Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 288
Stadtprozelten (Mainfranken)

Stadtprozelten - die Mainzer Vergangenheit läßt grüßen

In Stadtprozelten haben wir auf engstem Raum die Wappen von gleich vier aufeinanderfolgenden Mainzer Kurfürsten und Erzbischöfen: An der Pfarrkirche befindet sich das Wappen von Georg Friedrich von Greiffenclau (1626-1629), gegenüber an der Hausnummer 83 sind nebeneinander in die Hauswand eingemauert die Wappensteine von Wolfgang von Dalberg (1582-1601), Johann Adam von Bicken (1601-1604) und von Johann Schweikhard von Kronberg (1604-1626). Ein weiteres Wappen des letzteren befindet sich an der Hausnummer 85 an einem Portal im Bogen. Gemeinsam erinnern diese 5 Wappensteine an die über dreihundertjährige Mainzer Geschichte (1483-1803) dieses Ortes (s.u. ausführlicher).

Wappen des Mainzer Kurfürsten Georg Friedrich von Greiffenclau (1626-1629)

Das Wappen besteht aus dem Hauptschild mit den kirchlichen Amtswappen und Herzschild mit dem Familienwappen.

Georg Friedrich von Greiffenclau zu Vollrads - Lebensdaten des Kurfürsten

geb. 08.09.1573, Sproß einer Adelsfamilie aus dem Rheinland
1601 Domscholastiker in Mainz
1604 Dompropst in Mainz
1610 Koadjutor des Mainzer Erzbischofs
1616 Wahl zum Bischof von Worms
20.10.1626 Wahl zum Erzbischof und Kurfürst von Mainz, Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
1627 Unter seiner Regierung wurde der Bau des Mainzer Schlosses mit dem Rheinflügel begonnen.
1627-1628 Greiffenclau engagiert sich auf dem Konvent zu Bingen und bei den Mühlhausener Beratungen gegen Wallenstein und für die Beendigung des 30jährigen Krieges.
6.3.1629 Greiffenclau gilt als der Vater des von Kaiser Ferdinand II. erlassenen Restitutionsedikts, das ohne Zustimmung der Kurfürsten erlassen wurde und mit dem ohne Einverständnis der evangelischen Reichsstände der Status quo des konfessionellen Besitzstands einseitig verändert wurde. Es gilt als Höhepunkt kaiserlicher Gewalt im 30jährigen Krieg.
Weiterhin ist auch sein Name mit den Hexenprozessen verbunden, insbesondere in Dieburg, Seligenstadt, Aschaffenburg etc.
gest. 1629, begraben im Mainzer Dom (Michaelisaltar in der Michaeliskapelle, einziger Grabaltar für einen Mainzer Erzbischof, der in Trier sehr populäre Grabaltar war bis dahin in Mainz unbekannt).

Die Familie von Greiffenclau zu Vollraths ist ein uraltes rheinisches Rittergeschlecht im Dienste der rheinischen Stifte. Seit 1337 sind sie als Besitzer von Vollraths (Vollrads) nachgewiesen. Durch Heirat kamen weitere Güter hinzu, so um die Wende zum 15. Jh. durch Heirat der Erbtochter die Herrschaft Ippelbrunn, worauf der Schild geviert wurde. Das Stammwappen Greiffenclau zu Vollraths zeigt nur ein goldenes Glevenrad in silbern-blau geteiltem Feld. Das vermehrte Wappen zeigt zusätzlich den silbernen Schräglinksbalken in schwarzem Feld der Herrschaft Ippelbrunn. Im 18. Jh. kamen die Güter der Freiherren von Dehren hinzu, ebenfalls durch Heirat. Weiterer Grundbesitz liegt in Franken, v. a. im Kanton Baunach, mit Schloß in Gereuth. Den Domkapiteln waren die Greiffenclau zu Vollraths sehr verbunden, allein in Würzburg stellten sie zwischen 1666 und 1805 vierzehn Mitglieder desselben. Ähnlich aktiv sind sie in den Hochstiften Mainz, Speyer, Trier, Worms, Bamberg. Nach der Reformation blieben die Greiffenclau zu Vollraths den Stiften treu und erlangten noch einen Bedeutungszuwachs, indem sie viele vakant gewordene Stellen einnahmen. Bedeutende Vertreter der Familie sind Richard von Greiffenclau, Erzbischof zu Trier (1511-1531), der hier erwähnte Georg Friedrich von Greiffenclau, Fürstbischof in Worms (1616-1629) und Mainz (1616-1629), Johann Philipp II von Greifenclau, Fürstbischof in Würzburg (1699-1719) sowie in gleicher Position Karl Philipp von Greiffenclau (1749-1754). Mit Johann Erwein Freiherr von Greiffenclau zu Vollraths hat die Familie einen Erbtruchseß des Erzbistums Mainz, er stieg zum kurmainzischen Geheimrat und Vicedomus im Rheinland auf, weiterhin war er Ritterhauptmann im Kanton Mittelrhein und Burggraf zu Friedberg (gest. 1727). Das Geschlecht erlosch 1860 im Mannesstamme. Sophie von Greiffenclau zu Vollraths heiratete Hugo Graf Matuschka von Toppolezau, Freiherr von Spätgen, beider Wappen wurden 1862 vereinigt. Das Stammgut Volrads war bis 1997 noch in Familienbesitz.

Kurze Geschichte von Stadtprozelten

Das Mainviereck gehörte einst dem Stift St. Peter und Paul zu Aschaffenburg.
12. Jh. Gründung der ersten Burg (spätere Henneburg, eigentlich Burg Prozelten) oberhalb von Stadtprozelten an der Nahtstelle zwischen den Bistümern Mainz und Würzburg durch Timo de Bratselde, Vogt des Stiftes (daher der Name). Die ältesten Teile der Burg (großer Bergfried und östlicher Palas) stammen aus dem 12. Jahrhundert.
1250 Danach Übergang an das Reich der Staufer, Belehnung der Reichsschenken von Schüpf-Klingenberg, ein bedeutendes Reichsministerialgeschlecht.
1275 Prozelten befindet sich in gemeinschaftlichem Besitz der Grafen von Wertheim und der Grafen von Hanau, ein Dokument über den Burgfrieden ist noch erhalten.
1287 erstmalige urkundliche Erwähnung als Stadt
1320 der Deutsche Orden, der früher schon Teileigner war, erscheint als Besitzer der ganzen Burg Prozelten. Er kaufte in der Zeit seiner Herrschaft die Besitzungen Stück für Stück von den Grafen von Wertheim sowie von den Grafen von Hanau auf. Die heute noch erhaltenen Wehranlagen der Burg datieren im wesentlichen aus der Zeit unter dem Deutschen Orden. Diese Besitzverhältnisse erklären auch die Art des Ausbaus in Anlehnung an Kreuzfahrerburgen. Während des 14. und 15. Jahrhunderts erbauten die Deutschordensritter den westlichen Palas, den kleinen Bergfried, die Ringmauer mit ihren Türmen sowie den unterirdischen Wehrgang.
1329 verzichteten auch Graf Ludwig von Rieneck der Altere und seine Gattin Elsbet von Hohenlohe auf ihre Rechte in Burg und Stadt zugunsten des Deutschen Ordens.
1333 und 1440 Der Deutsche Orden unterstellt gemäß erhaltener Urkunden seinen Besitz Prozelten dem Schutze des Erzstiftes Mainz.
1483 Mainz wird endgültig Herr von Prozelten: Der Deutschordens-Hochmeister Reinhard von Neipperg gab Prozelten dem Erzstift Mainz im Tausch gegen die Schlösser ,,Scheuerburg" und ,,Solme" (Neckarsulm). Der letzte Komtur des Deutschen Ordens in Prozelten war Graf Georg von Henneberg, von ihm hat die „Henneburg“ ihren volkstümlichen Namen. Stadtprozelten wird kurmainzisches Amt.
17. Jh. Verfall der Burg, die militärisch bedeutungslos geworden war.
1803 Stadtprozelten und Henneburg gehören zum dalbergischen Fürstentum Aschaffenburg
1810 Stadtprozelten und Henneburg gehören zum Großherzogtum Frankfurt
1814 Stadtprozelten kommt zu Bayern
1818 Verwaltungsreformen, Entstehung der heutigen Gemeinde.

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten:

Berthold von Henneberg (1484-1504)
Jakob von Liebenstein (1504-1508)
Uriel von Gemmingen (1508-1514)
Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545)
Sebastian von Heusenstamm (1545-1555)
Daniel Brendel von Homburg (1555-1582)
Wolfgang von Dalberg (1582-1601)
Johann Adam von Bicken (1601-1604)
Johann Schweikhard von Kronberg (1604-1626)
Georg Friedrich von Greiffenclau (1626-1629)
Anselm Casimir Wambolt von Umstadt (1629-1647)
Johann Philipp von Schönborn (1647-1673)
Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1673-1675)
Damian Hartard von der Leyen (1675-1678)
Karl Heinrich von Metternich-Winneburg (1679-1679)
Anselm Franz von Ingelheim (1679-1695)
Lothar Franz von Schönborn (1695-1729)
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1729-1732)
Philipp Karl von Eltz (1732-1743)
Johann Friedrich Karl von Ostein (1743-1763)
Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763-1774)
Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802)

Literatur:
Eugen Schöler, Fränkische Wappen erzählen Geschichte und Geschichten. Verlag Degener 1992.
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Aschaffenburger Wappenbuch.

Siebmachers Wappenbuch
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
http://www.geschichte-untermain.de/
http://www.stadtprozelten.de/geschichte/burg.htm

Stadtprozelten (Mainfranken): Wappenstein an der Pfarrkirche - Wappensteine an Häusern

Oestrich-Winkel (Rheingau): Schloß Vollrads, Wohnturm - Schloß Vollrads, Herrenhaus - Schloß Vollrads, Nebengebäude

Die Wappen der Fürstbischöfe von Worms - Teil (1) - Teil (2)
Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)

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