Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 191
Röttingen (Franken)

Röttingen, Rathaus

Das barocke Rathaus wurde 1750 unter der Regierung des Würzburger Fürstbischofs Karl Pilipp von Greiffenclau-Vollraths begonnen. Entsprechend dem Stil seiner Zeit wurde es für das kleine Röttingen fast ein wenig zu pompös und groß inszeniert, es beherrscht die ganze Schmalseite des beschaulichen Marktplatzes. Besonders bemerkenswert sind die Wasserspeier - exquisite Schmiedearbeiten. Sie betonen den repräsentativen Charakter des Gebäudes zu beiden Seiten des Mansarddaches. Über dem großen Portalbogen des dreigeschossigen Gebäudes befindet sich das fürstbischöfliche Wappen.

Wappen des Fürstbischofs von Karl Pilipp von Greiffenklau-Vollraths. Geviert. 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken. 2 und 3: von Greiffenklau-Vollraths, jeweils geviert, 1 und 4: Silbern-blau geteilt, darüber ein goldenes Glevenrad, 2 und 3: In Schwarz ein silberner Schräglinksbalken. 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg.

Das Stammwappen Greiffenclau zu Vollraths zeigt nur ein goldenes Glevenrad in silbern-blau geteiltem Feld. Das vermehrte Wappen zeigt zusätzlich den silbernen Schräglinksbalken in schwarzem Feld der Herrschaft Ippelbrunn.

Die Familie von Greiffenclau zu Vollraths ist ein uraltes rheinisches Rittergeschlecht im Dienste der rheinischen Stifte. Seit 1337 sind sie als Besitzer von Vollraths (Vollrads) nachgewiesen. Durch Heirat kamen weitere Güter hinzu, so um die Wende zum 15. Jh. durch Heirat der Erbtochter die Herrschaft Ippelbrunn, worauf der Schild wie oben erwähnt geviert wurde. Im 18. Jh. kamen die Güter der Freiherren von Dehren hinzu, ebenfalls durch Heirat. Weiterer Grundbesitz liegt in Franken, v. a. im Kanton Baunach, mit Schloß in Gereuth. Den Domkapiteln waren die Greiffenclau zu Vollraths sehr verbunden, allein in Würzburg stellten sie zwischen 1666 und 1805 vierzehn Mitglieder desselben. Ähnlich aktiv sind sie in den Hochstiften Mainz, Speyer, Trier, Worms, Bamberg. Nach der Reformation blieben die Greiffenclau zu Vollraths den Stiften treu und erlangten noch einen Bedeutungszuwachs, indem sie viele vakant gewordene Stellen einnahmen. Bedeutende Vertreter der Familie sind Richard von Greiffenclau, Erzbischof zu Trier (1511-1531), Georg Friedrich von Greiffenclau, Fürstbischof in Worms (1616-1629) und Mainz (1616-1629), der hier erwähnte Johann Philipp II von Greifenclau, Fürstbischof in Würzburg (1699-1719) sowie in gleicher Position Karl Philipp von Greiffenclau (1749-1754). Mit Johann Erwein Freiherr von Greiffenclau zu Vollraths hat die Familie einen Erbtruchseß des Erzbistums Mainz, er stieg zum kurmainzischen Geheimrat und Vicedomus im Rheinland auf, weiterhin war er Ritterhauptmann im Kanton Mittelrhein und Burggraf zu Friedberg (gest. 1727). Das Geschlecht erlosch 1860 im Mannesstamme. Sophie von Greiffenclau zu Vollraths heiratete Hugo Graf Matuschka von Toppolezau, Freiherr von Spätgen, beider Wappen wurden 1862 vereinigt. Das Stammgut Volrads war bis 1997 noch in Familienbesitz.

Ursprünglich war Röttingen den Grafen von Hohenlohe zugehörig. Später kam Röttingen unter die Oherhoheit des Würzburger Hochstifts und seiner Fürstbischöfe. Nach der Säkularisation und Abwickung des geistlichen Fürstentums wurde Röttingen dem bayerischen Untermainkreis zugeschlagen. Erst 1919 erhielt die Stadt Röttingen das Recht zur Selbstverwaltung.

Das fürstbischöfliche Wappen wird von zwei weiteren kleineren Wappenkartuschen flankiert. Linkerhand, heraldisch rechts, z. T. unter den wuchernden Geranien verborgen, ist das des damaligen Oberamtmannes in Röttingen, Gottfried Ludwig Adam Zobel von Giebelstadt (1.1.1695-), würzburgischer Geheimer Rat. Er war der Sohn von Johann Wilhelm Zobel von Giebelstadt (1666-1740), würzburgischer Geheimer Rat, Oberstallmeister und Obrist, Oberamtmann zu Grünsfeld, und dessen Frau, Marie Juliana Sophia Freiin von Franckenstein (-1714). Der Oberamtmann war vermählt seit dem 6.2.1716 mit Elisabetha Maria Esther Freiin von Guttenberg (14.8.1697-). Das Wappen zeigt in Silber einen roten Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug. Die zugehörige, hier nicht abgebildete Helmzier wäre ebenfalls ein wachsender roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug. Helmdecken wären rot-silbern. Vom 14. Jahrhundert an war Röttingen Sitz eines Würzburger Amtmannes.

Die Zobel von Giebelstadt gehören zum fränkischen Uradel. Sie wurden seit jeher als turnier- und stiftsmäßig angesehen und waren einst äußerst wohlhabend. Sie stammen aus der Tauber-Gegend und hießen früher Zobel von Grünsfeld. Ihr Besitz lag weitgehend im Kanton Odenwald (Beispiele: Baierthal, Darstadt, Giebelstadt, Goßmannsdorf, Guttenberg, Osthausen, Herchsheim, Messelhausen, Rütschdorf, Segnitz etc.), später durch Erbschaft bedeutender Besitz auch im Kanton Kocher in Württemberg. Sie standen früher in Diensten der Grafen von Rieneck, danach sind sie Vasallen des Hochstiftes Würzburg. Traditionell haben sie das Amt des Unterkämmerers am Würzburger Hochstift inne. Die Familie stellte viele Mitglieder der Domkapitel von Würzburg, Bamberg und Mainz, dazu in den adligen Stiften wie Comburg und St. Burkard in Würzburg. In Würzburg und in Bamberg stellten sie je einen Fürstbischof. Heute lebt die Familie in Darstadt (Erwerb 1345) und in Giebelstadt (Wasserschloß 1545 neu errichtet).

Rechterhand, heraldisch links befindet sich eine barocke Wappenkartusche mit dem Stadtwappen von Röttingen, in Rot ein silberner Geharnischter, an der Linken an einem Riemen hängend ein silberner Schild mit einem durchgehenden roten Kreuz, auf der Brust das rote Kreuz wiederholt, in der Rechten ein silbernes Gonfanon mit einem roten durchgehenden Kreuz (fehlt hier) an einem goldenen Stab. Hier ist nur der goldene Stab abgebildet, und die grünen floralen Elemente tauchen im heutigen Stadtwappen nicht auf. 1275 erlangte Röttingen Stadtrechte.

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Würzburger Fürstbischöfe:

Rudolf II. von Scherenberg 1466-1495
Lorenz von Bibra 1495-1519
Konrad II. von Thüngen 1519-1540
Konrad III. von Bibra 1540-1544
Melchior Zobel von Giebelstadt 1544-1558
Friedrich von Wirsberg 1558-1573
Julius Echter von Mespelbrunn 1573-1617
Johann Gottfried von Aschhausen 1617-1622
Philipp Adolf von Ehrenberg 1623-1631
Franz von Hatzfeld 1631-1642
Johann Philipp von Schönborn (desgl. Erzbischof von Mainz) 1642-1673
Johann Hartmann von Rosenbach 1673-1675
Peter Philipp von Dernbach (desgl. Bischof von Bamberg) 1675-1683
Konrad Wilhelm von Wernau 1683-1684
Johann Gottfried von Guttenberg 1684-1698
Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1699-1719
Johann Philipp Franz von Schönborn 1719-1724
Christoph Franz von Hutten 1724-1729
Friedrich Carl von Schönborn (desgl. Bischof von Bamberg) 1729-1746
Anselm Franz von Ingelheim 1746-1749
Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1749-1754
Adam Friedrich von Seinsheim (dsgl. Bischof von Bamberg) 1755-1779

Literatur:
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Siebmachers Wappenbuch
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
http://www.roettingen.de/

Rathaus - Julius-Echter-Stift - Portal St. Georg

Die Wappen der Fürstbischöfe von Würzburg - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Der Fränkische Rechen - Das Rennfähnlein

Oestrich-Winkel (Rheingau): Schloß Vollrads, Wohnturm - Schloß Vollrads, Herrenhaus - Schloß Vollrads, Nebengebäude

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