Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2785
Lahnstein (Rhein-Lahn-Kreis)

Johannisbasilika, Grabplatte für Johann Wentz von Lahnstein

In der ehemals offenen Durchgangskrypta der romanischen Johanniskirche in Niederlahnstein befindet sich an der Ostwand neben dem Fenster das Grabdenkmal für Johann Wentz von (Nieder-)Lahnstein (-27.3.1630). Die Familie Wentz von Lahnstein gehörte zu den Märkern Niederlahnsteins und besaßen einen der ursprünglich 14 Märkerhöfe entlang der Lahn, den in der Johannesstraße 19, heute Gasthaus Weißes Roß. Zwei Töchter der Familie tauchen als Nonnen im Benediktinerinnen-Kloster Marienberg in Boppard auf.

Die umlaufende Inschrift der Platte besagt: "ANNO 1630 DEN 27 MARTY / NÄCH(TEN)S ZWISCHEN 12 VND 1 VHR IST DER WOHLEDLE GESTRENGE IOHAN(N) WENZ VON / LA(H)NSTEIN VON DI(E)SER WELT ABGESCHIEIDEN / SE(I)N(E)S ALTERS _ IAHR GOT(T) VERLEICHE IHM EINE FRO(EH)LICH(E) AVFFERSTE(H)VNNG AMEN". Das Todesdatum ist angeben, doch die beabsichtige Angabe des Alters unterblieb. Geplant war sie, doch die Lücke blieb unbearbeitet, vielleicht wollte der Steinmetz noch einmal genau nachfragen und kam nicht mehr zur Vollendung.

Im unteren Bereich des Zentralfeldes befindet sich noch eine Tafel mit einer zweiten Inschrift, diesmal nicht biographischen, sondern religiösen Inhalts: "HER(R) DV LASSEST MICH ERFAHR(E)N / VIEL VND GROS(S)E ANGST VND MAC/EST MICH WI(E)DER LEBENDIG AVS / DER TIEFFE DER ERDEN HERAVS / PSALM 71". Vers 20-21 des Psalms 71 lauten vollständig: "Du lässest mich erfahren viel Angst und Not und machst mich wieder lebendig und holst mich wieder herauf aus den Tiefen der Erde. Du machst mich sehr groß und tröstest mich wieder."

 

In der Mitte der Platte befinden sich zwei Vollwappen nach Art eines Ehewappens zusammengestellt und von einem Laubkranz umgeben. Heraldisch rechts sehen wir das gewendete Wappen der Wentz von Lahnstein, in Rot ein silberner Balken, oben rechts begleitet von einem goldenen Stern, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter, beiderseits mit einem silbernen Balken belegter Flug. Das Wappen wird beschrieben im Gruber, dort allerdings mit abweichendem Kleinod, ein rotes, beiderseits mit einem silbernen Balken belegtes Paar Büffelhörner. Ebenso wird das Wappen im Siebmacher Band: NaA Seite: 42 Tafel: 69 und bei Zobel Tafel 364 dargestellt, letzteres ohne Tinkturen, auf Tafel 185 mit Tinkturen. Die Verwendung eines Fluges auf dieser Grabplatte ist somit ein spannender Befund, vermutlich, um eine andere Linie der Familie zu differenzieren.

Auf der anderen Seite sehen wir das Wappen der Boos von Waldeck, in Rot drei schrägbalkenweise aneinandergestellte, rautenförmige, silberne Schnallen (Rincke), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein schwarzer Flug, beiderseits belegt mit einer Scheibe mit den drei Gürtelschnallen. Nachweise: Wolfert Tafel 85 Seite 158, Gruber, Zobel Tafel 41, Siebmacher Band: Bö Seite: 107 Tafel: 58. In den vier Ecken des Zentralfeldes werden vier mit kleinen Schriftbändern namentlich zugewiesene Ahnenwappenschilde dargestellt, zwei für jede Seite des Hauptwappenpaares. Deshalb wiederholen sich oben die Wappenschilde der Wentz von Lahnstein ("WENZ Vo. LANSTEIN") und der Boos von Waldeck ("BOS Vo. WALDECKH").

Im unteren Teil der Platte sehen wir heraldisch rechts unten den Wappenschild der von Kleeberg oder Kleeburg ("KLEBVRO"), zwei Balken, oben rechts von einem sechszackigen Stern begleitet. Nachweise: Zobel Tafel 177, ohne Tinkturen, Gruber nur die Hauptform ohne den differenzierenden Stern, in Silber zwei schwarze Balken, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken zwei wie der Schild bez. Büffelhörner. Genau so ist das hier anzunehmen, allerdings bleibt die Tinktur des Sternes offen. Gegenüber befindet sich das Wappen der Cratz von Scharf(f)enstein ("KRAZ Vo. SCHARFENSTIN"), in Silber ein roter Balken, begleitet von schwarzen Schindeln, oben 10 (4:3:2:1), unten 6 (3:2:1), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wie der Schild tingierter Flug. Nachweise. Zobel Tafel 293, Siebmacher Band: NaA Seite: 36 Tafel: 59, Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 2, Seite 212, Gruber.

Johannisbasilika, Grabplatte für Margaretha von Kleeberg

Von einer zweiten Grabplatte ist nur noch der untere Teil erhalten. Das noch vorhandene Fragment gibt folgende umlaufende Inschrift preis: "...OGENDE MARGRETA / GEBOR(E)N ZV KLE(E)B(E)RG / EIN NACHGELAS(S)EN JOHA(NN)..." Also eine Margaretha von Kleeberg (oder Kleeburg), nachgelassene Witwe eines Johann Wentz von Lahnstein, wohl nicht identisch mit dem vorigen. Von der Platte sind weder das im oberen Teil zu vermutende Hauptwappen noch die oberen Wappen der Ahnenprobe erhalten, nur die beiden unteren, mangels Genealogie nicht zugeordneten Schilde, heraldisch rechts unten drei Rauten schrägbalkenweise aneinanderstoßend, gegenüber zwei Wechselzinnenbalken (Hinweise willkommen).

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.3101179,7.5952213,18.75z - https://www.google.de/maps/@50.3101146,7.5951588,68m/data=!3m1!1e3
Michael Hans Peter Eisenbarth: Spuren des Mittelalters in Lahnstein - eine Beschreibung aller Bauwerke, hrsg. vom Verein Lahnsteiner Historientürme e. V., 1. Auflage 2020, S. 172-173
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983

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