Bernhard
Peter
Rund
um die Wappenführung:
Wappenannahme und Wappenstiftung
Wappen
- ein Privileg des Adels? Mitnichten!
Es ist ein
verbreitetes
Vorurteil, das Besitzen eines Wappens hinge mit Adel zusammen.
Dem ist definitiv nicht so. Wappenführung ist kein Privileg
des
Adels. Lediglich der Adel war es, der historisch betrachtet mit
dem Wappenwesen anfing, zuerst Wappen führte. Daß
Wappenführung ein Privileg des Adels sei, ist eine Irrlehre,
die
u. a. vom Rechtshistoriker Felix Hauptmann (1856-1934) verbreitet
wurde. Bürgerliche, Städte, Vereine etc.
können sehr wohl
Wappen führen. Und Bürgerliche haben in vergangenen
Jahrhunderten stets Wappen besessen und geführt, und das
bereits
seit dem 14. Jh. Insbesondere durch die Notwendigkeit der
Siegelführung - vor allem in Händlerkreisen - ergab
sich die
Annahme eines Wappens für bürgerliche
Stände, und die Siegel
wiederholten gewöhnlich als Motiv das Wappen der
Träger. Es gab
keine "Wappenfähigkeit", die auf bestimmte
gesellschaftliche Kreise und Schichten begrenzt gewesen wäre.
Die Unterscheidung von Bürger- und Adelswappen kann durch die
Wahl der Darstellung im Detail erfolgen (dazu an anderer Stelle
mehr), aber es gibt auch hier keine generelle
Zuordnungsgewißheit anhand einer gegebenen Darstellung. Die
Abschaffung der Adelsprivilegien hat auch keine Auswirkungen auf
die Berechtigung zur Führung alter bzw. Annahme neuer Wappen.
Adel und Wappen sind zwei vollkommen verschiedene Dinge, auch
wenn historisch der Adel die Einführung und Entwicklung von
Wappen vorantrieb und das Bürgertum nachzog.
Insofern beruhen die Bestimmungen des österreichischen Adelsaufhebungsgesetzes, das mit den Vorrechten und Titeln des Adels auch die Wappen abschaffte, auf einem großen Irrtum. Das Wappenwesen ist kein Privileg des Adels, sondern Bestandteil der abendländischen Kultur.
Wappen
nur für Waffenfähige? Mitnichten!
Auch
juristische Personen und
Personengemeinschaften als rechtsfähige
Körperschaften können
ein Wappen führen. Das trifft zu für Institutionen
wie
Universitäten, Korporationen, eingetragene Vereine und
Gemeinden. Und vor allem sind auch Lände und Staaten Besitzer
von Wappen - eigentlich paradox, weil sie weder waffen- noch
wappenfähig im engeren Sinne sind und dennoch Wappen als
Hoheitszeichen schon seit der Frühzeit der Heraldik
führen.
Staats- und Landeswappen haben teilweise ihren Ursprung in
Dynastenwappen, und in Analogie zogen andere Länder nach und
nahmen Hoheitszeichen an.
Eines der wichtigsten Wappen des Abendlandes ist das Adlerwappen des deutschen Königtums und Kaisertums. Der Adler war schon im römischen Reich Staatssymbol, und ebenso im Frankenreich Karls des Großen, und das einschlägig mit der Bedeutung Staat und Herrschaft belegte vorheraldische Symbol wurde mit der Entstehung der Heraldik für das Heilige Römische Reich adaptiert. Die deutschen Könige und Kaiser siegelten schon zur Zeit Konrads II. 1026 mit dem Adlersymbol. Der schwarze Adler im goldenen Schild, also die heraldische Umsetzung, ist seit der Zeit Kaiser Ottos IV. um 1209 in Gebrauch. Die älteste Farbdarstellung dieser heraldischen Adaptation ist im Braunschweiger Dom zu sehen. Spätestens seit 1433 unterscheidet man den einköpfigen Adler des deutschen Königtums und den doppelköpfigen Adler des Reiches und des Kaisers. Das zweite deutsche Kaiserreich führte hingegen nur den einköpfigen Adler, um sich vom Habsburgerreich hinreichend abzusetzen, das sich in Nachfolge des Alten Reiches des Doppeladlers bediente, nun aber getrennte Wege ging. Entsprechend blieb der einköpfige Adler den beiden deutschen Republiken als Symbol, 1919 durch Ebert und 1950 durch Heuß. Der Dreiklang mit der Farbe Rot entstand erst im 14. Jh., als die Nebenteile, also die Zunge und die Füße des Adlers, rot abgesetzt wurden. Der Schnabel wurde erst ab dem 18. Jh. ebenfalls rot abgesetzt. Der preußische Adler hingegen hat nicht diesen Adler als Wurzel, sondern die Symbolik des Deutschen Ordens, weshalb der preußische Adler zwar ebenfalls schwarz ist, aber in silbernem Feld steht.
Ebenfalls in diese Rubrik der Wappen juristischer Personen fallen diejenigen der Städte, die seit dem 13. Jh mit der Wappenführung begannen. Sie nahmen Wappen aus eigener, freier Entscheidung an, auch wenn die Wappenbilder sich häufig aus Siegeln entwickelten. Prinzipiell unterscheiden sich die Wappen der Städte nicht von Familienwappen: Der Aufbau ist völlig analog, auch wenn die meisten Städte auf ein Oberwappen verzichten oder andere Zeichen wie eine Mauerkrone quasi als Rangkrone verwenden. Die Landesherren beanspruchten später ein Verleihungsrecht für Wappen an Städte und Märkte. Das kommunale Wappenwesen wurde ab 1925/1935 in den deutschen Gemeinde- und Landkreisordnungen auf alle nichtstädtischen Gemeinden und Gemeindeverbände ausgedehnt.
Familienwappen:
Namensgleichheit ist nicht Wappengleichheit!
Familienname
und Wappen sind
grundsätzlich zwei verschiedene Dinge. Es ist falsch,
daß zu
jedem Namen ein Wappen gehört. In der Tat kann man sich
juristisch in Teufelsküche bringen, wenn man von
Namensgleichheit auf Wappengleichheit schließt und einfach
anderer Leute Wappen annimmt, bloß weil man gleich
heißt.
Richtig ist, daß für die Wappenführung
ausschließlich die
genealogische Stammfolge entscheidend ist. Richtig ist, daß
ein
Wappen verliehen, gestiftet oder durch einseitigen Rechtsakt
angenommen werden muß - und dann von den
Abkömmlingen gleichen
Namens geführt werden darf (außer wenn der Stifter
Abweichendes
festlegt).
Falsch ist, daß Familien gleichen Namens gleiche Wappen führen. Richtig ist, daß nur die Nachkommen des Stifters führungsberechtigt sind. Familien mit gleichem Namen können sehr unterschiedliche Wappen führen. Selbst Zweige ein und derselben Großfamilie können unterschiedliche Wappen führen Auch bei heute neu gestifteten Wappen ist nicht automatisch die ganze Großfamilie führungsberechtigt, sondern der Wappenstifter legt den Kreis der Führungsberechtigten fest. Einmal festgelegt, kann er nur unter Zustimmung aller Berechtigten erweitert werden.
Haben
alle Familien einmal ein Wappen geführt? Nein!
Falsch ist
ferner, daß alle
Familien einmal ein Wappen geführt hätten. Auch dies
ist eine
verbreitete Irrlehre. Ein Wappen hat geführt, wer eines
angenommen oder gestiftet hat oder eines verliehen bekommen hat.
Dies ist längst nicht bei allen Familien der Fall, und der
Großteil der Familien hat mangels eines sich ergebenden
Bedarfes
nie ein Wappen geführt. Ob sich ein Bedarf zur
Wappenführung
ergab, hängt von den gesellschaftlichen Umständen und
den
Lebensumständen der Vorfahren ab. Nur beim Adel kann aufgrund
der adeligen Lebensweise grundsätzlich davon ausgegangen
werden,
daß ein Wappen mit hoher Sicherheit geführt wurde.
Bei Bürgern
ist dies vom Beruf, vom Bildungsgrad, aber auch von der
regionalen Herkunft abhängig - es gab mehr und weniger
wappenfreudige Landstriche. Bei Personen höheren
Bildungsstandes
oder in gehobener Position ist es durchaus wahrscheinlich,
desgleichen bei Händlern (Siegelwesen!), aber bei Bauern,
Handwerkern, Bergarbeitern, Schäfern etc. ergaben sich wohl
eher
keine Notwendigkeiten oder Gelegenheiten zur Wappenführung.
Dies
ist keine Frage des prinzipiellen Ausschlusses bestimmter
Gesellschaftsschichten, sondern eine des Bedarfes: Wer keine
Berührungspunkte mit Verträgen, Urkunden etc. hat,
hatte
einfach keinen Bedarf.
Darf
man Wappen ausgestorbener Geschlechter gleichen Namens
übernehmen?
Nein!
Falsch ist, daß Wappen
erloschener Familien gleichen Namens übernommen werden
können.
Richtig ist, daß nur die Abstammung vom Wappenstifter zur
Führung berechtigt. Richtig ist ferner, daß ein in
väterlicher
Linie früher geführtes Wappen jederzeit reaktiviert
werden
kann, wenn die Genealogie stimmig ist und der Name noch besteht,
also die Abstammung von einem führungsberechtigten Vorfahr
gleichen Familiennamens nachgewiesen werden kann. Bei Wappen gilt
stets der Einmaligkeits- und Ausschließlichkeitsgrundsatz,
und
im Sinne der Wappeneindeutigkeit müssen die Wappen
unterschiedlicher Familien - auch gleichen Namens - verschieden
sein, um jederzeit eine eindeutige Zuordnung und Identifizierung
einer bestimmten Abstammungsgemeinschaft gleichen Namens zu
ermöglichen. Die absichtliche und wissentliche Annahme eines
vergebenen Wappens, das bereits von einer anderen
Abstammungsgemeinschaft geführt wird, nennt man Usurpation.
Gegen die Annahme von Wappen ausgestorbener Familien spricht aber
auch, daß man auf keinerlei Weise dem Abstammungsschwindel
Vorschub leisten sollte.
Das
Märchen vom abgelegten Adel
Immer
wieder werden
Familienlegenden erzählt im Sinne von "wir waren
früher
mal adelig". Meist wird als Begründung Verarmung
angeführt. Dies ist in der Regel völliger Humbug. Es
gibt zwar
adelsrechtlich prinzipiell den Verlust von Adel z. B. durch infolge
strafgerichtlicher Verurteilung wegen bestimmter
Kapitalverbrechen oder durch Verhängung der Reichsacht, oder es gab das Ruhen von Adel aufgrund nicht
standesgemäßer Tätigkeit wie die
Ausübung niederer Gewerbe während
der
Dauer derselben. Und es gab auch tatsächlich den Vorgang des
Adelsverzichtes durch eine
ausdrückliche und förmliche Erklärung des
Verzichtenden
gegenüber dem Staat, ggf. noch unter der Bedingung einer
Genehmigung. Es gibt aber
nur ganz
wenige, dokumentierte Fälle, keinesfalls war das ein
Massenphänomen. Bei dem Märchen vom "abgelegten Adel"
handelt es sich vielmehr um Sand, den Wappenschwindler
gutgläubigen Käufern in die Augen gestreut haben, um
den
arglosen Toren ein altes Adelswappen aus den einschlägigen
Sammlungen widerrechtlich andrehen zu können. Das
Märchen wurde
stets gerne geglaubt und ließ die Kasse des Wappenschwindlers
klingeln, denn eine so "schöne Erkenntnis" war stets
bestens geeignet, Nachfragen im Keim zu unterbinden. Also in der
Regel handelt es sich um eine reine Schutzbehauptung eines
Geschäftemachers, die in keiner Weise mit der
Familiengeschichte
übereinstimmt.
Wie
nimmt man ein Wappen an?
In
Deutschland ist zur Zeit
die Annahme eines Wappens durch einseitigen Rechtsakt möglich.
Einseitiger Rechtsakt heißt: Sie brauchen weder eine
Behörde
noch einen Wappenbrief, um ein Wappen anzunehmen. Es genügt,
für sich selbst ein Wappen durch eigene
Willenserklärung
anzunehmen. Es gibt in Deutschland keine Behörde und kein Amt,
das die Annahme reguliert oder Genehmigungen erteilt. Der
Annehmende oder Stifter (s. u.) eines Wappens kann das ganz
alleine.
Einmaligkeitsprüfung
- zwingende Voraussetzung der Wappenannahme
Das Wappen
ist durch ein
ausschließliches Führungsrecht an den Kreis der
Berechtigten,
also den Stifter und seine familiennamensgleichen Nachkommen,
gekoppelt, wie bei anderen Kennzeichnungsrechten auch. Einzige
Voraussetzung ist, die Rechte anderer nicht zu verletzen.
Grundsätzlich sollte jedes Wappen einmalig sein
(Ausschließlichkeitsgrundsatz, basiert auf der grundlegenden
Forderung nach Unterscheidbarkeit von Wappen). Vor der Eintragung
eines Wappens wird deshalb recherchiert, ob es das Motiv schon
einmal gibt. Dazu werden sämtlich großen Sammlungen
durchgeschaut - alles, was im Siebmacher, im Rietstap, in der DWR
und sonstigen heraldischen Publikationen von einer Familie - ob
lebend oder erloschen - bereits belegt ist, ist tabu. Auch wenn
es noch so schön sein sollte - Finger weg, das gehört
jemand
anderem, der ganz furchtbar böse werden könnte, wenn
er sein
Wappen bei Ihnen entdecken sollte. Und er hätte Recht.
Es
ist Ihr Risiko!
Wenn diese
Einmaligkeitsprüfung versäumt wird, und
später jemand
nachweist, daß sein Anspruch auf das Wappen diesen Inhaltes
älter ist - Pech gehabt! Deshalb ist es bei der Annahme von
Wappen ungeheuer wichtig, daß eine Prüfung auf
Einmaligkeit
durchgeführt wird. Dieser Service wird nur bei
seriösen
Heraldikern angeboten, die anhand eines ausgedehnten Archives
(staatliche Archive, Vereinsarchive, private Sammlungen der
betreffenden Heraldiker) die Prüfung auf Einmaligkeit
durchführen. Bedenken Sie das Risiko: Unterbleibt diese
Prüfung, ist der ganze Aufwand evtl. hinfällig, wenn
sich
herausstellt, daß Andere ältere Ansprüche
auf dieses Wappen
geltend machen können.
Rechtsschutz
durch Publikation, Nachweis durch Dokumentation
Wappen sind
ein Rechtsgut!
Wappen genießen in Deutschland den gleichen Rechtsschutz wie
Namen, Markenbezeichnungen, Warenzeichen etc. Das Wappen einer
Familie steht in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem Namen und
wird demzufolge auch analog zum Namensrecht (§ 12 BGB)
geschützt.
Hier der entsprechende Paragraph im Wortlaut: § 12 BGB: "Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, daß ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen." Aus dem Namensrecht ergeben sich Ansprüche des Geschädigten: Beseitigungsanspruch, Unterlassungsanspruch sowie evt.. Schadensersatzanspruch. § 12 BGB ist analog anwendbar auf Wappen.
Zur Wahrung dieses Rechtes und der Prioritätsansprüche muß das Wappen registriert und besser noch veröffentlicht werden, am besten in einer Wappenrolle eingetragen werden, die in regelmäßigen Zeitabständen gedruckte Publikationen mit den Neueinträgen herausbringt. Diese Wappenrollen werden von verschiedenen heraldischen Vereinen geführt. Sinn der Sache ist die Bekanntmachung und der Nachweis, ab wann das Wappen von wem geführt wurde, um den besagten Rechtsschutz auch notfalls gerichtlich durchsetzen zu können. Nach Eintragung und Publikation besitzt man ein ausschließliches Recht auf den Schutz dieses Wappens und kann gegen jede Person gerichtliche Schritte unternehmen, die sich des Wappens unbefugt bedient. Auch ohne Eintragung darf man Wappen führen - lange nicht alle Wappen sind registriert! - aber mit Eintragung genießt das Wappen einen besseren Schutz gegen Dritte, denn Sie haben einen schriftlichen Beleg, ab wann das Wappen geführt und publiziert wurde. Aus eigenem Interesse sollte eine Eintragung in einer renommierten und seriösen Wappenrolle angestrebt werden, damit man seine Rechte gegenüber zukünftigen Antragstellern wahrt. Nur so wird das eigene Wappen bei einer Ausschließlichkeitsprüfung zukünftiger Antragsteller auch gefunden! Die Eintragung in ein Publikationsorgan ist eine Veröffentlichung, der Nachweis des Führens eines Wappens. Denn wenn Sie im stillen Kämmerlein ein Wappen annehmen - das kann niemand da draußen ahnen oder wissen. Ein Wappen muß auch geführt werden, und den besten Nachweis darüber können Sie durch Eintragung in eine Wappenrolle und Publikation in derselben erbringen.
Und nicht nur der Schutz des Wappens wird dadurch verbessert. Sehen wir es mal andersherum: So kann es auch für zukünftige Generationen von Familienforschern zur Verfügung stehen und von ihnen gefunden werden. Genauso wie wir heute auf die alten Wappenbücher, die großartigen Fleißarbeiten der Sammlung des Siebmacherschen Wappenwerkes etc. angewiesen sind, so werden auch zukünftige Forscher die Nachschlagewerke benötigen, um heute gestiftete Wappen in der Zukunft wiederzufinden. Was nicht in einschlägiger Literatur dokumentiert ist, könnte unter Umständen verloren gehen. Unzählige Wappen aus den letzten Jahrhunderten wurden nie dokumentiert und sind somit heute für die Forschung verloren, genauso würde es heute gestifteten oder angenommenen Wappen ergehen, wenn sie nicht in Werken bleibender Relevanz veröffentlicht werden. Auch aus diesem Grund sichert eine Registrierung in einer Wappenrolle die Kenntnis von einem Wappen auch für zukünftige Generationen und Zeiten.
Was
ist ein Wappenbrief?
Früher
war das Wappenrecht
hoheitlich geregelt, und in einigen europäischen
Ländern ist
das heute noch so. Ein Wappenbrief ist dann die Erlaubnis zur
Führung. In der Bundesrepublik ist die Annahme eines Wappens
ein
einseitiger Rechtsakt, der keinerlei Bestätigung oder
Genehmigung von Amts wegen bedarf. Sie selbst schaffen als
Stifter rechtliche Tatsachen. Ein Wappenbrief bescheinigt daher
lediglich die bestandene Prüfung auf Einmaligkeit und
heraldische Korrektheit sowie die Eintragung in eine Kartei, und
die Unterzeichnenden bezeugen durch ihre Unterschrift, daß
das
betreffende Wappen von der Familie zu einem bestimmten Datum per
Willenserklärung angenommen wurde. Nicht mehr und nicht
weniger.
Wurden
alle geführten Wappen erfaßt?
Nein! Weder
früher noch heute
gab es jemals eine vollständige Erfassung aller jemals
geführten Wappen. Es gab zu jeder Zeit zwar mehr oder weniger
umfangreiche Wappenrollen, Wappenbriefe und Wappensammlungen.
Doch es hat nie eine vollständige Bestandsaufnahme aller
Wappen
gegeben. Wappen, die verliehen wurden, sind in der Regel besser
dokumentiert, weil sich Unterlagen wie Wappenbriefe erhalten
haben. Wappen, die ohne hoheitlichen Akt angenommen wurden, sind
längst nicht alle erfaßt. Auch die heute als die
umfangreichsten Werke ihrer Art angesehenen Sammlungen wie das
Siebmachersche Wappenwerk oder der Rietstap oder der Kenfenheuer
sind nicht vollständig. Daß ein Wappen nicht
erfaßt wurde,
mindert seinen Wert und die Berechtigung der Wappenführenden
nicht, es ist lediglich Ausdruck eines geringeren
Bekanntheitsgrades, nicht aber geringerer Qualität oder gar
eingeschränkten Rechts. Die systematische Erfassung von Wappen
ist nach wie vor Forschungsgegenstand.
Spätere
Veränderungen eines Wappens
Ein Wappen,
wenn man es einmal
angenommen hat, ändert man i. d. R. nicht. Dies betrifft vor
allem den Schildinhalt und die Helmzier, aber nicht den Stil der
Darstellung. Ausnahmen: Heirat (siehe an anderer Stelle),
Vermehrung (siehe an anderer Stelle), Zugewinn von Territorien
oder Herrschaften (vermehrte Wappen), Annahme eines Amtes
(Amtswappen), Verleihung von Prachtstücken
(Wappenverbesserung).
In der Regel sind das aber historische Veränderungen, die zwar
heute in der Vergangenheit enstandene komplexe Wappen
erklären,
heute aber unüblich geworden sind. Das heißt:
Bloß weil der
Sohn des Hauses Anwalt ist, darf er nicht einfach die Waage der
Justitia hinzufügen. Dessen eingedenk sollte man bei der
Konzeption eines Wappens daran denken, Motive zu wählen, mit
der
sich alle zukünftigen Mitglieder der Familie identifizieren
könnten. Sie stiften nicht für sich, sondern
für die
"Ewigkeit". Abgesehen davon, daß die Darstellung von
Meerschweinchen unheraldisch sind: Der Enkel eines begeisterten
Meerschweinchenzüchters würde sich über
generationenübergreifende Symbole mehr freuen als
über die
Fortführung individueller Vorlieben. Es gilt den Grundsatz der
Wappeneindeutigkeit zu bewahren, das schließt
Veränderungen
ohne wichtigen Grund aus.
Verleihen,
annehmen, stiften
Was
bedeuten diese Begriffe
genau? Alle drei sind Varianten, zu einem Wappen zu gelangen.
"Verleihen" ist wohl am deutlichsten von den beiden
anderen Begriffen abgegrenzt, denn hier wird nicht der
zukünftig
Wappenführende aktiv, sondern eine höhere Instanz, in
aller
Regel der Souverän oder eine von ihm eingerichtete
Institution.
Die politische Struktur muß als Voraussetzung
natürlich
entsprechend sein. Mit dem Ende der Monarchie in Deutschland wird
ein Wappen prinzipiell nicht mehr verliehen, denn alle
Staatsgewalt geht vom Volke aus. In anderen Ländern Europas,
die
nach wie vor Monarchien als Regierungsform haben, wird aber heute
nach wie vor verliehen. Die Verleihung ist in der Regel ein
Privileg, eine besondere Gunst des Souveräns.
Wenn der zukünftig Wappenführende dagegen selbst aktiv wird, spricht man vom "Annehmen" oder "Stiften" eines Wappens. Zum Annehmen eines Wappens ist eigentlich nicht weiter viel nötig, als selbst eine Annahmeentscheidung zu treffen, diese zu dokumentieren und ab da das Wappen zu führen, historisch z. B. als Siegel, als Portalschmuck, als Kaleschenbemalung, heute als Briefkopf, auf Visitenkarten etc. Das Annehmen eines Wappens ist also eine höchst einfache Angelegenheit. Beim Begriff "Annahme" steht derjenige im Focus der Begrifflichkeit, der das Wappen erstmalig als Symbol wählt, beansprucht und führt. Beim Begriff "Stiften" stehen außer dem Stifter noch andere Personen im Focus, seien es die bereits existierenden nachfolgenden Generationen, seien es - und dies wird meistens mit dem Begriff "Stiften" assoziiert - mehrere Personen einer namensgleichen Abstammungsgemeinschaft, die durch einen gemeinsamen (evtl. nicht mehr lebenden) Ahn verbunden sind. Denn "Stiften" beinhaltet, daß sich jemand Mühe für andere macht, daß auch andere Personen begünstigt werden und von seiner Tätigkeit profitieren. Wie auch immer der Sachverhalt ist, ob jemand ein Wappen für sich und seine Nachfahren annimmt oder ein Wappen für sich und seine durch einen gemeinsamen Ahn verbundene namensgleiche Abstammungsgemeinschaft stiftet, der Fakt der Weitergabe an zukünftige Generationen ist gleich. Wer außer dem/den erstmalig Wappenführenden das Wappen noch führen darf, richtet sich nach den Regeln zur Weitergabe von Wappen, die heute verschieden ausgelegt werden und an anderer Stelle diskutiert werden (s. o.).
Bei einer Stiftung kann diese auf einen weiter zurückliegenden Stammahn erfolgen. Das war und ist gängige Praxis. Es geht hierbei nicht darum, Personen nachträglich mit einem Recht auszustatten, das sie zu Lebzeiten nicht innehatten, sondern um Definition einer Abstammungsgemeinschaft von zum Zeitpunkt der Stiftung lebenden, namensgleichen Abkömmlingen. Eine rückwirkende Stiftung ist eine gängige Methode, um den Kreis der Führungsberechtigten auf den gewünschten Personenkreis zu erweitern. So ermöglicht man den heute lebenden Nachkommen eines vom Stifter festgelegten Spitzenahns die Führung des neu gestifteten Wappens.
Nun gibt es noch eine Mischform in historischer Zeit. Das Annehmen und Stiften von Wappen und Führung derselben ohne obrigkeitliches Zutun hat es zu allen Zeiten gegeben. Manchmal legten Wappenführende jedoch Wert auf eine zusätzliche Absicherung, so kam es zu einer Wappenbestätigung - das ist also die eingangs erwähnte höhere Instanz, die ein durch Annahme oder Stiftung aus der Taufe gehobenes Wappen nachträglich bestätigt. Eine solche Bestätigung kann auch im Zuge einer Standesbestätigung oder Standeserhöhung durch den Souverän erfolgen. Auch eine Wappenbestätigung gibt es in der Bundesrepublik nicht. In der Bundesrepublik können wir Wappen nur annehmen oder stiften.
"Fremdstiftung"
eines Wappens, "Verschenken" eines Wappens
Die
Fremdstiftung ist ein
Phänomen neuerer Zeit. Hiermit ist nicht die Festlegung eines
Wappens durch einen Souverän gemeint, was unter
"Wappenverleihung" fallen würde. Sondern unter
Fremdstiftung versteht man, wenn man einem Dritten zur Hochzeit,
zum Geburtstag oder zum Jubiläum ein Wappen "schenkt".
Ist das eine gute Idee? Ist das überhaupt möglich?
Welchen
Stellenwert hat das?
Die Wappenannahme ist ein einseitiger Rechtsakt, der genau eine Person erfordert. Diese eine Person ist der Annehmende. Kein anderer kann ihm dieses Recht nehmen, aber auch nicht die Pflicht. Die Pflicht ist das Sichzueigenmachen des Wappens, mit allen dazugehörigen Unterpflichten wie bestmögliche Repräsentation der Familie in der Symbolwahl, Festlegung der Führungsberechtigung, Publizitätspflicht, Schutz des erworbenen Rechtsgutes etc. Deshalb kann kein anderer für einen Dritten stiften. Man kann kein Wappen verschenken, sondern nur ein buntes Bildchen. Zum Wappen wird ein Entwurfskonzept ausschließlich durch die Annahme durch den Betreffenden vermittels dessen ureigener Willenserklärung. Man kann daher einen Beschenkten nicht mit dessen "eigenem Wappen" "überraschen". Wer das glaubt und vorhat, hat einfach nicht verstanden, was ein Wappen ist. Wappenrechtlich ist ein an Dritte "verschenktes Wappen" einfach nichts wert, ex tunc null und nichtig, solange der Akt der Annahme fehlt.
Man kann nicht für einen Anderen annehmen. Mit einer einzigen Ausnahme, nämlich der rückwirkenden Stiftung, um einem größeren Verwandtenkreis die Führungsberechtigung zu ermöglichen (s. o.). Aber hierbei ist das ja auch nur ein gedanklicher Klimmzug, um einen bestimmten Personenkreis festzulegen und nicht die tatsächliche Veränderung von Geschichte. Und auch bei einer rückwirkenden Stiftung bleibt der Stifter als "Ankerperson" die zentrale Figur mit besagten Rechten und Pflichten.
Die sog. Fremdstiftung von Wappen zu Hochzeiten und Geburtstagen lehne ich prinzipiell ab, weil es das Kulturgut des Wappens zu einem Dekorationsgut werden läßt von keinem besseren Stellenwert als die Girlanden auf der zugehörigen Feier. Wir müssen das Kulturgut Wappen davor schützen, zum puren Accessoire zu verkommen. Es liegt nur dann eine echte Wappenstiftung vor, wenn eine tatsächliche Willenserklärung des Annehmenden erfolgt und durch Führung im Alltag Gebrauch davon gemacht wird.
Vor allem sollte man als Advocatus diaboli mal das andere Extrem durchdenken: Zur Hochzeit schenkt Tante Gertrud Wappen Nr. 1, zum 60. Geburtstag schenkt Onkel Heinz Wappen Nr. 2, und in der Tombola zur goldenen Hochzeit gewinnt man Wappen Nr. 3. Wo bleibt da die Wappeneindeutigkeit, wo bleibt die Wappenkontinuität? So etwas ist für mich eine Farce, und eine Wappenrolle wird die Eintragung so einer Fremdstiftung zu Recht ablehnen, wenn die Annahme, d. h. Willenserklärung des Begünstigten fehlt.
Ein Wappen wird nur derjenige wirklich führen, der selbst davon überzeugt ist. Wenn man eine lila Kaffeemaschine geschenkt bekommt, kann man die im Karton "unliebsame Geschenke" verschwinden lassen. Wer im Herzen kein Wappenführender ist, wird das auch mit einem bunten Bildchen machen, nachdem er höflich "Danke" gesagt hat. So etwas ist keine Wappenstiftung, sondern eine Luftnummer. Schade um das "verbratene" Motiv. Außerdem sind solche fremdgestifteten Wappen meistens "gut gemeint", also das Gegenteil von "gut". Denn nur der Annehmende selbst kann und wird sich so vertiefte Gedanken über sich und seine Familie machen, daß am Ende etwas herauskommt, was generationenübergreifend identifikationsfähig ist. Alles andere ist das Verteilen bunter Bildchen ohne wirklichen Wert. Wenn wir das Verschenken von Wappen zu Geburtstagen und Hochzeiten ernst nähmen, würden wir "amerikanischen Verhältnissen" Tür und Tor öffnen.
Bleibt die Möglichkeit, daß ein potentieller Wappenführender gefunden werden kann, der sich schon immer ein echtes Familienwappen vorstellen konnte, dem es aber einfach bis dahin an einem Anstups für eine Stiftung gefehlt hat. Diese Menschen gilt es zu entdecken! Einem echten Stifter, der die Sache ernst nimmt, was gut und richtig ist, kann man aber nicht über seinen Kopf hinweg irgendwelche zusammengeschusterten Symbole aufdrücken. Viel sinnvoller wäre es daher, ein Buch über Heraldik zu verschenken, eine Anleitung zum Selberstiften. So kann sich der Betreffende selbst einarbeiten, Sinn und Zweck und Möglichkeiten einer Wappenstiftung erfahren. So ein Buch sollte den Weg ins Geschenkpapier finden, als Anregung zum Selberstiften.
Kauf
und Verkauf eines Wappens
Ab und zu
wird darüber
spekuliert, ob man Wappen verkaufen könne, von einer Familie
an
eine andere. Das ist heute schon mal per se Unfug, denn ein
Familienwappen spiegelt die Geschichte und spezifischen
Lebensumstände einer bestimmten Familie wider und
paßt auf
keine andere Familie. Wer also ernsthaft einen Kauf oder Verkauf
eines Wappens für möglich hält, hat den Sinn
eines Wappens
mißverstanden. Es macht überhaupt keinen Sinn, wenn
sich eine
andere Familie mit einer heraldisch umgesetzten
Familiengeschichte ausstattet, die überhaupt nicht zutrifft.
Es
fehlt einfach jeder Bezug zur eigenen Familie. Auch juristisch
ist das nach heutiger herrschender Auffassung nicht möglich,
denn ein Wappen ist nicht einfach irgendein Rechtsgut, sondern
analog zum Namen ein höchstpersönliches Rechtsgut,
das man
genausowenig wie den Namen veräußern kann.
Höchstpersönliche
Rechtsgüter wie Namen und Wappen sind von der
Dispositionsfreiheit des Inhabers und somit von der
Möglichkeit
des Verkaufs ausgeschlossen. Das Markenrecht und der Verkauf von
Nutzungsrechten ist hier wiederum etwas anderes, soll hier aber
nicht diskutiert werden.
Historisch ist das wiederum differenzierter zu sehen. Wappenkomponenten des Adels drückten im feudalen System auch Herrschaften aus, Rechte, Ansprüche, Souveränität über ein Gebiet, Lehen. Herrschaften konnten verkauft werden, Lehen konnten eingezogen und neu vergeben werden. Somit können Wappenkomponenten, die für den übergegangenen Besitz stehen, an andere Familien gelangen. Das betrifft aber in der Regel zusätzliche Komponenten des Wappenschildes, während das Stammwappen für Konstanz sorgt.
Doch keine Regel ohne Ausnahmen:
Die schwäbisch-fränkische reichsritterschaftliche Familie von Wöllwarth führt in Silber eine rote Mondsichel, die Spitzen nach oben gekehrt. Helmzier eine rote Mondsichel, die Spitzen nach oben gekehrt. Sie kommt auf gekröntem Helm vor, aber häufiger auf einem goldenen Kissen. Manchmal sind die Spitzen der Mondsichel mit Pfauenspiegeln besteckt. Helmdecken rot-silbern. Früher gab es aber offensichtlich noch ein weiteres Geschlecht in Stopfenheim bei Ellingen, welches auch genauso die rote Mondsichel in Silber führte. Das waren die Rell oder Relch von Stopfenheim (Siebmacher Band: BayA1 Seite: 87 Tafel: 86). Und die von Wöllwarth, früher auch von Wellenwart geschrieben, führten zuerst Kopf und Brust eines geflügelten Drachens, wie ein Siegel des Otto von Wellenwart beweist. Georg von Wöllwarth hatte sich anläßlich eines Italienfeldzuges das Wappen mit dem roten Mond in silbernem Feld "zugelegt". Das paßte den Relch nun gar nicht, und man beurkundete 1359 unter Hinzuziehung von 13 Zeugen, daß die Relch dieses Wappen führten. Dem hatte Georg von Wöllwarth nichts Wirksames entgegenzusetzen. Er kaufte den Relch 1364 das Recht zur Führung förmlich ab, um Irrungen und falschen Ansprüchen in Zukunft vorzubeugen. Erchinger Relch verzichtete in einer Urkunde auf das ihm angestammte Familienwappen und überließ es dem Käufer. Die genaue Gegenleistung ist nicht bekannt.
Einem weiteren Fall von Übertragung eines Wappens durch Verkauf begegnen wir bei den Reichlin von Meldegg. Ihr Schild zeigt in Rot einen silbernen Balken, dieser mit drei roten Ringen belegt. Auf dem Helm mit silbern-roten Decken ein Paar roter Büffelhörner, jeweils mit einem silbernen Balken mit drei roten Ringen belegt. Das Wappen wird beschrieben bei Otto Hupp, Münchener Kalender 1934, und im Siebmacherschen Wappenwerk Band: Bad Seite: 69 Tafel: 41, Band: Wü Seite: 11 Tafel: 13, Band: Bay Seite: 53 Tafel: 55, Band: Erg Seite: 39, Band: PrGfN Seite: 18 Tafel: 13. Eigentlich sind das nämlich zwei Familien, die hier vermengt werden: 1.) die von Meldegg waren ein adeliges Dienstmannengeschlecht des Klosters St. Gallen, die im Jahr 1262 auftreten, also eine schweizerische Familie, die die drei Höfe Alt-, Neu- und Vorder-Meldegg im Sittertal besaßen und auch eine Burg Meldegg erbauten. Die Familie verarmte im 14. Jh., und ihr letzter Vertreter, der kinderlose Hans v. Meldegg, zog nach Schwaben, hatte aber noch die Burg Haldenberg als St. Gallisches Lehen inne, welche er auch bewohnte. Und 2.) die Richli oder Reichlin, eine Konstanzer Patrizierfamilie, die keinerlei genealogische Bande mit den von Meldegg hatten. Aber Hans von Meldegg war mit dem Arzt Meister Joss Richli (Jos. Reichli, Jodokus Reichlin, gest. 1409) bekannt und auch befreundet. Und am 18.12.1400 verkaufte Hans von Meldegg, vor dem Konstanzer Stadtgericht und dem Stadtammann Ehinger, seinem Konstanzer Freund Joss Richli sein angestammtes Wappen und seinen Namen, damit er beides fortführe. Um den Übergang zu vereinfachen, wurde dabei eine Blutsverwandtschaft postuliert, die sich nicht verifizieren läßt. Es war ein Verkauf. Kaiser Friedrich III. bestätigte dem Sohn von Joss Richli, Andreas Reichlin von Meldegg (siedelte von Konstanz nach Überlingen über, gest. 27.7.1477), am 28.7./20.8.1465 die Rechtmäßigkeit der Übertragung des Wappens. Christoph Reichel bzw. Reichlin von Meldegg erwarb im September 1530 den Reichsadel (Quelle: Otto Hupp, Münchener Kalender 1934, http://www.genealogy.net/privat/schifferdecker/reichlin.htm).
Ein
Wappen ablegen oder wechseln
Ein Wappen
abzulegen, ist
unüblich. Eine Familie wechselt das Wappen nicht wie die
Handtücher. Im Gegenteil, jede Familie ist desto stolzer, je
älter ihre heraldische Tradition ist. Wappen sind ihrem Wesen
nach generationenübergreifend gültig und
identifizierend.
Gerade der langjährige, verschiedene Menschen in verschiedenen
Generationen verbindende Gebrauch macht ein Wappen zum Wappen.
Auch gilt es stets den Grundsatz der Wappeneindeutigkeit zu
wahren, was gegen einen Wechsel spricht. Ein Wappen ist kein
Modeartikel. Es kann aber Gründe geben, die das Ablegen eines
Wappens und die Annahme eines neuen, anderen Wappens
rechtfertigen.
Juristische Gründe: Bekanntwerden älterer Rechte und Ansprüche auf das Wappen - den älteren Rechten einer anderen Familie müssen die jüngeren Rechte weichen - wobei es da allerdings eine gewisse Grenze gibt, wenn man in gutem Glauben über einen gewissen Zeitraum gehandelt hat und ein Bekanntwerden dieser Umstände außerhalb der Sorgfaltspflicht des Wappenstiftenden lag. Man unterscheide die Begriffe: Guter Glaube rechtfertigt nicht Fahrlässigkeit. Guter Glaube heißt, daß man alle Recherchemöglichkeiten tatsächlich ausgeschöpft hat und nichts gefunden hat.
Inhaltliche Gründe: Wenn ein in vergangener Zeit gestiftetes Wappen nicht mehr identifikationsfähig für die lebenden Generationen ist, oder wenn gar eine Symbolik enthalten ist, von der sich die lebenden Generationen im Gegensatz zu ihren Vorfahren ausdrücklich distanzieren möchten, insbesondere bei politisch negativ belegten Symbolen. Aus diesem Grunde sollte auch ein Stifter darauf achten, die Symbolik des Wappens weder zu politisch noch zu religiös zu schaffen. In den Dreißiger Jahren gab es viele Wappenneustiftungen, die ein Hakenkreuz enthielten, und auch die Nachfahren eines KZ-Arztes wollen ganz bestimmt nicht durch einen Äskulapstab darauf hinweisen. In solchen Fällen wird selbstverständlich ein Wappen abgelegt.
Ein Wappen ist aber keine Modeerscheinung - heute nehme ich das Lilienwappen, 10 Jahre später stehe ich mehr auf Löwen, und wenn ich mich 10 Jahre später für Piet Mondriaan begeistere, gibt's ein abstraktes Wappen mit bunten Teilungen im Goldenen Schnitt - Nein! Das ist nicht, das, was wir unter Wappenwesen verstehen: Ein Wappen ist kein Logo - sondern ein generationenübergreifendes und generationenverbindendes Symbol von hoher Identifikationsfähigkeit für möglichst alle Familienmitglieder. Ein Wappenwechsel ohne zwingenden Grund aus purer Modelaune heraus ist prinzipiell abzulehnen, und eine seriöse Wappenrolle wird sich weigern, einem vom Stifter beabsichtigten "Hü und Hott" zu folgen.
Gerade wegen der "Langzeitwirkung" von Wappen sollte eine Stiftung nie als Schuß aus der Hüfte heraus erfolgen, sondern wohlüberlegt sein und mit den richtigen Partnern zur Beratung erfolgen.
Führungsberechtigung
ausdehnen
Es ist
möglich, daß die
Führungsberechtigung für ein Wappen auf andere,
bisher nicht
berechtigte Familienzweige gleichen Namens ausgedehnt wird.
Notwendig ist dazu die Zustimmung aller Führungsberechtigten.
Warum? Die Weitergabe eines Familienwappens im Rahmen der
Führungsberechtigung an einen Personenkreis von mindestens
zwei
Begünstigten begründet eine Rechtsgemeinschaft. Das
Familien-Eigentum, wozu auch das gemeinsame Familienwappen
zählt, steht dann der Rechtsgemeinschaft "zur gesamten
Hand" zu, sodaß nur die Mitglieder gemeinschaftlich
hierüber bestimmen können, um ggf. die
Führungsberechtigung
auszuweiten. Der Vorteil dieser Möglichkeit ist, daß
eine zu
starke Zersplitterung im Wappenwesen vermieden wird.
Sinnvollerweise wird die Ausdehnung der Führungsberechtigung
der
betreuenden Wappenrolle mitgeteilt und in deren
regelmäßigen
Publikationen veröffentlicht.
Personenwappen
Ein
Personenwappen ist ein
Wappen, das von genau einer Person und weder von dessen Eltern
noch von dessen Nachkommen geführt wird. Typische Beispiele
sind
solche, in denen inhaltlich eine besondere Konstellation
geführt
wird, die nur für genau eine Person zutreffend ist:
Bischofswappen, Abtswappen, Komtur-Wappen, Hochmeister-Wappen o.
ä. Natürlich können Mitglieder derselben
Familie dasselbe
Bischofsamt bekleiden oder im selben Ritterorden Ämter
bekleiden
- dann sehen ihre Wappen zwar formal gleich aus, es ist aber
dennoch eine Diskontinuität gegeben, weil die Amtskomponente
nicht zum Familienwappen gehört und auch nicht innerhalb der
Familie weitergegeben wird, sondern jedesmal neu personengebunden
dazukommt.
Personenwappen oder persönliche heraldische Zeichen entstehen ferner, wenn ein Wappen nicht rückwirkend gestiftet werden soll oder kann, und der Annehmende keine Nachkommen hat, aus welchem Grund auch immer. Ihm ein Wappen mangels "Familie" zu verweigern, würde gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz verstoßen, so entsteht ebenfalls ein persönliches heraldisches Zeichen. In den meisten Fällen kann man das aber durch rückwirkende Stiftung auf einen Stammahn vermeiden.
Daneben gibt es das Phänomen, daß sich Einzelpersonen abweichend vom Familien-Wappen zusätzlich ein Personenwappen für den rein persönlichen Gebrauch zulegen.
Das sollte aber meiner Meinung nach mit einem gewissen Augenmaß gehandhabt werden, da durch den überhandnehmenden Gebrauch von Personenwappen der vereinigende Charakter, das Familien"wir"gefühl eines Familienwappens, sogar das Wappenwesen insgesamt ad absurdum geführt würde. Das prinzipielle Wesen eines Familienwappens ist nun mal generationenübergreifend.
Der Gebrauch eines Personenwappens ist genau dann angemessen, wenn verdeutlicht werden soll, daß hier genau diese eine Person und niemand sonst repräsentiert werden soll, ja der Rest der Familie absichtlich außen vor bleiben soll. Das widerspricht in meinen Augen aber eigentlich dem Wesen eines Wappens, das ja genau für die Familie als Ganzes steht.
Wesentliches Merkmal eines Wappens ist neben der Zeichenhaftigkeit, der Verknüpfung mit Rechten daran und der regelgerechten Anordnung vor allem auch die Weitergabe in der Familie nach bestimmten Regeln und damit auch die familienverbindende Identifizierungsfähigkeit und Symbolfähigkeit. Genau der letzte Punkt fehlt bei einem Personenwappen. Das kann sich - wie oben erläutert - durch die Umstände ergeben, die zu kontrollieren manchmal nicht in der Hand des Wappenstifters liegen. Es aber absichtlich auf eine Person zu beschränken heißt die Heraldik mit Vorsatz eines ihrer Charakteristika zu berauben. Der Familiencharakter eines Wappens ist daher als Regel zu sehen, die Beschränkung auf eine Person als Ausnahme. Die Wappeneindeutigkeit im Sinne der unverwechselbaren Zuordnung von Familien und Zeichen bliebe auf der Strecke, wenn sich jeder willkürlich Personenwappen zulegte und diesen in der Verwendung den Vorzug vor dem eigentlichen Familienwappen gäbe.
Manchmal entsteht der Eindruck, daß Reenactorwappen Personenwappen seien. Dem sei entgegengehalten, daß Reenactorwappen im Prinzip keine geführten Wappen, sondern Requisiten für Darsteller sind. Egal ob eine historische Person dargestellt wird oder eine darstellungsbezogene, frei erfundene Identität aufgebaut wird, es bleibt eine Darstellung und das Wappen ein Theaterrequisit. Was die Ernsthaftigkeit der darstellerischen und experimentellen Beschäftigung mit Mittelalter keineswegs schmälern soll - nur, das Wappen wird nicht im wappenrechtlichen Sinne geführt, und ein Reenactorwappen ist so wenig ein geführtes Wappen wie ein Künstlername der behördliche Name ist. Natürlich kann das tatsächliche Familienwappen, so denn eines existiert, vom Führungsberechtigten zusätzlich als Reenactorwappen geführt werden. Bei Darstellungen historischer Personen sei betont, daß die Benutzung des Wappens des Dargestellten auf die Darstellung beschränkt sein muß, denn eine Führung des Wappens jenseits der Darbietung kann auf keinen Fall in Frage kommen, wenn man nicht führungsberechtigt ist.
Wappen
und Aufriß
Quelle
häufiger
Mißverständnisse: Grundsätzlich ist zu
trennen zwischen dem
Wappen, das durch die Blasonierung desselben hinreichend
definiert ist, und der Zeichnung. Das Wappen an sich, eine
Definition in beschreibenden Worten, unterliegt dem
uneingeschränkten und alleinigen Verwendungsrecht der in der
Führungsberechtigung festgelegten Personengruppe bzw. einer
berechtigten Abstammungsgemeinschaft. Ein Aufriß ist eine
Graphik, die künstlerische und individuelle Umsetzung der
Blasonierung in ein Kunstwerk. Daran hat der Heraldiker das
Urheberrecht, und dieses kann er nicht veräußern. Er
kann aber
die Nutzungsrechte an dem Bild dem Wappenträger
übertragen, das
ihn zur uneingeschränkten Verwendung eben dieser Zeichnung
berechtigt. Bitte sauber trennen: Das Recht an einem Wappen,
definiert durch die Blasonierung, hat die wappenführende
Familie. Das Recht an einem Aufriß (an der Zeichnung) hat
zuallererst der Künstler. Ein Künstler darf also
fremde Wappen
zeichnen und die Zeichnung zur Illustration seiner
künstlerischen Fertigkeiten oder zur Dokumentation verwenden,
aber die gezeichneten Fremd-Wappen nicht führen. Ein
Wappenbesitzer darf sein Wappen immer führen, aber
für die
Verwendung eines Aufrisses von Künstlerhand braucht er die
Erlaubnis des Urhebers.
Links,
Literatur und Quellen:
Wappenfibel,
Handbuch
der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik,
Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt
1981
Ein herzliches Dankeschön an Dirk und die Mitglieder der
heraldischen Foren für gute Ideen und Zusammenarbeit
Wappenrecht: http://www.kleeblatt-heraldik.de/wappenrecht.html und http://www.wappenkunde-niedersachsen.de
Dieter H. Müller-Bruns: Über die Grundzüge
des sogenannten
Wappenrechts, Kleeblatt, Vereinsmitteilungen 01/2011, S. 59-77
Siglinde Buchner, der Halbmond von Stopfenheim oder das Schicksal
eines Mondwappens
Fr. Siglinde Buchner ein herzliches Dankeschön für
wertvolle
Hinweise.
Heinrich Hussmann: Über
deutsche
Wappenkunst: Aufzeichnungen aus meinen Vorlesungen, Guido Pressler Verlag,
Wiesbaden 1972
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst,
Bechtermünz
Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
Dieter Engelhardt, Der richtige Weg zum eigenen Familienwappen
Dieter Engelhardt: Familienwappen, Informationen für
Neuschaffung, Führung, Annahme und Erforschung
Lothar Müller-Westphal: Der Weg zum Familienwappen
Eckart Henning,
Repetitorium
Heraldicum, 150 Fragen und Antworten zur Wappenkunde, BibSpider,
Berlin 2010, ISBN 978-3-936960-43-3, 110 S.
Ortsregister - Namensregister
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2013
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