Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2709
Rhöndorf (zu Bad Honnef, Rhein-Sieg-Kreis, Nordrhein-Westfalen)

Kirche St. Mariä Heimsuchung in Rhöndorf

An der 1902-1905 im neoromanischen Stil erbauten katholischen Kirche St. Mariä Heimsuchung in Rhöndorf (Frankenweg 125) ist nur ein einziges Detail von heraldischem Interesse: An der Außenwand des asymmetrisch angesetzten, 1928 vollendeten Turmes ist direkt an der Straße eine historische Grabplatte eingelassen. Diese Grabplatte des letzten Burggrafen von Drachenfels wurde, wie eine Inschriftentafel darunter berichtet, 1835 aus der Abteikirche Heisterbach vom Kölner Kaufmann Theodor Essingh nach Rhöndorf gebracht, zunächst an der Kapelle aufgestellt und 1903 durch Franz Merkens und dessen Frau Maria Essingh in die Wand am Kirchturm eingesetzt. Familie Merkens war maßgeblich an der Ermöglichung des Kirchenbaus beteiligt, denn sie stellte das 30 Ar große Gelände zur Verfügung und stiftete 5000 Mark, damals eine substantielle Summe. Weitere Summen trug die ansässige Bevölkerung bei. Die Grabplatte überlebte die Zerstörung der Kirche im März 1945 und die anschließende, erweiternde Wiederherstellung.

Die Platte mißt 2,20 m in der Höhe und 1,20 m in der Breite. Die umlaufende Inschrift lautet in erhabenen Lettern: "An(n)o d(omi)ni 1530 / tercia die mens(is) May obyt nobil(is) /  vir Hinric(us) / d(omi)n(u)s i(n) draeche(n)feltz c(uius) a(n)i(m)a Req(ui)escat i(n) pace". Unter dem Wappen ist ein Totenschädel mit schräggekreuzten Röhrenknochen zu sehen, umschlungen von einem Schriftband "O HOMO MEMENTO MORI" - Oh Mensch, bedenke den Tod.

Das zentrale Vollwappen ist dasjenige des Burggrafen Heinrich von Drachenfels, in Rot ein silberner Drachen mit Flügeln und zwei Beinen sowie mit untergeschlagenem Schwanz, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner, geflügelter Drache wachsend (Nachweise: Gruber, Zobel Tafel 81).

 

In den vier Ecken der Platte befinden sich die vier Ahnenwappen, jeweils ein aufrechter Schild in einem Vierpaß. Heraldisch oben rechts wiederholt sich der einwärts gewendete Schild der Burggrafen von Drachenfels wie zuvor beschrieben. Gegenüber, also heraldisch links oben, steht das Wappen der von Pallandt, von Schwarz und Gold fünfmal geteilt. Heinrichs Mutter war Alveradis von Pallandt. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu schwarz-goldenen Decken das Schildchen wie beschrieben oben angestemmt zwischen einem schwarzen Flug (Westfälisches Wappenbuch, Siebmacher Band: Lot Seite: 36 Tafel: 24, Band: OstN Seite: 144 Tafel: 93).

 

Die beiden unteren Wappenschilde stehen auf dem Kopf. Heraldisch rechts unten folgt der Wappenschild der von Wevelinghoven (Wevelinghofen), in Rot zwei silberne Balken. Die Großmutter väterlicherseits war Margarethe von Wevelinghoven. Das Wappen wird beschrieben im Westfälischen Wappenbuch und im Siebmacher Band: Pr Seite: 69 Tafel: 91. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein wachsender, silberner Adlerkopf mit goldenem Schnabel und goldenem Rückenkamm.

Zuletzt wird links unten der stark zerstörte Wappenschild für die Familie von Schwalmen (Swalme, Swalmen) abgebildet, eigentlich geteilt, oben in Hermelin ein Turnierkragen. Die Beizeichen haben sich mit einer gewissen Variationsbreite zu drei den Querbalken überdeckenden länglichen Lilienstäben oder Lilienzepter entwickelt. Hier sind sie zu unbestimmbaren Figuren geworden. Nach Alfred Robens war die Großmutter mütterlicherseits Friederike von Schalmen, danach auch von Ledebur, und bei Anton Fahne wird sie Friederike von Schwalmen genannt, Erbin zu Laurensberg. Andere Quellen geben ihren Vornamen als Fulegin, Fulcona, Volquina oder Fulckina an. Der Schild ist prinzipiell rot und blau geteilt und mit mehreren, nicht mehr zu erkennenden Beizeichen versehen. Johann von Palandt hat also eine Frau von Schwalmen geheiratet, deren Vorname unterschiedlich oder gar nicht überliefert wird, so daß der Vorname Friederike mit Unsicherheit behaftet ist.

 

Auszug aus der Genealogie der Burggrafen von Drachenfels:

Mit diesem Burggrafen Heinrich ist eine Familientragödie verbunden: Der Besitz sollte von Johann über den älteren Sohn Godhard an dessen Söhne fallen. Weil die aber noch minderjährig waren, als ihr Vater allzu früh verstarb, übernahmen Graf Ruprecht von Virneburg und ihr Onkel Heinrich von Drachenfels die Vormundschaft. Letzterer erhielt am 18.10.1457 auf 7 Jahre vom Kölner Erzbischof Dietrich II. die Belehnung mit Drachenfels und Gudenau, vermutlich bis zur Volljährigkeit der Neffen. Doch dessen drei Söhne dachten nach dem Tod des Vaters am 6.4.1472 nicht daran, den Besitz herauszugeben. Als Nicolas (Claus, Clais) von Drachenfels, der nach einer bewegten Zeit 1493 in seine Heimat zurückkehrte, Besitz von seinem Erbe ergreifen wollte, wurde er nach einem Wortwechsel am Burgweg zum Drachenfels von seinem eigenen Vetter Heinrich, dem von dieser Grabplatte, erschlagen. Heinrich mußte ins Ausland gehen. Die beiden anderen Brüder mußten am 2.11.1493 einen Vertrag unterzeichnen, in dem sie die Drachenburg bis zu einem Schiedsgericht ausliefern mußten. Johann von Drachenfels wurde 1508 als Burggraf eingesetzt und bekam die Burg Drachenfels zurück. Er lebte bis 1516. Heinrich bekam die Zusage freien Geleits, aber es dauerte bis 1526, daß er als Burggraf wieder anerkannt wurde. Danach konnte er seine Burggrafschaft noch 4 Jahre genießen, ehe er verstarb und in der Abteikirche Heisterbach neben seinem Bruder Johann begraben wurde, wo diese Grabplatte ursprünglich herkommt.

Das Erbe der Burggrafen von Drachenfels sorgte für eine lange Erbauseinandersetzung: Eigentlich war die Lage klar, rechtmäßige Erben waren die Nachkommen von Godhard. Das war Apollonia von Drachenfels, und da sie einen Waldbott von Bassenheim geheiratet hatte, waren diese die rechtmäßigen Erben. Aber dummerweise waren ja Johann und Heinrich vom Erzbischof wieder als Burggrafen eingesetzt worden, wodurch über die Erbtochter dieser Linie, Agnes von Drachenfels, die von Mylendonck Ansprüche hatten. Die Waldbott von Bassenheim bekamen quasi sofort Gudenau (Heirat 1477, Belehnung 1512, bis 1735, Diskussion im Kapitel zu Schloß Gudenau, siehe dort) und Olbrück (Heirat 1477, bis 1801) und die Hälfte der Einkünfte aus dem Drachenfelser Land. Das Drachenfelser Land mit der anderen Hälfte der Einkünfte und die Burg Drachenfels verblieben bei den von Mylendonck, die ihr Wappen um das Symbol des Drachens vermehrten, was wiederum von den von dem Knesebeck-Mylendonck in falschen Farben weitergeführt wurde (Diskussion im Kapitel zur Huysburg, siehe dort). 1616 kam es zu einer gleichberechtigten Teilung. Nachdem diese von Mylendonck erloschen, betrachtete Köln deren Teil als heimgefallenes Lehen und zog es ein. Kurzfristig wurde es als Lehen an Graf Johann Jakob von Battenburg-Bronkhorst vergeben, doch 1630 erlosch deren Linie. Also fiel die Burg Drachenfels wieder an Kurköln heim. 1642 konnten die Waldbott von Bassenheim den Rest des Erbes von Köln als Lehen für eine Zahlung von 11000 Talern erkaufen, mußten aber noch 1695 eine Abfindung an die Herzöge von Croy zahlen. Verwandte verkauften schließlich 1777 die Burg Drachenfels.

Literatur, Links und Quellen:
Position in Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.65764,7.214852,19z - https://www.google.de/maps/@50.65764,7.214852,135m/data=!3m1!1e3
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
St. Mariä Heimsuchung:
https://de.wikipedia.org/wiki/St._Mariä_Heimsuchung_(Rhöndorf)
Burg Drachenfels bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Drachenfels_(Siebengebirge)
Burggrafen von Drachenfels bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Drachenfels_(Adelsgeschlecht)
Hermann Hüffer: Der Grabstein des Burggrafen Heinrich von Drachenfels zu Rhöndorf, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein (AnnHVNdrh) 61, 1895, S. 237-244 -
https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Datei:Annalen_des_Historischen_Vereins_für_den_Niederrhein_61_(1895).djvu&page=243 ff. - https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6d/Annalen_des_Historischen_Vereins_für_den_Niederrhein_........djvu.jpg
Arnold Robens: Der ritterbürtige Adel des Grossherzogthums Niederrhein, Aachen 1818, II, 194
Leopold von Ledebur: Archiv für Adelsgeschichte, Berlin, 1865, II, 279
Anton Fahne: Kölnische, jülichsche und bergische Geschlechter, Köln, 1848, I, 326, II, 134
Burg Drachenfels in der EBIDAT-Datenbank, Text von Jens Friedhoff und Reinhard Friedrich:
http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1371

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