Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1135
Meißen (Sachsen)

Meißen: Das Bischofsschloß auf dem Burgberg

Das Bischofsschloß
Das Gebäude an der Südostecke des Meißener Burgberges war bis zur Reformation 1539 Amtssitz und Wohnung des Meißener Bischofs. Heute ist es Teil der dreieckig den Dom einschließenden Bebauung, früher lag der Bereich jedoch außerhalb der Burgbefestigung. Der langgestreckte Bau mit rundem Eckturm (sog. Liebenstein) ist zweigeschossig mit drei Kellergeschossen.

Interessant ist die enge räumliche Nähe und doch baulich unterschiedliche Behandlung dreier ganz verschiedener Gewalten auf dem dreieckigen Burgberg, die doch schon im frühen Mittelalter zu räumlicher Differenzierung führte. Während die Westspitze mit den Torbauten der Bereich des Burggrafen war, war der Nordosten mit der Albrechtsburg der Bereich der Markgrafen, und schließlich residierten die Bischöfe im Südosten. Dieser Aufteilung entsprachen auch im Mittelalter drei wichtige Türme, der burggräfliche Weiße Turm, der markgräfliche Rote Turm und der bischöfliche Liebenstein. Im 15. und 16. Jh. änderte sich dieses System, die neu erbaute Albrechtsburg als Sitz des weltlichen Herrschers und das ebenso neu errichtete Bischofsschloß als Sitz des geistlichen Herrschers wurden prägend, während die burggräfliche Residenz verfiel und verschwand und Domherrenhäuser entlang der Südseite und Versorgungs- und Vorratsbauten im Norden das Gesicht veränderten.

Zum Hof hin springt auf der Nordseite des Bischofsschlosses ein Treppenhaus rechteckig vor, das im Innern eine Wendeltreppe beherbergt, deren Schnecke erst rechts beginnt und dann nach einem grandiosen Seitenwechsel unter Umkehr des Drehsinnes auf die linke Seite wechselt. Umfassende Restaurierungsmaßnahmen wurden 1995-1999 sowie ab 2002 durchgeführt, wobei die gewölbte Eingangshalle wiederhergestellt wurde. Im Innern sind spätgotische Zellengewölbe.

Über dem Eingang ist die Wappentafel des Bischofs Johann von Weißenbach angebracht (Bischof 1476-1.11.1487). Er war es, unter dem der spätgotische Schloßbau begonnen wurde; dessen Vollendung erlebte er jedoch nicht mehr, denn die Bauzeit ist 1476-1490 mit letzten abschließenden Maßnahmen ab 1518 unter Bischof Johann von Schleinitz (1518-1537). Johann von Weißenbach war der Sohn von Otto von Weißenbach und Elise von Haugwitz. Er studierte Theologie und Jurisprudenz in Italien und wurde Doktor iuris utriusque. 1441 erhielt er in Meißen ein Kanonikat, 1472 das Dekanat, und am 26.4.1476 wurde er zum Bischof gewählt.

Das Wappen von Johann von Weißenbach ist geviert:

Auf dem Schild die Bischofsmütze, hinter dem Ganzen senkrecht gestellt der Krummstab. Übrigens - nur die Bischöfe haben ihr Familienwappen mit dem Wappen des Hochstiftes geviert. Als 1539 Meißen unter kursächsische Administration fiel, führten die apostolischen Administratoren allein ihr Familienwappen.

Ehe man in den eigentlichen Hof des Bischofspalastes an der Südostecke des Meißener Burgberges gelangt, durchschreitet man ein Torhaus mit Rundbogendurchfahrt. In die Südwand der Durchfahrt ist ein Wappenmedaillon eingelassen mit dem doppelköpfigen Reichsadler auf goldenem Grund.

Eine zugehörige Inschrift lautet "CAROLVS QVINTVS ROMANORVM IMPERATOR SEMPER AVGVSTVS", Karl V. römischer Kaiser, immer erlaucht. Warum dieser Stein an dieser Stelle? Der zweite Teil ist leicht beantwortet, wurde der Stein doch erst 1912 sekundär hier angebracht. Der Hintergrund des Steines ist aber der besondere Schutz, den Kaiser Karl V. damals den Meißener Bischöfen gegenüber dem mittlerweile protestantisch gewordenen Kurfürsten gewährt hatte.

An der Ostwand des Torhauses befindet sich ein kursächsisches Wappen aus dem Jahre 1614 (Prokuratoramt). Die Inschrift lautet: "CHURF S PROCURS AMBTSHAUS" - Amtshaus des kurfürstlichen Prokurators. Mit der Reformation in Sachsen wurde das katholische Bistum Meißen 1539 beendet, es kam in der Folgezeit unter die Administratur von Kursachsen. Das Wappen ist geviert mit Herzschild:

Hintergrund der Erweiterung der Felder ist der Kleve-Jülichsche Erbfolgestreit. Kleve, Jülich, Berg wurden neu ins Wappen aufgenommen. Obwohl Sachsen nie tatsächlich in den Besitz der Gebiete kam, hielt es von allen beteiligten Kontrahenten besonders hartnäckig an diesen Ansprüchen fest. Davon gibt es anfangs eine kleinere Variante mit weniger Elementen, eine Kombination aus Kursachsen und den wichtigsten neuen Errungenschaften. Später kamen noch andere Felder hinzu (Mark, Ravensberg), ferner wurden angestammte Felder wieder in der "Vollversion" gezeigt.

An der Nordwand des Bischofspalastes befindet sich dieser Wappenstein. Die Anbringung erinnert daran, daß der Bischofspalast im 19. Jh. zum königlich-sächsischen Amtsgericht 1856 eingerichtet und 1880 bzw. 1911 umgebaut wurde. Sachsen war seit dem 20.12.1806 (Proklamation durch Kurfürst Friedrich August) Königreich, eine Belohnung Napoleons für seinen treuesten (und letzen) Verbündeten auf deutschem Boden. Dieses Wappen besteht aus dem Schild, dem Band der Rautenkrone und einem aus einer Königskrone herabfallenden Wappenmantel.

Um den Schild hat das Wappen den Orden der Rautenkrone. Dieser wurde am 20.7.1807 von König Friedrich August gestiftet zum Andenken an die Errichtung des Königtums. Das Kleinod ist ein achtspitziges Kreuz, grau emailliert und mit doppelter Goldborte versehen, in dessen vier Winkeln jeweils ein goldener Rautenkranz zu sehen ist. Das Medaillon in der Mitte ist weiß und zeigt innerhalb eines grünen Rautenkranzes die goldenen Initialen des Stifters, FA, unter einer goldenen Königskrone, alles hier ein wenig vereinfacht.

Blick auf die typischen, in Gruppen gekoppelten Vorhangbogenfenster des Bischofsschlosses, wie sie allerorten auch an der Albrechtsburg gesehen werden können.

Literatur, Links und Quellen
Siebmachers Wappenbücher
Claus-Dirk Langer: Architekturführer Meißen: Die Bauten von A bis Z, Meißen 2006, ISBN 978-3-00-018806-0
Günter Naumann: Stadtführer Meißen, Sehenswürdiges, Wissenswertes und Unterhaltsames, 6. Auflage 2005, Edition Lerchl, Meißen, ISBN 3-9803364-2-5
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/artikel.php?ArtikelID=133 - http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/artikel.php?ArtikelID=459

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