Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1060
Waldenburg (Hohenlohe)

Stadtkirche Waldenburg (1)
Totenschild des Amtmanns Christoph Kröll

Über der Empore der Stadtkirche St. Ägidien in Waldenburg befindet sich ein interessanter hölzerner Totenschild: Die Inschrift des zwölfeckigen Schildes lautet: "..starb der Edel und Vöst Christoff Kröll Amptmann alhie Gott g(nad) I(hm). Anno D(o)m(ini) 1586 am...". Das Wappen der Kröll (auch Gröll) von Grimmenstein zeigt über einem Dreiberg zwei schräggekreuzte Kräuel (Haken).

Diese ritterschaftliche württembergische Familie soll im 14. Jh. von den Herren von Ulm das Rittergut Dambach erworben haben, weswegen sie auch Kröll von Dambach genannt wurden. Vorübergehend besaßen sie auch Stetten am Kalten Markt. In der Literatur (so auch im Siebmacher) werden sie nicht sauber getrennt von einem oberschwäbisch-oberrheinischen Geschlecht beschrieben, das aber einen wachsenden wilden Mann mit über dem Kopf schräggekreuzten Kräueln führt. Angaben in der Literatur sind daher mit Vorsicht zu bewerten. Die Variante wie hier abgebildet wird laut Siebmacher ab dem 17. Jh. geführt, nach einem komplexeren, gevierten Wappen soll also ein einfacheres geführt worden sein, was an sich unlogisch ist, außerdem stammt der hier vorliegende Beleg schon von 1586. Für das Wappen mit den schräggekreuzten Kräueln über dem Dreiberg gibt es weitere Belege 1411 für Rudolf Kröwel, Richter zu Ulm, 1472 Jacob Kroll, "Vogt zu Stauffen dem Schloß" (Württembergisches Adels- und Wappenbuch). Nach dem Siebmacher handelt es sich ursprünglich um Vogelbeine, nicht um Stäbe mit doppelten Haken. Die Tinkturen werden silbern für das Feld, golden für den Dreiberg und schwarz für die Vogelbeine (Haken) angegeben. Genauso ist das Wappen auch im Geschlechterbuch des Johann Friedrich Christoph Schrag (1703–1780) zu Rothenburg ob der Tauber tingiert, für Johann Jakob Kröll, Doktor beider Rechte, Rat und Amtmann zu Schillingsfürst, gest. 1591.

Die Helmzier zeigt eine wachsende Frauengestalt, die in den beiden Armen je einen gestürzten Fisch hält, mit den Schwänzen nach oben und mit dem Maul zum Rock gewandt. Helmdecken schwarz-golden. Nach anderen Darstellungen wie auch im Siebmacher wird eine gekrönte schwarzgekleidete Melusine beschrieben. Auch eine unbekleidete Variante wird im Württembergischen Adels- und Wappenbuch erwähnt. Hier in der vorliegenden Darstellung sind die Fischköpfe jedoch deutlich von der Frauengestalt abgesetzt, es handelt sich nicht um einen doppelten Fischschwanz wie bei einer echten Melusine, und die Krone fehlt. Im Geschlechterbuch des Johann Friedrich Christoph Schrag (1703–1780) ist die Kleidung schwarz mit goldenen Aufschlägen und goldenem Gürtel; die Fische (vollständig) sind silbern, die Figur ist golden gekrönt.

Ein Totenschild also, der den vielen widersprüchlichen Darstellungen in der Literatur ein bestens erhaltenes Beispielwappen gegenüberstellt, aber längst nicht alle Fragen klärt.

Interessant ist das Beiwappen auf dem unteren Rand, geviert, Felder 1 und 4 im Kreuzzinnenschnitt von Rot und Silber geteilt, Feld 2 und 3 in Gold ein steigender Rüde mit Halsband, eine Variante des Wappens Egen/Eger/Ega, das uns in den vielfältigsten Formen begegnet. Die Familie stammt aus der Gegend von Schwäbisch Hall und kommt auch in Dinkelsbühl vor. Sie hatte Besitz in den Oberämtern Gaildorf (Mittel-Fischach), Hall (Otterbach), Künzelsau (Holzhausen, Ingelfingen, Hirsbach), Neckarsulm (Siglingen) und Weinsberg (Affaltrach). Sie trugen auch den Beinamen Hagedorn /Hagendorn.

Wir finden den Schild geteilt:

Das ist ein gutes Beispiel für die unterschiedliche Sichtweite heute und damals: Heute verlangen wir Wappeneindeutigkeit und eine möglichst präzise und eindeutige Darstellung und Blasonierung, den Erfordernissen der Abgrenzung einer stetig wachsenden Anzahl Wappen voneinander Rechnung tragend. Damals war die Variationsbreite dessen, was noch unbeanstandet als ein und dasselbe Motiv empfunden wurde, deutlich größer.

Auf dem Stechhelm wird von den Egen in Hall ein wachsender Brackenkopf geführt, dessen Hals wie der Schild geteilt ist. Helmdecken rot-silbern. Im Schweiggerschen Stammbuch und im alten Siebmacher werden jeweils ebenfalls ein vermehrtes Wappen abgebildet, ein weiteres Beispiel für ein vermehrtes Wappen findet sich in St. Burkhard, Würzburg, in einer Ahnenprobe.

Im Württembergischen Adels- und Wappenbuch ist ein solches vermehrtes Wappen für Hans Christoph von Egen von 1566 abgebildet.

Dasselbe Wappen führen die Ego oder Egen zu Tettnang. Die Egen zu Gmünd haben eine ähnliche Schildfigur, aber auf dem Helm einen Adlerrumpf, belegt mit einem Sparren, der von einem Kreuz überhöht ist.

Literatur, Quellen und Links
Siebmachers Wappenbücher
J. Siebmachers Grosses Wappenbuch Band E. Württembergisches Adels- und Wappenbuch. Im Auftrage des Württembergischen Altertumsvereins begonnen von Otto v. Alberti, Bauer & Raspe 1975 (Reprint), 1112 Texts. mit 4132 Wappen + 122 S. Figurenverzeichnis.
Kirchengemeinde:
http://www.kirchenbezirk-oehringen.de/cms/startseite/kirchengemeinden/waldenburg/
Geschichte der Stadtkirche:
http://www.kirchenbezirk-oehringen.de/cms/startseite/kirchengemeinden/waldenburg/geschichte/
Waldenburg:
http://www.waldenburg-hohenlohe.de/data/index.php
Karl Borchardt, Rothenburger Wappenb
uch. Patrizier und Ehrbare: Die Wappen im Geschlechterbuch des Johann Friedrich Christoph Schrag (1703–1780) zu Rothenburg ob der Tauber. J. Siebmachers großes Wappenbuch, Neue Folge: Die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Bd. 3; 2007. 208 S. mit 402 farb. und 1 s/w-Abb., Festeinband, ISBN: 978-3-87947-117-1

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Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Samuel Piringer, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

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