Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1092
Dresden (Sachsen)

Postdistanzsäule am Postplatz in Dresden

Die Dresdner Postdistanzsäulen
Einst hatte Dresden vier Säulen an vier Standorten: Am Weißen Tor (Ecke Leipziger Straße / Eisenbahnstraße), am Schwarzen Tor (Nordseite des Albertplatzes in der Neustadt), am Pirnaischen Tor (heute Pirnaischer Platz) und am Wilsdruffer Tor (heute Annenstraße gegenüber der Straße Am See). Alle vier sind verschwunden.

Heute finden wir noch eine Nachbildung der Postmeilensäule von 1997 am ehemaligem Wilsdruffer Tor auf der Annenstraße, heutiger Standort ist aber an der Freiberger / Herta-Lindner-Straße inmitten moderner Bebauung, neben dem Eingang der fernmeldehistorischen Sammlung der Telekom. Man findet die inmitten der modernen und teilweise reichlich heruntergekommenen Bebauung aufgestellte Säule, wenn man vom Postplatz weiter in Richtung Westen geht mit Blick auf die S-Bahnbrücke, rechterhand eine kleine Grünanlage passierend. An einer Straßenecke glänzen die Wappen wie ein Anachronismus. Eine weitere Nachbildung von 1969 wurde übrigens an der Münzmeisterstraße im Stadtteil Zschertnitz im Südosten Dresdens aufgestellt, diese Nachbildung war jedoch fehlerhaft hinsichtlich der Inschriften und wird hier nicht abgebildet oder besprochen.

Blick auf die unterschiedlichen Eck-Konstruktionen: Über dem Schriftblock folgt die Wappenzone bzw. das Wappenstück als separat zugehauener Stein, denn hier legte der Landesherr großen Wert auf Repräsentation. Die Darstellung seines Wappens war auch angemessen, denn die Post war ein Regal, das nicht ohne landesherrliche Erlaubnis ausgeübt werden durfte. In der Regel besitzt jede Säule vier Wappen, jeweils die Kombination aus übereck einander zugeneigten barock verzerrten Wappenschildkartuschen mit polnisch-litauischen und kursächsischen Inhalten. Dadurch, daß sich jeweils zwei dieser Kartuschen einander zuneigen und am Eck mit einer Volute miteinander verbinden, überhöht von einer Krone, wird hier der ansonsten quadratische Querschnitt der Säule ins Längliche gezogen.

Da sich beide Schilde einander zuneigen, ergibt sich unter deren Verbindungspunkt eine Zone am Eck, die für die Anbringung von Initialen genutzt wurde: Diese Zone ist blau angestrichen und trägt die verbundenen goldenen Buchstaben AR - Augustus Rex, König August. Das Ganze kommt zweimal an gegenüberliegenden Ecken vor.

Das Wappen Augusts des Starken
Das Wappen spiegelt eine spezielle geschichtliche Konstellation wider, die nur für zwei Herrscher zutraf: August der Starke war gleichzeitig als Friedrich August I. Kurfürst von Sachsen (1694-1733) und August II. König von Polen (1697-1704 und 1709-1733, unterbrochen durch die Niederlage gegen Schweden im Großen Nordischen Krieg). Nach ihm galt für seinen Sohn das Gleiche (Friedrich August II., Kurfürst von Sachsen 1733-1763) und als August III. König von Polen (1733, 1736-1763).

Darüber die polnische Königskrone. Es handelt sich um eine Bügelkrone, die oben mit einer mit einem Kreuz besetzten Kugel abschließt. Sie ist nicht zu verwechseln mit der sog. "Polnischen Krone", jene entstand erst 1730 und war die Krone einer russischen Zarin.

Dieses Wappen Augusts des Starken taucht wahlweise noch in einer zweiten Form auf, als Kombination von Hauptschild und Herzschild:

Auf den Postdistanzsäulen wird immer die Kombination aus zwei einander zugeneigten Schildkartuschen gewählt.

Die Maße und ihre Umrechnung:

Interessant ist hier, daß ein heutiges Zeitmaß, die Stunde, in Kursachsen - wie auch anderswo im Reich - als Längenmaß für eine Wegstrecke diente. Es ist die Zeit, die ein durchschnittlicher Fußgänger in einer Stunde zurücklegt, also eine halbe Meile. Maß war also Fußgängertempo, weder das eines laufenden Boten noch das eines Postreiters noch das einer Postkutsche.

Diese Ruten-Maße waren speziell kursächsische, wie der beispielhafte Vergleich verschiedener Maße im Reich zeigt:

1872 war es vorbei mit den unterschiedlichen Rutenmaßen und deren Aufteilung in 10-16 Fuß je nach Gebiet, denn da wurde das metrische System im Deutschen Reich eingeführt, und aus einer Rute wurden 5,00 m. Übrigens gibt es ein weiteres Maß, das sich direkt von der Rute ableitet: 1 Morgen = 100 Quadratruten = 2500 Quadratmeter.

Diese Meilen-Maße waren ebenfalls speziell kursächsische, wie der beispielhafte Vergleich verschiedener Maße im Reich zeigt:

Die Entfernungsangaben auf der Dresdner Säule
Zwei Seiten sind mit Entfernungsangaben beschriftet, wie bei Torsäulen üblich. Die anderen beiden Seiten zeigen nur die Jahreszahl und das goldene Posthorn. Die Wege führten alle prinzipiell nach Westen und von da aus in die unterschiedlichsten Richtungen.

Nehmen wir exemplarisch eine Seite zur näheren Besprechung:

Die Wegstunden werden immer ab Ausgangspunkt, also ab Säule berechnet. Der Strich darunter bedeutet das Ende dieser Route und den Beginn einer neuen Streckenverbindung bzw. den Punkt einer Verzweigung.

Wieder markiert ein Strich den Beginn einer neuen Route. Diese aber verzeigt sich, über Freiberg verläufen beide Strecken, doch dann gabelt sich die Route, wie aus den alternativen Angaben deutlich wird:

Der Strich markiert den Beginn der Alternativroute:

Diese Alternativroute dauerte also 6 Stunden länger als die erste Route. Aber es wird noch eine weitere Alternative angeboten, nämlich über Zwickau und Plauen:

Nun wird durch den Strich eine gänzlich neue Verbindung angezeigt, die aber die Route Zwickau-Plauen zur Grundlage hat:

Hier steht nur "St." - das heißt, diese Fernstraße wurde noch nicht vermessen - lag ja auch weit außerhalb Sachsens.

Es fällt auf, daß einige Orte eine Nummer (Ziffer) vor dem Ortsnamen tragen. Das ist die Reihenfolge der Poststationen. Diese waren natürlich in logistisch sinnvollen Abständen über das Land verteilt, und in Orten geringer Entfernung brauchte man natürlich noch keine Pferde zu wechseln. Diese haben dann keine Nummer. In den Orten mit einer Nummer besteht für den Reisenden auch die Möglichkeit zur Rast und ggf. Übernachtung. Wenn diese Ziffern aber in Klammern standen, dann lag die betreffende Poststation nicht an der Hauptroute und war erst durch Umsteigen zu erreichen (hier kein Beispiel).

Literatur
Dr. Siegfried Rühle, Überarbeitung durch Friedrich H. Hofmann unter Mitwirkung von André Kaiser und Frank Ringleb, Postsäulen und Meilensteine, herausgegeben von der Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen e. V., 3. Auflage 2007, Schütze, Engler, Weber Verlags GbR, Dresden 2007, ISBN 978-3-936203-09-7
http://www.kursaechsische-postmeilensaeulen.de/
Lexikon Kursächsische Postmeilensäulen, transpress Verlag Berlin 1989, ISBN-10: 3344002643, ISBN-13: 978-3344002640
Verein für sächsische Postgeschichte und Philatelie:
http://www.postgeschichte-sachsen-vsp.de/
Gustav Schäfer, Geschichte des Sächsischen Postwesens vom Ursprung bis zum Übergang in die Verwaltung des Norddeutschen Bundes, Dresden 1879
Kurt Krebs: Das kursächsische Postwesen zur Zeit der Oberpostmeister Johann Jakob Kees I und II, Berlin und Leipzig 1914
http://de.wikipedia.org/wiki/Kursächsische_Postmeilensäule
http://de.wikipedia.org/wiki/Galerie_der_Sächsischen_Postmeilensäulen
http://de.wikipedia.org/wiki/Dresden-Teplitzer_Poststraße

Postdistanzsäule in Meißen - unter spezieller Berücksichtigung der Geschichte der Markierungen
Postdistanzsäule in Moritzburg - unter spezieller Berücksichtigung des Aussehens des Markierungssystems
Postdistanzsäule in Pirna - unter spezieller Berücksichtigung der Geschichte ihres Verfalls
Postdistanzsäule in Königstein - unter spezieller Berücksichtigung der heutigen Standorte der Säulen
Postdistanzsäule in Stolpen - Postdistanzsäule in Leisnig

Dresden (Sachsen): Postdistanzsäule - Cosel-Palais - Hofkirche - Johanneum - Kunstakademie - Zwinger, Wallpavillon - Zwinger, Frz. Pavillon - Zwinger, Math.-Phys. Pavillon - Zwinger, Kronentor - Residenzschloß

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