Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3197
Kastellaun (Rhein-Hunsrück-Kreis)

ev. Pfarrkirche Kastellaun: Franz Römer

Dieses Epitaph ist an der Südwestseite des Langhauses zu finden, am dritten Pfeiler des Hauptschiffes und zwischen dem zweiten und dritten Arkadenbogen, von Südosten gerechnet. Das 1601 angefertigte Kunstwerk von unbekanntem Bildhauer ist 2,10 m hoch und 1,20 m breit. Das Material ist Tuffstein mit im Zentralfeld eingelegter schwarzer Schiefertafel für die in goldenen Lettern aufgeführte Kapitalis-Inschrift mit zwei Abschnitten (Sterbeinschrift oben und Grabgedicht in Distichen unten). Insgesamt besitzt das Grabmonument den Aufbau einer dreizonigen Aedikula. Die Hauptzone wird von zwei allegorischen Frauengestalten flankiert, deren Unterarme sämtlich verloren gegangen sind. In der Unterhangzone ist eine querovale Rollwerkkartusche angebracht, in der ein schlafender Putto mit Sanduhr als Memento mori dargestellt wird. Zwei aus der Kartusche hervorwachsende, nach außen gewendete, oberhalbe geflügelte erotische Putten begleiteten die Kartusche. Der sich über dem Hauptgesims erhebende Aufsatz enthält neben den vier unten zu beschreibenden Wappen drei (1:2) Putten mit Todessymbolen, so hält der rechte einen Totenschädel und einen sich aufdrehenden Tampen, der linke eine Sanduhr und einen zweiten sich in seine Kardeele auflösenden Tampen, und der obere hält einen weiteren Schädel.

 

Die Inschrift lautet: "EPITAPHIVM / SPECTATISSIMI ATQVE PRVDENTISSIMI VIRI D(OMINI) FRANCISCI / ROMERI THRORBACENSIS, CASTELLHVNENSIS OLIM PRAEFE/CTI EMERITI: QVI PLACIDE IN CHRISTO OBDORMIVIT / ANNO REPARATAE SALVTIS M. D. CI. 28 / NOVEMBRIS: ANNO AETATIS SVAE VNDESE=/PTVAGESIMO // D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRVM) / CONDITVS HAC RECVBAT FRANCISCVS MOLLITER VRNA, / RÖMERIANAE INTER LVMINA PRIMA DOMVS / PATRIA ERAT VALLIS CVI MOSSELLANA, VETVSTA, / QVA THRONVS EST BACCHO, RELLIGIONE, SACER / MATVRO PATRIAE COEPIT, QVAM DEBVIT, AEVO, / SOLVERE GERMANAM CVM PIETATE FIDEM, / HIC, VBI CASTELLO VETVS EST COGNOMEN AB HVNNIS / PRAETVRAM, ANTE ANNOS, NON SINE LAVDE GERENS / QVA BENE DEFVNCTO BIS SEPTEM ET QVATVOR ANNOS, / VIRTVTE AD RELIQVOS EST VIA APERTA GRADVS: / QVANDO DVCVM AVSPICIIS AMBORVM ET NOMINE, RERV(M)/MISSA EST ROMERI SVMMA SVB ARBITRIVM, / CVRIA, ET ILLVSTRES QVAS HIC SPONHEMIDOS AEQVO / IVRE TENENT PROCERES CONVENIENTER OPES. / HAS QVOQVE SIC HABVIT DIGNE FRANCIS(CVS) HONORES, / ESSET PRINCIPIBVS CARVS VT VSQ(VE) VIRIS / TANDE(M) EXECRANDOS FVGIENS, QVOS FRAVDE RECENTI / SANXERAT ANSONII PRAESVLIS AVLA, MODOS, / MALVIT HANC, LVSTRIS QVAM GESSERAT AMPLIVS OCTO, / SPARTAM, QVAM MAGNVM DESERVISSE DEVM: / QVEM PENES, AETHEREA(M) IAM NVNC TRADVCT(VS) AD AVLAM, / PER MELIORA AEVVM FATA BEATVS AGIT / SALVE CARE PARENS, COELI NOVVS INCOLA; SALVE / ATQ(VE) HOC A NATIS PIGNVS AMORIS HABE." - Epitaph des sehr geachteten und sehr klugen Mannes, des Herrn Franziscus Römer aus Trarbach, einstiger und emeritierter Amtmann von Kastellaun, der sanft in Christus entschlafen ist im Jahr der Wiederherstellung des Heils 1601 am 28. November, seines Alters im 69. Lebensjahr. Dem besten und größten Gott geweiht, geborgen in dieser Urne ruht sanft Franz, eines der hell leuchtendsten Mitglieder des Hauses Römer. Seine Heimat war das Moseltal, das altehrwürdige, in dem der Thron des Bacchus steht, heilig durch die Religion. In reifem Alter begann er, dem Vaterland in frommer Pflichterfüllung die rechte Treue zu erweisen, wie es sich ziemt. Hier, wo das Kastell den alten Beinamen von den Hunnen trägt, übte er nicht ohne Wertschätzung vor Jahren das Schultheißenamt aus. Nachdem er dieses zweimal sieben und vier Jahre lang gut verwaltet hatte, wurde ihm dank seiner Tugend der Weg zu den übrigen Rängen eröffnet, als auf Geheiß und im Namen beider Herzöge die oberste Leitung des Gemeinwesens der Schiedsgewalt des Römer unterstellt wurde und auch die Machtmittel, die hier die Vornehmen der Sponheimer mit gleichem Recht in geziemender Weise besitzen. Auch diese Ehrenstellung hielt Franz so würdevoll inne, daß er den Fürsten immer wertvoll war. Schließlich verweigerte er sich den fluchwürdigen Prozeßmethoden, die jüngst der Hof des römischen Bischofs trugvoll angeordnet hatte, und zog es vor, lieber dieses Amt, das er mehr als acht Jahresläufe innegehabt hatte, aufzugeben, als sich vor dem großen Gott abzukehren. Bei dem letzteren weilt er nun, hinübergeführt zum himmlischen Palast, als ein Seliger und genießt ein besseres Schicksal. Sei gegrüßt lieber Vater, neuer Bewohner des Himmels, sei gegrüßt, und empfange dies als Zeichen der Liebe von den Söhnen.

Darin sind ein paar interessante Aspekte seines Lebenslaufes enthalten: Er stammte aus Trarbach und war seit 1561 als Schultheiß und Keller in Kastellaun im Amt für die gemeinsame Verwaltung der Vordergrafschaft durch die Pfälzischen Kurfürsten bzw. Herzöge und badischen Markgrafen. 1563 erwarb er das Kastellauner Burglehen, also ein Haus am Schloßberg und eine jährliche Rente von einem halben Fuder Wein. Dazu hatte er noch mehrere Weinbergslehen an der Mosel, "wo Bacchus seinen Thron hat". Außerdem war er 1570-1571 und 1573-1596 Amtmann in Kastellaun, 23 Jahre in diesem Amt (eigenartig ist die Zeitangabe "LVSTRIS QVAM GESSERAT AMPLIVS OCTO" = das er mehr als acht Jahresläufe innegehabt hatte, weil keine Zäsur im 8-Jahres-Abstand feststellbar ist und kein Bezug zur Zahl 8 existiert). Befremdlich und abwegig ist in der Inschrift der völlig ahistorische Zusammenhang Kastellaun = Castelhun = Castell-hun = Castellum Hunnorum = Burg der Hunnen. Das ist so falsch, daß das auch nicht mehr als fades Wortspiel akzeptiert werden kann, wurde aber in der damaligen Zeit als Erkenntnis gehandelt. 1596 betrieb der katholische Eduard Fortunatus Markgraf von Baden seine Absetzung, während der andere Besitzer, der evangelische Herzog Karl von Pfalz-Birkenfeld nichts gegen ihn hatte. Franz Römer war Anhänger der evangelischen Konfession und war nicht bereit, die von der katholischen Kirche (ausonius = römisch oder lateinisch, also Bischof oder Papst) angeordneten Maßnahmen (gemeint sind die im Beltheimer Gericht abgehaltenen Hexenprozesse) umzusetzen, und deshalb mußte er seinen Dienst quittieren, vermutlich ein Bauernopfer in einem Meinungsstreit zwischen den beiden Eigentümern der Vordergrafschaft. Dann wechselte er den Job und war 1599-1601 pfalz-zweibrückischer Keller auf der bei Mainz gelegenen Burg Stadeck im heutigen Stadecken-Elsheim. Franz Römer starb, während er in Dill seinen Sohn Philipp Otto Römer besuchte.

Der Aufsatz ist gegliedert in das Wappen des Ehemannes im oberen Bereich und die drei Wappen seiner drei Ehefrauen im unteren Bereich. Das Wappen Römer ist ganz oben im Aufsatz über allen anderen Wappen angebracht und zeigt einen fliegenden Vogel über zwei Wellenbalken, auf dem Helm ein Paar Büffelhörner; weitere Elemente und Details waren vorhanden, sind jedoch verlorengegangen. Das Wappen wird im Siebmacher Band: Bg10 Seite: 66 Tafel: 75 ohne Angaben zu Tinkturen und Kleinod beschrieben und ist auch bei Meyer danach verzeichnet. Franz Römer, für den dieses Wappen steht, war der Sohn von Jacob Römer, Wirts und Gerichtsschöffe in Trarbach, und dessen Frau Anna Murer.

Darunter sind insgesamt drei Vollwappen auf einer Ebene angebracht; in der Mitte sehen wir das Wappen Rhodler. Interessant ist der Vergleich mit Epitaphien in Simmern, wo mehrfach ein Wappen Rhodler auftaucht. Dort ist der Schild gespalten mit einem Hirschgeweih, auf dem Helm ein wachsender Mann zwischen zwei Hirschstangen, selbige mit seinen Händen erfassend, Tinkturen unbekannt, hier ist das Motiv gleichlautend in Schild und Kleinod mit dem wachsenden Mann zu sehen, der die zwei Hirschstangen mit den Händen ergreift. Franz Römer hat am 21.8.1570 in zweiter Ehe Elisabeth Rhodler geheiratet, wahrscheinlich die Tochter von Dr. Matthias Rhodler, der pfalz-simmernscher Kanzler war, jedenfalls die Witwe von Philipp Flad aus Kirchberg.

 

Über dem optisch linken Pilaster ist das gewendete Vollwappen der von Koppenstein angebracht, blau-golden geschacht mit einem roten Freiviertel, darin ein Vogel (nach Gruber ein schwarzer Rabe, nach Siebmacher ein silberner Vogel), auf dem Helm mit blau-goldenen Decken der Vogel zwischen zwei blau-golden geschachten Büffelhörnern, wobei hier die Details nicht aufgelöst sind. Bei den Koppensteinern gibt es noch andere Varianten, vgl. bei Zobel. Franz Römer hat vor 1555 in erster Ehe Barbara Koppensteiner (-1569) aus Trarbach geheiratet, für die in der Kirche ebenfalls ein Epitaph existiert. Über dem optisch rechten Pilaster ist das Wappen der Familie Ziegelein angebracht, ein aufspringendes Pferd, desgleichen auf dem Helm; die Tinkturen des nicht in den Standardsammlungen verzeichneten Wappens sind unbekannt. Franz Römer hat am 19.1.1573 in dritter Ehe Philippina Ziegelein geheiratet, die aus Andernach stammende Tochter von Melchior Ziegelein.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.0726961,7.4390894,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@50.0726596,7.4389983,108m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Evangelische Kirchengemeinde Kastellaun
https://www.ekgkastellaun.de/
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus der Kirche mit freundlicher Erlaubnis des Presbyteriums der Kirchengemeinde vom 4.7.2025, wofür ihm und Herrn Pfarrer Knut Ebersbach an dieser Stelle herzlich gedankt sei
Die Inschriften der evangelischen Pfarrkirche in Kastellaun, bearbeitet von Susanne Kern, Inschriften Mittelrhein-Hunsrück, Heft 11, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V., Mainz 2008, Nr. 3
Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II (ehem. Lkrs. Simmern und westlicher Teil des ehem. Lkrs. St. Goar), Bd. 79 der Reihe "Die Deutschen Inschriften", gesammelt und bearbeitet von Eberhard J. Nikitsch, Wiesbaden 2010, ISBN: 9783895006678, Nr. 129
Deutsche Inschriften Bd. 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 129 (Eberhard J. Nikitsch), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0012904 - https://www.inschriften.net/rhein-hunsrueck-kreis-ii/inschrift/nr/di079-0129.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=492085a27384d53e559dd74ffdce250b
Georg Jakob Meyer: Hausmarken und Wappen aus dem moselländischen Raum, Band 7, Bürgerliche Wappen aus dem Bezirk Koblenz
von Koppenstein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Koppenstein_(Adelsgeschlecht)

ev. Pfarrkirche Kastellaun: Junker Simon von Sponheim - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Graf Simon II. von Sponheim - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Karl Beusser von Ingelheim - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Gabriel Eschenfelder - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Christoph Viel und Angehörige - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Barbara Koppensteiner - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Jeremias Heiderich Orth

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