Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2765
Zwiefaltendorf (zu Riedlingen, Landkreis Biberach)
Pfarrkirche St. Michael in Zwiefaltendorf: Grabdenkmäler, Teil (4)
11.)
Maximilian Freiherr von Speth und Mathilde Gräfin von
Jenison-Walworth
Nach den
Renaissance-Epitaphien erfolgt nun ein großer Sprung ins 19.
Jh.: Ganz anders als alle anderen Epitaphien ist diese
Gedenktafel mit dem Gekreuzigten als zentrales Element. Die
Inschrift lautet: "A(NNO) D(OMINI) 1856 Mai 7. / starb
Maximilian / Freih(err) v(on) Speth Herr / auf Ehestetten u(nd) /
Zwiefaltendorf / K(öni)gl(ich)-württemb(ergischer) /
Rittmeister a(ußer) D(ienst) / geb(oren) 1785 April 8. / A(nno
D(omini) März 27. / geb(oren) u(nd) gest(orben) dessen / Sohn
Max Josef. // A(nno) D(omini) 1897 Juni 9. starb / Mathilde
Freifrau / v(on) Speth zu Zwie=/faltendorf geb(orene) Gräfin /
Jenison-Walworth / geb(oren) 1812 October 19. / Sie wurde
überlebt / von ihrer Tochter Thusnelde geb(oren 1837 / Juni 16.
Ordensfrau / in Chile". Rechts und links des Kreuzschaftes
befinden sich zwei aufrechte Wappenschilde, heraldisch rechts
derjenige der Speth von Zwiefalten (in Rot
schräg übereinandergelegt drei silberne altertümliche
Schlüssel mit gezähntem Bart), links das der Grafen von
Jenison-Walworth (in Blau ein goldener
Schrägrechtsbalken, begleitet von zwei silbernen, rot bewehrten
Schwänen).
Maximilian Freiherr von Speth zu Zwiefalten und Ehestetten (8.4.1785-7.5.1856) und Mathilde Gräfin von Jenison-Walworth (19.10.1812-9.6.1897) sind die vorletzte Generation dieser Linie vor dem endgültigen Erlöschen in der folgenden Generation. Maximilian war der Sohn von Johann Nepomuk Ferdinand Franz Joseph Adam Freiherr Speth von Zwiefalten zu Zwiefalten, Untermarchtal, Eglingen und Ehestetten (20.9.1746-25.2.1801) und dessen Frau Wilhelmine Gräfin von Sickingen (20.11.1757-27.12.1833). Sein Vater setzte ihn als Universalerbe ein, und er begründete in Zwiefaltendorf eine neue, allerdings nur zwei Generationen währende Linie. Deshalb ließ er auch das Schloß historistisch umgestalten.
Jenison-Walworth - dieser englische Adel stammt ursprünglich aus der Grafschaft Durham in Englands Nordosten. Walworth ist ein Manor und Estate 3 Meilen südwestlich von Heighington, Lincolnshire. Thomas Jenison kaufte das Anwesen im 16. Jh. von den Brüdern William und Edward Ayscough. Später wurde das Anwesen in High Walworth und Low Walworth aufgeteilt. Mathilde Gräfin von Jenison-Walworth war die Tochter von Rudolph Jenison Graf von Jenison-Walworth (2.4.1776-1.11.1835) und Henriette Freiin von Speth (3.6.1778-18.3.1862). Ihr Vater war pfalz-zweibrückischer Garde-Hauptmann, fürstlich-thurn-und-taxisscher Oberforstmeister, sächsischer Kämmerer, und er wurde am 14.9.1825 bei der Grafenklasse des Königreichs Bayern immatrikuliert. Die Großeltern väterlicherseits waren Franz Jenison Graf von Walworth (20.1.1733-30.6.1799) und Charlott(e) Smith (1743-12.2.1803). Dieser Großvater Franz, Sohn des Oberstjägermeisters von König George II., hat mit seiner Familie England verlassen und sich 1775 in Heidelberg angesiedelt. Besagter Franz wurde am 17.9.1790 während des zweiten Rheinischen Reichsvikariats von Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz in den Reichsgrafenstand erhoben. Gemäß Grafenbrief gehörten zum Helm ein feuerspeiender Drachenrumpf und zwei feuerspeiende Drachen als Schildhalter. Im Siebmacher wird das Wappen Jenison in Band: He Seite: 14 Tafel: 15, Band: Mä Seite: 52 Tafel: 38, Band: Bay Seite: 13 Tafel: 7 und in Band: Kä Seite: 36 Tafel: 4 geführt, dort mehrfach mit einem silbernen Schwan als Kleinod. Devise: ESPEREZ TOUJOURS - hoffet immerfort. Das Wappen ist in den Tyroffschen Wappenbüchern abgebildet, mit zwei Fabelwesen als Schildhaltern, die vorne Drache und hinten Löwe sind. Als Helmzier führt die Familie einen wachsenden, blauen feuerspeienden Drachenrumpf zu blau-goldenen Decken. In englischen Quellen wie dem Burke wird angegeben: Azure, a bend between two swans Argent. Crest: Out of a ducal coronet Or, a dragon's head issuant Azure. Das heißt, daß in den englischen Quellen ein silberner Schrägbalken als korrekt gilt. Anscheinend hat dieses Wappen beim Wechsel auf den Kontinent einige Änderungen erfahren. Interessant ist aber auch die Verbindung mütterlicherseits: Der Ehefrau Mutter, Henriette Speth, war die Schwester von Maximilian, dieser heiratete also seine eigene Nichte.
12.)
Rudolf Dietrich Heinrich Freiherr von Speth
Diese Platte ist zwar
täuschend echt im Stile spätgotischer Platten angefertigt
worden, ist aber eine Arbeit des 19. Jh. und damit neugotisch.
Die Anlehnung an ältere Platten gleicher Machart innerhalb der
selben Epitaphiensammlung ist offensichtlich (siehe erster Teil).
Fast die gesamte Zentralfläche nimmt das Wappen der Speth
von Zwiefalten ein, in Rot schräg übereinandergelegt
drei silberne altertümliche Schlüssel mit gezähntem Bart, auf
dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender Mannesrumpf,
dessen rotes Gewand mit silbernem Kragen mit drei schräg
übereinandergelegten silbernen Schlüsseln mit gezähntem Bart
belegt ist, auf dem Kopf eine rote, silbern aufgeschlagene
Mütze, ebenfalls mit den Schlüsseln belegt. Mütze und
Helmdecken greifen auf den Rand über, dessen umlaufende
Inschrift lautet: "Hier ruht Rudolf Heinrich / Ditrich
Reichsfreiherr von Speth-Zwiefalten geboren / den 30. Januar 1835
/ gestorben den 8. März 1878 R. I. P.". Unter dem großen
Vollwappen mit geneigtem Schild ist ein kleinerer, aufrechter
Beischild für die Ehefrau zu sehen, in Blau zwei mit dem Rücken
gegeneinander gekehrte goldene Sensenklingen, das Stammwappen der
von Bissingen. Ein Oberwappen fehlt, das wären zu blau-silbernen
Decken drei Straußenfedern, eine silberne zwischen zwei blauen.
Das ist Rudolf Dietrich Heinrich Freiherr von Speth zu Zwiefalten und Ehestetten (30.1.1835-8.3.1878), Sohn von Maximilian Freiherr von Speth zu Zwiefalten und Ehestetten (8.4.1785-7.5.1856) und Mathilde Gräfin von Jenison-Walworth (19.10.1812-9.6.1897). Er war der Letzte der Speth zu Zwiefalten im Mannesstamm, denn eine einzige Schwester, Thusnelde (16.7.1837-), wurde Klosterfrau im Orden der christlichen Liebe in Chile. Rudolf Dietrich Heinrich heiratete Elisabeth Maria Theresia Gräfin von Bissingen-Nippenburg (3.3.1844-27.3.1936), und durch deren zweite, am 19.4.1890 in Schramberg geschlossene Ehe mit Johann Franz Graf von und zu Bodman (7.5.1835-15.11.1906) ging der Besitz in Zwiefaltendorf 1890/1905 an die Freiherren von Bodman. Besagter Graf hatte in erster Ehe am 7.5.1860 in Freiburg im Breisgau Sophie Freiin von Breiten-Landenberg (14.7.1838-6.11.1887) geheiratet, und daraus entsprossen drei Kinder. Mit seiner zweiten Frau hatte er keine Kinder. Der zweitgeborene Sohn aus erster Ehe, Johann Rudolf Freiherr von und zu Bodman (18.7.1870-23.12.1926) übernahm 1905 käuflich Zwiefaltendorf. Der neue Besitzer heiratete am 23.8.1905 in Dirmstein Josepha Freiin Dael von Köth-Wanscheid (20.9.1878-30.3.1919) und hatte mit ihr drei Kinder. Den Besitz in Zwiefaltendorf übernahm Rudolf Graf von und zu Bodman (3.5.1911-31.7.1938).
Der
Übergang von den Speth an die Freiherren von Bodman
Diesen Übergang illustriert
die Wappen-Dreierkombination an dem Brüstungsfeld: Oben sieht
man das Wappen der Freiherren von Bodman, in
Silber drei (2:1) grüne Lindenblätter, mit dem Stiel nach oben
weisend (üblicherweise geviert mit einem schwarzen Bock in
goldenem Feld), unten der gewendete Schild der Speth und
der Schild der von Jenison-Walworth. Beide
Ebenen tragen eine siebenperlige Freiherrenkrone. Die beiden
unteren Schilde folgen in ihrer Form der englischen Mode; diese
Form ist jenseits, aber nicht diesseits des Kanals gebräuchlich.
Der Bodman-Schild hat dagegen oben einen stetigen Abschluß, ist
kleiner und trägt eine künstlerisch deutlich schlechtere
Rangkrone, was eine nachträgliche Einfügung nach dem
Besitzübergang erkennen läßt, zumal dieser Schild überhaupt
erst nach dem Ableben des letzten Speth in der nächsten
Generation ins Spiel kommt.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@48.2161678,9.5169271,20z - https://www.google.de/maps/@48.2161678,9.5169271,71m/data=!3m1!1e3
Zwiefaltendorf auf Leo-BW: https://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/17492/x
Seelsorgeeinheit Riedlingen: https://dekanat-biberach.drs.de/seelsorgeeinheiten/16-riedlingen.html
R. A. R.: Die Grabdenkmäler der Herren von Speth aus drei
Jahrhunderten in der Pfarrkirche zu Zwiefaltendorf, in: Archiv
für christliche Kunst: Organ des Rottenburger
Diözesan-Kunstvereins:
Teil 1 in Jahrgang 1912, Nr. 8, S. 69-12 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1912&firstpage=78&lastpage=81
Teil 2 in Jahrgang 1912, Nr. 9, S. 81-84 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1912&firstpage=90&lastpage=93
Teil 3 in Jahrgang 1912, Nr. 10, S. 98-102 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1912&firstpage=107&lastpage=111
Teil 4 in Jahrgang 1912, Nr. 11, S. 107-109 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1912&firstpage=116&lastpage=118
Teil 5 in Jahrgang 1912, Nr. 12, S. 115-117 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1912&firstpage=124&lastpage=126
Teil 6 in Jahrgang 1913, Nr. 1, S. 7-10 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1913&firstpage=12&lastpage=15
Teil 7 in Jahrgang 1913, Nr. 2, S. 18-21 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1913&firstpage=25&lastpage=28
Teil 8 in Jahrgang 1913, Nr.3, S. 30-32 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/digi-downloadPdf.fcgi?projectname=afck1913&firstpage=37&lastpage=39
Volker Grub: Reichsritter im Lautertal - die Freiherren Speth von
Schülzburg, ein Streifzug durch die Familiengeschichte, mit
Beiträgen von Manfred Waßner, Verlag Regionalkultur, 2018, 160
S., ISBN-10: 3955050734, ISBN-13: 978-3955050733
Arthur Freiherr von Speth-Schülzburg: Stammbaum der Freiherren
von Speth, 1903 - https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&query=idn%3D115040096X - https://portal.dnb.de/bookviewer/view/115040096X#page/1/mode/2up - download am besten über http://d-nb.info/115040096X/34. Cave, der Stammbaum enthält etliche Fehler.
Familie von Speth: https://de.wikipedia.org/wiki/Speth_(Adelsgeschlecht)
über Jenison-Walworth: Robert Surtees: Parish of Heighington, in
The History and Antiquities of the County Palatine of Durham:
Volume 3, Stockton and Darlington Wards, London, 1823, S.
303-324. British History Online http://www.british-history.ac.uk/antiquities-durham/vol3/pp303-324
Veröffentlichung der
Innenaufnahmen aus der Kirche mit freundlicher Genehmigung von
Herrn Pfarrer Walter Stegmann vom 23.3.2021, wofür ihm an dieser Stelle
herzlich gedankt sei
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Impressum
Grabdenkmäler in der Pfarrkirche St. Michael in Zwiefaltendorf, Teil (1): die älteren Kunstwerke - Grabdenkmäler in der Pfarrkirche St. Michael in Zwiefaltendorf, Teil (2): Dietrich Speth - Grabdenkmäler in der Pfarrkirche St. Michael in Zwiefaltendorf, Teil (3): Hans Eitel Speth und Wilhelm Dietrich Speth