Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3117
Unterwachingen (Alb-Donau-Kreis)

die kath. Pfarrkirche St. Cosmas und Damian in Unterwachingen

Die barocke Kirche ist das bedeutendste Bauwerk in dem Straßendorf Unterwachingen. Niederadelige Herren von Wachingen werden im 13. Jh. erwähnt. Die Herren von Emerkingen übernahmen Ende des 13. Jh. die Herrschaft über den am nordwestlichen Hang des Tobelbaches gelegenen Ort, und sie hatten auch das Kirchenpatronat inne. Zunächst kam die Vogtei über den Ort pfandweise, dann 1356 endgültig durch Kauf an das Kloster Obermarchtal, als dieses die seit der Stiftung durch die Pfalzgrafen von Tübingen erhobenen Ansprüche durchsetzen konnte. Auch das Kirchenpatronat ging an Marchtal über. Spätestens 1368 wurde die Pfarrei nach Marchtal inkorporiert. Der Ort blieb bis zur Säkularisation 1803 beim Kloster, dann kam es zusammen mit dem Mutterkloster an das Fürstenhaus Thurn- und Taxis und wurde 1806 durch die Mediatisierung staatsrechtlich dem Königreich Württemberg eingegliedert.

Eine Pfarrkirche im Ort wird bereits 1171 erwähnt. Dieser Vorläuferbau wurde mehrfach um- und ausgebaut, von ihm ist nichts mehr erhalten. Die heutige Pfarrkirche St. Cosmas und Damian liegt am südlichen Ortsausgang an der Kirchstraße. Das Patrozinium besteht seit 1481. Es handelt sich um einen langen Saalbau mit dem einzigen Turm im Osten des nicht eingezogenen, zum Turmsockel hin ausgerundeten Chors. Die heutige Kirche wurde ab 1754 nach Entwürfen von Johann Caspar Bagnato (1696-1757, als Deutschordensbaumeister tätig) erbaut und 1756 geweiht. Die Stuckarbeiten im Rokokostil an der Kanzel, die Rocaillen in den Kehlen des Kirchenschiffes und die Apostelkreuze an den Wänden führte der Italiener Francesco Pozzi (1702-1789) aus. Für sämtliche Fresken an Decke und Wänden war Joseph Ignaz Wegscheider (1707-1758/1760) zuständig. Diese Verpflichtung wirklich guter Künstler entspricht dem Anspruch des Mutterklosters an die Qualität dieser Dorfkirche und zeugt auch vom damaligen Wohlstand. Hochkarätige Künstler schufen mit dieser Kirche ein barockes Kleinod. Südlich der Kirche liegt der mauerumschlossene Friedhof, nördlich befindet sich direkt angrenzend das Pfarrhaus.

 

Die Innenausstattung der Kirche bezieht sich auf die beiden Märtyrer Cosmas und Damian, die viele Kranke behandelten und heilten und schließlich der Christenverfolgung unter Diokletian zum Opfer fielen. So zeigt das Altarbild, wie ein Engel die beiden Heiligen zum Krankenlager eines jungen Mannes begleitet. Das zentrale Deckengemälde im Langhaus zeigt das Martyrium der beiden Heiligen und Kirchenpatrone. Vor dem Chorbogen gibt es ein querovales Deckengemälde, das eine reale Krankenheilung darstellt: Beim Bau der barocken Kirche verunglückte am 25.6.1755 ein aus Bregenz stammender Maurer vom Gerüst in die Tiefe und erhielt die Krankensalbung, Durch ein Wunder wurde er gerettet. Ein zweiter Maurer stürzte damals ebenfalls herab, verletzte sich aber nicht so schwer. Das Deckenfresko im Chor bezieht sich hingegen auf das Mutterkloster, denn dort wird der heilige Norbert dargestellt, wie er über den das Altarsakrament leugnenden Irrlehrer Tanchelin siegt. Dieser Norbert ist der Gründer des Prämonstratenserordens. Ein weiteres Fresko im Langhaus im Westen über der Orgelempore stellt den hl. Laurentius dar, gekleidet als Diakon. Er ist der Fürbitter der armen Seelen. Unter der Orgelempore wird der hl. Wolfgang als Bischof dargestellt; er ist Patron der Emerkinger Kapelle. Hier gibt es auf der Frontseite der Orgelempore noch drei Medaillons mit Darstellungen der hl. Helena mit dem wiederentdeckten Kreuz Christi, des hl. Edmund und des hl. Franz von Sales. Ersterer war der Namenspatron des damaligen Abtes von Kloster Marchtal, Edmund Sartor, letzterer war der Namenspatron des damals amtierenden lokalen Pfarrers, Franz Benz.

Ein großer Wappenstein ist an der Ostseite der Kirche am Kirchturm eingelassen. Es trägt weder Datierung noch Initialen und wird von einer verwitterten, weitläufig aufgreifenden Rocaille-Rahmung eingefaßt. Es handelt sich um das persönliche Wappen des Obermarchtaler Abtes Edmund II. Sartor/Schneider (lebte 30.11.1696-12.6.1768). Dieser Wappenstein ist eine Arbeit von Johann Joseph Christian (1706-), der auch die zwei Büsten von Cosmas und Damian auf dem rechten Seitenaltar und das Kreuz auf dem Hochaltar anfertigte. In den beiden seitlichen Nischen an der gerundeten Außenwand befinden sich bildliche Darstellungen der beiden Kirchenpatrone; ihre Attribute sind die Arzneiflasche, das Buch und das Schwert, mit dem sie hingerichtet wurden.

Das Wappen wird durch eine eingebogene Spitze in drei Felder geteilt, Feld 1: geteilt, oben in Blau ein wachsender silberner Steinbock, von einem goldenen Pfeil von hinten schräg nach unten durchbohrt, unten eigentlich fünfmal, hier sechsmal rot-silbern geteilt, Feld 2: in Schwarz drei (1:2) goldene Lilien, Feld 3: in Gold ein schwarzgekleideter Mann mit einem silbernen Beffchen ohne Hände und Füße. Über der ovalen Kartusche ist die verzierte Mitra des Abtes positioniert, schräglinks ragt das gestürzte Schwert hinter der auffällig asymmetrischen Kartuschenrahmung hervor, schrägrechts der Krummstab des Abtes.

Edmund II. Sartor/Schneider stammte aus Munderkingen und wurde zunächst auf den Namen Sebastian Schneider getauft. Seine Profeß legte er am 26.4.1717 ab, die Priesterweihe erhielt er am 24.6.1722. Zunächst wurde er in Marchtal Prior, dann war er 1742-1746 Vikar in Munderkingen, wurde 55. Propst, bis er am 24.5.1746 zum Abt von Marchtal gewählt wurde; die Abtsweihe erfolgte am 19.6.1746. Er amtierte als 20. Abt bis zu seinem Tod. 1768. Weitere Wappendarstellungen dieses Abtes finden wir an der Pfarrkirche Seekirch am Chorscheitelbogen (dort in Farbe), im Refektorium im Ostflügel des Klosters Obermarchtal (dort in Farbe), sowie am rückwärtigen Scheunengebäude des Pfarrhofes Dieterskirch (stark verwittert, ohne Farbfassung).

Am großen Bogen am Übergang vom Langhaus in den Chor teilt oben das goldene Christus-Monogramm IHS auf einem blauen, von weißen und rosa Wolken und einem goldenen Strahlenbündelkranz umgebenen Feld die Jahreszahl MDCCLVI = 1756. Rechts und links sind in den Zwickeln die beiden Wappen für den Bauabt (optisch links) und das Kloster (optisch rechts) aufgemalt.

Hier sehen wir das Wappen des Obermarchtaler Abtes Edmund II. Sartor/Schneider in Farbe, mit leichten Abweichungen, hier ist das Feld des Steinbocks in Feld 1 schwarz, die hier sieben Teilungen in Feld 1 unten sind ungleich breit und die Feldfarbe in Feld 2 ist blau, obwohl die Schraffur Schwarz nahelegt, in Feld 3 ist die Kleidung des Mannes grün mit goldener Knopfreihe. Die korrekten Farben werden durch die Schraffuren des außen am Kirchturm angebrachten bauplastischen Wappens belegt. Über der ovalen Kartusche ist die Mitra des Abtes positioniert, schräglinks ragt das gestürzte, silberne und golden gegriffte Schwert hinter der gemalten Architekturrahmung des Chorbogens hervor, schrägrechtshinter der von Muschelornamenten eingefaßten Kartusche der goldene Krummstab des Abtes.

Die zweite Kartusche auf der anderen Seite faßt die drei Komponenten des Obermarchtaler Klosterwappens in einem halbgespaltenen und geteilten Schild zusammen, Feld 1 (oben rechts): in Gold eine rote, dreilätzige Kirchenfahne mit drei Ringen entlang der Oberkante (Wappen der Pfalzgrafen von Tübingen, für den Stifter von Kloster Marchtal, Hugo Pfalzgraf von Tübingen), Feld 2 (oben links): in blauem Kürsch ein Pfahl von Hermelin mit drei schwarzen (hier falsch goldenen) Hermelinschwänzchen übereinander (Wappen der Grafen von Bregenz, für des Stifters Frau, Elisabeth von Bregenz), Feld 3 (unten): in Rot (hier ganz falsch grün) über einem grünen Dreiberg gekreuzt ein goldener Schlüssel schrägrechts, der Bart nach oben und auswärts gelegt, und schräglinks ein silbernes, golden gegrifftes Schwert, über allem oben ein goldener Stern (Stiftswappen in der dritten Form, wie sie ab Ende des 17. Jh. üblich wurde). Diese Komponenten werden ausführlich im Kapitel zu Kloster Obermarchtal diskutiert. Übrigens spiegelt auch das heutige Kommunalwappen von Unterwachingen diese enge Verbundenheit mit dem Kloster wider, denn es zeigt in geteiltem Schild oben in Silber einen liegenden roten Doppelhaken (Wolfsangel), unten in Rot schräggekreuzt ein silberner Schlüssel, der Bart nach oben und außen gerichtet, und ein silbernes Schwert. Die obere Hälfte spiegelt das Wappen der Herren von Emerkingen wider, die untere Hälfte das Kloster Obermarchtal.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.2017061,9.6428687,20z - https://www.google.de/maps/@48.2017061,9.6428687,80m/data=!3m1!1e3
Pius Bieri: Abt Edmund Sartor:
https://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Bauherr/h-r/Obermarchtal_Sartor.html
Wilfried Schöntag, Das Bistum Konstanz 6: Das reichsunmittelbare Prämonstratenserstift Marchtal, Germania Sacra. Dritte Folge 5, 786 S., Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston 2012, ISBN: 978-3110253122 -
https://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0023-9A0A-F - http://personendatenbank.germania-sacra.de/books/view/69 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0023-9A0A-F/3.F.%205%20Schoentag%20Marchtal.pdf
Unterwachingen auf Leo-BW:
https://www.leo-bw.de/en-US/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/16969/Unterwachingen - https://www.leo-bw.de/fr/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/16968/Unterwachingen
Besucher-Information in der Pfarrkirche
Seelsorgeeinheit Donau-Winkel:
https://se-donau-winkel.drs.de/munderkingen/unterwachingen.html
Gemeindeseite Unterwachingen:
https://www.unterwachingen.de/gemeinde/geschichte.html

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