Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2640
Soisdorf (zu Eiterfeld, Landkreis Fulda)

Die kath. Pfarrkirche St. Bernhard von Clairvaux in Soisdorf

Soisdorf gehört seit 1971 verwaltungsmäßig zu Eiterfeld, liegt aber knapp 7 km östlich in Richtung Mansbach, 13 km nordöstlich von Hünfeld. Die Kirche gehört zum Pastoralverbund der katholischen Kirchengemeinden Hessisches Kegelspiel und wird von Eiterfeld aus betreut. Die im Ortszentrum gelegene Kirche war einst eine Wehrkirche. Einzigartig ist die vollständig erhaltene, 4-6 m hohe und 70-90 cm breite Wehrmauer rings um den Kirchhof, die ein Rechteck von ca. 54 m bzw. 55 m auf 67 m bzw. 60 m einfaßt und im Nordosteck einen Rundturm mit Büchsenscharten besitzt. Daß einst vier Türme vorhanden waren, darf anhand des unregelmäßig geschichteten Mauerwerks an den anderen Ecken geschlossen werden. Innen lief früher ein Wehrumgang an der Mauer entlang; man kann die Balkenlöcher an einigen Stellen noch sehen. Der einzige Zugang lag in der Mitte der Südmauer, von der Kirchgasse her zugänglich. Früher lief noch ein Graben zum Schutz außen um, der Kirchgraben wurde jedoch verfüllt. Insgesamt bietet sich aber auch heute noch das Bild einer weitgehend erhaltenen Wehranlage. Nördlich der streng nach Osten ausgerichteten Kirche mit Turm auf der Ostseite liegt der Friedhof innerhalb des Mauergevierts, in der Südostecke befindet sich ein frei stehendes Haus.

Die Kirche wurde vermutlich in romanischer Zeit wohl im 11. oder 12. Jh. gegründet. Der Chorturm dürfte noch aus dieser Zeit stammen, wie die vorhandenen Schlitzscharten im Mittelgeschoß und die gekuppelten Schallarkaden mit Säulchen, Blattkapitellen und Sattelsteinen im oberen Bereich anzeigen, auch wenn der Turm einen neuen oberen Abschluß bekommen hat. Ferner zeigt eine am Langhaus eingemauerte romanische Reliefspolie das hohe Alter der Kirche an. Die Befestigung entstand im 15. oder 16. Jh. Ende des 15. Jh. wurde im Norden eine Sakristei angebaut. Im 18. Jh. wurde das Langhaus verändert und erweitert, auch der Chorturm erhielt unten lichte Fenster (was zu der ulkigen Situation führt, daß Barock unterhalb Romanik liegt), und aus dieser Bauphase stammen die beiden Wappendarstellungen, einer innen am Chorbogen und einer außen an der Westfassade über dem Eingang und unter dem Ochsenaugenfenster. Deckenbemalung, Kanzel, Hauptaltar und Nebenaltäre entstammen ebenfalls der ersten Hälfte des 18. Jh. Der Umbau begann 1718 und dauerte bis 1723, deshalb kann die im Dehio hergestellte Verbindung zu Andrea(s) Gallasini zumindest in der Planungsphase nicht zutreffen, weil dieser erst ab Mai 1720 in Fulda angestellt war. Auch gibt es keinerlei stilistische Merkmale, die auf eine Urheberschaft Gallasinis deuten, die Angaben im Dehio sind deshalb kritisch zu hinterfragen. Anläßlich einer späteren Restaurierung wurden die Fensterrahmungen anscheinend noch einmal verändert. 1946 wurde das Kirchenschiff noch einmal verlängert.

Der aus Sandstein gefertigte Wappenstein außen ist stark verwittert; die Inschrift ist bis auf "...Consilio et Constantia ....Constantin..." kaum lesbar. Offensichtlich enthielt sie früher ein Chronogramm, wie die Heraushebung der Buchstaben C, I und L im lesbaren Bereich zeigt; nach Literaturangaben ergab die Inschrift früher einmal das Jahr 1719. Nach dieser für den betreffenden Fürstabt typischen Devise ("mit Klugheit und Beharrlichkeit") ist die Inschrift vermutlich mit den üblichen, möglicherweise stark abgekürzten Titeln wie "DEI GRATIA ABBAS FULDENSIS", "SACRI IMPERII ROMANI PRINCEPS", "DIVAE AUGUSTAE ARCHICANCELLARIUS" und "PER GERMANIAM ET GALLIAM PRIMAS" als Textbausteinen oder einer beliebigen, auch teilweisen Variante weiter verlaufen.

Das Wappen des Fuldaer Fürstabtes Konstantin von Buttlar (regierte 1714-1726) ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes, durchgehendes Kreuz (Fürstabtei Fulda), Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Butte mit goldenen Reifen und goldenen Tragbändern links (Stammwappen der von Buttlar). Das Wappen wird mit allen drei zugehörigen Helmen dargestellt, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken auf einem roten Kissen in einer Laubkrone ein stehendes schwarzes Kreuz (Fürstabtei Fulda), Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken eine Bischofsmütze, aus der noch zwei Fähnchen schräg herausragen, hier ohne Feinstruktur, eigentlich jedes Fähnchen gespalten, vorne in Rot ein grüner Lilienstock mit drei silbernen Blüten und hinten in Gold ein halber schwarzer Adler am Spalt (Fürstabtei Fulda), Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein rotes Jagdhorn mit goldenem Band, dessen Mundloch mit drei rot-silbern-rot tingierten Straußenfedern besteckt ist (Stammkleinod der von Buttlar). Seitlich neben dem Schild stecken schräglinks das gestürzte Schwert und schrägrechts der Krummstab hinter den Helmdecken.

 

Der Wappenstein über dem Chorbogenscheitel ist auf 1723 datiert und trägt unter ovalen Kartusche die Inschrift "Princ. Const. Exc. de Buttlar". Die zuvor angegebenen Farbfassungen sind im Innenraum nur teilweise korrekt angewendet worden, dort wurde die Butte gänzlich golden gestrichen, desgleichen Jagdhorn und Inful, und die Helmdecken erhielten überhaupt keine heraldischen Farben. Das Fuldaer Kreuz ist im Schild zur Erzeugung einer plastischen Wirkung facettiert angestrichen. Die Fähnchen in der Inful fehlen. Gegenüber dem Wappen außen haben die beiden äußeren Helme ihren Platz getauscht.

Literatur, Links und Quellen:
Position in Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.7644843,9.8962361,19z - https://www.google.de/maps/@50.7644843,9.8962361,166m/data=!3m1!1e3
Soisdorf bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Soisdorf
Soisdorf im Historischen Ortslexikon:
https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/6966
Wehrkirche Soisdorf:
https://www.eiterfeld.de/tourismus/sehenswuerdigkeiten/die-alte-wehrmauer.php
Adrian Seib, Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Hessen, Landkreis Fulda II: Burghaun, Eiterfeld, Hünfeld, Nüsttal, Rasdorf (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler in Hessen), 502 S., Verlag Theiss, Wiesbaden 2011, ISBN-10: 3806226075, ISBN-13: 978-3806226072, S. 227-229
Josef Leinweber: Die Fuldaer Äbte und Bischöfe, Festgabe des Bistums Fulda für Bischof Eduard Schick zum Diamantenen Priesterjubiläum, Frankfurt am Main 1989
Volker Rößner, Sabine Wagner, Sabine Fechter: Andrea(s) Gallasini 1681-1766: Vom Stuckateur zum fürstlichen Baumeister in Fulda, 320 S., Verlag Michael Imhof Verlag, 2018, ISBN-10: 3731907178, ISBN-13: 978-3731907176, S. 298-299
Dehio Hessen, 1982, S. 816, Dehio Hessen, 2008, S. 843

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