Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2909
Triefenstein (Landkreis Main-Spessart)

Kloster Triefenstein

Das Kloster Triefenstein liegt auf der Südseite des Mains in beherrschender Lage gegenüber von Lengfurt. Direkt unterhalb des Klosters entspringt eine Quelle unter einem markanten Stein, daher der Name des Klosters und des westlich gelegenen Marktes. Das Zentrum der Anlage ist die Klosterkirche St. Peter und Paul, ein einschiffiger, fünfjochiger Gewölbebau mit kurzem, fünfseitig geschlossenem Chor, deren beide Chorflankentürme, die im Kern noch romanisch sind und nur später barock überformt wurden, weithin sichtbar sind. Die durchgehend dreigeschossigen, schlicht gestalteten Konventsgebäude (Dormitorium) schließen sich parallel im Norden an und umgreifen mit zwei weiteren Flügeln die Kirche im Westen und Südwesten. Zwei weitere große Flügel verlängern die Anlage noch weiter nach Westen und umschließen auf drei Seiten einen Rasenhof mit kreuzförmigen Wegen und zentralem Brunnen. Vor allem von der anderen Mainseite aus gesehen fühlt man sich von der Fernwirkung der Anlage ein bißchen an die großen österreichischen Stiftsanlagen erinnert. In Süden der Klosterkirche stehen mehrere Einzelgebäude (Tor-, Gärtner- und Forsthaus), zwischen denen das Tor aufgespannt ist, das dem Touristen den weiteren Zutritt verwehrt. Denn das Kloster ist seit 1986 die Heimat der Christusträger-Bruderschaft, und nur als Gast der Bruderschafts-Veranstaltungen kommt man jenseits des Tores.

Das bereits 1088 vom Dechant des Würzburger Neumünster-Stiftes Gerung (Gegenspieler von Bischof Adalbero) begründete und offiziell 1102 vom Würzburger Bischof Emehard von Comburg gegründete Augustiner-Chorherrenstift Triefenstein hatte einen sehr günstigen Standort in der Nähe eines wichtigen Mainübergangs einer Fernstraße zwischen Frankfurt, Würzburg und Nürnberg, die Lage war dennoch geschützt auf dem Berg, und man hatte Quellen in der Nähe. Die Mainfähre gehörte zur Erstausstattung des Klosters und war wirtschaftlich einträglich. Würzburg gab zur Erstausstattung einige Weinberge als wirtschaftliche Grundlage. Das Kloster hatte keinen Vogt, sondern unterstand direkt dem Hochstift Würzburg. Zahlreiche Stiftungen mehrten den Grundbesitz: Triefenstein war im Mittelalter das reichste Kloster im Altlandkreis Marktheidenfeld mit Einkünften aus 49 Ortschaften, dazu hatte es in mehreren Ortschaften die Dorfherrschaft inne. Zwei Tiefschläge erlitt das Kloster im Bauernkrieg und im Dreißigjährigen Krieg. Profiteur dieser Wirren waren die Grafen von Wertheim, die seit dem 15. Jh. Expansionsgelüste auf Kosten des Klosters hatten. In der zweiten Hälfte des 16. Jh. war ein Tiefpunkt erreicht; das eigentlich kaum von der Reformation berührte Kloster hatte 1564 nur noch vier Chorherren und war akut existenzgefährdet. Erst Propst Johann Molitor schaffte in der ersten Hälfte des 17. Jh. den wirtschaftlichen und personellen Aufschwung. Das Kloster konnte viele verlorengegangene Rechte zurückerhalten. Dann kam der Dreißigjährige Krieg. Danach hatte das Kloster nur noch Einkünfte aus 27 Orten, de facto aus weniger. Streitereien um Einkünfte und Rechte zehrten an den Energiereserven des Klosters. Im Barock erfolgte der Wiederaufbau 1687-1715 unter den Pröpsten Adam Dorbert, Valentin Benkard (Benkert) und Peter Brotsch. Die Klosterkirche wurde 1687-1694 erbaut, vermutlich nach Plänen von Valentino Pezzani aus dem Umfeld von Antonio Petrini. 1696-1715 entstanden die vier Flügel des Konventsbaus unter Mitwirkung von Joseph Greissing. Die Kirche bekam eine wertvolle Ausstattung vom Ende des 18. Jh., die weitgehend original erhalten ist und ein herausragendes Beispiel frühklassizistischer Kirchendekoration ist. Dennoch ging es im 18. Jh. personell wieder bergab: 1741 lebten hier 20 Chorherren, 1783 nur noch 17. Nach der Säkularisierung und Aufhebung wurde das Kloster Eigentum der damaligen Grafen von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, die es zeitweise als Residenz nutzten, aber im wesentlichen verfallen ließen.

Das Haus Löwenstein-Wertheim hatte sich 1611 in zwei Linien geteilt: Die Linie Löwenstein-Wertheim-Virneburg, später Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (evangelisch) hatte ihren Sitz in Kreuzwertheim; die im frühen 17. Jh. abgesplitterte und von Graf Johann Dietrich begründete Linie Löwenstein-Wertheim-Rochefort, später Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (seit 1621 katholisch), hatte ihren Sitz erst in Kleinheubach, ab 1806 in Bronnbach, nach dessen Verkauf 1986 wieder in Kleinheubach. Der Wechsel im Namen beider Linien kam durch den Verlust linksrheinischer Territorien zustande. Die katholische Linie bekam im Reichsdeputationshauptschluß als Entschädigung aus mainzischem Territorium die Ämter Wörth und Trennfurt und aus würzburgischem Territorium die Ämter Rothenfels und Homburg, dazu die Klöster Neustadt, Bronnbach und Holzkirchen. Die evangelische Linie wurde im Reichsdeputationshauptschluß 1803 mit dem Amt Freudenberg, einem ehemaligen Würzburger Amt, den Dörfern Mondfeld, Rauenberg, Wessental und Trennfeld, die früher zu Mainz gehört hatten, sowie mit dem Kloster Grünau und der Propstei Triefenstein entschädigt. Seitdem legte die Linie den Beinamen Virneburg ab und benutzte den Beinamen Freudenberg zur Unterscheidung von der katholischen Löwensteiner Linie. Interessanterweise hatte die Familie schon einmal zuvor die Kontrolle über Triefenstein, denn im Dreißigjährigen Krieg schenkten die siegreichen Schweden das Kloster schon 1632 den Grafen von Löwenstein-Wertheim, sie konnten sich aber nur bis 1634 daran erfreuen.

Das Wappen der gräflichen Linie Löwenstein-Wertheim-Freudenberg ist über dem äußeren, mit Kissenquadern repräsentativ geschmückten Tor angebracht; es ist noch das "alte" Wappen der Linie Löwenstein-Wertheim-Virneburg und wie folgt aufgebaut: Hauptschild: zweimal geteilt und zweimal gespalten, Feld 1: in Silber einwärts ein auf drei goldenen Spitzen schreitender roter, golden gekrönter Löwe (Grafschaft Löwenstein), Feld 2: in Silber ein roter Adler (für die Grafschaft Montaigu), Feld 3: geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender, schwarzer, rotbewehrter Adler, unten in Blau drei (2:1) goldene (eigentlich silberne) Rosen (für die Grafschaft Wertheim), Feld 4: in Silber eine achteckige rote Gürtelschnalle mit Dorn (für die Grafschaft Rochefort, "Neu-Rochefort"), Feld 6: Territorium der Schenken von Limpurg, geviert, Feld a und d: in Rot vier aufsteigende silberne Spitzen (hier fehlen zwei Striche), Feld b und c: in Blau 5 (3:2) aufrechte silberne Heerkolben, Feld 7: in Silber zwei rote Balken (Herrschaft Breuberg), Feld 8: in Gold sieben (4:3) rote Rauten (Grafschaft Virneburg), Feld 9: in Rot ein silberner, golden gekrönter Löwe (Herrschaft Scharfeneck), Herzschild an der Stelle von Feld 5: silbern-blau schräggerautet (Wittelsbacher). Im Grunde war das Wappen zum Zeitpunkt der Anbringung bereits überholt, denn Rochefort, Montaigu und Virneburg waren bereits verloren, und ohne den Verlust hätte man Triefenstein ja gar nicht bekommen. Hier markiert die Familie also bereits ihren neuen Besitz, hat sich aber heraldisch noch nicht von der Trauer um Verlorenes gelöst.

Danach gab es mehrere kurzlebige Änderungen des Wappens dieser Linie. Nach dem königlich-bayerischen Diplom vom 19.11.1812 ist das Wappen der Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg das Ergebnis dieses nun durch die neuen Fakten notwendigen Austausches: Alle Felder für die belgischen Besitzungen flogen heraus, auch das linksrheinische Virneburg mußte entfernt werden, und dafür kamen sechs neue Felder hinzu, allen voran die neuen ehemaligen Klöster. Das Feld für das Amt Rothenfels kam hinzu, weil man Erbschaftsrechte auf dieses der Rosenberger Linie gehörende Amt hatte. Auch Bronnbach gehörte eigentlich der Rosenberger Linie, aber man hatte Erbschaftsansprüche darauf. Das Wappen der Linie Löwenstein-Wertheim-Freudenberg nach dem königlich-bayerischen Diplom vom 19.11.1812 für die erloschene Carlsche und die bestehende Vollrathsche Linie (nach Siebmacher Band: FstM Seite: 52-53 Tafel: 111, vgl. auch Siebmacher Band: FstB Seite: 25-26 Tafel: 49, Band: Bad Seite: 1 Tafel: 1) ist nur wenige Jahre nach dem hier photographierten Zustand wie folgt aufgebaut:

Hauptschild: zweimal gespalten und dreimal geteilt, Feld 1: in Silber nach links ein auf vier grünen Spitzen schreitender roter, golden gekrönter Löwe (Grafschaft Löwenstein), Feld 2: in Gold ein schwarzer Löwe linksgewendet ("Grafschaft" Königstein, Taunus), Feld 3: geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender, schwarzer, rotbewehrter und golden gekrönter Adler, unten in Blau drei (2:1) goldene Rosen (für die Grafschaft Wertheim), Feld 4: in Silber zwei rote Balken (Herrschaft Breuberg), Feld 6: geteilt, oben: in Rot drei silberne spitze Berge (wegen Amt Rothenfels), unten: ein mit drei silbernen Ringen belegter blauer Schräglinksbalken in einem beiderseits rot-silbern mit drei Spitzen geteilten Feld (wegen Amt Freudenberg), Feld 7: in Blau zwei aufrechte, schräggekreuzte silberne Schlüssel (wegen Kloster Triefenstein), Feld 8: Territorium der Schenken von Limpurg, geviert, Feld a und d: in Rot vier aufsteigende silberne Spitzen, Feld b und c: in Blau 5 (3:2) aufrechte silberne Heerkolben, Feld 9 und 12 vereinigt: in Rot das silberne Schweißtuch der Veronika mit dem dornengekrönten, blutenden Dulderhaupt Christi, welches die Augen geschlossen hat (wegen der Karthause Grünau), Feld 10: in Blau ein goldener Brunnen mit drei Schalen (wegen Kloster Bronnbach), Feld 11: in Blau ein silberner fliegender Habicht (wegen Habitzheim), Herzschild an der Stelle von Feld 5: silbern-blau schräggerautet (Wittelsbacher). Es kommt selten vor, daß so viele Felder auf einmal ausgewechselt werden und das Wappen eine so tiefgreifend veränderte Zusammensetzung hat.

Die Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg verkauften das zeitweise stark vernachlässigte und verwahrloste (z. B. wurde die Kirche mit ihrer wertvollen Ausstattung als Möbellager verwendet), im zweiten Weltkrieg durch Bomben beschädigte und danach zwischenzeitlich von der Bundeswehr als Reservelazarettlager genutzte und entsprechend mit Stacheldraht eingezäunte Kloster 1985 an die Christusträger-Bruderschaft, und seit 1986 gibt es hier wieder klösterliches Leben. Diese 1961 entstandene Bruderschaft ist zwar prinzipiell evangelisch, aber dennoch ordensähnlich organisiert. Nach umfangreicher Renovierung bis 1990 konnte das Kloster, mittlerweile Hauptsitz der Bruderschaft, wieder ihre Pforten für Veranstaltungen mit Gästen öffnen.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.8074152,9.5983172,17.96z - https://www.google.de/maps/@49.807238,9.5990025,145m/data=!3m1!1e3
Kloster Triefenstein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Triefenstein
Christusträger-Bruderschaft:
https://www.christustraeger-bruderschaft.org/
Haus der Bayerischen Geschichte, Kloster-Datenbank:
http://www.hdbg.eu/kloster/index.php/detail?id=KS0411 - Geschichte (Text von Erich Schneider): http://www.hdbg.eu/kloster/index.php/detail/geschichte?id=KS0411
Erich Schneider: Klöster und Stifte in Mainfranken, Würzburg 1993, S. 38-41
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Löwenstein-Wertheim in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Löwenstein-Wertheim
Löwenstein-Wertheim-Freudenberg in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Löwenstein-Wertheim-Freudenberg
Grafen und Fürsten von Löwenstein:
https://www.leo-bw.de/themen/landesgeschichte/grafen-und-fursten-von-lowenstein-wertheim
Kloster Triefenstein:
https://www.spessartprojekt.de/wordpress/wp-content/uploads/2015/02/KW-Triefenstein-1-Taf-02.pdf

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