantzau entspricht also dem Wunschdenken einer Abstammung von den berühmten Familien, nicht belegten Tatsachen.

Literatur, Links und Quellen:
Position in Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.9332438,12.7060565,20z - https://www.google.de/maps/@50.9332143,12.7060311,67m/data=!3m1!1e3
Rathausportal auf den Seiten der Stadt Penig: http://penig.de/upload/fckeditor//Rathausportal.pdf
Geschichte von Penig auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Penig#Ältere_Geschichte
Burggrafen von Leisnig auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Leisnig_(Adelsgeschlecht)
Stammliste der Burggrafen von Leisnig:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_von_Leisnig
Stadtgeschichte:
https://www.penig.de/leben/geschichte-der-stadt-penig/zur-geschichte-der-stadt/
Chronik von Penig:
https://wikipenig.fandom.com/de/wiki/Chronologie
Wolfgang Schabenicky: Zur Baugeschichte des Rathauses zu Penig -
https://www.total-lokal.de/pdf/09322s.pdf
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