Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1670
Seckau (Steiermark, Österreich)

Abtei Seckau, Grabplatte des Bischofs Georg II. Überacker

Diese 3 m hohe und 1,50 m breite Grabplatte aus Rotmarmor ist die des Bischofs Georg II. Überacker, der 1452-1477 amtierte und 1477 verstarb. Der Plattenrand der einstigen Tumba-Deckplatte ist abgeschrägt und trägt eine vertiefte, ringsum von außen lesbare Inschrift in gotischer Minuskel, die aufgrund ihrer Abkürzungen schwierig zu lesen ist: "Anno domi Millesimo quadringentesimo lxxvii fera sex an puifica maie obiit Reverndus in xrto pr et dns Georgius Uberagker decretor doctor Hui eclie Seccovien eppus pontifi sui anno xxvi" - ergänzt lautet das: "Anno domini Millesimo quadringentesimo lxxvii feria sexta ante purificationem mariae obiit Reverendus in christo pater et dominus Georgius Überacker decretorum doctor Huius ecclesiae Seccoviensis episcopus pontificatus sui anno xxvi". "Millesimo quadringentesimo lxxvii" ist 1477, "feria sexta ante purificationem mariae" beziegt sich auf Mariä Lichtmess, ein Fest, das füher auch Mariä Reinigung genannt wurde und am 2. Februar begangen wird, 40 Tage (biblisch 7 + 33 Tage) nach Geburt Christi. "Feria sexta" ist eine mittelalterliche Wochentagszählung und meint den Freitag, denn der Sonntag ist "feria prima", also starb er am Freitag vor dem 2.2.1477, ergo am 31.1.1477. "Pontificatus sui anno xxv" - er starb im 26. Amtsjahr als Bischof von Seckau. "Reverendus in christo pater et dominus" bedeutet "der in Christus Hochwürdige Vater und Herr"; "decretorum doctor" bedeutet Doktor des kirchlichen Rechts, Bischof Georg hatte ab 1433 in Wien studiert, und dann fehlt nur noch "Huius ecclesiae Seccoviensis episcopus" - Bischof der hiesigen Kirche zu Seckau. Das hervorragend erhaltene spätgotische Kunstwerk, das um 1475 entstanden ist, wird dem Salzburger Bildhauer Leonhard Eybenstock zugeschrieben. Im Zentrum steht der seitlich eingedrehte Bischof mit markanten Gesichtszügen in weiter Pontifikalkleidung mit eckigen Falten, in einem für 1477 eher wenig innovativen, sondern eher altmodischen Stil, leicht untersetzt, auf dem Haupt eine reich mit hervorgehobenen Steinen verzierte Mitra, in der Linken ein Buch und eine sich bis über die linke Schulter ziehende Schriftrolle mit dem Text "anteq(u)am dimmitas me miserere mei" haltend, sich mit der Rechten auf das Pedum stützend. Ein weiterer Sinnspruch befindet sich auf einem kragenähnlichen Schriftband um den Hals: "Ave gra(tia) te(cum)". Hinter dem Haupt befindet sich ein breites Polster. Die Figur wird eingerahmt von einer Baldachin-Architektur auf zwei dünnen Säulchen, mit drei Kielbögen und Maßwerkfüllung. Der vertiefte Hintergrund des Bildfeldes ist damasziert mit einem Leistenraster mit Blütensternen in den Zwischenräumen des Gitters.

Auf der optisch rechten Seite befinden sich mit einigem Abstand übereinander zwei Schilde, oben befindet sich der des Bistums Seckau, in Rot ein aus dem linken Obereck kommender, silbern mit goldener Stulpe gekleideter Arm mit segnender Hand mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger. Der untere Schild zeigt das Familienwappen der Überacker (Ueberacker). Es ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz zwei halbe und mit den Felgen gegeneinander gekehrte goldene Räder, Feld 2 und 3: in Rot ein goldener Ort (normalerweise umgekehrt auf die Felder verteilt, Stammwappen in den Feldern 1 und 4, halbe Räder in den Feldern 2 und 3). Zwei hier nicht dargestellte Helme gehören zum Vollwappen (in der üblichen Abfolge gemäß Lit.): Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein roter, golden gestulpter Hut, an der Spitze golden gekrönt mit schwarzem Federbusch, Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer Flug, beiderseits belegt mit einem halben goldenen Rad, jeweils mit der Felge nach innen bzw. vorne. Das Wappen wird im Wappenbuch des churbayrischen Adels und im Siebmacher Band: Bay Seite: 23b Tafel: 19, Band: OÖ Seite: 521 Tafel: 118, Band: Salz Seite: 70 Tafel: 28, beschrieben, ferner wird das aus zwei separaten Schilden bestehende Bischofswappen im Siebmacher Band Bistümer wiedergegeben, das Ort allerdings in falscher Farbe (dort blau).

Die Überacker (Ueberacker), deren Stammhaus hoch über der Salzach gegenüber von Burghausen liegt, gehören eigentlich zum bayerischen und salzburgischen Uradel. Der erste urkundliche Beleg datiert vom 30.7.1125 und erwähnt einen Hartungus de Iberache. Ursprünglich war das eine Ministerialenfamilie der Herzöge von Bayern. Bischof Georg, Sohn von Ernst III. v. Überacker (-7.11.1468) und Anna v. Wirsberg, stammte lt. Matrikeln der Wiener Universität aus Übersberg (Uibersberg bei Althofen) in Kärnten. Er war vor seinem Pontifikat erst Hofkaplan Kaiser Friedrichs III., dann Pfarrer der salzburgischen Patronatspfarre Pöls in der Obersteiermark, ab 1448 Inhaber eines Kanonikates in Freising, und schließlich wurde er am 1.4.1452 vom Salzburger Erzbischof Friedrich Truchseß von Emmerberg zum Bischof von Seckau ernannt. Am 9.4.1669 wurden Wolfgang Abraham von Überacker (1640-13.10.1693), kaiserlicher Hauptmann und fürstbischöflich-salzburgischer Kämmerer, sowie sein Vetter Wolfgang Ernst von Überacker (1647-1706), fürstbischöflich-salzburgischer Hofrat und Truchseß, zu Reichsfreiherren von Sighartstein und Pfongau erhoben. Der Letztgenannte ist der Stammvater des blühenden Hauses. Wolfgang Abraham Reichsfreiherr Überacker von Sighartstein wurde am 27.10.1688 zu Wien in den Reichsgrafenstand erhoben. Am 14.9.1711 wurde dieser Reichsgrafenstand auf Wolfgang Abrahams Bruder Wolfgang Dominikus Reichsfreiherr Überacker von Sighartstein (1636-19.1.1713), fürstbischöflich-salzburgische Kämmerer und Pfleger in Zell, und auf einen dritten Bruder Wolfgang Sigismund Reichsfreiherr Überacker von Sighartstein (-1718), kurpfälzischer Oberst, und auf Wolfgang Maximilian Anton Reichsfreiherr Überacker von Sighartstein (3.6.1675-19.11.1717), fürstbischöflich-salzburgischer Kämmerer, Pfleger und Hauptmann in Radstadt sowie Großneffe der beiden Vorgenannten, von Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz übertragen.

Ihr Stammwappen ist das rote Feld mit dem goldenen Ort; das Feld mit den halben Rädern ist das Wappen der Velber, es kam im 15. Jh. hinzu. Im 16. Jh. wurde das nun vermehrte Wappen noch einmal um das Wappen der Inkofer vermehrt (Arm mit Stein). Es sieht danach folgendermaßen aus: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz zwei halbe und mit den Felgen gegeneinander gekehrte goldene Räder (Velber), Feld 2 und 3: in Rot ein abgeledigter, nackter, einen Stein haltender Arm (Inkofer), Herzschild: in Rot ein goldener Ort (Stammwappen Überacker). Im Tyroff Bayern ist das zweite vermehrte Wappen sehr fehlerhaft wiedergegeben, Form und Farben stimmen nicht. Bei Grünenberg ist Feld 2 und 3 abweichend von Silber und Schwarz dreimal gespalten.

Literatur, Links und Quellen:
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Harald Berger, Abteiverwaltung Seckau, für die Erlaubnis zum Veröffentlichen der Innenaufnahmen
Wappen Überacker: Wappenbuch des churbayrischen Adels (Kopie eines Originals von 1560 aus dem 18. Jh.), Band 1 - Bayerische Staatsbibliothek, BSB Cgm 1508, Image 77
Wappen Überacker: Siebmacher Band: Bay Seite: 23b Tafel: 19, Band: OÖ Seite: 521 Tafel: 118 ("Uiberacker"), Band: Salz Seite: 70 Tafel: 28
Familie Überacker:
http://austroarchiv.com/joomla/user_upload/bluehende_geschlechter_des_oesterr_uradels.pdf und http://www.coresno.com/pdf/lanjus_oesterrischer-uradel.pdf
Gotik in der Steiermark. Katalog der Steirischen Landesausstellung im Stift St. Lambrecht vom 28. Mai bis 8. Oktober 1978. Veranstaltet vom Kulturreferat der Steiermärkischen Landesregierung. Redigiert von Elisabeth Langer. - Graz: Kulturreferat der Steiermärkischen Landesregierung 1978. 344, 112. 8°. Objekt-Nr.: 264, S. 301.
http://wwwg.uni-klu.ac.at/kultdoku/kataloge/21/html/1900.htm
Karl Friedrich Leonhardt, Spätgotische Grabdenkmäler des Salzachgebietes, Leipzig, 1913, S. 38.
Otto Schwarz, Die spätgotische Steinplastik in Steiermark, Dissertation, Graz 1935, S. 55.
Karl Amon, Georg II. Überacker (1452-1477), in: Die Bischöfe von Graz-Seckau 1218-1968, hrsg. von Karl Amon, Graz, Wien, Köln, 1969, S. 139-148.
Ludwig Freidinger, Siegelgebrauch und Wappenführung der Bischöfe von Seckau in Mittelalter und früher Neuzeit, in: Walter Brunner (Hrsg.), Tätigkeitsbericht des Steiermärkischen Landesarchivs für das Jahr 1997, 1998, 1999 und 2000, online:
http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/1112...Neuzeit.pdf - http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/100..eil%201.pdf - http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/11122....eil%202.pdf
Überacker/Ueberacker:
http://www.coresno.com/aktuell/129-lex-bayern/2655-lex-ueberacker.html
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Michaela Schuller-Juckes, Ulrich Schreier und seine Werkstatt, Dissertation, Wien 2009,
http://othes.univie.ac.at/3288/1/2009-01-07_9706640.pdf, S. 23 ff.

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