Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2967
Stadtschwarzach (zu Schwarzach am Main, Landkreis Kitzingen, Unterfranken)

Die Heiligkreuzkirche in Stadtschwarzach

Die Pfarrkirche Heilig Kreuz befindet sich am Südrand der Altstadt, zwischen Kirchgasse und dem ehemaligen Stadtgraben. Im Mittelalter unterstand die Pfarrei dem Kloster Münsterschwarzach. Später wurde Stadtschwarzach eine eigenständige Pfarrei, aber das Kloster hatte weiterhin das Patronatsrecht. Die Pfarrei Heilig Kreuz in Stadtschwarzach gehört heute zum Pastoralen Raum St. Benedikt in Schwarzach am Main und bildet mit St. Laurentius in Schwarzenau, St. Ägidius in Gerlachshausen, St. Sebastian in Reupelsdorf, Maria Rosario in Dimbach, St. Michael in Dollstadt und St. Vitus in Hörblach eine Pfarreiengemeinschaft.

Bis zum 15. Jh. war die Kirche eher bescheiden, doch dann setzte eine Wallfahrtsbewegung ein, die eine größere Kirche erforderlich machte. Die Wallfahrt machte die Gemeinde auch wohlhabend, so daß man sich auch einen Neubau gut leisten konnte. 1424 begann man mit dem Turm, 1467-1475 baute man den neuen Chor. Im Chor sind mehrere Schlußsteine mit Wappenschilden geschmückt, man kann den Fränkischen Rechen, das Rennfähnlein und das Familienwappen der von Scherenberg erkennen, denn der Neubau fiel in die 1466-1495 währende Regierungszeit des Würzburger Fürstbischofs Rudolf II. von Scherenberg. Andere Schilde sind mit den Wappen der von Thüngen, der Grafen von Henneberg, der Echter von Mespelbrunn, der Abtei Münsterschwarzach etc. versehen.

Die auf 1614 datierte Echter-zeitliche Bautafel ist heute zu ihrem Schutz in der Kirche an der Langhauswand angebracht. Die Bauinschrift lautet: "Bischoff Julius im Regiment / Löblich das vierzigst Jhar vollent / Bringt wi(e)der die Religion / und mit hülff seiner underthan / Kirch(e) Pfar(r-) Schulhaus fast neu vol(l)fi(h)rt / Auch Thu(rm) und Mau(e)r Restitu(ie)rt / Der vorsorg(e) volg du trewe herdt / damits von Gott gesegnet werdt / 1614" (die Lesung bei Schock-Werner ist unpräzise). Die Kartusche wird von Rollwerk eingefaßt, oben flankieren zwei geflügelte Engelsköpfe das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (18.3.1545-13.9.1617, amtierte 1573-1617) in einer ovalen Schmuckkartusche, dieses ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Ein weiterer geflügelter Engelskopf ist unter der Jahreszahl angebracht, und noch einer ist ganz klein oben an der Wappenkartusche zu sehen. In den oberen Zwickeln füllen Fruchtgebinde die Leerflächen.

Damit gehört diese Stifterinschrift zu einer ganzen Serie von ähnlichen Reliefs, die aus Anlaß des vierzigjährigen Regierungsjubiläums des Fürstbischofs überall an den Kirchen angebracht wurden, die unter seiner Herrschaft erbaut, renoviert oder umgebaut wurden. Der Grundtenor ist überall der gleiche: Der Landesherr stattet die Dörfer und Städte mit Kirchen, Pfarrhäusern und Schulen aus und erwartet im Gegenzug Linientreue bei seinen gegenreformatorischen Bemühungen: Gottes Segen gibt es nur, wenn die Herde dieser Vorsorge treu folgt. Das Jahr der Datierung dieser Platte ist das Jahr der Ausstattungsaktion, nicht der tatsächlichen Baumaßnahme. Die Inschrift übertreibt auch ein bißchen, von "fast neu vollführt" kann keine Rede sein: Unter Julius Echter wurde 1604 der an der Südseite asymmetrisch angebaute Kirchturm erneuert und gegenüber dem Vorgängerbau um ein viertes Stockwerk aufgestockt, und er bekam einen zeittypischen Spitzhelm. Der Chor blieb spätgotisch und wurde nicht angetastet, auch am Langhaus gab es wenig Veränderungen. Das ebenfalls spätgotische Langhaus wurde schließlich 1866 wegen Baufälligkeit abgerissen und durch einen 1875 fertiggestellten, neugotischen Neubau ersetzt. Der eingezogene Chor ist noch spätgotische Bausubstanz. Der Turmhelm ist nicht mehr original, sondern wurde nach einem Sturmschaden 1940 erneuert. Die heutige Form als Pyramidenhaube mit eingearbeitetem aufgestelltem Giebel entspricht nicht dem Echter-zeitlichen Spitzhelm.

Weitere Heraldik findet man an einem Epitaph für Maria Susanna Erbermann (-28.5.1662) geb. Staudenhecht. Die Inschrift im unteren Teil der Platte lautet: "Anno 1662 den 28 Tag / May zwischen 4 undt 5 n(a)chmittag ist / in Christo sanfft verschi(e)den die wohl Edle / Ehren undt tugentreiche Frawe Maria / Susan(n)a Ein gebohr(e)ne Staudenhechtin Her(r)n / Philip(p) C(h)ristoph Erberman(n) von Biebelheim / Hochfürstl(ich) würtzb(urgischen) Hoff- undt Cantzley Rath/s auch S. CONSISTORII HERBIPOLE(N)/SIS AS(S)ES(S)ORN Eheliche Hausfrab Ihres alter / 44 Jahr Welcher Seel Gott gnadt(e) undt / ein(e) frö(h)lige aufferste(h)ung verley(h)en / wölle amen." Im oberen Teil der Platte wird das eheliche Vollwappen dargestellt, heraldisch rechts das des Ehemannes: Das Wappen der Familie Erbermann von Bibelheim ist nach Siebmacher Band: BayA2 Seite: 31 Tafel: 20 geviert, Feld 1 und 4: in Rot einwärts eine silberne, schwarz gefleckte schreitende Bracke (Stammwappen Erbermann), Feld 2 und 3 dreimal rot-silbern gespalten (in der Kirche sind es vielmehr zwei Pfähle, von Bibelheim). Dazu werden zwei ungekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu schwarz-silbernen Decken eine wachsende, silberne, schwarz gefleckte Bracke zwischen zwei roten, mit einem silbernen Balken belegten Büffelhörnern (Erbermann), Helm 2 (links): zu rot-silbernen Decken ein wachsender, rotgekleideter, schwarzbärtiger Mannesrumpf mit langen Haaren (Bibelheim).

Lt. Siebmacher wurde Dr. iur. utr. Christoph Erbermann, Advokat der Ritterschaft in Franken, von Kaiser Matthias am 27.7.1617 zu Prag zum kaiserlichen Hof- und Pfalzgrafen ernannt (Palatinat ad personam, österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 100.41). Er bekam die Rotwachsfreiheit, das Freisitzrecht und die exemptio ab oneribus (Befreiung von Abgaben und Steuern). Dieser Christoph Erbermann erhielt von Kaiser Ferdinand II. zu Regensburg am 23.2.1623 den rittermäßigen Adelsstand und die Vermehrung seines Namens und Wappens mit dem seiner Großmutter, einer von Bibelhaim (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 100.42). Die bisherigen Freiheiten wurden bestätigt. In den Unterlagen zu dieser Standeserhöhung ist Helm 1 gekrönt, und Feld 2 ist dreimal silbern-rot gespalten, Feld 3 dreimal rot-silbern gespalten. Ein Julius Christoph Erbernann von Bibelheim (-20.12.1632) ist in Schöntal begraben worden. Diesem Philipp Christoph Erbermann von Bibelheim, der für dieses Grabmonument relevant ist, wurde vom Grafen von Castell das freiadelige Gut Etzhausen zu Lehen gegeben. Das Wappen seiner Frau aus der Familie Staudenhecht ist redend, ein Baum (eine Staude) vor einem balkenweise gelegten Hecht, auf dem Helm ein wachsender Mann zwischen zwei Büffelhörnern. In historischer Zeit war der Begriff freilich anders konnotiert, ein Staudenhecht war jemand, der aus den Stauden hechtet und reisende Kaufleute überfällt, z. B. ein Raubritter oder Wegelagerer. Um so verständlicher ist das Bemühen, das hier anders redend umzusetzen. Die Tinkturen des Wappens sind mangels Literaturnachweis unbekannt, Hinweise willkommen.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.798456,10.2317847,20z - https://www.google.de/maps/@49.798456,10.2317847,84m/data=!3m1!1e3
Pfarrkirche Heilig Kreuz auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Heiligkreuzkirche_(Stadtschwarzach)
Pfarreiengemeinschaft Stadtschwarzach:
https://www.sankt-benedikt.org/gemeinden/pfarreiengemeinschaft-stadtschwarzach/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Matthias Eller vom 15.6.2022, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 100.41:
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1793415
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 100.42:
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1793416
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer und Bayern A2
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe, hrsg. vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein, Würzburg, 1974, 192 S.
Julius Echter von Mespelbrunn in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Echter_von_Mespelbrunn
Julius Echter von Mespelbrunn im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Julius_Echter_von_Mespelbrunn
Rainer Leng: Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg, hrsg. vom Mainfränkischen Museum, Würzburg 2013, ISBN 978-3-932461-35-4
Rainer Leng, Wolfgang Schneider, Stefanie Weidmann (Hrsg.): Julius Echter 1573-1617, der umstrittene Fürstbischof, eine Ausstellung nach 400 Jahren,  Quellen und Forschungen zur Geschichte von Bistum und Hochstift Würzburg, Echter Verlag, Würzburg 2017, ISBN 978-3429043261
Götz Freiherr von Pölnitz: Julius Echter von Mespelbrunn, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 655 f. -
https://www.deutsche-biographie.de/gnd118528696.html#ndbcontent - https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016327/images/index.html?seite=669
Alfred Wendehorst (Bearb.): Das Bistum Würzburg 3: Die Bischofsreihe von 1455 bis 1617, Germania Sacra Neue Folge Nr. 13, De Gruyter, Berlin/New York 1978, ISBN: 978-3-11-007475-8 -
https://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3/NF%2013%20Wendehorst%20W%c3%bcrzb.%20Bfsreihe%201455%e2%80%931617.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Barbara Schock-Werner: Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn, Struktur, Organisation, Finanzierung und künstlerische Bewertung, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2005, ISBN 978-3795416232, nur Listung des Baugedichts, und das wird unpräzise wiedergegeben.

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