Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2699
Emersleben (zu Halberstadt, Landkreis Harz, Sachsen-Anhalt)

Die evangelische Pfarrkirche St. Petri in Emersleben

Die evangelische Kirche St. Petri in Emersleben befindet sich südlich des Schlosses am östlichen Ortsrand und ist von einem baumbestandenen alten Friedhof umgeben. Sie besitzt einen romanischen Turm aus dem 12. Jh. an der Südwestecke, eine geschweifte Turmhaube aus dem Jahr 1686, die das bis dahin vorhandene Bleidach ersetzte, und ein Kirchenschiff von 1711. Das Portal stammt aus dem Jahre 1742. An der nördlichen Längsseite der Kirche ist das wappengeschmückte Portal zu finden, in der Mitte der Namenspatron, der hl. Petrus mit den beiden Schlüsseln in der Rechten und dem Buch in der Linken, wo sein Zeigefinger auf die für den Betrachter lesbaren, also im Grunde auf dem Kopf stehenden Zeilen weist: "HERR / WOHIN / SOLLEN / WIR GEHEN // DU / HAST WOR/TE DES EWI/GEN LEBENS" (Johannes 6:68).

Das heraldisch rechte Wappen ist das der von Stedern, in Silber ein schwarzer Balken, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem schwarzen Balken (Siebmacher Band: SaA Seite: 161 Tafel: 105, Westfälisches Wappenbuch, Rietstap). Friedrich Christoph von Stedern wurde nach dem Aussterben der Herren von Dorstadt Herr auf Schloß Emersleben, und auch ein Hof in der Trillgasse 10 in Halberstadt kam an ihn, als er am 30.5.1661 durch den Großen Kurfürsten mit den Gütern der erloschenen Familie von Dorstadt belehnt wurde. Eine Verbindung zwischen beiden Geschlechtern ist also anzunehmen.

Das linke Wappen ist das der von Kropff, geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silberner Sparren, begleitet von drei (2:1) silbernen Ringen (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Silber ein roter Pfahl, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken drei rote, oben spitze und nach unten zusammenlaufende Zeltpflöcke oder Zeltpfähle, oben rechts an der Seite durchlöchert und mit je einem silbernen Ring durchzogen (Siebmacher Band: Sa Seite: 36 Tafel: 40, Band: Pr Seite: 219 Tafel: 269, dort Farben des Stammwappens invers angegeben, was der Schraffur des Wappens hier widerspricht, viele weitere Farbversionen im Siebmacher, Rietstap: "écartelé, aux 1 et 4 de gueules au chevron d'argent accompagné de trois annelets du même (Kropff), aux 2 et 3 d'argent au pal de gueules. Casque couronné. Cimier trois clous de tente de gueules ayant chacun un annelet en haut à dextre ou trois épées les pointes en bas"). Die Familie hatte ihre Wurzeln in Braunschweig, im Stift Halberstadt und in der Grafschaft Blankenburg. Valentin Kropff auf Gröningen hatte bereits von Erzbischof Albrecht von Mainz einen Wappenbrief erhalten, wurde aber am 5.11.1560 von Kaiser Ferdinand I. unter Vermehrung des Wappens in den Ritterstand erhoben. Im Siebmacher wird eine alternative Version mit drei Fähnchen als Helmzier gezeigt, eine weitere mit drei Degen, ebenso im Rietstap, vermutlich alles Fehlinterpretationen der unverstandenen drei Zeltpflöcke.

Das Wappenpaar ist inschriftlich "M. S. W: V: STEDERN GEB: V: KROPFF" zugeordnet, Magdalena Sophia Witwe von Stedern, geborene von Kropff aus dem Hause Cattenstedt. Sie war die Ehefrau von Ernst Johann von Stedern (1695-1728). Ernst Johann von Stedern war der Sohn von Ernst Gottlieb von Stedern (-1705) und einer Frau von Münchhausen; Magdalena Sophia von Kropff (1704-1780) war die Tochter von Christian Sigmund von Kropff (1671-1730) und einer Frau von Könitz a. d. H. Arnstedt. Der Ehemann saß seit 1723 auf dem Rittergut Emersleben. Er starb 14 Tage vor der Geburt seines Sohnes Ludwig Rudolph Sigismund von Stedern, der später Landrat und Landesdirektor von Halberstadt wurde. Die so früh verwitwete und äußerst tüchtige Mutter übernahm die Vormundschaft für ihren Sohn und die Verwaltung des Gutes sowie die Erziehung des Sohnes, der ab 1750 als Landwirt die ererbten Güter bewirtschaftete und sie 1762 gänzlich von seiner Mutter übernahm. Der Jurist und Staatsmann Ludwig Rudolph Sigismund von Stedern (1728- ca.1783), Erbherr auf Halberstadt, Emersleben, Börnecke und Schwanebeck, heiratete 1758 Freiin Friederike Eleonore von Knigge (-26.3.1792) aus dem Hause Thale. Aus dieser Ehe entsproß der Sohn Friedrich Ludwig Carl von Stedern (4.5.1761-3./4.2.1793), Domherr in Halberstadt, 1790 zum Johanniter-Ritter geschlagen, Mitglied der Literarischen Gesellschaft in Halberstadt, Herr auf Emersleben. Nach dem Erlöschen der von Stedern 1793 übernahmen 1788 Graf Wilhelm und Baron Heinrich von Borcke das Gut und verpachten es.

An dieser Stelle muß leider auch das von Emersleben gewohnheitsmäßig und inoffiziell geführte Kommunalwappen erwähnt werden, das jedem Heraldiker die Fremdschamesröte ins Gesicht treibt: in silbernem Feld mit silbernem Schildhaupt und silbernem Schildfuß ein goldener, von drei (2:1) roten Rosen begleiteter Balken, auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken ein golden-rot gespaltener gestümmelter Ast mit einer silbernen Rose oben besteckt. Das ist eine völlig verunglückte Verhunzung des Familienwappens der von Alvensleben. Das Machwerk wurde nie offiziell genehmigt, es beruht allein auf mangelndem heraldischem Grundverständnis des einstigen Dorflehrers Robert Wennig.

Literatur, Links und Quellen:
Position in Google Maps: https://www.google.de/maps/@51.9294554,11.142037,18z - https://www.google.de/maps/@51.9293715,11.1419601,114m/data=!3m1!1e3
Emersleben auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Emersleben_(Halberstadt) - Schloß Emersleben: https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Emersleben
Geschichte von Emersleben auf den Seiten der Stadt Halberstadt:
https://www.halberstadt.de/de/ortsteil-emersleben/geschichte.html
Kirche von Emersleben auf den Seiten des Kirchspiels Wegeleben:
http://www.kirchspiel-wegeleben.de/Gemeinden/Emersleben/emersleben.html
Hinweistafel an der Kirche
zur Genealogie: Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740-1806/15, Teil 1, Biographien A-L, Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 85, Einzelveröffentlichung des brandenburgischen Landeshauptarchivs, hrsg. von Klaus Neitmann, Band VII, K. G. Saur, München 2009, ISBN: 978-3-598-23229-9, S. 973 -
https://books.google.de/books?id=dwQ5XqLMxzMC
Genealogie anhand einer Ahnenprobe des Achatz Werner Friedrich v. d. Schulenburg:
https://www.archivportal-d.de/item/W7HFUU3PTLZPI4XLZSGSEDRER6NQRCW6
Max von Spießen (Hrsg.): Wappenbuch des Westfälischen Adels, mit Zeichnungen von Professor Ad. M. Hildebrandt, 1. Band, Görlitz 1901 - 1903.
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Rietstap
Robert Wennig: Chronik von Rittergut und Dorf Emersleben, Druck der Allgemeinen Zeitung, Halberstadt 1912

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