Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3132
Oberstadion (Alb-Donau-Kreis)

Die kath. Pfarrkirche St. Martinus in Oberstadion

Die katholische Pfarrkirche St. Martinus befindet sich im Ortszentrum nördlich des Schlosses und Schloßparks. Die Kirche ist im wesentlichen ein von der Spätgotik geprägtes Bauwerk mit wertvoller Ausstattung aus der Gotik und aus dem Barock. Ab 1470 errichteten die damaligen Ortsherren Wilhelm und Burkart von Stadion die Kirche, die 1473 im Rohbau fertiggestellt war. Die Weihe erfolgte 1482 durch den Konstanzer Fürstbischof Otto IV. Graf von Sonnenberg, Truchseß von Waldburg. Aus spätgotischer Zeit stammen das Chorgestühl, eine frühe Arbeit des Meisters Jörg Syrlin aus der Ulmer Schule, und die Sakramentsnische. Aus der Spätgotik stammen weiterhin mehrere Flügelaltäre, z. B. der alte Hochaltar, der Marien-Altar im rechten Seitenschiff und der Annen-Altar im linken Seitenschiff. Nicht nur die Schnitzereien, sondern vor allem auch die Altargemälde sind kunsthistorisch hochkarätig. Im Jahre 1585 erfuhr die Kirche eine Erweiterung, dabei wurden die gräfliche Gruft mit der Annen-Kapelle und einer erhöhten Sakristei angebaut. Ende des 17. Jh. wurde das rechte Querhaus angebaut, um ein symmetrisches Erscheinungsbild der Kirche zu erhalten; doch die Dimensionen sind stark unterschiedlich. Im 18. Jh. wurde die Kirche barockisiert und erhielt Volutengiebel am Turm und an den Querschiffen. Mehrere neue Altäre und Gemälde brachten den Barock in den Innenraum, auch die Kanzel, der Herrschaftsstuhl und das Orgelgehäuse stammen aus der Barockzeit. En gedeckter Gang verbindet die Kirche südwärts mit dem Schloßgelände. Der Kirchturm wurde 1808 bei einem Brand schwer beschädigt und konnte erst 1846 mit dem heutigen oberen Abschluß wiederhergestellt werden. Innen zeugen mehrere wappengeschmückte Epitaphien und Ausstattungsstücke von den wechselnden Familien der Ortsherrschaft.

Epitaph in der Kirche: Hans von Stadion (-1458)
Das schönste Epitaph der Kirche ist eine Arbeit von Jörg Syrlin d. J. Es ist für Hans von Stadion (-1458), gen. der Reiche, und wurde 1489 hergestellt. Das Epitaph ist zwar heute aufrecht an einem Pfeiler angebracht, doch das Kissen unter dem Kopf des Verstorbenen verweist noch auf den Gebrauch bei Liegefiguren auf Tumbengräbern. An den Seitenrändern können wir folgende Inschriftenbruchstücke lesen: links "Anno D(o)m(ini) m cccc lviii an san(k)t andreas tag starb herr" (Teil 1), rechts "oberstadion die kirchen und ander zugehörd wider un(d)" (Teil 3), der Text an der Unterseite ist schlecht erhalten und noch schlechter zu lesen und müßte sinngemäß heißen: "hans von Stadion, er erlangte zu" (Teil 2). Seitlich steht auf der Vorderseite, daß er der Stifter dieses Gotteshauses war (Teil 4), in zwei sich überlagernden Farbschichten, einmal in Rot, und einmal in Schwarz.

Die eigentliche Besonderheit ist der gestürzte Helm an der rechten Seite der Figur. Das Stürzen eines Wappens oder eines Wappenteiles ist üblicherweise das Zeichen für das Erlöschen. Hier ist nur der Helm gestürzt, ein Hinweis nicht auf Erlöschen der Familie, sondern nur eines Familienzweiges. Der gestürzte Helm mit seinem riesigen, konusförmigen Pfauenstoß reicht über 2/3 der Höhe der Platte. Hans von Stadion war ohne Nachkommen gestorben und hinterließ seine wiedererworbenen Güter als Fideikommiß der schwäbischen Linie, welche sein Bruder Ludwig gestiftet hatte. Die schwäbische Linie starb 1693 mit Josef Konrad von Stadion aus.

 

Ein zweites Detail ist ebenfalls bemerkenswert: Oben rechts sieht man das Symbol des Kronenordens (Abb. unten links). Und ein drittes nettes Detail gibt es zu entdecken: Die drei Wolfsangeln des Familienwappens sind auch auf der in der Rechten gehaltenen Waffe angebracht (Abb. unten rechts).

 

Unten sind drei Wappenschilde zu sehen, in der Mitte der für Hans von Stadion (in Schwarz drei goldene Wolfsangeln (Wolfsanker) übereinander, jeweils mit dem Ring nach unten gelegt, auf dem ungekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem hier schwarzen, meist aber roten, golden bequasteten Kissen eine goldene Wolfsangel (Wolfsanker), mit dem Ring nach oben gelegt, darauf ein Pfauenfederbusch, kompletter Helm gestürzt), optisch links der für die Ehefrau Margarethe/Margret von Stain (in Gold drei schwarze Wolfsangeln (Wolfsanker) übereinander, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken eine mit dem Ring nach oben gelegte schwarze oder goldene Wolfsangel (Wolfsanker), die Spitzen mit je einem Pfauenstoß besteckt, Scheiblersches Wappenbuch Folio 15, Siebmacher Band: Bad Seite: 77 Tafel: 46) und optisch rechts der für seine andere Frau, Anna von Kaltental/Kaltenthal (in Rot ein silbernes Hirschgeweih mit Grind (Schädeldecke), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender roter, mit einem silbernen Balken belegter Hirschrumpf, das Geweih dreimal rot-silbern geteilt, Berliner Wappenbuch, Scheiblersches Wappenbuch Folio 344). Die von Kaltental hatten ihre Burg Kaltental bei Stuttgart, heute noch namengebend für einen Stadtteil. Nach der Zerstörung ihrer Burg zogen die Herren von Kaltental nach Aldingen am Neckar. Beide Frauen sind auf dem unteren Rand inschriftlich zugeordnet.

Die Sache mit der Wiedergewinnung der Pfarrei verlief so: Ganz früher waren Burg, Dorf und Kirchensatz in Oberstadion ein Lehen der Herzöge von Teck. Dann kam es 1365 zu einem Tausch zwischen Herzog Friedrich von Teck und Eitel von Stadion: Der Besitz in Stadion, also Burg und Dorf, wurde aus der Lehenschaft entlassen und freies Eigengut, und dafür wurde das bisher freieigene Dorf Aigendorf ihm wiederum zu Lehen aufgetragen. Doch Ludwig von Stadion, österreichischer Vogt zu Weesen am Walensee, Vater des Eitel von Stadion, entdeckte im höheren Alter seine Berufung zu geistlichen Ritterorden und trat in die Johanniterkommende Überlingen ein. 1358 hatte er seinem Sohn den Kirchensatz zu Stadion abgekauft. Die Pfarrei in Oberstadion wurde 1395 der Johanniterkommende Überlingen inkorporiert. Erst 1452 konnte dieser Hans von Stadion hier den Kirchensatz zurückkaufen, und erst 1467 konnte sein Neffe und Erbe die letzten Rechte der Johanniter zurückkaufen und ihre Pfarrei aus der Inkorporation zurücklösen, wodurch die von Stadion wieder alleine Patronatsherren der Kirche geworden waren. 1468 wurde die Pfarrei neu bepfründet.

Epitaph in der Kirche: Veronika von Schwendi (-1585)
Das größte Epitaph in der Kirche ist dasjenige für Veronika von Stadion, geborene von Schwendi (-10.7.1585). Im oben halbkreisförmig geschlossenen Hauptfeld kniet die Verstorbene mit zum Gebet zusammengelegten Händen und daraus herabfallendem Rosenkranz vor dem nur mit einem Lendentuch bekleideten Christus, der ihr die Hand entgegenreicht. Obendrüber thront Gottvater in einer mächtigen Wolkenformation, unter der die Taube des Heiligen Geistes mit Nimbus auffliegt. Hinter der Protagonistin sind zwei U-förmig gebogene und mehrfach in Falten gelegte Schriftbänder aufgespannt, die zwei Texte tragen: "O Her Jessu Er Barm Dich Mein" - o Herr Jesu erbarme dich meiner, und: "Das bluot Macht Dich Von Sünden Rain" - das Blut macht dich von Sünden rein. Eine nächste Inschrift zieht sich über die bogenförmige Rahmung des Zentralfeldes. Die Sockelzone trägt als Inschrift: "O Lieber Gott und Herze Mein / Im Todt und Leben Bin Ich dein / den Schwachen Leib leg Ich von mir / Mein Arme Sel Bevilch(?) Ich Dir / Ain frölich Urstendt mir verleuch / Am Jüngsten tag mein fürsprech sey / Weih(?) nuhn Bis Wilkumen Mir / Dan Ich bin(?) Ibe Die Ewige thür / Dadurch man zu des Ewig Leben geth / So man am Jüngsten tag Aufersteth / Weil du glaublich und hofnung gehabt / Wurstu mit Ewiger Freud Begabt". Die entscheidende Inschrift mit den biographischen Angaben ist auf dem Gebälk oben zu finden: "Anno domini 1585 den 10 tag Juli Starb die Edel Ehren und Tugendtreich Fraw Ve/ronica von Stadion Geborne von Schwendi Witib Welcher gott Sampt allen .../.... (am Jüngsten tag Ein fröhliche Auferstehung verleihen wolle Amen)". Die letzte Zeile ist aufgrund der Höhe vom Sims zum größten Teil verdeckt. Darüber ist im Giebelfeld Vergänglichkeitssymbolik mit Totenschädel und Sanduhr zu sehen, und auf der schmalen Gesimskante darunter steht: "DIE STVND LAVFT ZV END DRVMB KHEHR DICH BEHEND DER TOD SCHONT NIT NIMBTS ALLS MIT". Ganz unten hat sich der Meister mit seinen Initialen "HA" verewigt, und dort ist als Jahreszahl 1584 eingeschlagen. Das Epitaph wurde also bereits zu Lebzeiten in Auftrag gegeben und ein Jahr vor Veronikas Tod fertiggestellt.

 

In der Mitte der Hauptszene ist zwischen Veronika von Schwendi und Christus das Wappen der von Schwendi dargestellt, leicht zu Christus hin eingedreht, in Blau (verblichen) ein goldener Balken, oben von drei und zwei halben, unten von drei silbernen (hier falsch ebenfalls goldenen) Rauten begleitet (in blau-silbern gerautetem Schild ein goldener Balken), auf dem Helm mit blau-silbernen Decken eine silberne Kugel mit einem hier ebenfalls falsch goldenen, nach Literatur und sonstigem Befund schwarzen Federbusch (Federstoß). Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 138 Tafel: 76, außerdem sind historische Abbildungen im Berliner Wappenbuch, im Scheiblerschen Wappenbuch Folio 154 und in vielen weiteren historischen Wappenbüchern zu finden.

 

Epitaph in der Gruft: Hans von Stadion (-30.10.1568)
Das schmal geschnittene Epitaph ist in der Gruft rechterhand der hinabführenden Treppe angebracht. Es erinnert an Hans von Stadion (-30.10.1568) und trägt ein Bildhauerzeichen "H". Das Inschriftenfeld ist unten vom Hauptfeld abgesetzt und trägt den Wortlaut: "Anno d(omi)ni 1568 den 30. o(c)tobris / Starb der Edell und vest hanns von / Stadion des hans simions vo(n) Stadion / un(d) der vo(n) honburg Sun dem gott g(nädig) s(ein) w(olle)". Der relativ jung verstorbene Hans von Stadion (1547-1568) war der Sohn von Hans Simon von Stadion und dessen zweiter Frau, Margarethe von Homburg. Der Großvater väterlicherseits war Johann Kaspar von Stadion, die Großmutter war Magdalena Christina von Pappenheim. Die Urgroßeltern väterlicherseits waren Wilhelm von Stadion (-1504) und Margareta von Urbach einerseits und Leonhard II. von Pappenheim und Klara von Rechberg andererseits. Die restliche Genealogie der mütterlichen Seite ist lückenhaft.

 

Insgesamt sind rings um das zentrale Stammwappen (wie beschrieben) acht Ahnenwappen auf dem Epitaph angeordnet. Oben sehen wir den Stammwappenschild Stadion heraldisch rechts oben (in Schwarz drei goldene Wolfsangeln (Wolfsanker) übereinander, jeweils mit dem Ring nach unten gelegt), den Wappenschild der von Pappenheim auf der Schwertseite als zweites von oben (blau-silberner Eisenhutfeh in drei Reihen, auf dem Helm eine wachsende Mohrin), den Wappenschild der von Homburg heraldisch oben links (in Gold ein schwarzes Hirschgeweih mit Grind, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein silberner Flug, ggf. bestreut mit gestürzten Lindenblättchen, Berliner Wappenbuch, Scheiblersches Wappenbuch Folio 125, Alberti S. 347, Rietstap/Rolland) und darunter denjenigen der von Seiboldsdorf (von Silber und Rot mit zwei Stufen schräggeteilt (Stufenschnitt), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein beiderseits von Silber und Rot schräg mit zwei Stufen geteilter Flug, rechts schräglinks, links schrägrechts, Berliner Wappenbuch, Wappenbuch des churbayrischen Adels Image 43, Siebmacher Band: Bay Seite: 22 Tafel: 16, Band: He Seite: 26 Tafel: 28, Band: Erg Seite: 9 Tafel: 3, Scheiblersches Wappenbuch Folio 150). Das Epitaph ist an der optisch rechten oberen Ecke beschädigt.

Die untere Gruppe besteht von optisch links nach rechts aus den Schilden Urbach (silbern-rot oder rot-silbern gespalten, zugehörige Helmzier: zu rot-silbernen Decken ein silbern-rot oder rot-silbern gespaltener Brackenrumpf, Scheiblersches Wappenbuch Folio 170, Siebmacher Band: WüA Seite: 16 Tafel: 8), Rechberg (in der Linie Hohenrechberg in Gold zwei voneinander abgekehrte rote Löwen mit verschlungenen Schwänzen, auf dem Helm mit silbern-roten Decken ein wachsender goldener Hirsch mit rotem Geweih und ebensolcher Bewehrung und Zunge, andere Linien benutzen Silber als Feldfarbe), Waldeck (in Silber über zwei schräggekreuzten roten Stäben bzw. einem erniedrigten roten Schragen ein oberhalber roter Adler, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken auf schwarzem Dreiberg ein goldener, golden gekrönter, schwarz verkappter, flugbereiter Falke, Siebmacher Band: Band: BayA1 Seite: 6 Tafel: 4, BayA1 Seite: 58 Tafel: 59, Band: BayA3 Seite: 127 Tafel: 86, Alberti S. 971, Scheiblersches Wappenbuch Folio 11) und Haus (in Silber ein schwarzer Balken, auf dem Helm mit silbern-schwarzen Decken ein silberner, mit einem schwarzen Balken belegter, pinienzapfenförmiger Federbusch, Berliner Wappenbuch, Rietstap)

Epitaph in der Gruft: Ludwig von Stadion (-1521)
Das Epitaph für Ludwig von Stadion (-1521) ist direkt neben der in die Gruft führenden Treppe zu finden und trägt als auf dem äußeren Rand umlaufende und mit den letzten Worten ins Zentralfeld übergreifende Inschrift den Wortlaut: "Anno d(o)m(ini) MCCCCCXXI ja(h)r ward der edel und vest ludwig von stadion uff afftermontag san(k)t gallen abend vor bain dem schloß erschossen dem got(t) gnad" und erstaunt durch den Hinweis auf den gewaltsamen Tod. Im Zentralfeld ist das Wappen der von Stadion wie beschrieben dargestellt.

 

Wappen an der Kanzel
Die Kanzel stammt aus dem Jahr 1773. Am von einem Putto getragenen Kanzelkorb ist ein vergoldetes Relief mit dem Thema "Das Buch mit sieben Siegeln" zu sehen. Am Schalldeckel ist oben das gänzlich vergoldete Wappen der Grafen von Stadion und Thannhausen dargestellt, geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz drei (2:1) gestellte goldene Tannenzapfen (Thannhausen), Feld 2 und 3: in Silber ein schwebendes rotes Tatzenkreuz, Herzschild: in Schwarz übereinander drei gestürzte goldene Wolfsangeln (Stammwappen Stadion). Dazu werden drei Helme geführt, Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem Kissen mit goldenen Quasten (fehlt hier) eine liegende, mit dem Ring nach oben gelegte goldene Wolfsangel (Wolfsanker), auf dem Ring mit einem naturfarbenen Pfauenfederbusch besteckt, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein goldener Zapfen, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer Flug. Diese Wappenvermehrung für die seit dem 25.4.1668 freiherrliche Familie ging einher mit der am 1.12.1705 erfolgten Erhebung in den Reichsgrafenstand. Die Begünstigten waren die Brüder Georg Heinrich und Johann Philipp von Stadion auf Warthausen und Thannhausen. Die am längsten bestehende war die böhmische Linie, die sich wiederum in die fridericianische und in die philippinische Linie aufteilte. Sie ist mit Philipp Franz Joseph Graf von Stadion (-13.9.1908) erloschen und damit auch das komplette Geschlecht.

 

Wappen am Herrschaftsstuhl
Im Chor befindet sich ein Herrschaftsstuhl mit den Wappenschilden der von Stadion (wie zuvor) und der Wambolt von Umstadt (schwarz-silbern geteilt mit drei allseits anstoßenden Rauten in verwechselten Farben nebeneinander, alternativ: in Schwarz fünf (3:2) silberne Dreiecke, alle aneinanderstoßend), datiert auf 1775. Dieses Wappenpaar verweist auf Johann Philipp Joseph Graf von Stadion zu Warthausen und Thannhausen (6.10.1652-2.1.1742) und seine dritte Frau, Maria Anna Isabella Freiin Wambolt von Umstadt (15.10.1684-12.8.1764). Er war der Sohn von Johann Christoph von Stadion (13.9.1610-) und Maria Magdalena von Ostein (22.10.1610-). Er heiratete in erster Ehe Anna Maria Eva Faust von Stromberg (2.8.1661-10.10.1683), in zweiter Ehe am 27.8.1685 in Mainz Maria Anna Gräfin von Schönborn (11.7.1669-26.11.1703) und schließlich in dritter Ehe am 28.10.1705 in Mainz die in Bensheim geborene Maria Anna Isabella Freiin Wambolt von Umstadt. Aus den drei Ehen hatte er jeweils 5, 9 und 10 Kinder. Dieser Johann Philipp Joseph Graf von Stadion wurde am 15.4.1686 Reichsfreiherr, und er kaufte im Jahre 1700 Warthausen mit Mundeldingen, Hundersingen, Mühlhausen und Rettighofen sowie 1708 Thannhausen. Er war Erbtruchseß des Bistums Augsburg, kaiserlicher, bischöflich-konstanzischer und kurmainzischer geheimer Rath und Großhofmeister. Seine dritte Frau war die Tochter von Friedrich Heinrich Freiherr Wambold von Umstadt (15.7.1628-14.12.1688) und Maria Eva Freiin von Hoheneck (22.5.1655-).

Im Hintergrund ist links neben dem Herrschaftsstuhl ein Totenschild für den Hoch- und Deutschmeister Johann Caspar von Stadion (21.12.1567-21.11.1641) an der Wand montiert, der zuvor Landkomtur der Deutschordensballei Elsaß und Burgund war, ehe er 1627 Hochmeister wurde. Außerdem war er kaiserlicher Hofkriegsratspräsident, Feldmarschall und Geheimer Rat.

Wappen am Marienaltar/Martinsaltar
Dieser Altar ist offensichtlich aus mehreren Teilen verschiedener barocker Altäre bei einer Renovierung zusammengesetzt worden. Das 1734 gemalte Altarblatt hat den hl. Martin und den Bettler zum Thema ("M. invenit et pinxit 1734"). Aber der Altar selbst wird prominent als Marienaltar bezeichnet und auf 1708 datiert ("ALTARE BENEFICII BEATISSIMAE VIRGINIS MARIAE noviter erectum Ao 1708"). An den Säulenpostamenten des Sockels sind zwei Wappenkartuschen angebracht, heraldisch rechts von Stadion, heraldisch links von Boineburg (schwarz-silbern geviert). Diese Kombination verweist auf die Stifter des Altars, oder zumindest dieses Unterbaus, der rund 30 Jahre älter ist als das Altarblatt, das waren Johann Jakob von Stadion und seine Frau Maria Katharina von Bemmelberg/Boineburg (19.3.1647-2.8.1706) und Erolzheim (die in Oberschwaben gelegene reichsständische Herrschaft Erolzheim wurde 1594 von Konrad XI. von Boineburg/Bemmelberg erworben) aus dem zur "weißen Fahne" gehörenden Stamm Bömmelberg (Bemmelberg, Boemelburg, Bömelberg). Die gleichen Wappen begegnen uns in der Gruft an einem 1710 zum Gedenken an die verwitwete Maria Katharina von Bemmelberg/Boineburg "ex pio legato" errichteten Altar, wo die Inschrift die Namen verrät. Es ist möglich, daß auch der Marienaltar und spätere Martinsaltar ein Vermächtnis von ihr ist und nach ihrem Ableben angefertigt wurde.

 

Weitere Wappendarstellungen in der gräflichen Gruft
In der gräflichen Gruft sind mehrere neuere Bronzewappen angebracht, die von Bestattungen während des 20. Jh. zeugen. Vor allem zeugen diese Wappen von einem neuerlichen Besitzübergang: Nach dem Erlöschen der Grafenfamilie von Stadion erbte ein Zweig der Grafen von Schönborn-Buchheim 1908 das Schloß Oberstadion und dazugehörenden Waldbesitz in Oberstadion und Thannhausen. Ihnen gehört das verwahrloste und dringend sanierungsbedürftige Schloß südlich der Kirche auch noch heute. Philipp Franz Joseph Graf von Stadion-Thannhausen (4.10.1847-13.9.1908) war kinderlos. Auch seine Onkel, Tanten, Großonkel und Großtanten waren nicht erfolgreich in der Zeugung möglicher Erben. Man mußte zurückgehen bis zu seinem Urgroßvater, Johann Hugo Joseph Franz Philipp Carl Graf von Stadion-Stadion und Thannhausen (1720-30.12.1785), der wiederum ein Sohn des oben beim Herrschaftsstuhl genannten Johann Philipp Joseph Graf von Stadion zu Warthausen und Thannhausen (6.10.1652-2.1.1742) war. Dieser Johann Hugo Joseph Franz Philipp Carl Graf von Stadion-Stadion und Thannhausen hatte nicht nur den Großvater des letzten Grafen zum Sohn, sondern auch eine Tochter, Maria Anna Theresia Johanna Walpurgis Philippina Gräfin von Stadion (1746-15.11.1813), die Hugo Damian Friedrich Carl Franz Erwein Graf von Schönborn (1738-29.3.1817) geheiratet hatte, und damit war die Verbindung zu den von Schönborn hergestellt, und über diese Verbindung wurde der Besitz in Oberstadion vererbt.

 

Abb. links: bronzene Gedenkplakette für Philipp Franz Joseph Graf v. Stadion-Thannhausen (4.10.1847-13.9.1908) mit dem Stammwappen Stadion. Abb. rechts: bronzene Gedenkplakette für Katharina Gräfin von Schönborn-Buchheim-Wolfsthal, geb. Märkl 19.3.1911-7.2.1967) mit dem Schönborn-Stammwappen, in Rot ein auf drei aufsteigenden silbernen Spitzen schreitender, blau oder golden gekrönter goldener Löwe, auf dem Helm mit rot-goldenen (oder rot-silbernen) Decken ein blau (oder golden) gekrönter goldener Löwe sitzend zwischen zwei roten (oder rot-silbern im Spitzenschnitt geteilten) Büffelhörnern.

 

Abb. links: bronzene Gedenkplakette für Zdenko Graf von Schönborn-Buchheim-Wolfsthal (22.4.1917-18.3.1993). Abb. rechts: bronzene Gedenkplakette für Johanna Maria Gräfin von Schönborn-Buchheim-Wolfsthal, geb. Alberts (22.6.1924-18.8.1968).

 

Abb. links: bronzene Gedenkplakette für Zdenko Graf von Schönborn-Buchheim-Wolfsthal (10.2.1879-11.2.1960). Abb. rechts: bronzene Gedenkplakette für mehrere Familienmitglieder, neu sind die Wappen Kesselstadt (in Silber ein roter Drache) und Lobkowicz (geviert, Feld 1 und 4: silbern mit rotem Schildhaupt, Feld 2 und 3: in Silber ein schräggestellter roter Adler). Johann Philipp Franz Joseph Graf von Stadion-Thannhausen (6.11.1780-14.9.1839), königlich-bayerischer Unterlieutenant im 1. Ulanen-Regiment, hatte Maria Kunigunde Gräfin von Kesselstatt (28.8.1794-17.5.1872) geheiratet, und Eduard Joseph Philipp Graf von Stadion-Thannhausen (14.6.1833-5.11.1884) hatte Ludwiga Maria Leopoldine Caroline Johanna Prinzessin von Lobkowicz (15.5.1838-14.10.1907) geheiratet.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.1858079,9.6919644,20z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.1858079,9.6919644,84m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Gemeinde Oberstadion:
https://www.oberstadion.de/de/startseite
St. Martinus auf der Webseite der Gemeinde:
https://www.oberstadion.de/de/tourismus-kultur-freizeit/kultur/st-martinuskirche/st-martinus
St. Martinus in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/St._Martinus_(Oberstadion)
Seelsorgeeinheit Donau-Winkel:
https://se-donau-winkel.drs.de/ - Oberstadion: https://se-donau-winkel.drs.de/munderkingen/oberstadion.html
von Stadion in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stadion_(Adelsgeschlecht)
von Schwendi in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwendi_(Adelsgeschlecht)
von Schönborn in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6nborn_(Adelsgeschlecht)
Ahnenprobe Stadion/Wambold vom Umstadt:
https://images.monasterium.net/pics/AT-DOZA/Ahnentafeln/DOZA-Ahnenproben_Ri-0376-Nr.1732a_r.jpg
Siebmachers Wappenbücher wie genannt
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1

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