Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2494
Tann (Rhön, Landkreis Fulda)

Schloßstraße 1 (Neuer Bau) und Schloßstraße 2:

Im sogenannten Neuen Bau (Schloßstraße 1), einem dreistöckigen Gebäude mit Walmdach, welches die anschließenden Fachwerkbauten massiv überragt, ist seit 1986 das Naturmuseum am Marktplatz untergebracht. Die Exponate stellen die Tiere der Rhön in ausgestopfter Form vor. Im zweiten Obergeschoß befindet sich eine Ausstellung über den Tanner Ornithologen Dr. Werner Sunkel, der den Vogelzug erforschte. 1996 kam im Erdgeschoß eine neu eingerichtete Ausstellung über das Leben in der Rhön vom Eiszeitalter bis zur Neuzeit hinzu. In der Nähe befindet sich noch ein Museumsdorf, durch das Führungen angeboten werden. Ursprünglich war das 1623-1689 erbaute Gebäude das Rot-Schlösser-Fruchthaus (landwirtschaftliches Frucht- und Lagerhaus) der Herren und Freiherren von und zu der Tann, bis 1980, als die Stadt das Gebäude kaufte. Zum Platz hin ist das Bauwerk fünf Achsen breit, zur engen Schloßstraße hin ist es breiter, jeweils mit sehr regelmäßiger Fensterstellung. Der prachtvolle, aus Sandstein gefertigte Eingang zu dem dreistöckigen, ansonsten nur durch die Fenstereinfassungen und die regelmäßige Eckquaderung geschmückten Gebäude befindet sich jedoch seitlich in der Schloßstraße. Eine Freitreppe führt von der leicht abfallenden Straße zum Portalpodest hoch.

Auf den beiden freistehenden Flankierungssäulen ruht ein gesprengter Dreiecksgiebel, auf dessen Schrägflächen zwei Löwen kauern. Dazwischen befindet sich eine von Renaissance-Schmuckformen eingefaßte Wappentafel, die im oberen Teil ein Ehewappen und eine Bauinschrift trägt, im hauptsächlichen Teil aus zwei Tafeln mit je acht Familienwappenschilden besteht, jeweils acht Schilde als Ahnenprobe für den Ehemann und für die Ehefrau, von oben nach unten und in jeder Zeile von innen nach außen zu lesen. Über dem stark hervortretenden Abschlußgesims befindet sich noch ein Ornament aus einem Kopf in Frontalansicht zwischen zwei liegend S-förmigen Doppelschnecken.

Die Inschrift lautet: "HANS HE(I)NRICH VND / ALEXANDER V(ON) DER / THAN IHRE 8 ANGEN" und "VRSVLA REIEDESE/LIN ZV EYSENBACH / IHRE ACHT ANGEN" (mit "Angen" sind die Ahnen gemeint). Oben in der Mitte sehen wir als Allianzwappen vereint die Wappenschilde der von der Tann (in Rot eine hier gewendete, nach oben gekrümmte, silberne Forelle) und der Riedesel von Eisenbach (in Gold ein schwarzer Eselskopf mit drei grünen Riedgrasblättern im Maul). Hans Heinrich und Alexander von der Tann waren Brüder; sie waren beide die Söhne von Alexander d. Ä. von der Tann (1502-1554) und Justine Schenk zu Schweinsberg. Alexander d. Ä. hatte die Alexandrinische Nebenlinie begründet, aber mit seinem Sohn Alexander d. J., dessen Kinder nicht alt wurden, erlosch diese schon wieder. Hans Heinrich blieb ledig, nur Alexander d. J. vermählte sich. Deshalb gilt die optisch linke Ahnenprobe für zwei Personen, die rechte nur für eine Ehefrau.

Die Großeltern der beiden Brüder waren Melchior von der Tann d. J. (1458-21.12.1524), fuldischer Amtmann zu Haselstein und Bach (Vacha), und dessen Frau Margareta von Mansbach (-15.5.1541) väterlicherseits sowie Wolf Schenk zu Schweinsberg (1498-31.8.1532) und Anna Wais von Fauerbach (-16.4.1564) mütterlicherseits. Die Urgroßeltern der beiden Brüder waren väterlicherseits Melchior von der Tann d. Ä. (1420-1460), Amtmann zu Lichtenberg, Dorothea von Stein zu Nord- und Ostheim, Conrad von Mansbach (1454-1519) und Sophie von Trümbach zu Wehrda. Mütterlicherseits waren die Urgroßeltern Conrad Schenk von Schweinsberg (1459-1.3.1497), Amtmann zu Lich, seine Frau Elisa Rau von Holzhausen (-19.9.1503), Tholde (Döll) Wais von Fauerbach und dessen Frau, Margarethe von Büches (Buches).

Entsprechend sehen wir hier die Wappenschilde der von der Tann ("THANN", obere Reihe, innen), in Rot eine hier gewendete, nach oben gekrümmte, silberne Forelle, Schenk von Schweinsberg ("SCHENCK", obere Reihe, außen), geteilt, oben in Blau ein schreitender goldener Löwe, unten in Silber meist 4 (3:1) rote Rauten, die sich gegenseitig und den Schildrand berühren, alternativ silbern-rot gerautet, von Mansbach ("MANSBACH", zweite Reihe, innen), von Rot und Silber achtfach geständert, Wais von Fauerbach ("WAEIS V. F.", zweite Reihe, außen), in Silber ein blauer, rot gezungter Löwe, von Stein zu Nord- und Ostheim ("STEIN", dritte Reihe, innen), in silbernem Schild ein schwarzer Schrägbalken, Rau von Holzhausen ("RAV Z. H.", dritte Reihe, außen), in Silber ein roter Balken, von Trümbach zu Wehrda ("TRVMBACH", unterste Reihe, innen), in Gold drei (2:1) rote Rosen, und von Büches zu Staden ("BVCHES Z. S.", unterste Reihe, außen), in Silber ein schwarzes, vierarmiges Ankerkreuz.

Hier gibt es ein paar interessante Querverbindungen zu Epitaphien: In der Stadtkirche Lauterbach steht ein Epitaph für Anna von Trümbach und ihren Mann, Hans Volpert von Riedesel zu Eisenbach. In ihrer Ahnenprobe tauchen die Wappen für die identischen Urgroßeltern Conrad Schenk von Schweinsberg (1459-1.3.1497), Elisa Rau von Holzhausen (-19.9.1503), Tholde (Döll) Wais von Fauerbach und Margarethe von Büches (Buches) ebenfalls auf. Für die gemeinsamen Großeltern, Wolf Schenk zu Schweinsberg (1498-31.8.1532) und Anna Wais von Fauerbach (-16.4.1564) gibt es Grabplatten in Lich, ebenso am selben Ort für die gemeinsamen Urgroßeltern, Conrad Schenk von Schweinsberg (14859-1.3.1497) und Elisa Rau von Holzhausen (-19.9.1503).

Für die Ehefrau Alexanders, Ursula Riedesel von Eisenbach, sehen wir auf der anderen Seite die Wappenschilde der Riedesel von Eisenbach ("RIEDESEL", obere Reihe, innen), in Gold ein schwarzer Eselskopf mit einem dreiblättrigen grünen Riedgras im Maule, von der Malsburg ("MALSBVRGK", obere Reihe, außen), geteilt, oben in Gold ein schreitender, roter Löwe, unten in Blau drei (2:1) silberne Rosen, von Cronberg ("KRONEBERGK", zweite Reihe, innen), in der Variante des Kronenstammes, geviert, Feld 1 und 4 rot, in Feld 1 eine goldene Laubkrone, Feld 2 und 3: in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein, Feld 4 ledig, von Hundelshausen ("HVNDELSHAVS", zweite Reihe, außen), von Rot, Silber und Schwarz geteilt, von Hopfgarten (Hopffgarten) (jetzt "HOMGICK", falsch nachgebessert, vermutlich früher einmal "HOPFGARTE", dritte Reihe, innen), in Silber zwei schräggekreuzte, goldene Streitgabeln mit schwarzem Stiel, von Schachten ("SCHACHTE", dritte Reihe, außen), in Silber ein schrägrechts liegender, gestümmelter roter Rosenzweig, hier oben mit einer Rose, unten mit zwei Rosen besetzt, von Helmstadt ("jetzt DEXH STAT", falsch nachgebessert, vermutlich früher einmal "HELMSTAT", unterste Reihe, innen), in Silber ein flugbereiter (auffliegender) schwarzer Rabe, und von Herda zu Brandenburg ("HERDA", unterste Reihe, außen), in Rot ein schwarz gekleideter Mannesrumpf mit schwarzen Eselsohren.

Detail: Wappenschilde der von der Tann und der Schenk von Schweinsberg.

Detail: Wappenschilde der von Mansbach und der Wais von Fauerbach

Detail: Wappenschilde der von Stein zu Nord- und Ostheim und der Rau von Holzhausen

Detail: Wappenschilde der Riedesel von Eisenbach und der von der Malsburg

Detail: Wappenschilde der von Cronberg und der von Hundelshausen

Detail: Wappenschilde der von Hopfgarten (Hopffgarten) und der von Schachten

Hier gibt es eine Querverbindung nach Lauterbach: In der dortigen Stadtkirche befindet sich das Epitaph der Eltern von Ursula Riedesel von Eisenbach. Alle hier genannten Wappen tauchen dort natürlich ebenfalls in der Ahnenprobe beider Ehepartner auf, farbig gefaßt. Auf besagtem Epitaph ist Ursula ganz klein unten neben ihren schon verheirateten Schwestern Catharina und Anna dargestellt, selber noch nicht verheiratet und deshalb im Gegensatz zu den Schwestern, die jeweils ein Ehewappen aus zwei Schilden führen, gänzlich ohne eigenen Wappenschild.

Abb.: Genealogie zur Ahnenprobe am Neuen Bau

Ganz in der Nähe gibt es noch einen hierzu passenden weiteren Wappenfundort: An dem ansonsten schlichten und schmucklosen Haus in der Schloßstraße 2 (im obigen Bild hinter dem kleinen Fachwerkbau verborgen) befindet sich ein heraldisch interessanter Türsturz mit den Wappen der gleichen drei Personen. Auf dem Sturz ist zu lesen: "HATT HANS HEINRICH VND / ALEXANDER BEYDE GEBRVDER / DIESEN BAVW MACHEN LASSEN."

Optisch links sehen wir den Wappenschild für Hans Heinrich von der Tann (Abb. oben), mit den Initialen "H.H." gekennzeichnet, optisch rechts die beiden Wappenschilde für Alexander von der Tann und seine Frau Ursula Riedesel (Abb. unten), jeweils oben mit den Initialen "A.?." und "V.R.Z.E." gekennzeichnet.

Ausschnitt aus der Genealogie der Herren von der Tann, Genealogie zum Neuen Bau, fett sind für dieses Kapitel relevante Personen, fett und burgunderrot sind die Besitzer der hier beschriebenen Wappensteine, rot sind andere Fundstellen, fett und blau sind die einzelnen Linien:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
Franz Menges: von und zu Tann, in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 781-782
https://www.deutsche-biographie.de/pnd119530031.html#ndbcontent http://daten.digitale-sammlungen.de/0008/bsb00085894/images/index.html?fip=193.174.98.30 ff.
Genealogische Datenbank des Christoph Graf von Polier, z. B.
https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&n=von+der+tann+rathsamhausen&oc=0&p=ludwig - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=eberhardt&n=von+der+tann - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=fritz&n=von+der+tann - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=conrad&n=von+der+tann&oc=1 - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=christoph&n=von+der+tann und jeweils abhängige Seiten
Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser, 1855, Fünfter Jahrgang, Freiherrliche Häuser:
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/periodical/pageview/8416837 - http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/periodical/pageview/8398771 ff.
Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra
http://books.google.de/books?id=j9JDAAAAcAAJ, 1749, Tf. 182-185 (CLXXXII-CLXXXV) - völlig erratisch und irreführend, da darf man bei dieser Familie nichts für bare Münze nehmen, das ist schlicht NICHTS verläßlich.
Wolf Schenk zu Schweinsberg 1532, Lich, in: Grabdenkmäler
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/872
Konrad Schenk zu Schweinsberg 1497 und Elisa geb. Rau von Holzhausen 1503, Lich, in: Grabdenkmäler
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/926
Anna Schenk zu Schweinsberg geb. Wais von Fauerbach 1564, Lich, in: Grabdenkmäler
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/930
Neuer Bau:
http://www.tann-rhoen.de/smap---1215--tann-.html
Naturmuseum:
https://museen-in-hessen.de/de/museen/naturmuseum-tann-rhoen-

Schloß der Herren von der Tann, Blaues Schloß - Rotes Schloß - Gelbes Schloß - Denkmal auf dem Marktplatz - Knottenmühle, Hospital, Samtbau etc.

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