Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1667
Seckau (Steiermark, Österreich)
Abtei Seckau, südlicher Kirchturm und Eingänge
Die Abtei Seckau erlebte im Laufe ihrer Geschichte ganz unterschiedliche Phasen, Höhen und Tiefen, und eine häufige Umwandlung ihres Status im Laufe der wechselhaften Geschichte. Begonnen hat die Abtei Seckau als Augustiner-Chorherrenstift, 1140 von Adelram von Waldeck gegründet. Die Chorherren und auch die Chorfrauen der "Erstbesetzung" kamen aus Salzburg und siedelten sich erst zu St. Marein bei Feistritz an, verlegten aber zwei Jahre nach der Gründung 1142/43 ihren Sitz nach Seckau und gliederten ein Kanonissinnenstift an, so daß es zeitweise ein Doppelkloster war. Die nächste Phase begann 1218/1219, als Eberhard II., Erzbischof von Salzburg, Seckau zum abhängigen Suffraganbistum machte. Das Stift wurde Bischofssitz, das neue Domkapitel war das alte Chorherrenstiftskapitel, die neue Kathedrale war die alte Stiftskirche, und ein Dompropst stand dem Kapitel vor. Und gleichzeitig waren die Bischöfe, die von Salzburg ernannt wurden und Fürstenrang hatten, 1219-1786 Generalvikare für die Steiermark im Dienste des Salzburger Erzstifts.
Der Höhepunkt der Macht und die Zeit der zweiten kulturellen Blüte des Klosters waren das 16. und 17. Jh., als Erzherzog Karl II. sich die Stiftskirche als Grablege auserkor und 1587 sein Mausoleum errichten ließ, und als die Abteigebäude in frühbarocken Formen komplett neu erbaut wurden. Tief war der Fall 1782: Kaiser Joseph II. hob das Kloster auf und zog seine Vermögenswerte ein. Der ehemalige Dom wurde jetzt Pfarrkirche. Das Bistum wurde 1786 nach Graz verlegt, und die einst blühende Abtei führte ein von Niedergang und Verfall geprägtes Schattendasein. Die Abteigebäude verfielen zu Ruinen. 1832 wurden verfallene Trakte abgetragen. Nur wegen des Habsburgermausoleums fand ein Abriß der Kirche nicht statt. Lediglich der anderweitig als Post und als Schule genutzte Westflügel und der Nordflügel blieben erhalten, dennoch war die Klosteranlage früher doppelt so groß wie heute. Erst seit 1883 wehte wieder ein frischer Wind durch die alten Mauern, als das alte Stift in monastischer Bestimmung wiederbelebt wurde, diesmal von den Benediktinern, und die Wiederherstellung des Verbliebenen konnte beginnen. Dabei wurde die 50 m hohe Doppelturmfassade der romanischen Klosterkirche im Stil der Neoromanik wiederaufgebaut.
Das Konventsgebäude stammt aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Zwei Ecktürme auf quadratischem Unterbau mit oktogonalem Aufsatz und geschweifter (Südwestecke) bzw. achtflächiger (Nordwestecke) Haube prägen die Ansicht von Westen. Durch zwei Durchgänge gelangt man durch den 143 m langen, beeindruckenden Westflügel hindurch in den Innenhof. Sehenswert sind insbesondere die hofseitigen Arkaden, die am Nordflügel und am Südflügel zweistöckig und am Westflügel durchgehend dreistöckig sind. Einer der bedeutendsten, für Seckau tätigen Architekten, der den frühbarocken Umbau ab 1658 bis 1679 leitete, war der Stiftsbaumeister Pietro Francesco Carlone aus Leoben, zusammen mit seinem Sohn Carlo Antonio Carlone.
Am südlichen Kirchturm ist ein altes Wappen des ersten Propstes, Wernher von Galler (1141-1196), angebracht, unter dem die romanische Abteikirche erbaut wurde. Es zeigt in Schwarz einen goldenen Schrägrechtsbalken, auf dem Helm ein wie der Schild bez. Flügel. Der Südturm war wesentlich älter als der erst 1333 fertiggestellte Nordturm. 1886 war der Nordturm eingestürzt, und den Südturm trug man kurz darauf sicherheitshalber ab. 1891-1894 erfolgte der neoromanische Wiederaufbau unter Verwendung dieser alten Reliefsteine.
Über beiden 1625 und 1628 errichteten Westeingängen der Prälatur ist außen jeweils eine große Wappenkartusche angebracht, von einer reich verzierten Inful (seit 1352 waren die Seckauer Pröpste infuliert) über einem von Voluten beseiteten Puttenkopf überhöht, hinter der schräg ein Abtsstab hervorkommt.
In der ovalen Kartusche sind jeweils zwei Schilde als Relief dargestellt, wovon der jeweils heraldisch rechte der der Propstei Seckau ist, von mit Schwanzspitzen besetztem Kürsch (Pelzwerk, Grauwerk) und Rot geteilt. Interessant ist hier die Mischdarstellung mit bogenförmigen Fellstücken wie bei Kürsch, aber mit Schwänzen wie bei Hermelin. Bei Zacharias Bartsch ist das Wappen mit Oberwappen abgebildet, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine nach hinten umgebogene goldene Spitze (Mütze), mit schwarzen Hahnenfederbüscheln an der Vorderkante besteckt. Weil letztendlich das Stiftskapitel des Augustinerchorherrenstifts identisch war mit dem Domkapitel, ist dieser von mit Schwänzen versehenem Kürsch und Rot geteilte Schild auch das Wappen des Domkapitels, als Seckau Bistum war, und so taucht es in den Kombinationen der Dompropstwappen neben dem persönlichen Wappenbild der Pröpste auf. Der andere Wappenschild zeigt in beiden Fällen ein erniedrigtes Antoniuskreuz, das gehört zum 1619-1657 amtierenden Dompropst Anton von Potiis (Hinweise zu den Tinkturen willkommen).
Dieses Wappen der Propstei bzw. des Domkapitels darf nicht mit dem Wappen des Bistums Seckau verwechselt werden, welches seit dem 13. Jh. nachweisbar ist, bereits in der Züricher Wappenrolle (um 1340) erscheint und seit Bischof Ulrich III. von Weißeneck (1355-25.3.1372) regelmäßig in die Sekretsiegel aufgenommen wurde; dieses wäre in Rot ein aus dem linken Obereck kommender, silbern mit goldener Stulpe gekleideter Arm mit segnender Hand mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger. Um die Verwirrung komplett zu machen, führt die Marktgemeinde Seckau ebenfalls das gleiche Wappen wie die 1782 aufgehobene Propstei und das Domkapitel, geteilt, oben Grauwerk mit Schwanzspitzen besetzt, unten rot (vgl. Siebmacher Band: St Seite: 104 Tafel: 135).
Literatur,
Links und Quellen:
Bistum Seckau: Die
Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im
Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von
Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer,
Schnell & Steiner Verlag 2007, S. 516
Bistum Seckau: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch
(1567), Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen
Anmerkungen von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von
Alfred Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich
Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893, Seite 117 Tafel 6
Abtei Seckau: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch
(1567), Seite 118 Tafel 13
Ludwig Freidinger, Siegelgebrauch und Wappenführung der
Bischöfe von Seckau in Mittelalter und früher Neuzeit, in:
Walter Brunner (Hrsg.), Tätigkeitsbericht des Steiermärkischen
Landesarchivs für das Jahr 1997, 1998, 1999 und 2000, online: http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/1112...Neuzeit.pdf - http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/100..eil%201.pdf - http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/11122....eil%202.pdf
Wappen der Marktgemeinde Seckau: http://www.seckau.at/Gemeindewappen.22.0.html
Abtei Seckau: http://de.wikipedia.org/wiki/Abtei_Seckau - http://www.mom-ca.uni-koeln.de/mom/AT-HHStA/SeckauCanReg/fond
Benno Roth, Seckau - der Dom im Gebirge, Kunsttopographie vom 12.
bis zum 20. Jahrhundert, Verlag Styria, 1983, 620 Seiten, http://books.google.com.pk/books?hl=de&id=vPZIAQAAIAAJ
Abtei Seckau: http://www.orden-online.de/wissen/s/seckau/
Abtei Seckau: http://www.abtei-seckau.at/index.php/geschichte-des-klosters/
Abteigymnasium: http://www.abteigymnasium-seckau.at/home/
Verein Alt-Seckau: http://www.alt-seckau.at/
Der Baumeister: http://de.wikipedia.org/wiki/Pietro_Francesco_Carlone
Ursula Röhlig, Pietro Francesco Carlone, in: Neue Deutsche
Biographie, Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957,
S. 144, online: http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016319/images/index.html?seite=160
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