Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2352
Mellrichstadt (Landkreis Rhön-Grabfeld)

Das Alte Schloß von Mellrichstadt

In der nordwestlichen Ecke der Altstadt befindet sich direkt an die Stadtmauer anstoßend das sog. Alte Schloß (Hauptstraße 6). An dieser Stelle stand schon immer der Verwaltungssitz der Stadt, zuerst eine Burg der Henneberger, die im Mittelalter die Vogtei über Mellrichstadt hatten. Als sie diese 1230 aufgaben, wurde Mellrichstadt ein Amt des Hochstifts Würzburg, welches hier ein Amtshaus errichten ließ. Der ältere Teil der zweiflügeligen Anlage ist der Nordbau mit dem Treppengiebel zur Hauptstraße hin; er wurde 1512 unter Fürstbischof Lorenz von Bibra erbaut, der zu der Stadt eine besondere Beziehung hatte, weil er hier geboren wurde. Sein Vater Hans von Bibra (-1473), war fürstbischöflicher Amtmann und hatte das erbliche Untermarschallamt des Hochstifts inne. Der Westflügel über der Streu entstand erst 1712. Auch heute noch ist das Amtsschloß Verwaltungssitz, denn hier ist seit 1945 das Amtsgericht untergebracht. Die Verwaltungsgemeinschaft ist im neuen, freistehenden Ostflügel des Ensembles zu finden (Hauptstraße 4), an dem rückwärtig eine Steintafel mit Kommunalwappen angebracht ist (ohne Abb.).

Über einem flachen Spitzbogenportal (im obigen Bild genau hinter dem Baum) mit zwei spätgotischen Steinmetzzeichen befindet sich der fürstbischöfliche Wappenschild von Lorenz von Bibra (lebte 1459-6.2.1519, amtierte 1495-1519). Er ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Gold ein steigender schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg. Ein Oberwappen fehlt.

Eine wesentlich interessantere Wappentafel für Lorenz von Bibra befindet sich an der rechten Gebäudeseite in Höhe des zweiten Obergeschosses: Das zentrale Wappen folgt der obigen Beschreibung. In den vier Ecken der Relieftafel befindet sich eine aus vier Schilden in Tartschenform bestehende Ahnenprobe. Heraldisch rechts oben befindet sich der einwärts gewendete Schild der von Bibra, in Gold ein steigender schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz. Er steht hier für die väterliche Stammlinie des Fürstbischofs. Sein Vater war Hans von Bibra (-1473), fürstbischöflicher Amtmann, sein Großvater war Georg von Bibra. Gegenüber sehen wir auf der heraldisch linken, oberen Stelle der Ahnenprobe das Wappen der Schenk von Schenkenwald, fünfmal im Zinnenschnitt geteilt, wobei als Tinkturen alternierend einerseits Gold und andererseits eine silbern-rote mehrfache Schrägteilung benutzt werden (Detailabbildung oben rechts). Die Mutter des Fürstbischofs war Margaretha Schenk von Schenkenwald (gest. ca. 1481), Tochter des Peter Schenk von Schenkenwald und dessen Frau Agatha Schenk von Schweinsberg.

 

Heraldisch unten rechts ist das Wappen der Voit von Salzburg, in Silber ein schwarzer Zickzackbalken mit 5 Spitzen. Hier steht der Schild für die Großmutter väterlicherseits, Sophia Voit von Salzburg, Tochter des Otto Voit von Salzburg und der Margaretha von der Kere. Als vierten und letzten Schild der Ahnenprobe sehen wir den der Schenk von Schweinsberg, er ist geteilt, oben in Blau ein schreitender goldener Löwe, unten in Silber 4 (3:1) rote Rauten (Detailabbildung unten rechts). Hier steht der Schild für die Großmutter mütterlicherseits, Agatha Schenk von Schweinsberg. Eine ganz ähnliche Wappentafel dieses Fürstbischofs mit Ahnenprobe finden wir auf der Würzburger Festung Marienberg, an der Zehntscheuer von Haßfurt und am Kirchturm der Volkacher Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus. Im Gewölbe der Wallfahrtskirche Dettelbach taucht diese Kombination ebenfalls auf, aber auf Einzelwappen aufgeteilt. Und schließlich ist diese Kombination noch auf einer Wappentafel am Unteren Schloß in Bibra (Grabfeld) zu sehen, dort steht sie allerdings für den Bruder des Fürstbischofs, Hans von Bibra:

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Sehenswürdigkeiten in Mellrichstadt:
http://www.mellrichstadt.rhoen-saale.net/Die-Stadt/Sehenswuerdigkeiten
Liste der Baudenkmäler:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Mellrichstadt
Altes Schloß:
http://www.rhoen.info/lexikon/staetten/Altes_Schloss_in_Mellrichstadt_8732235.html
Lorenz von Bibra:
http://www.wuerzburgwiki.de/wiki/Lorenz_von_Bibra
Lorenz von Bibra:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lorenz_von_Bibra
Alfred Wendehorst, das Bistum Würzburg: Teil 3: Die Bischofsreihe von 1455-1617, 1978, ISBN 3-11-007475-3, S. 51-72
Göbl, Lorenz von Bibra, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 19, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 174-178, online:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Lorenz_von_Bibra
Alfred Wendehorst, Lorenz von Bibra, in: Neue Deutsche Biographie, Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 169, online:
http://www.deutsche-biographie.de/xsfz54238.html
Genealogie: Biedermann, Geschlechts-Register der Reichs-Frey unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken, löblichen Orts Steigerwald
http://books.google.de/books?id=5tJDAAAAcAAJ

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