Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1522
Rodgau-Dudenhofen (Landkreis Offenbach)

Ev. Kirche in Rodgau-Dudenhofen

Dudenhofen ist heute ein Stadtteil von Rodgau, 1977-1979 aus der Großgemeinde Rodgau und ehemals fünf bislang selbstständigen Gemeinden Weiskirchen, Hainhausen, Jügesheim, Nieder-Roden und Dudenhofen entstanden. Der früher wegen sich hier kreuzender Straßen wichtige Ort hat uralte Wurzeln, die bis auf das 6. Jh. zurückreichen. Der Besitz des Dorfes war geteilt zwischen den Mainzer Fürstbischöfen, den Falkensteinern, den Hanauer Grafen und den Isenburgern. Im Laufe der Zeit setzten sich die Grafen von Hanau als Besitzer durch, von der Mitte des 15. Jh. bis zu ihrem Aussterben 1736 mit Johann Reinhard III. hatten sie die Ortsherrschaft inne.

Im alten Ortszentrum liegt die barocke evangelische Kirche etwas nach hinten versetzt hinter dem heute als Standesamt genutzten Fachwerkbau. Das über dem im Fuß des Turmes befindlichen Hauptportal der Kirche angebrachte Wappen zeugt von den Besitzverhältnissen nach dem Aussterben der Hanauer Grafen: Dudenhofen fiel 1736 an die Landgrafen von Hessen, wobei darum gestritten wurde, ob es jetzt zu Hessen-Darmstadt oder zu Hessen-Kassel kommen sollte. Schließlich setzte sich Hessen-Kassel durch, und Dudenhofen wurde 1771 endgültig landgräflicher Besitz. Die Inschrift unter dem Wappen lautet: "Was Vnter Hessens LVst ErbPrInz WILheLM gebaVt seI DIr o Wahrer Gott zVr PfLege nVn VertraVt". Diese Inschrift birgt ein Chronogramm: VV + V + L + V + I + VV + I + L + L + M + V + I + D + I + VV + V + L + V + V + V = 5 + 5 + 5 + 50 + 5 + 1 + 5 + 5 + 1 + 50 + 50 + 1000 + 5 + 1 + 500 + 1 + 5 + 5 + 5 + 50 + 5 + 5 + 5 = 1769. In diesem Jahr war Baubeginn, und 1770 konnte die neue Kirche bereits eingeweiht werden.

Der in der Inschrift genannte Erbprinz Wilhelm (3.6.1743 - 27.2.1821) war 1760-1806 und 1813-1821 Graf von Hanau, ab 1764 dort Regent, ab 1785 regierender Landgraf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel, um genau zu sein: 1785-1806 und 1813-1821, denn im Zeitraum vom 1.11.1806 bis zum 21.11.1813 war Hessen nach Besetzung durch Napoléons Truppen in das Königreich Westphalen einverleibt, während Wilhelm im Exil in Holstein und später in Prag weilte. Ab dem 14.9.1802 war er Fürst von Fritzlar und - Konfusion der Zählungen - ab dem 1.5.1803 Kurfürst Wilhelm I. v. Hessen-Kassel, oder genauer 1803-1806, denn mit dem Ende des Alten Reiches nur drei Jahre später wurde der Titel bedeutungslos (kein Heiliges Römisches Reich, kein Wahlrecht mehr), auch wenn Wilhelm den Titel nach dem Wiener Kongreß behalten durfte. Am 1.1.1816 wurde der Genannte auch Großherzog von Fulda, und er blieb dies bis zu seinem Tod 1821. Interessant ist dabei, daß er sehr früh an die Regierung kam, das lag daran, daß sein Großvater Landgraf Wilhelm VIII. seinen Sohn Friedrich II. wegen dessen 1749 erfolgten Übertritts zum Katholizismus so weit wie möglich kaltstellte, und der Enkel, Erbprinz Wilhelm, wurde in der vom Stammland separat verwalteten ehemaligen Grafschaft Hanau-Münzenberg direkt als Nachfolger eingesetzt (Assekurationsakte von 1754). So kam es, daß der Enkel 1760 nach dem Tod des Großvaters dort die Regierung antrat, sogar erst noch bis 1764 unter der Vormundschaft der Mutter, aber erst später das Stammland erbte. Während der napoléonischen Besetzung (Hessen war nicht dem Rheinbund beigetreten) gehörten die südlichen Gebiete, 1806-1810 unter Militärverwaltung, 1810-1813 zum Großherzogtum Frankfurt. Erst 1813 konnte Wilhelm seine Territorien wieder restituieren und seinen angestammten Platz wieder einnehmen.

Zur Genealogie von Hessen-Kassel:

Das Wappen von Hessen-Kassel, wie es 1736-1803 geführt wurde, ist folgendermaßen aufgebaut:

Kommunalwappen
Ganz in der Nähe findet sich auf eine Hauswand gemalt das Gemeindewappen von Rodgau-Dudenhofen, wie es von der Verleihung 1954 bis zur Eingemeindung 1977 geführt wurde, es ist geteilt, oben in Gold drei rote Sparren, unten in Blau eine silberne fünfblättrige Rose, die mit einem roten Herz belegt ist, in dessen Mitte sich ein schwarzes Kreuz befindet (sogenannte Lutherrose).

Die obere Hälfte erinnert an die ehemalige Zugehörigkeit des Ortes zur Grafschaft Hanau, die Lutherrose erinnert daran, daß der Ort eine evangelische Enklave im ansonsten katholischen Umland war.

Das heutige Wappen der Großgemeinde und späteren Stadt Rodgau stammt aus dem Jahr 1978 und enthält ebenfalls die Lutherrose: Von Blau und Rot durch einen silbernen, schräglinken, mit fünf schwarzen, fünfzackigen Sternen belegten Wellenbalken geteilt, begleitet oben rechts von einer silbernen Rose mit silbernen Kelchblättern, diese belegt mit einem roten Herzen, dem ein schwarzes Kreuz aufliegt (Lutherrose), unten links von einem sechsspeichigen silbernen Rad. Die Symbolik liegt auf der Hand: Der Fluß Rodau wird durch den schräglinken Wellenbalken symbolisiert, die Sterne geben die einst selbständigen Gemeinden wieder, das Rad erinnert an Kurmainz als Territorialherr in Nachfolge der Herren von Eppstein, und die Lutherrose steht für die evangelische Enklave Dudenhofen.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Genealogien und Lebensläufe: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Geschichte von Dudenhofen:
http://www.dudenhofen.info/ und das Wappen: http://www.dudenhofen.info/wappen.html und Kirchengeschichte: http://www.dudenhofen.info/religion.html

Die Entwicklung des Hessischen Wappens
Das Feld für Münzenberg und seine Verbreitung in deutschen Adelswappen

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