Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2981
Würzburg (Unterfranken)

Marienkapelle am Markt: Maria Johanna Faust von Stromberg

Diese an der Wand aufgerichtete Grabplatte erinnert an Maria Johanna Faust von Stromberg (14.7.1663-3.11.1739). Die rechteckige Platte ist klar zweigeteilt mit einer kleineren Wappenzone oben und einer größeren Inschriftenzone unten. Dort lesen wir: "Hier Ruhen die Edle gebein und aschen Maria / Joanna Reichs Gräffin von Thüngen gebohrner / Faust von stromberg weylandt seiner Hochgräfflichen / Excellentz Herrn H Johann Carl des H R R Graffen / von Thüngen Ihro Röm: Kayerl: Mayestätt General Feld / Marschallen Obristen über zwey Regimenter zu Fuß / hinderlassenen Wittwe Letzteren Frau schwester Seiner / Hoch Freyherrl. Excellentz H. Friderich diederich Joseph / Churfürst: Mayntz: und Hochfürst: Wirtzburg: geheimen / Raths und viceDOms mit dessen leben daß urAlte / Freyherrl: Geschlecht deren Fausten von S(t)romberg / Männlichen stammens Erloschen ist. / Im neün und dreyssigsten Jahr ihres Gottseeligen / Wittwe stands Ware sie ein Eiffrige Liebhaberin / und dienerin Jesu Christi ein spiegel der An/dacht ein Mutter der armen und Hülff aller noth/leydenden Starb im 77. Jahr Ihres Hohen Alters / mit denen hl. Sacramenten Wohl versehen / ...". Die letzte Zeile ist unleserlich, weil hier Schäden an dem Stein verspachtelt wurden.

 

Ihr Ehemann, Johann Karl von Thüngen (5.2.1648-8.10.1709), Herr zu Waizenbach, Neuhaus (Bad Neuhaus bei Bad Neustadt an der Saale) und Zeitlofs (Schloß Weißenbach), machte eine steile militärische Karriere als Kommandeur eines Infanterieregiments und wurde einer der besten und erfolgreichsten Generäle seiner Zeit. Zunächst trat er in herzoglich-lothringische Dienste, dann in spanische. 1673 bekam er das Kommando einer Truppenabteilung, mit der er den aufständischen Marquis von Listenois schlug. Danach wurde er Oberstleutnant und Kommandeur in Besançon, nach kurzer Pause auf seinen Besitzungen wurde er Oberleutnant der fränkischen Kreistruppen, dann 1676 Kommandeur in Würzburg. Ebenfalls 1676 führte er als Kommandeur ein Regiment gegen Frankreich. Danach wurde er Generalwachtmeister und befehligte die Truppen des fränkischen Reichskreises. 1684 wurde er zum kaiserlichen Generalfeldwachtmeister ernannt, vier Jahre später zum Generalfeldmarschallleutnant. 1686 war er bei der Belagerung von Ofen in den Türkenkriegen dabei. Er verlor 1689 das rechte Auge bei der Belagerung von Bonn und trug seitdem eine schwarze Augenklappe. Sein neuer Dienstherr wurde das Kurfürstentum Mainz. Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim ernannte ihn 1690 zum Generalfeldzeugmeister und erteilte ihm das Oberkommando für alle kurmainzischen Truppen und Festungen. 1692 stand er wieder in kaiserlichen Diensten und befehligte als kaiserlicher Feldzeugmeister die Infanterie der Reichsarmee. 1696 wurde er kaiserlicher Generalfeldmarschall, zwei Jahre später war er Kommandant der Festung Philippsburg. Er kämpfte im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) in Landau, Philippsburg und Stollhofen erfolgreich gegen die Franzosen. 1704 verteidigte er als Reichsfeldzeugmeister und Befehlshaber der Truppen am Oberrhein und in Schwaben (Ulm, Donauwörth, Schellenberg) den gesamten Südwesten Deutschlands gegen die Truppen Ludwigs XIV. Bei der Attacke auf den Schellenberg wurde er erneut verwundet. 1705 wurde ihm von König Friedrich I. der preußische Schwarze Adlerorden verliehen, weil er am Rhein und im Elsaß sich erfolgreich gegen das Vordringen der französischen Truppen wehrte. Auf einem Gemälde im Besitz des Museums für Mainfranken in Würzburg wird er mit demselben dargestellt. 1707 war er erneut Kommandant von Philippsburg. Johann Karl von Thüngen war es, der, nachdem die Familie bereits ein Freiherrendiplom vom 21.5.1700 für Adam Hermann Friedrich von Thüngen aus der Andreasschen Linie erhalten hatte, am 23.11.1708 von Kaiser Joseph I. eine Erhebung in den Grafenstand für das Reich und die Erblande bekam und die Anrede "Hoch- und Wohlgeboren" zugebilligt erhielt (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 424.20), und nachdem er selbst bereits am 23.8.1694 ein besonderes Reichsfreiherrendiplom erhalten hatte.

Das Allianzwappen im oberen Teil der Platte zeigt die beiden Wappendarstellungen der Familien von Thüngen, in Silber ein goldener, mit drei nach links ausgebogenen, roten Pfählen belegter Balken, auf dem Helm zu rot-silbernen Decken ein wachsender, rot mit silbernem Kragen gekleideter Mannesrumpf, auf dem Kopf eine rote, silbern gestulpte Mütze, oben mit mehreren schwarzen Hahnenfederbüschen besteckt, zwischen zwei nach außen gerichteten und geneigten goldenen Fähnchen mit dem schwarzen Doppeladler und der Kaiserkrone oben zwischen den Häuptern, und Faust von Stromberg, golden-rot geschacht, im ersten Feld ein schwarzer, sechszackiger Stern, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein roter Fürstenhut (ursprünglich ein Turnierhut), in dessen Hermelinstulp zwei golden-rot geteilte Fähnchen stecken und der oben mit einem schwarzen Stern besetzt ist, Schildhalter zwei widersehende Löwen. Im Gegensatz zu den Stammwappen der Familien sehen wir hier einige Zutaten, bei den Faust von Stromberg die Schildhalter, bei den von Thüngen die Krone auf dem oberen Schildrand und die beiden Fähnchen im Kleinod, die als kaiserliches Gnadenzeichen zur Wappenbesserung am 23.11.1708 verliehen wurden.

Der 1709 verstorbene Johann Karl von Thüngen, Sohn von Wolff Albrecht von Thüngen und dessen zweiter Frau Helena von Ebersberg gen. Weyers, war mit Maria Johanna Faust von Stromberg (14.7.1663-3.11.1739) verheiratet, der Tochter von Franz Ernst Faust von Stromberg, hochfürstlich-würzburgischer Geheimer Rat und Oberamtmann zu Haßfurt, und dessen Frau Maria Susanna Kottwitz von Aulenbach. Die 1678 geschlossene Ehe zwischen Johann Karl und Maria Johanna blieb kinderlos. Johann Karls Bruder, Johann Friedrich Freiherr von Thüngen, hatte neben zwei Töchtern einen Sohn, Hans Carl Freiherr von Thüngen, der 1723 unvermählt als letzter dieser Linie verstarb. Als Johann Karl von Thüngen noch lebte, ließ dieser die schloßartige Karlsburg, das sog. Vier-Türme-Haus, in Bad Ems erbauen, wo das gleiche Allianzwappen über dem Portal angebracht ist, aber ohne Kleinode. Deshalb ist diese Platte in der Marienkirche eines der ganz seltenen Beispiele, wo die Wappenbesserung bezüglich der Helmzier zu sehen ist. Das Schlößchen in Bad Ems wurde aber nicht zu Lebzeiten des Bauherrn fertig. Nach seinem Tod 1709 verkaufte seine Witwe das halbfertige Gebäude und zog nach Würzburg, und so kommt es, daß wir hier ihre Epitaphienplatte vorfinden. Ihr Ehemann, der im Feldlager bei Speyer starb, ist in der evangelischen Kirche Freudental (Landkreis Ludwigsburg) bestattet worden. Wie die Würzburger Inschrift erzählt, erloschen die Faust von Stromberg 1729 mit dem Bruder der hier Bestatteten im Mannesstamm, Freiherr Friedrich Dietrich Joseph Faust von Stromberg. Das Erbe, der Name und das Wappen wurden von den von Eltz übernommen und fortgeführt, weil die Tochter Maria Eva Johanna Faust von Stromberg (18.12.1723-21.12.1800) Graf Anselm Casimir Franz von Eltz (27.6.1709-25.1.1778) geheiratet hatte.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7947946,9.9295677,20z - https://www.google.de/maps/@49.7948267,9.9295932,81m/data=!3m1!1e3
Homepage der Dompfarrei:
https://www.dom-wuerzburg.de/seelsorge/dompfarrei/
Marienkapelle in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Marienkapelle_(Würzburg)
Marienkapelle im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Marienkapelle
Marienkapelle im Historischen Lexikon Bayerns:
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Marienkapelle,_Würzburg
Marienkapelle auf der Webseite des Bistums Würzburg:
https://www.bistum-wuerzburg.de/bildung-kunst/sehenswuerdigkeiten/marienkapelle-wuerzburg/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Frau Alexandra Eck, Referentin für die Dombesucherpastoral, vom 27.6.2022, wofür ihr an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Johann Karl von Thüngen
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Karl_von_Thüngen
Carl von Duncker, Johann Karl Reichsfreiherr von Thüngen, in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 218-220, online
http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Thüngen,_Johann_Karl_Graf_von
J. G. Biedermann: Geschlechtsregister der reichsfrey-unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken löblichen Orts Baunach, Tafel 279. Bayreuth, 1747 -
http://books.google.de/books?id=_NBDAAAAcAAJ
J. G. Biedermann: Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra, Tafel 207
http://books.google.de/books?id=j9JDAAAAcAAJ
J. M. Humbracht: Die höchste Zierde Teutsch-Landes, und Vortrefflichkeit des teutschen Adels, S.21. Frankfurt am Main, 1707
Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Band 2, S. 204, online:
http://books.google.de/books?id=wWPZDGNlQNgC
Die Hoheit Des Teutschen Reichs-Adels Wordurch Derselbe zu Chur- und Fürstlichen Dignitäten erhoben wird: Das ist: vollständige Probe Der Ahnen unverfälschter Adelicher Famillen, ohne welche keiner auff Ertz-, Dom-, hoher Orden- und Ritter-Stiffter gelangen kan, oder genommen wird, Band 1 -
http://books.google.de/books?id=mddDAAAAcAAJ S. 183
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 424.20:
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2723666
Peter Kolb: Wappen in Würzburg, Mainfränkische Studien 90, hrsg. vom Verein der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg, 169 S., Spurbuch-Verlag, Würzburg 2019, ISBN: 978-3-88778-572-7

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